Aus Russland kommt dieser Tage ein Spiel, das sich eine der wohl bekanntesten Geschichten der klassischen Literatur als Vorlage genommen hat: William Shakespeares 'Die Tragödie von Hamlet, Prinz von Dänemark'. Wer jetzt ein Spiel voller klassischer Dialoge und eine tragische Handlung vor historischer Kulisse erwartet, liegt falsch: Der russische Indie-Entwickler mif2000 hat eine ganz eigene Interpretation von 'Hamlet'. Ob das Spiel, das für $9,95 auf der offiziellen Homepage gekauft werden kann, an die große Vorlage heranreicht, verraten wir in unserem Test.

Vor langer, langer Zeit, da starb ein König...
So ähnlich fangen die meisten Märchen an. Und auch 'Hamlet' startet ähnlich: Alles beginnt in einem Königreich irgendwo, irgendwann in der Vergangenheit. Der böse Claudius hat zusammen mit seinem Assistenten Polonius das Königspaar umgebracht und sich selbst zum neuen König ernannt. Als neuer König braucht er natürlich auch eine Königin und so beschließt er, Hamlets Freundin Ophelia zu heiraten. Die hat zwar andere Pläne, aber das interessiert den neuen Herrscher nicht. Doch Prinz Hamlet, Sohn des getöteten Königspaares will das verhindern. Er fasst den Entschluss, Ophelia aus den Fängen Claudius zu befreien und auch gleich seine Eltern zu rächen. Genau zu diesem Zeitpunkt, landet ein Mann aus der Zunkunft, der sich gerade auf einer Zeitreise befindet. Das Ansich wäre ja kein Problem, würde er nicht genau auf Hamlet landen, der das Landemanöver nicht besonders gut verkraftet. Nun liegt es also an unserem Held, den Tod von Hamlets Eltern zu Rächen und Ophelia zu retten. Sollte er scheitern, droht aufgrund der veränderten Vergangenheit nicht weniger als die Vernichtung des Universums. Also machen wir uns zusammen mit unserem Namenslosen Held auf den Weg.
Der Rest ist Schweigen...
Viel mehr gibt es auch nicht über die Geschichte zu erzählen, denn was folgt ist eine kurzweilige Rätselei in vier Akten, die in einzelne Level aufgeteilt sind. Jeder Level ist genau eine Bildschirmseite groß und beinhaltet einige interaktive Objekte. Um in den nächsten Level zu kommen, müssen diese Objekte gefunden und oft in der richtigen Reihenfolge angeklickt werden. Als Hilfestellungen gewährt das Spiel zum Einen die Gedanken der Charaktere, zum Anderen wird nach einer gewissen Zeit eine Hilfefunktion freigeschaltet, die aber auch keine komplette Lösung gibt. Leider geizt das Spiel extrem mit Hinweisen, so dass man sich mehr als einmal fragt, wie es denn weiter gehen könnte. Am Beispiel des ersten Levels wollen wir das einmal näher beschreiben: Unser Held steht vor dem Schloss von Bösewicht Polonius, das natürlich verschlossen ist. Wir müssen also einen Weg hinein finden - Das ist auch der Tipp, den wir von unserem Helden erhalten. So weit, so gut. Neben dem Schloss steht eine Wettermaschine, an der wir drehen können. Wenn ihm das Wetter gefällt, taucht ein Vogel auf, der auf Mausklick zwischen zwei Plätzen hin- und herfliegt. Aber wie weiter? Ein erneutes Drehen an der Wettermaschine lässt dunkle Wolken aufziehen. Klicken wir die an, regnet es. Daraufhin wächst und blüht eine Pflanze, die per Klick einen Samen freigibt. Wie uns dieser Samen jetzt helfen soll, ins Schloss zu kommen, verraten wir nicht mehr - Die Rätsellösung ist relativ logisch. Das ist sie auch in den späteren Leveln, wenn man denn erst einmal die richtige Idee hat. Als letzte Aufgabe eines jeden Akts folgt dann ein Boss-Kampf. Ja, ihr habt richtig gelesen: Ein Kampf, in dem es darum geht, den jeweiligen Gegner zu eliminieren. Das Ziel unseres Helden besteht also darin, mit verschiedenen Rätseln den jeweiligen Energiebalken des Gegenspielers auf 0 zu bringen. Unser Held selbst hat übrigens keinen Energiebalken, denn er kann während des gesamten Abenteuers nicht sterben.
