Daedalics neuestes Spiel verschlägt uns in die Welt der Rollenspiel-Saga von 'Das schwarze Auge'. Dennoch ist 'Satinavs Ketten' ein absolut klassisches Adventure. Mit dem als Unglücksbringer verschrienen Geron und seiner Begleiterin Nuri bereisen wir einen Teil der Welt von Aventurien, treffen auf Ritter, Zwerge, Kobolde, Orks und andere Fantasy-Wesen. Dass es sich dabei nicht nur um einen Sight-Seeing-Trip handelt, dürfte klar sein. Im Gegenteil: Es geht um nicht weniger als die Rettung der Welt Dere. Ob Daedalic der ungewohnt ernste Ausflug in die Fantasy-Welt gelungen ist, verrät unser Test.
Ein Blick in die Zukunft…
Manchmal wäre es schön, die Zukunft zu kennen. Zum Beispiel, um einen Jackpot im Lotto gewinnen zu können oder auch nur um zu sehen, wie das Wetter an einem bestimmten Tag ist. Glücklicherweise ist solch eine Fähigkeit eher selten, denn sie kann Menschen auch zum Verhängnis werden. So erging es einem Seher vor exakt 13 Jahren nicht sonderlich gut. Nur für ein paar (allerdings nicht sonderlich erfreuliche) Vorhersagen warf man ihn kurzerhand auf den Scheiterhaufen. Während in unserer modernen Welt Hexenverbrennungen ähnlich selten sind wie die Möglichkeit, in die Zukunft zu sehen, gehört es in der Fantasywelt von 'Das schwarze Auge' offenbar zum guten Ton, unliebsame Zeitgenossen auf diese Art ins Jenseits zu schicken. Und so blieb dem Seher nur noch Zeit für eine letzte Vorhersage: Er zeigte auf einen kleinen, schwarzhaarigen Jungen mit dem Namen Geron und prophezeite, dass dieser eines Tages seine Heimatstadt Andergast ins Verderben stürzen würde.
Seither sind 13 Jahre ins Land gegangen, doch die abergläubischen Einwohner von Andergast haben die Prophezeiung nicht vergessen. Noch immer meiden sie Geron und noch immer haftet ihm der Ruf eines Unglücksbringers an. Mit dazu beigetragen hat auch Gerons Fähigkeit: Als Magiedilettant kann er durch Gedankenkraft Gegenstände zerbrechen. In Gerons Augen eine absolut nutzlose Fähigkeit, die ihn noch unbeliebter macht. Dabei ist aus dem Jungen dank der Ausbildung durch seinen Ziehvater Gwinnling ein recht begabter Vogelfänger geworden. Nur leider hat er fast nie die Gelegenheit, sein Können unter Beweis zu stellen. Wer bestellt sich schon freiwillig einen Unglücksbringer?
Zu allem Überfluss ist nun auch noch eine rätselhafte Krähenplage über Andergast hereingebrochen. Geron, der gerade eine königliche Queste siegreich beenden konnte und als Belohnung zu König Efferdan vorgelassen wird, bekommt von diesem den Auftrag, ein paar der Vögel aus dem Schloss zu verbannen. Geron stürzt sich gleich in die Arbeit, scheitert jedoch kläglich. Hilfesuchend wendet er sich an seinen Ziehvater, der auf eine Ursache der Plage gestoßen ist: Der totgeglaubte Seher scheint zurückgekehrt und setzt nun alles daran, dass seine Vorhersagen auch wirklich eintreten. Gwinnling hat aber auch eine Lösung gefunden. Für seinen Plan fehlt nur noch eine Fee. Darum soll sich Geron kümmern, der so die junge Nuri kennenlernt. Doch als er mit der Fee zurückkehrt, ist es bereits zu spät: Die Krähenplage ist schlimmer geworden und sogar Gwinnling ist ihnen zum Opfer gefallen. Für Geron und Nuri steht fest, dass sie den Seher um jeden Preis stoppen wollen. Eine lange und gefährliche Reise beginnt.
Wie Ying und Yang
Das Paar kommt dabei durch Gegenden, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Vom mittelalterlichen Andergast führt ihr Weg ins Blutzinnen-Gebirge, durch Höhlen und eine Hafenstadt bis in eine seltsame Feenwelt. Alle diese Orte werden natürlich auch von reichlich Fantasy-Lebewesen bewohnt. Neben den obligatorischen Orks, die sogar richtig Orkisch sprechen, über ein Augenwesen dessen Blick Lebewesen zu Stein werden lässt bis zum sprechenden Raben ist alles dabei, was man in einer 'DSA'-Welt erwarten darf.
