Das britische Entwicklerstudio Divide by Zero war Anfang bis Mitte der 1990er Jahre für einige Adventures verantwortlich. Darunter auch der SciFi-Thriller 'Orion Conspiracy' aus 1995. In diesem spielen wir Devlin McCormack, der im Jahr 2160 eine Raumstation besucht, wo er den Tod seines Sohnes aufklären will. Garniert mit Aliens, schwarzen Löchern sowie jeder Menge deftiger Sprache und überraschenden Wendungen schickt uns das Adventure in eine dystopische Zukunft. Für die Klassiker-Rubrik haben wir uns mit Devlin ins Weltall begeben und verraten Euch in unserem Rückblick, warum man sich heute im Vergleich zu anderen Klassikern der Zeit kaum noch an das Spiel erinnert...

Schöne, neue Welt!
'Orion Conspiracy' zeigt eine dystopische Zukunftsversion: Im Jahr 2160 herrschen Megakonzerne. Korrupte Regierungen haben ihre Macht größtenteils abgegeben, selbst Kriege werden von Firmen geführt.
Devlin McCormack ist der einzige Überlebende eines Angriffs auf sein Schiff während der Firmenkriege. Seine gesamte Crew kam tragisch zu Tode. Nach dem Krieg wird er zu einem Ausgestoßenen, da er aufgrund eigener Verletzungen nicht mehr arbeiten kann und für die Konzerne somit nutzlos geworden ist. Der inzwischen schwer depressive Devlin verliert dadurch auch seine Frau und seinen Sohn Danny, der vor ihm auf eine Raumstation flüchtet.
Jahre später kommt Danny bei einem Unfall während einer Raum-Mission um, als seine Raumschiff durch eine Explosion in ein schwarzes Loch geschleudert wird. Für die Beerdigung wird Devlin nun auf die Raumstation Cerberus eingeladen, auf der sein Sohn seinen Dienst abgeleistet hat. Kaum, dass die Zeremonie beendet ist erreichen ihn anonyme Hinweise auf ein Verbrechen: Bei diesem Unglück soll sich um einen Mord gehandelt haben.
Devlin schwört Rache und macht sich auf die Suche nach Beweisen. Das gestaltet sich gar nicht mal so leicht, denn die Raumstation wird von den konkurrierenden Unternehmen Kobayashi und Mogami-Hudson geleitet. Beide arbeiten an streng geheimen Projekten und sehen es nicht gerne, dass Zivilisten einfach so herumschnüffeln. Selbst die Hinterlassenschaften seines Sohnes darf Devlin nicht sehen. Und dann wird Devlin plötzlich selbst des Mordes beschuldigt und eingesperrt...
Böse Konzerne und fiese Kollegen
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Die Dialoge sind nicht unbedingt etwas für Kinder... |
Ehe es jedoch so weit ist, lernen wir einige Besatzungsmitglieder und Leute der Crew kennen und schon schnell wird uns klar, dass das Spiel sich trotz der Freigabe "Ab 6 Jahren" eher an Erwachsene richtet. Da wird nicht nur geflucht, was das Zeug hält, auch berichtet eine Pilotin bereitwillig, mit wem sie es "getrieben" hat. Kein Wunder, dass die gute Dame den Spitznamen "G-Spot" trägt.
Andere Mitarbeiter von Cerberus verhalten sich nicht nur Devlin gegenüber unfreundlich. Da wird einem Wissenschaftler schon mal unterstellt, dass er absolut unfähig und ein richtiger Nichtsnutz ist. Das an sich wäre ja schon unerhört, schließlich erfahren wir das direkt im ersten Gespräch. Dass der entsprechende Kollege aber gleich daneben steht und die Schimpftriaden komplett mitbekommt, setzt dem Ganzen die Krone auf.
Auch die Konzerne selbst geben sich keine Mühe, ihre Abneigung gegeneinander zu verheimlichen. Keiner traut dem anderen über den Weg und jeder macht heimlich sein eigenes Ding. Diese Grundstimmung trägt das Spiel und führt zu ein paar unerwarteten Wendungen, denn natürlich dürfen im Weltall auch bedrohliche Aliens nicht fehlen. Darüberhinaus taucht im Spiel Homosexualität auf und wirkt dadurch in der Story moderner als so mancher aktueller Titel.
Der Weltraum, unendliche Weiten
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In den Gängen kann man sich verirren, wenn man keine Karte zeichnet |
Apropos Weg: Ja, so eine Raumstation ist groß. Wirklich groß. Das merken wir bereits kurz nach dem Beginn des Spiels, als wir mit unserer Spielfigur erste Erkundungsgänge durch Cerberus unternehmen. Noch dazu sieht alles gleich aus. So wird ein Notizblock nebst Stift für eine Karte schnell zu unserem besten Freund im Spiel - Wohlgemerkt ein realer Block und Stift, denn das Spiel selbst hat keine Kartenfunktion.
In den Gängen wechselt selbst die Kameraperspektive nur selten, was darauf schließen lässt, dass die selbe Grafik einfach immer wieder mit wenigen Änderungen genutzt wurde. Das verleiht dem Spiel eine besondere Atmosphäre: Nämlich die einer langweiligen, überwiegend leblosen Raumstation, in der man sich zu allem Überfluss auch noch gern verlaufen kann. Insbesondere dann, wenn alle Bereiche freigespielt sind. Da kommt es durchaus vor, dass Devlin 20 Räume durchlaufen muss, um von A nach B zu kommen - wenn wir denn wissen, wo die nächste Aufgabe wartet und uns nicht verlaufen.
