Zombiepiraten, Skelettmatrosen, verfluchte Diamantenringe, Frauen aus Gold, Voodoopriesterinnen, Geisterbräute, Meistersuppen, Seeräuberfriseure, Kaugummi mit Fleischgeschmack, untote Fährmänner, Säbelfechten, Heliumballons, Menschen fressende Schlangen, Shakespeare Medleys, Affencrew und Gorillacaptain, Seeschlachten, Achterbahnfahrten, Baumstammwettwerfen, Banjoduelle, Schatzkarten aus Menschenhaut, Vulkangötter, Tofumasken, Kannibalen, Kartentricks, Wahrsagerinnen, Kutterköter, Geheimknöpfe, Papageienaudiobücher, Dämonenhühnchen, Treibsandfallen und der mit Abstand widerlichste Schneehörnchenverkäufer, den die Welt je gesehen hat. Klingt aufregend? Na dann ist es ja gut, dass es einen Mann gibt, der mit all diesen Sachen fertig wird. Einen Mann der seinen Atem zehn Minuten lang anhalten kann. Einen Mann wie Guybrush Threepwood! 1997 lässt Lucas Arts zum dritten Mal den wohl schlagfertigsten Piraten aller Zeiten auf die Heimcomputer los – und setzt sich damit selbst ein Denkmal.

Tief in der Karibik…
…ein paar Meilen vor der Küste von 'Monkey Island' treibt ein einsamer Piratenscooter auf der ruhigen See. In ihm sitzt zusammengekauert eine Gestalt, die einst einem berühmten Piraten ähnlich sah. Jetzt ist sie ausgezehrt und müde. „Logbuch des Kapitäns, Guybrush Threepwood“ schreibt sie in ihr Tagebuch. „Seit Tagen verloren auf See, ohne Crew oder Navigationsinstrumente. Kein Proviant außer einer halben gepökelten Wurst und wenn ich nicht bald auf etwas zu Trinken stoße ist es aus mit mir. Allein der Gedanke an meine geliebte Elaine hält mich auf den Beinen.“ Guybrush seufzt. „Die Suche nach dem berühmten Schatz Big Whoop hat mich in diese missliche Lage gebracht. Ich dachte er würde mir zu Ruhm und Ehre verhelfen. Stattdessen hat er mich direkt in die Fänge meines Erzfeindes getrieben: dem Zombiepiraten LeChuck!“ Während Guybrush weiter schreibt geschieht etwas. Es ist schwer zu sagen was genau, aber etwas passiert. Etwas Gewaltiges. Ein kleiner grüner Gnom aus einer weit entfernten Galaxie würde von einer Erschütterung der Macht sprechen, aber das trifft es nicht ganz genau.
Eine Bruchstelle scheint sich in der Materie zu bilden und während Guybrush noch immer in seinem Logbuch versunken ist, treiben wie aus dem Nichts eine Kiste Bananen, eine Flasche Quellwasser und schließlich ein kleines Hühnchen auf einem Grogfass an ihm vorbei. Kein Zweifel: lautlos und unbemerkt von Guybrush hat sich der Voodoowall um Monkey Island verschoben und treibt Guybrush ein weiteres Mal in die Fänge des grausigsten Piraten der Karibik. Und gleichzeitig zurück in Elaines Arme.
Gameplay
Das Spiel startet, unmittelbar nach einer furiosen Trickfilmsequenz, die eine lose Überleitung vom zweiten zum dritten Teil bildet, mit Guybrush in Gefangenschaft. LeChuck hat unseren Helden unter Deck eingesperrt, damit der ihn nicht noch mal daran hindert, was schon im ersten Teil gnadenlos scheiterte: die Eroberung von Elaines Herz. Das Ziel ist klar: Raus hier und die Herzensdame beschützen. Bloß wie stelle ich das an?
'Monkey Island 3' zeigt sich als klassisches Lucas Arts Adventure, welches das in „Vollgas“ angewandte Interface noch einmal vereinfacht. Anstatt vier Funktionen kommt der dritte Teil der Affensaga mit drei Symbolen aus: ein Totenschädel steht für untersuchen oder einfach beobachten, der Papagei kann zum sprechen, aber auch zum konsumieren von Essen und Trinken und anderen oralen Aktivitäten verwendet werden, während die Hand alle anderen Aktionen wie greifen, stoßen und ziehen steuert. Die drei Aktionssymbole befindet sich auf einer Goldmünze, die durch das längere Drücken auf die linke Maustaste auf dem Bildschirm erscheint. Das Inventar, dargestellt als das innere einer Schatzkiste, wird dementsprechend mit der rechten Maustaste aufgerufen. Die Bedienung erweist sich als äußerst benutzerfreundlich und ist nach 10 Minuten Spielzeit in Fleisch und Blut übergegangen, sodass man sich voll und ganz mit der Geschichte beschäftigen kann. Und das lohnt sich bei 'Monkey Island 3' allemal.