Besonders im Vordergrund stehen natürlich Geron und Nuri, die ebenfalls zaubern kann. Sie hat die Fähigkeit, zerbrochene Gegenstände wieder zu heilen. Eine Fähigkeit, die in Kombination mit Gerons Zerbrechen-Zauber viele interessante Kombinationen ermöglicht und auch oft zum Einsatz kommt. Aber auch sonst ergänzen sich Geron und Nuri sehr gut. Während Geron eher schweren Gemütes ist und sorgenvoll auf die Welt schaut, entpuppt sich Nuri als unbeschwerte Person, die mit schon fast kindlicher Naivität an ihre Aufgaben geht. Gegensätze ziehen sich an, sagt man. So ist es kein Wunder, dass sich beide im Laufe der Geschichte, die selbst erfahrene Abenteurer deutlich länger als zehn Stunden beschäftigen dürfte, näher kommen. Die Story selbst kommt dabei zwar erst schwer in Gang, entfaltet sich aber nach und nach, ehe sie zu einem toll inszenierten Finale aufläuft.
Fantastische Fantasywelt mit kleinen Kanten
Dass beim Entwickler viele 'DSA'-Fans arbeiten, merkt man den Grafiken ebenfalls an. Mit viel Liebe zum Detail wurde hier darauf geachtet, die Welt der Rollenspielvorlage möglichst detailgetreu wiederzugeben. Und dass die Welt von 'DSA' wirklich schick ist, beweist das Spiel ebenfalls: Schon das Daedalic-Adventure 'The Whispered World' sorgte bei der Grafik für Staunen, 'Satinavs Ketten' legt hier noch mal eine ordentliche Schippe drauf. Die Hintergründe wirken wirklich wie Gemälde, die durch viele kleinere und größere Animationen zum Leben erweckt wurde.
Auch die Figuren fügen sich in den allermeisten Fällen gut in diese Gemälde ein, nur selten sind Übergänge zu erkennen. Für deren Animation haben die Entwickler 3D-Modelle von Hand bemalt, animiert und die Einzelbilder zu 2D-Animationen zusammengebaut. Auch 'Satinavs Ketten' ist also ein reines 2D-Spiel. Durch diese Technik verfügen die Animationen über mehr Einzelbilder, was man auch sehen kann. Es fanden auch mehr Spezialanimationen ihren Weg ins Ziel, die bei bestimmten Aktionen abgespielt werden. Außerdem kann Geron rennen, was in bisherigen Titeln des Entwicklers noch nicht möglich war. Dass er dabei etwas seltsam aussieht und in der Szenerie manchmal etwas hüpft, wirkt vor den wunderschönen Hintergründen dann allerdings arg unpassend.
Ein deutlich größerer Kritikpunkt sind dann leider die Animationen in den Dialogen, während der an die Figuren herangezoomt wird. Scheinbar hat man hier auf Zwischenbilder in den Animationen verzichtet, denn es sieht zumindest so aus, als ob zwischen einzelnen Standbildern umgeschaltet wird. Zwar bleibt die Mimik der Charaktere überzeugend und nachvollziehbar und für ein 2D-Adventure auch überdurchschnittlich gut dargestellt. Allerdings ähnlich flüssig animiert wie in einer Fotolovestory der 'Bravo'.
Im Gegensatz zu den Animationen hinterlassen die Sprachaufnahmen einen durchweg guten Eindruck, wenn auch etwas schwächer als bei den vorangegangenen Daedalic-Titeln. Während Geron mit Sascha Draeger (auch bekannt als Tim von 'TKKG') einen sehr passenden Sprecher bekommen hat, wirkt Nuris Stimme hin und wieder ein wenig zu alt für ihr kindliches Gemüt. Auch ein paar der anderen Sprecher treffen ihre Betonung nicht immer zu hundert Prozent oder klingen etwas stark nach Tonstudio. Diese Kritikpunkte fallen jedoch nur dann auf, wenn man ganz genau hinhört.
Ganz genau hinhören kann man auch beim wiedermal überaus gelungenen Soundtrack, der die Szenerie hervorragend untermalt. Käufer der Erstauflage oder der Special Edition können die gelungenen Titel auch von der beiliegenden CD genießen. Neben dem Soundtrack beinhaltet die Special Edition übrigens noch weitere Gimmicks: Neben dem original Tagebuch des Feenforschers und Charakterkarten der Figuren aus dem Spiel findet sich auch ein Making Of sowie das Entwicklertagebuch in der Schachtel.
