Genetische Experimente in einer postapokalyptischen Welt, dazu ein Mutant, der eigentlich nur Musik machen möchte und von einem Süßigkeiten ausspuckenden Faultier verfolgt wird, das wiederum einen Glam-Metal-Kult fördert – das via Kickstarter finanzierte Adventure 'Paradigm' von Jacob Janerka versammelt alles, was es an schrägen Ideen gibt. Ob das funktionieren kann und ob das Spiel so viel Spaß macht, wie es verspricht, haben wir uns für Euch angesehen.

Wunderkinder und Hair Metal an die Macht!
Mit Liebe zum Detail: Noch nie waren Mutanten so hübsch
In Sachen Sound gibt’s nichts zu meckern. Die Sprecher machen ihre Sache allesamt sehr gut; Janerka selbst spricht neben der Titelrolle gleich mehrere Rollen, teilweise mit unterschiedlichem Akzent (Paradigm selbst darf mit osteuropäischem Akzent sprechen) und in einem Spielabschnitt auch mehrsprachig. 'Paradigm' kommt derzeit mit englischer Sprachausgabe und englischen Untertiteln daher. Ob es eine deutsche Sprachausgabe geben wird, ist laut dem Entwickler vom kommerziellen Erfolg des Spieles abhängig.
Musik spielt ebenfalls eine wichtige Rolle – logisch, geht es doch um einen angehenden Musiker. Das Spektrum reicht dabei von Beatbox über 80er-Jahre-Synthesizer bis hin zu Hair Metal, aber auch neutralere Musikstücke, die das jeweilige Ambiente unterstreichen, sind zu hören. Dazu gesellen sich Hintergrundgeräusche wie Vogelgezwitscher, gluckerndes Wasser oder Windböen, je nachdem, wo man sich gerade befindet. Im Verlauf des Spiels hat man außerdem die Möglichkeit, selbst für Hintergrundmusik zu sorgen, etwa, indem man Musikkassetten einsammelt und diese über ein tragbares Gerät abspielt oder indem man das Radio einschaltet. Auch die singenden Pflanzen, die beatboxende Aubergine und ein Kühlschrank (!) können dazu benutzt werden, um Musik zu machen. Auch hier hat Janerka sich offensichtlich gedacht: Klotzen, nicht kleckern. Anders gesagt: An manchen Stellen übertreibt er, wenn auch nicht so stark wie bei der Grafik.
Das ist kein Puzzle!
Die Rätsel sind, da stark inventarbasiert, wenig abwechslungsreich, machen aber trotzdem Spaß. Meistens geht es darum, einen bestimmten Gegenstand zu ergattern, um ihn später einsetzen zu können. Hin und wieder muss eine andere Figur abgelenkt oder getäuscht werden, was in der Regel sehr einfach ist. Es gibt einige einfache Minispiele zu bewältigen, die gleichzeitig eine Hommage des Entwicklers an andere Genres darstellen. So wird etwa das aus 'Monkey Island' bekannte Beleidigungsfechten umgedreht: Um einen Gegner zu besiegen, muss man ihm Komplimente machen, um sein Selbstvertrauen zu stärken, das Ganze in einem 'Street Fighter'-ähnlichen Setting.
Komplexe Rätselketten gibt es nicht. Zwar erfordern es manche Aufgaben, dass man von A nach B und über C wieder zurück nach A läuft. Viel Zeit nimmt das aber nicht in Anspruch, vor allem, wenn man sich einigermaßen gemerkt hat, in welchem Raum was ist und wo unter Umständen noch etwas zu tun sein könnte. So finden wir anfangs in einem Gang ein Bein, das wir später beschaffen müssen. Dazu müssen wir aber erst in mindestens zwei andere Räume und einen bestimmten Gegenstand organisieren, um an das Bein heranzukommen.
In Sachen Gameplay hält es Janerka klassisch: Wir benötigen nur die Maus, um Paradigm durch die unterschiedlichen Räume zu scheuchen. Mit rechtem Mausklick auf einen Gegenstand öffnet sich ein Menü in Form einer Kassette, die uns vier Optionen bietet: Ansehen, Reden, Benutzen, Aufheben. Diese Aktionen werden mit der linken Maustaste ausgeführt. Auch für die Verbindung von Inventargegenständen miteinander bzw. mit etwas in der Umgebung benötigen wir die linke Maustaste. Bewegt man den Cursor in Form einer Hand an den oberen Bildschirmrand, dann erscheint eine Menüleiste mit Inventar, Schnellreise-Karte, Speichern/Laden und allgemeinem Menü. Den bereits erwähnten sprechenden Tumor kann man aktivieren, indem man die Maus in die rechte obere Bildschirmecke bewegt.
'Paradigm' ist eines der schrägsten Spiele, die mir bislang untergekommen sind. Das Spiel glänzt mit einem liebenswürdigen Protagonisten, den man auf Anhieb mag. Dazu kommen jede Menge abgedrehte Storyelemente, gepaart mit skurrilen Charakteren und liebevollen Details. Schaut man sich z. B. in einem Raum die Computerbildschirme im Hintergrund genauer an, entdeckt man einen Hilferuf von jemandem, der im Computer gefangen ist. Eine Fülle von Popkultur-Referenzen und eine nicht zu übersehende Liebe zu den 80er Jahren sowie klassischen Adventure-Spielen tragen das Ihre dazu bei, eine ganz eigene Spielatmosphäre zu schaffen. Drei Schwierigkeitsgrade und eine intuitive Steuerung sollten es auch absoluten Neulingen ermöglichen, in das Spiel hineinzufinden. Allerdings ist das Ausmaß an Überdrehtheit sicher nicht jedermanns Geschmack. Ich mag ja diese Art von Humor, aber selbst ich hatte nach einigen Stunden einen Punkt erreicht, an dem ich gemerkt hab: Das ist mir jetzt eine Spur zu viel. Ich konnte mich auch des Eindrucks nicht erwehren, dass Janerka jede Idee – aber auch wirklich jede – unbedingt unterbringen wollte, und sei sie noch so schräg. In Summe hat mich 'Paradigm' aber gut acht Stunden lang gut unterhalten.
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Paradigm
- Entwickler
- Jacob Janerka
- Publisher
- Jacob Janerka
- Release
- 5. April 2017
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- https://www.paradigmadventure.com/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- Paradigm im Humble Store kaufen (Affiliate-Link)
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