Von einigen Hardcorefans aufgrund der Zeichentrickgrafik und der Tatsache, dass Erfinder Ron Gilbert, der Lucas Arts 1992 verließ, nicht mehr an der Produktion beteiligt war, erweist sich der dritte Teil allerdings schnell als mehr als ein würdiger Nachfolger der prestigeträchtigen ersten beiden Abenteuer. Das Spiel entwickelt von der ersten Minute einen unglaublich starken Flair, der alles einfängt was man mit der 'Monkey Island' Serie verbindet. Die Story, erdacht von Larry Ahern und Jonathan Ackley, ist in jeder Hinsicht einfallsreich und frisch und flacht zu keiner Zeit ab. Die Tatsache, dass wie schon bei 'Le Chuck’s Revenge' zwei verschiedene Schwierigkeitsgrade zur Verfügung stehen, macht das Spiel auch für Anfänger zugänglich, da viele schwierige Rätsel um einiges einfacher werden und einige ganz herausfallen. Für alle anderen ist "Oberaffig", die schwierige Variante, das einzig richtige, denn nur hier gibt es das komplette Programm und viele versteckte Insidergags können nur hier ergründet werden. Und davon gibt es eine ganze Menge.
Überhaupt strotzt das Spiel nur so von brillantem Humor, der viel Ähnlichkeit mit den schrägen Späßen von 'Monty Python' hat. Die Dialoge und skurrilen Situationen, die Guybrush im Laufe des Spiels zu meistern hat, sind mitunter so auf den Punkt und werden von den Charakteren oft mit einer derartigen Professionalität im Deadpan-Stil rübergebracht, dass man tatsächlich meinen könnte, man schaut gerade einen Film. Die bezaubernde Grafik und die unglaublich stimmungsvolle Musik tragen ihren Teil dazu bei. Die Rätsel in 'Curse of Monkey Island' sind allesamt auf allerhöchstem Lucas Arts Niveau. Obwohl man an manchen Problemen oft ganz schön zu knabbern hat, sind sie trotz ihrer Skurrilität nie unlogisch und so kommt es oft vor, dass man sich nach stundenlangem Rätseln an den Kopf fasst und denkt: "Warum bist du da nicht früher draufgekommen? Die Kaugummiblase muss mit Helium gefüllt werden!" Das Reisen von Insel zu Insel ist im dritten Teil kein großer Faktor mehr und wird mit dem Verlauf der Story automatisch geregelt, sodass sich die einzelnen Kapitel oft auf eine Bestimmte Insel beschränken. Auf der gibt es dann allerdings eine Vielzahl von Orten die man besuchen kann und zwischen denen man auf einer' Monkey Island'-typischen Karte aus der Vogelperspektive wechselt. Das Wechseln der Orte ist, wie bei Lucas Arts im allgemeinen, ein wichtiger Faktor zum Lösen der Rätsel, da oft bestimmte Items an einem bestimmten Ort zu finden sind, obwohl sie an einem anderen viel mehr Sinn machen würden und der Dialog mit den Nebencharakteren, die über alle Orte verstreut anzutreffen sind, ebenfalls sehr wichtig ist um im Spiel voranzukommen.
