Deus Ex: Human Revolution - Storyteller-Test

Kaum zu glauben, dass der Release von 'Deus Ex' eigentlich erst 11 Jahre zurückliegt. Seitdem ist aus dem ersten Teil der Action-Rollenspiel-Reihe und einstigem Geheimtipp längst ein absoluter Klassiker geworden, der auch heute noch gern als Paradebeispiel für die gelungene Umsetzung von Entscheidungsfreiheiten und einer nicht-linearen Handlung angesehen wird. Gerade Letztgenannte griff unterschwellig nicht nur das erfrischend kreative Thema der Verbesserung des Menschen durch Nanotechnologien auf, sondern begleitete den human-optimierten Hauptcharakter und UNATCO-Agenten J.C. Denton zudem auf einer durch Wendungen gespickten Mission gegen eine verschwörerische Untergrundorganisation im Jahre 2052.

Seinerzeit nahezu einzigartig blieb dabei die spielerische Entscheidungsfreiheit, aggressiv oder stattdessen doch lieber schleichend und friedlich vorzugehen - immer verbunden mit den jeweiligen Konsequenzen. Vier Jahre später versuchte sich der damalige Entwickler Ion Storm mit der Fortsetzung 'Invisible War' erneut an der Marke. Weitere 20 Jahre in der Zukunft war nun Alex Denton, einer der Klone von J.C., für die Sicherheit der ganzen Welt verantwortlich. Nicht nur die spürbar verstärkte Ausrichtung auf Konsolen, auch die damit verbundene stärkere Fokussierung auf Actionelemente und die verringerten Rollenspielanteile hinterließen zwar ein immer noch gutes, aber längst nicht mehr so prägendes Gesamtwerk. Doch aller guten Dinge sind bekanntlich drei, und dieses Mal verschlägt es den Spieler zeitlich genau in die entgegen gesetzte Richtung.

Erstmals ohne Beteiligung von Serienschöpfer Warren Spector und in den Händen von Eidos Montreal, erzählt 'Human Revolution' die Geschichte über die Anfänge der menschlichen Augmentierung und hält zudem ein kurzes Wiedersehen mit einigen bedeutsamen Charakteren der ersten beiden Teile bereit. Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung wurde man dabei keinesfalls müde zu betonen, dass man sich wieder vermehrt an den Stärken des Serienursprungs orientieren wolle. Inwieweit dieses Vorhaben aber auch gelungen ist und ob ein Prequel die Handlung sinnvoll ergänzen kann, verraten wir in unserem Test.

Bilder

Fazit

Wertungs-Lupe 79%

Angesichts des Hypes, den Square Enix im Vorfeld um 'Deus Ex: Human Revolution' geschnürt hat, ist das Ergebnis ernüchternd. Der äußerlich auf Hochglanz polierte Stealth-Shooter zeigt bei näherer Betrachtung deutliche Schwächen in allen Belangen. Man merkt immer wieder, wie das Konzept an sich großartig sein könnte, es aber an der Umsetzung gehapert hat. Viele wichtige Fragen werden zwar aufgeworfen, aber nicht näher diskutiert, oder nur am Rande erwähnt.
Es ist eine böse Zukunft, die Eidos Montréal uns da kredenzt, eine herrliche Dystopie voller Verschwörungen und Agenten, doch leider bekommt der Spieler, das Zentrum aller Aufmerksamkeit für jeden gewitzten Gamedesigner, davon nicht viel mit. Hin und wieder erfährt man, dass in dieser faszinierenden, bernsteinfarbenen Welt noch viel mehr passiert, als Adam mitbekommt, teilhaben dürfen wir daran jedoch nicht. Man fühlt sich limitiert, eingeschränkt und wie ein kopfloses Schaf durch nicht enden wollende Großraumbüros und Lagerhäuser gescheucht. Das intensive Spielerlebnis schlägt schnell zu Langeweile um und so ist 'Deus Ex: Human Revolution' ein Spiel, das sich mit einem Platz im Mittelfeld zufrieden geben muss.

