Die spanische Spieleschmiede Pendulo Studios hat sich im deutschsprachigen Raum mit der 'Runaway'-Serie und 'The Next Big Thing' bereits einen Namen in der Adventuregemeinde gemacht. Mit ihrem neuesten Werk 'John Yesterday' versuchen sich die Spanier an einem ernsteren, düsteren Adventure-Thriller, der in die von den anderen Titeln bekannte, typische Comic-Grafik eingebettet ist. Wir hatten die Gelegenheit, in einer Preview-Version die ersten vier von sieben Kapiteln des Falls John Yesterday anzuspielen.
Gestatten: John Yesterday, Amnesiepatient
Eine okkulte Vereinigung treibt in New York ihr Unwesen und verbrennt von der Polizei unbehelligt Obdachlose bei lebendigem Leib. Auf der Suche nach den Drahtziehern dieser skrupellosen Mordserie schlüpfen wir im ersten Kapitel in die Rolle des beherzten Studenten Henry White, der als ehrenamtlicher Sozialarbeiter bei der Hilfsorganisation "Die Kinder des Don Quixote" mitarbeitet. Einigen Hinweisen und Gerüchten folgend, steigt White hinab in einen düsteren, verlassenen Ubahn-Trakt um etwas Licht in die Angelegenheit zu bringen. Unfreiwillig wird er Teil eines grausamen Sekten-Rituals und sein ebenso bulliger wie einfältiger Freund Samuel Cooper muss ihm aus der Patsche helfen. Mehr über die Hintergründe der Sekte verrät das Spiel an dieser Stelle nicht - sondern springt einige Jahre in die Zukunft. White ist inzwischen ein erfolgreicher Geschäftsmann, und empfängt den eigentlichen Protagonisten des Spiels: den namensgebenden Sektenexperten John Yesterday. Dieser leidet aufgrund eines angeblichen Selbstmordversuchs unter Amnesie und kann sich an nichts aus den letzten Wochen erinnern. Von seinem Freund und Arbeitgeber White erfährt er, dass er vor dem Vorfall einer okkulten Vereinigung in Paris auf die Schliche kam. Doch welche Ereignisse letztendlich dazu führten, dass White sich in seinem Hotelzimmer mit einer Flasche Quecksilber selbst versucht hat zu vergiften, davon hat auch White keine Ahnung. Eine erneute Reise nach Paris in dasselbe Hotelzimmer soll dem Erinnerungsvermögen von Yesterday auf die Sprünge helfen.
Interaktion 2.0
Die Bedienoberfläche von 'Der Fall des John Yesterday' ist recht einfach gestaltet: Eine Leiste mit Optionen und dem Inventar befindet sich am unteren Bildschirmrand und kann optional ausgeblendet werden. Klickt man auf einen Gegenstand wird dieser je nach Bedeutung für das Spielgeschehen entweder nur betrachtet, oder es erscheint eine Nahansicht in der zwei Symbole zur weiteren Interaktion angeboten werden. Mit der Lupe lässt sich der Hotspot untersuchen und mit der Hand benutzen / nehmen / drücken oder was auch immer sich mit dem jeweiligen Gegenstand anstellen lässt. Eingesammelte Objekte lassen sich per Drag and Drop aus der Inventarleiste ziehen und können dann entweder über anderen Inventargegenständen oder Hotspots aus der Umgebung abgelegt werden, oft begleitet von kleinen Zwischensequenzen innerhalb der Nahansichten. Die rechte Maustaste ist mit keiner Funktion belegt.
Zunächst etwas ungewöhnlich wirken die sich automatisch abbrechenden Laufanimationen des Charakters. Klickt man mit der linken Maustaste auf einen Zielort oder Hotspot, sieht man kurz den Charakter loslaufen bevor er ausgeblendet wird und direkt am Zielort wieder erscheint. Dadurch werden natürlich nervend lange Laufwege umgangen, aber wenn das eigentliche Ziel gerade einen Meter von der aktuellen Position entfernt ist, kann dieses Feature als störend empfunden werden.