Zu keiner Zeit frustriert das Spiel, denn es gibt einfach viel zu viel auszuprobieren. Die Sprachausgabe ist für das Gameplay ein wichtiger Faktor, denn die Leistung der Synchronsprecher ist mit Abstand das Beste, was ich jemals in einem Computerspiel gehört habe. Mit unglaublichem Feingefühl für Humor wird jeder Satz intoniert, sodass sogar die etwas albernen Antworten beim Degenfechten urkomisch wirken. Guybrushs Dialoge werden traditionell am unteren Bildschirmrand angezeigt, aus denen man dann, sobald man sich im Gespräch befindet, auswählen kann. Und das passiert häufig, denn das Spiel ist vollgestopft mit abstrusen, gruseligen, widerlichen und unglaublich lustigen Charakteren. Alleine für Murray, den sprechenden Totenschädel, der gerne viel unheimlicher wäre als er eigentlich ist, oder den abartig unhygienischen Schneehörnchenverkäufer, der möglicherweise den witzigsten Monolog im Spiel innehat, lohnt es sich die Karibik zu durchforsten. Alte Bekannte, wie die Voodoolady oder Stan, der jetzt Särge verkauft, dürfen natürlich auch nicht fehlen. Gepaart mit Guybrushs neuer Crew, die aus einem Seeräuberfrisörenteam besteht und dem grausigen Dämonenhühnchen El Pollo Diablo, das eine ganze Insel terrorisert, kann man tatsächlich vom besten Cast in der Geschichte 'Monkey Islands' sprechen. Jede der Figuren trägt ihren Teil zur Story bei, keine ist bloß überflüssiges Beiwerk und alle machen eine Menge Spaß. Das ist auch der Grund, warum das Knobeln an einem fiesen Rätsel niemals für Frust sorgt. Das Abklappern der Orte und die Interaktion mit den Charakteren macht einfach viel zu viel Spaß um sich über ein Rätsel zu ärgern.
Über das Spiel sind auch einige Actioneinlagen verteilt, ein Feature was sich in vielen modernen Adventures zum Missfallen der Fans breitgemacht hat. In 'Monkey Island 3' sind die Actionparts allerdings meistens äußerst einfach zu meistern und tauchen nur selten auf, wobei sie den Spielfluss nicht unterbrechen und so eher als sinnvolle Ergänzung zur Rätselei empfunden werden. Die einzige größere Actioneinlage, die aus Seeschlachten bestehen, die vor dem Beleidungsfechten (eines der Highlights im Spiel) ausgetragen werden, ist vielleicht nicht jedermanns Sache, kann aber durch ein einfaches Gespräch mit dem ersten Maat leicht umgangen werden, der sich von da an um die Seeschlacht kümmert, so dass Guybrush selbst bloß noch fechten muss.
Die Zeit vergeht wie im Fluge, wenn man sie mit Guybrush in der Karibik verbringt und so wundert es nicht, dass sich die ca. 50 Stunden, die der Durchschnittsabenteurer an dem Spiel sitzt, objektiv nach weniger anfühlen. Glücklicherweise hat das Spiel aufgrund seiner vielen versteckten Gags und der Vielzahl an anwendbaren Dialogen einen extrem hohen Wiederspielwert.
Grafik und Sound
Im Vergleich zu 'Monkey Island 1 und 2', die grafisch miteinander vergleichbar sind, hat sich in den fünf Jahren zwischen Teil 2 und 'The Curse of Monkey Island' einiges getan. Der dritte Teil benutzt aufgrund der in 'Sam und Max' eingeführten Interface-Neuerung den gesamten Bildschirm zur Darstellung des Geschehens und das lohnt sich in Guybrushs drittem Abenteuer ungemein. Die Grafik ist durchgehend bezaubernd und ähnelt entfernt dem Zeichenstil der Don Bluth Filme. Die Animationen sind flüssig und äußerst großzügig. Guybrush hüpft, robbt und fechtet sich mit beispiellosen Grazie durch das Abenteuer und auch die Nebencharaktere sind getreu dem Zeichentrickstil wie Cartooncharaktere animiert. Ab und an unterbrechen kleine Schnittsequenzen die Handlung und sorgen für ein noch filmreiferes Ambiente. Die gezeichneten Hintergünde sind das grafisch opulenteste, was in der Geschichte der LucasArts Adventures jemals das Licht der Welt erblickte und begeistern durch eine einzigartige Liebe zum Detail, die aus jeder kleinen Banane und jedem Grogfass etwas Besonderes macht. Mit einer Auflösung von 640x480 kann die Grafik auch heute noch Eindruck schinden, denn ein vergleichbarer Aufwand wurde mit dem Nachfolger oder Grim Fandango nicht mehr betrieben, die der 2D Animation den Rücken kehrten und sich dem 3D Adventure verschrieben in dem die Hintergründe gerendert anstatt gezeichnet werden.