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5 Kommentare

steves (Gast) vor 13 Jahren
Jeder hat natürlich seinen individuellen Geschmack...für mich war das game allerdings eines der ganz großen Highlights des Spielegenre.Wenn man sich die Mühe macht so ziemlich jeden anzuquatschen und beinahe jeden Computer zu hacken,ergibt sich für den Spieler ein sehr zufriedenstellendens Gesamtbild-zumindest was den Informationsgehalt betrifft. Ich habe mich jedenfalls nicht "zu wenig informiert" gefühlt und am Ende auch das Gefühl gehabt die Zusammenhänge soweit erfasst zu haben,dass es ein toller Abschluss war (was man von vielen anderen Spielen nicht behaupten kann) Zudem gibt es noch alternative Verläufe des Hauptstranges -und ich spreche hier nicht nur von den 4 alternativen Enden...Leichen bleiben nahezu unendlich lange liegen, die Umgebung ist durch Beschuss teilweise zerstörbar, die Welt wirkt lebendig, es ist spannend, man kann Aufträge unterschiedlich angehen,Objekte bewegen und werfen,den Charakter modifizieren,und...und...und
Wenn man nach Deus Ex: H. R. wieder ein anders Spiel spielt,merkt man erst wie viele Freiheiten man doch hatte und wie beschränkt viele andere games sind.Ich für meinen Fall würde 95% vergeben...aber wie schon erwähnt, man muss das Genre mögen ansonsten bewegt einen die Story nicht ein bischen-und die ist eigentlich die Stärke des Spiels.Aber auch objektiv:so viele Möglichkeiten der Interaktion findet man nur selten. Freiheiten wie man Aufträge angeht sucht man sonst fast vergebends. Vergleicht man die KI mal mit anderen Genre-Kollegen, fällt schnell auf, welch großes Kino man hier geboten bekommt.Ich zumindest wurde nicht enttäuscht...und nur mal so nebenbei bemerkt:auch im wahren Leben kann man nicht alle Zusammenhänge ergründen.Niemand ist allwissend.Es endet oft damit, dass man sich für das ein oder andere Ereignis selbst die Erklärung zurecht legt - ob diese sich nun mit der Realität deckt oder nicht spielt am Ende doch eigentlich keine Rolle, Hauptsache es hat einen vorwärts gebracht:)
MfG
Minniestrone vor 13 Jahren
Entschuldige bitte, aber mit irgendwelchen subjektiven Präferenzen hat meine Wertung und Kritik nichts zu tun.
Ich mag das Genre eigentlich sogar sehr, NOLF gehört zu einem meiner absoluten Lieblingsspiele, und ich hab mich ehrlich auf Deus Ex gefreut, aber das Spiel ist in vielerlei Hinsicht so unglaublich plump und voller Fehler, das es wirklich zum Schreien ist.
Zu den Alternativen, die du sehr richtig angemerkt hast. Klar gibt es sie, aber sie sind leider genauso wenig elegant, inkonsequent erzählt und insignifikant, dass man sie genauso gut hätte weglassen können. (Zum Beispiel die Geschichte mit Zeke Sanders)
Das ist auch genau das, was mich so gestört und traurig gestimmt hat, denn das Setting ist so genial, es ist nur unglaublich schade, dass man da als Spieler so wenig von mitbekommt. Ja, in den PDAs und Emails gibt es eine Menge Hintergrund- Info, aber das so zu präsentieren hat mit Storytelling nichts zu tun und ist vor allem im Vergleich mit anderen Spielen die dieses Jahr erschienen sind (und noch erscheinen werden) einfach ganz, ganz weit zurück.
Vielleicht bin ich kleinlich und betrachte das Ganze zu akademisch, aber so eine Wertung würde ich niemals aus Subjektivität heraus geben. Persönlich wollte ich Deus Ex Human Revolution mögen, aber es war zu flawed, um mich zu überzeugen.
gfser4 (Gast) vor 13 Jahren
Hallo, Herr Suppe =)

Also, ich gebe jetzt mal meinen Senf dazu:
Ich habe HR sehr cool gefunden, zwar hat es sicherlich seine Möglichkeiten nicht ausgeschöpft (man vergleiche die Welt des 1ten Teils mit der aus HR, großflächiger Einsatz von mechanischen Augmentationen ist sehr sehr unrealistisch, wer würde schon seinen Arm abschneiden, um sich ein Stück Metall dranzukleben???), aber es erzeugt eine sehr dichte Atmosphäre und gibt dem Spieler doch sehr viele Möglichkeiten, die es in anderen Spielen heutzutage nicht gibt.
Ich gebe zu, das Spiel wurde im Vergleich zu Teil 1 vereinfacht, um es einem größeren Publikum zugänglich zu machen, andererseits muss ein Spiel ein kommerzieller Erfolg werden, um seine Entwicklung zu rechtfertigen.
Besonders gut gelang meiner Meinung nach das Gefühl der Verschwörung hinter den Kulissen, sprich Illuminati, man liest auf so manchem Computer emails von Page und seinen Mitverschwörern, bekommt aber bis auf eine Ausnahme nie wirklich einen davon zu Gesicht, scheint wie so eine unsichtbare Hand, sind in jedem der schmutzigen Machenschaften verwickelt, bleiben aber stets im Hintergrund.
Alles in allem würde ich sagen, dass an HR sicher gekürzt wurde, besonders an Montreal und Singapur (keine City-hubs), und die Spielmechanik zu meinen Missgunsten vereinfacht, aber trotzdem wurde es ein sehr gutes Spiel (meine Meinung!).. Ich würde ihm so an die 84% geben.
Minniestrone vor 13 Jahren
Erstens: Frau Suppe, bitte.