Klicken oder nicht klicken, das ist hier die Frage
Das Gameplay beruht tatsächlich darauf, Hotspots zu finden und anzuklicken. Ein Inventar, Kombinationen von Gegenständen oder gar Multiple-Choice-Dialoge gibt es in 'Hamlet' nicht. Da sich die Hotspots nicht von der Hintergrundgrafik abheben und eine Anzeige von interaktiven Elementen das Spielprinzip zerstören würde, ist selbst das schon recht schwer. Leider verkommt das Spiel so dank fehlender Hinweise zu einem reinen Herumgeklicke, bis zumindest einmal ein Anfang gefunden wurde. Ähnlich frustrierend können die Reaktionsspiele sein, bei denen verschiedene Symbole innerhalb einer - für Adventure-Spieler sehr knapp bemessenen Zeit - angeklickt werden müssen. Der Bosskampf gegen einen Heavy-Metal spielenden Claudius gehört dazu. Hier müssen bis zu fünf Noten geklickt werden, je Note hat der Spieler dafür eine gefühlte Sekunde Zeit. Die Noten wollen darüberhinaus noch sehr genau getroffen werden. Ein Klick auf den Rand der Note genügt also nicht, was die Schwierigkeit bei einigen Noten noch deutlich erhöht. Hier hilft aber auch der Tipp von unserem Helden. Ähnlich frustrierend ist ein Level, in dem es nur einen interativen Gegenstand gibt, der 50 Mal (!) angeklickt werden will. Zumindest, solange man noch nach anderen Möglichkeiten des Weiterkommens sucht.
Schwachheit, dein Name ist Präsentation nicht!
'Hamlet' kommt in einer zweckmäßigen aber durchaus schicken 2D-Flash-Comicgrafik daher, die wirklich gut zu der abgedrehten Geschichte passt. Die Figuren sind hübsch anzusehen und vorallem unser Hero, dessen Kopfschmuck aus einer Glühbirne besteht, ist einfach nur niedlich. Auch die Animationen leisten sich in dem Spiel keinen Abbruch, es hätten jedoch hier und da ein paar mehr sein dürfen. Zwischen den fünf Akten, die aus jeweils vier bis fünf Leveln bestehen, führt ein aus vier gezeichneten Bildern bestehender Comic die Geschichte fort, animierte Zwischensequenzen gibt es also nicht. Als Auflösung steht leider nur 1024 x 768 zur Verfügung. Der Spielsoundtrack hält sich mit melodisch-klassischen Stücken angenehm im Hintergrund und fällt nie negativ auf.
Die Zeit ist aus den Fugen
Der größte Kritikpunkt an 'Hamlet' ist sicher die Spielzeit. Wer die Lösung kennt und in den Reaktionsrätseln einigermaßen geschickt mit der Maus umgeht, kann das Spiel in deutlich weniger als einer Stunde beenden. Das rührt zum Einen von den insgesamt nur rund 20-25 Leveln, zum Anderen auch davon, dass sich das Spiel nicht mit Dialogen oder unterschiedlichen Lösungswegen aufhält. Wer das Spiel aber zum ersten Mal spielt, dürfte vor Allem aufgrund der fehlenden Hinweise deutlich länger benötigen.
'Hamlet' ist ein hervorragendes Spiel für zwischendurch, wenn es auch den einen oder anderen Frustmoment bereit hält. Gerade Freunde der "One-Room-Rätsel", die sich nicht lange in Menüs oder mit Optionen herumschlagen wollen, erhalten hier ein wirklich schickes und abgedrehtes Abenteuer. Wer hingegen auf Inventar-Rätsel, Gespräche, Sprachausgabe oder eine große Geschichte Wert legt, ist bei 'Hamlet' an der falschen Adresse. Ein Blick auf die kostenfreie Demo, die 60 Minuten lang gespielt werden kann, lohnt sich auf jeden Fall.
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Hamlet: last game without MMORPG elements, shaders, and product placement
- Entwickler
- mif2000
- Publisher
- Alawar
- Release
- 8. April 2010
- Spielzeit
- 2 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://gameletgame.blogspot.com/
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