Rätsel und Achievements
Die Bindung an Steam hat im Vorfeld der Veröffentlichung für viel Diskussionsstoff gesorgt, zumal zum Spielen selbst keine Online-Verbindung notwendig ist. Sie bringt aber auf jeden Fall auch Achievements mit sich, kleine Belohnungen, die Spieler für bestimmte Aktionen oder erreichte Spielstände erhalten. Eine Art, sie zu sammeln, besteht darin, die Dialoge unterschiedlich zu bestreiten. Auf diese Weise kann Geron dem König beim ersten Zusammentreffen beispielsweise forsch oder zurückhaltend antworten. Auswirkungen auf das Ergebnis hat diese Auswahl keine, lediglich werden andere Achievements vergeben und die Dialoge unterscheiden sich etwas. An einer späteren Stelle hängt aber sogar ein Leben von Gerons Worten ab.
Das Spiel läuft unabhängig von der Entscheidung zwar weiter und auch der Charakter hat keinen weiteren Auftritt mehr, dem Spieler bleibt aber ein gutes Gewissen und das Gefühl, das Spiel mit seiner Entscheidung beeinflusst zu haben. Ein Punkt, den die meisten Adventures viel zu oft vernachlässigen. Neben diesen Beispielen warten aber auch echte Dialogrätsel auf Geron, in denen er sich beispielsweise an einer Wache vorbeirätseln oder einem seltsamem Wesen einen schönen Traum bescheren muss. Die übrigen Rätsel bestehen überwiegend aus Inventar- und Objekträtseln, deren Schwierigkeitsgrad im Laufe des Spiels stetig ansteigt. Die Lösungen bleiben auch dann größtenteils nachvollziehbar. Lediglich ein paar zusätzliche Hinweise wären an der einen oder anderen Stelle wünschenswert gewesen. Zwar gibt es nie wirklich viele Räume zu bereisen und auch das Inventar bleibt normalerweise recht übersichtlich. Dennoch steht man als Spieler an einigen Stellen förmlich im Regen.
Um auch dann nicht zu Try & Error greifen zu müssen, bietet das Spiel verschiedene Komfort-Funktionen an. Die obligatorische Hotspot-Anzeige wurde erweitert und zeigt nicht mehr benötigte Objekte abgedunkelt an, sinnvolle Objektkombinationen werden durch einen hellen Schein um das Objekt dargestellt. Alle Komfortfunktionen lassen sich wahlweise hinzuschalten, startet man das Spiel im leichten Modus, sind sie schon aktiviert, im schweren Modus nicht.
Die Bedienung geht über die gesamte Zeit gut von der Maushand, denn mehr wird nicht benötigt. Per Mausrad können die Inventargegenstände direkt am Cursor durchgeschaltet werden, alternativ kann das Inventar auch herkömmlich am unteren Bildrand gefunden werden. Auch die restliche Steuerung überrascht Genrekenner nicht: Ein Linksklick führt die mögliche Aktion durch, ein Rechtsklick bringt weitere Informationen. Bei weiteren Wegen rennt Geron, ein Doppelklick auf einen Ausgang führt direkt zum nächsten Bild.
Ein Adventure im Rollenspiel-Universum - Geht das überhaupt? Wir sagen: Ja! Daedalic beweist, dass man in einer Rollenspielwelt auch ohne Level Aufstiege, Talentbäume und dergleichen auskommt. Ja selbst auf Würfel sind wir nicht gestoßen. 'Satinavs Ketten' macht vieles richtig und bietet endlich mal wieder Dialogrätsel, die ihren Namen verdienen. Auch sonst ist es angenehm fordernd. Dennoch bleibt es etwas hinter der Qualität eines 'A New Beginning' oder 'Deponia' zurück. Nicht, weil sich die Geschichte vergleichsweise langsam entwickelt, vor allem an den Charakteren, die zwar sehr sympathisch sind, denen über die Spielzeit aber etwas die Tiefe fehlt. Auch die Animationen während der Dialoge sind ein weiterer Minuspunkt. Dennoch ist 'Das schwarze Auge: Satinavs Ketten' ein wirklich gutes Adventure, das sowohl Fans der Rollenspielwelt als auch Adventurefreunde erfreuen kann.
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Das Schwarze Auge: Satinavs Ketten
- Entwickler
- Daedalic
- Publisher
- KOCH Media
- Release
- 22. Juni 2012
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award • Der beste Soundtrack des Jahres
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.satinavsketten.de/
- Sprachen
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- Stichwörter
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