Das Problem an Deus Ex:HR war gar nicht mal das Gameplay, oder die löchrige Story oder die technischen Mängel oder das Gamedesign. Das Problem war genau das, was du (wir duzen uns hier) eben als größten Pluspunkt genannt hast: Die Verschwörung, das "Hinter den Kulissen" und die Problematik, die diese Spielewelt antreibt.
Denn diese großartige Hintergrundstory wird im Spiel kaum angefasst und passiert in meinen Augen in den falschen Medien. Zum Beispiel erinnere ich hier an die beiden großartigen Trailer, die Square vor Veröffentlichung des Spiels veröffentlicht hatte. (Die Pro- und Contra- Sarif- Spots) Die Fragen, die so wichtig sind, weil sie einen Einblick in eine nicht nur mögliche, sondern wahrscheinliche Entwicklung unserer Zivilisation geben, wurden dort angerissen. Das Problem ist nur, abgesehen von ein paar kurzen Erwähnungen, zB als einzelne Zeile in einem Gespräch, oder als Email in irgendeinem Büro, tauchen diese Motive nur am Rande auf und haben, im Kern, wenig mit den Haupt- und Nebenhandlungen zu tun. Das gleiche gilt für die Verschwörung im Hintergrund, auch wenn ich diese nun persönlich weniger interessant und sogar ein wenig konträr zu der im Setting verankerten Zukunftsvision halte. Aber das ist an dieser Stelle irrelevant.
Was wichtig ist, ist dass die wirklich wichtigen Dinge, die Deus Ex zu einem besonderen und wirklich relevanten Spiel hätten machen können, nicht im Spiel passieren, sondern, wie bereits angesprochen in Mails (ingame) oder in den beiden Trailern. Im Spiel bekommt man nicht viel mit von dem Aufstand der Menschen in Detroit oder der Panik in Hengsha nach den plötzlichen Problemen mit den Augmentierungen, stattdesssen läuft Jensen durch abgesperrte, menschenleere Straßen, in denen stattdessen gar nichts passiert, oder Passanten unkommentiert ihre kalten Finger an brennenden Mülltonnen wärmen.
Man kann diese vielen, spannenden Themen viel besser ins Spiel integrieren und thematisieren und das haben die Jungs aus Montréal in den meisten Fällen einfach versäumt. "Show, don't tell" ist relativ einfache Prämisse, die nicht nur hier, sondern leider viel zu häufig ignoriert wird, siehe zB Codexe in diversen Rollenspielen. Ich bin immer gerne bereit, den Entwicklern Raum für Fehler einzugestehen, Budgets und Schedules sind was schlimmes, aber bei HR gibt es unglaublich viele Probleme mit dem Grundkonzept, und das kreide ich ihnen an.
Wie bereits erwähnt, räume ich gerne ein, dass ich kleinlich bin, aber je mehr Abstand ich zu Deus Ex nehme, desto kleiner wird der Review- Score, obwohl ich vom Setting eigentlich sehr begeistert bin und Adam für einen großartigen Protagonisten halte.
alfredo (Gast) vor 12 Jahren
Hi, bin sicherlich spät dran mit meiner Meinung hier, aber bin erstmals über die Seite hier gestolpert und hab beim Umsehen diesen Test hier gefunden.
Meine Meinung dazu: In der Tat etwas kleinlich. Deus Ex:HR ist ein unglaublich atmosphärisches Spiel, sicherlich nicht perfekt, aber weit davon entfernt (im positiven Sinne) mittelmäßig zu sein. Ich für meinen Teil fand die Welt sehr faszinierend und ich hatte keinesfalls den Eindruck nichts davon mitzubekommen. Die Nanotechnologie, deren Vor/Nachteile sind eigentlich an jeder Ecke spürbar, in den Motivationen der Haupt- und Nebenfiguren, bei Gesprächen auf der Straße, in Nebenquests (nur ein Bespiel: der Sarifmitarbeiter, der die Medikamente stiehlt) oder auch teilweise direkter, wie z.B. bei der "Belagerung" von Sarif Ind, kann mich da ehrlich nur wundern, wenn du schreibst, davon bekäme man als Spieler kaum was mit.
Vor allem wenn ich mir die Wertungen anderer Spiele hier anschaue, erscheinen mir die 79% deutlich zu wenig. Bei anderen Spielen werden teils wesentlich größere Schwächen deutlich wohlwollender bewertet bzw, kaum abgestraft, während mit DE:HR, wie ich finde, sehr hart ins Gericht gegangen wird.
Für mich war es eines der besten Spiele, die ich in den letzten Jahren gespielt habe, kann deine Kritikpunkte (fast) nicht nachvollziehen.

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