Natürlich gibt es auch Aufzüge in der Station und sogar eine Tram, die uns durch einen Außenbereich fährt. Doch auch diese Designelemente sorgen für lange Wege. Eine Schnellreisefunktion mittels Übersichtskarte hätte dem Spiel gut getan. Devlin kann übrigens nicht rennen. Selbst dann nicht, wenn die Station kurz vor dem Exodus steht und es auf jede Sekunde ankommt. Er geht gemütlich seiner Wege. Lediglich in einer Situation sehen wir ihn rennen, dann aber vom Spiel selbst in Form einer Zwischensequenz.
Das Orion-Rätsel
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Devlin hat viel zu erzählen |
Neben dem bereits angesprochenen Mord (zu dem noch mehr hinzukommen) erfahren wir im Verlauf des Abenteuers auch, was es mit dem Schwarzen Loch auf sich hat, das sich gänzlich untypisch verhält. Zwischen Devlin und dieser Erkenntnis haben die Entwickler von Divide by Zero nicht nur viele leere Screens zum Durchwandern gebaut, sondern auch das eine oder andere Rätsel.
Die sind oftmals logisch in die Spielwelt verbaut. Wir müssen beispielsweise Crewmitglieder ablenken, um an deren Schlüsselkarten zu gelangen, oder medizinische Unterlagen studieren, um Hinweise für Erpressungen zu bekommen. Wie aber dann die Reaktion der anderen Charaktere ausfällt, ist nicht immer nachvollziehbar. Obwohl Devlin z.B. fast auf frischer Tat bei Sabotage-Akten erwischt wird, spricht ihn niemand darauf an. Später bekommt Devlin extra ein indisches Chicken Korma serviert, das er sogar lobt. Wenig später sorgen wir dafür, dass das Korma ungenießbar wird und konfrontieren den Koch damit. Der wundert sich nicht einmal darüber.
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Die Inventar-Steuerung ist etwas ungewöhnlich |
Immerhin finden wir Gegenstände recht schnell, denn sie werden als Text angezeigt, wenn wir mit der Maus darüberfahren. Ein Klick darauf zeigt nur die möglichen Optionen an, aber auch hier geht es etwas umständlich zu: Um einen Blick ins Inventar zu werfen, ziehen wir die Maus an den unteren Bildrand. Dort erscheint ein entsprechendes Menü, über das wir einzelne Gegenstände auswählen können. Wenn wir mit diesen aber etwas in der Umgebung anstellen wollen, müssen wir zunächst ins Bild klicken (beispielsweise auf einen Schrank), dann die Aktion wählen (öffnen), erneut auf den Schrank klicken und die nächste Aktion wählen (hineinlegen) und dann können wir aus potentiellen Gegenständen auswählen, die wir in den Schrank legen möchten. Andere Point&Click-Adventures aus dem Jahr waren in Sachen Benutzerführung deutlich weiter. Man denke beispielsweise an 'Vollgas', 'Simon the Sorcerer 2' oder 'Discworld'.
Fast State of the Art
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Die Zwischensequenzen waren State of the Art |
In anderen Bereichen sind die Entwickler recht nah am Stand der Technik. Dank Super-VGA sehen die Screens für damalige Verhältnisse gestochen scharf aus, die Render-Zwischensequenzen waren seinerzeit schick. Inzwischen wirken diese allerdings nicht mehr so frisch. Anders als die Spielgrafik sind sie schlecht gealtert. Immerhin können sie auf Tastendruck übersprungen werden, was vor dem Hintergrund der ohnehin langen Wege und sich auch hier oft wiederholenden Filmchen ein Segen ist. Auch mit der Entstehungszeit nicht ganz mithalten können die Animationen. Insgesamt wirkt die Station unbelebt und die Figuren bewegen sich steif und gemächlich.
Wie es sich fürs Weltall gehört, ist nicht viel zu hören. Musik und Soundeffekte werden sparsam eingesetzt, was aber noch in Ordnung ist. Selbst die deutschen Sprecher machen ihre Sache überwiegend gut - ja, 'Orion Conspiracy' ist komplett auf Deutsch vertont, wenn auch nicht Lippensynchron, aber das kann man wohl auch nicht erwarten.
Verfügbarkeit und Kompatibilität
'Orion Conspiracy' kann problemlos via DosBox gespielt werden und das Spiel selbst gibt es ab rund 20 € im Karton als englische Fassung bei ebay. Für gut erhaltene Versionen oder die seltenere deutsche Ausgabe zahlt man etwas mehr. Übrigens liegt dem Spiel ein Comic bei, der die dramatische Vorgeschichte von Devlin erzählt.
Die Geschichte von 'Orion Conspiracy' kann überzeugen, wartet sie doch mit nicht nur für die damalige Zeit mutigen Charakteren auf und bietet überraschende Wendungen. Dass sie das gesamte Spiel über nicht so recht in Fahrt kommt, liegt an den elendig langen Laufwegen. Unzählige Male muss Devlin kreuz und quer durch die Raumstation laufen, um ein kurzes Gespräch zu führen oder einen Gegenstand einzusammeln, nur um direkt im Anschluss gleich wieder zurück laufen zu müssen. Nein, liebes Team von Divide by Zero, lange Laufwege sind kein Ersatz für Rätsel. Und genau davon fehlt es dem Spiel dann auch, denn unter dem Strich bleibt von der Spielzeit nur wenig Knobelei. Dazu kommen die sich unrealistisch verhaltenden Besatzungsmitglieder der Raumstation, sodass eine in den Grundsätzen gute Geschichte alleine das Spiel auch nicht retten kann. 'Orion Conspiracy' darf übrigens zu den besseren Adventures des Studios gezählt werden, später erschien dann noch 'The Gene-Machine', ehe für Divide by Zero endgültig das Licht ausging.
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The Orion Conspiracy
- Entwickler
- Divide by Zero Software Inc.
- Publisher
- Domark
- Release
- 1995
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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