Ein Tipp-System, welches in der unteren Interfaceleiste aktiviert werden kann, hilft dem Spieler mit immer konkreter werdenden Hinweisen bei einer Problemlösung. Um den nächsten Tipp zu erhalten, muss der Spieler allerdings ein paar mal selbst probieren. Eine praktische Hotspotanzeige haben die Entwickler auch integriert. Bei bestimmten Stellen im Spielverlauf wird automatisch gespeichert, und diese Szenen lassen sich später über eine Art Story-Board aufrufen und nochmals durchspielen. Auch beim Beenden des Spiels wird automatisch gespeichert.
Es werde Licht im Dunkeln
Während die bereits veröffentlichten Titel der Pendulo Studios eher auf humorvolle Unterhaltung setzten, betreten die Entwickler mit dem düsteren Setting des 'John Yesterday' Neuland. Es gelingt ihnen aber mit dem ungewöhnlichen Erzählstil eine dichte, bedrohliche Atmosphäre aufzubauen und den Spieler in den Bann zu ziehen. Dem Spieler wird immer nur soviel von der Rahmenhandlung verraten wie er benötigt, um in das Spielgeschehen eintauchen zu können und den Protagonisten dabei zu begleiten, den Spuren der eigenen Vergangenheit zu folgen. Fehlende Puzzlestücke liefert das Spiel auch in oft unerwartet auftretenden Rückblenden in die Vergangenheit, die sich teilweise nahtlos in den Spielverlauf integrieren. Beispielsweise beginnt sich Yesterday während eines Besuchs eines Antiquitätenladens in Paris, dessen attraktive Besitzerin Pauline ihn sofort mit einer Ohrfeige begrüßt, über eine gemeinsame Vergangenheit mit eben dieser Frau zu reminiszieren. Der Dialog in der Gegenwart wird mehrmals von vergangenen Gesprächen mit Pauline unterbrochen in denen langsam klar wird, warum sie nicht mehr gut auf Yesterday zu sprechen ist. In bestimmten Kapitel übernimmt man auch andere Spielfiguren: neben Henry White und Samuel Cooper vom Beginn des Spiels, soll man in einem der weiteren Kapitel auch in die Rolle der Pauline Petit schlüpfen können. Die Zwischensequenzen sind im Comic-Stil gehalten und vermögen die Geschichte atmosphärisch vorranzutreiben oder im Falle von immer mal wieder auftretenden Flashbacks, zu ergänzen. Die Rätsel der Previewversion gestalten sich als recht abwechslungsreich, sind aber für geübte Adventurespieler recht einfach zu meistern. Hier ist auf ein paar anspruchsvollere Kopfnüsse in den weiteren Kapiteln zu hoffen.
Gewohnt schick inszeniert
Was die Grafik angeht, setzen die Pendulo Studios auf Bewährtes und kombinieren ihre typischen handgezeichneten 2D-Hintergründe in gewohnter Qualität mit 3D-gerenderten Charakteren, die sich gut in die Szenerien integrieren. Ein paar mehr Hintergrundanimationen, die die Spielwelt etwas lebendiger wirken lassen, könnten 'John Yesterday' aber nicht schaden. Die eingedeutschte Sprachausgabe der Preview-Version sowie die unaufdringliche Musikuntermalung lassen sich als mehr als gelungen bezeichnen. Die Sprecher sind überzeugend und insbesondere der allwissende Erzähler mit dem teils sarkastischen Unterton bereichert das Spielerlebnis. Die fehlende Lippensynchronität wollen die Entwickler in der finalen Version beseitigt haben.
Die Pendulo Studios versuchen mit 'Der Fall des John Yesterday' zum ersten Mal einen düsteren Adventure-Thriller in ein Comic-Format zu packen. Es gelingt ihnen durch eine spannende Hintergrundgeschichte, den ungewöhnlichen nichtlinearen Erzählstil und der dichten und bedrohlichen Atmosphäre die Spieler an der Stange zu halten. Lediglich am Schwierigkeitsgrad der Rätsel und an den teilweise etwas statisch wirkenden Hintergründen kann etwas gemeckert werden. Wenn aber die weiteren drei Kapitel in der finalen Version jetzt noch die Erwartungen erfüllen, die die ersten vier Kapitel erweckt haben, kann 'John Yesterday' uneingeschränkt sowohl Casual-Spielern als auch Adventure-Veteranen weiterempfohlen werden.
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Der Fall John Yesterday
- Entwickler
- Pendulo Studios
- Publisher
- Crimson Cow
- Release
- 30. April 2012
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.crimsoncow.de/Yesterday.php
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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