Auch musikalisch ist der Dritte ein absolutes Highlight und begeistert mit einem fetzigen Karibiksoundtrack von Michael Land, der auch losgelöst vom Spiel ein absoluter Genuss und längst ein fester Bestandteil meiner Playlist geworden ist. Land arbeitet viel mit Marimbaklängen und Bongotrommeln, aber auch Streicher werden oft eingesetzt. Für jeden zu besuchenden Ort gibt es einen oder mehrere Tracks die die Handlung perfekt untermalen und sich mitunter dem Storyverlauf anpassen. Nie wurde das 'Monkey Island' Thema mitreißender Interpretiert und es ist vor allem die Musik, die die Eröffnungssequenz wie einen aufwendig produzierten Trickfilm wirken lassen. Abschnitte wie die Seeschlacht haben einen mitreißenden, aufregenden Piratensound bekommen, während einen die Windmühle im Mondschein mit friedlicher Calypsomusik einlullt.Die Sprachausgabe ist, wie schon angesprochen, das absolute Nonplusultra des Spiels.
Die deutsche Synchronisation steht der englischen um nichts nach. Norman Matt der Guybrush seine Stimme leiht, passt perfekt zu Guybrushs Figur und interpretiert mit Feingefühl die jeweilige Stimmung des Mannes, der seinen Atem 10 Minuten lang anhalten kann, sei es absolute Entgeisterung, sarkastische Kommentare (und von denen gibt es eine Menge) oder coole Oneliner. Auch die Besetzung der Nebencharaktere ist spitze und macht 'Curse of Monkey Island' zu einem Spiel was sprachlich meiner Meinung nach wenig Konkurrenz hat.
Versionen und Verfügbarkeit
Im Original nur auf Windows erschienen, ist das Spiel nun -dank ScummVM- auf nahezu jeder erdenklichen Plattform spielbar. Ohne das Programm muss die .exe Datei des Spiels leicht modifiziert werden, um auf Systemen wie Windows XP zu laufen, aber auch das stellt kein besonderes Problem dar. ScummVM ist aber auf jeden Fall die sicherste Variante. Auch bei GOG und Steam werdet Ihr inzwischen fündig.

'Monkey Island' ist nicht nur ein Spiel, oder eine Reihe von Spielen. Es ist eine Institution. Kaum ein anderer Titel wird derart mit dem Genre Adventure verknüpft wie die Saga um Guybrush, LeChuck und Elaine. Mittlerweile existieren unzählige Websites, die sich mit Aspekten aus 'Monkey Island' beschäftigen. Es gibt von Fans programmierte Spiele, Theaterstücke, Comics und sogar einen (zwar krude animierten aber niedlichen) kurzen Trickfilm.
Die Tatsache, dass Ron Gilbert, der Vater von Guybrush und Konsorten, keinerlei Einfluss auf Teil 3 hatte, wird von einigen Fans als Malus angesehen. Ich sehe das anders. 'Monkey Island 3' ist sowohl storytechnisch, als auch spielerisch ein perfektes Adventure. Der skurrile Humor und das einzigartige Ambiente, das durch ein turbulentes Mischmasch aus antikem Piratencharme und moderner Technik entsteht, für das die beiden ersten Teile so geliebt werden, sind hier mit jedem Bit vorhanden. Darüber hinaus profitiert das Spiel von einer erheblichen grafischen Verbesserung, von unglaublich atmosphärischer Musik und vor allem von einer brillanten Sprachausgabe, die ihresgleichen sucht. Teil 3 brennt ein Feuerwerk von guten Gags ab, die gepaart mit knackigen Rätseln und einer fesselnden und originellen Story ein einzigartiges Spielerlebnis garantieren. Lediglich der Abspann, der nach der opulenten Story etwas sehr kurz geraten ist, kann als kleiner Minuspunkt im Protokoll vermerkt werden. Alles in allem aber ist 'The Curse of Monkey Island' nicht nur ein würdiger Nachfolger für die kultigen ersten beiden Teile. Er ist besser! Wetzt die Säbel und rauf aufs Deck Männer, denn das hier ist ein Höhepunkt des Adventuregenres!
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Monkey Island 3: The Curse of Monkey Island
- Entwickler
- LucasArts Entertainment Company
- Publisher
- THQ
- Release
- 1. Januar 1997
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Webseite
- http://lucasarts.com/products/monkey/default.htm
- Sprachen
-
- Systeme
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- Stichwörter
- Monkey Island 3 im Humble Store kaufen (Affiliate-Link)
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