Touché: Die Abenteuer des fünften Musketiers - Klassikertest
Der Publisher US Gold veröffentlichte Ende 1995 das von Clipper Software entwickelte Adventure 'Touché - Die Abenteuer des fünften Musketiers'. Ein Spiel, das hierzulande eher ein Dasein im Schatten der Platzhirsche von LucasArts und Sierra fristete. Wir haben eine Version aufgetan und uns für einen Klassikertest auf eine wilde Reise durch das historische Frankreich begeben.
Für den Sterbenden kommt jede Hilfe zu spät.Um das Jahr 1562 herum brach in Frankreich ein Bürgerkrieg aus, in dem Protestanten gegen Katholiken kämpften. Mitten in diesen Konflikt stolpert der Fähnrich Geoffroi Le Brun, der seine Ausbildung zum Musketier im Städchen Rouen antreten will. Doch bevor es soweit kommt, wird er in den Morde an dem Adeligen William de Peuple verwickelt, bei dem der Mörder auch in den Besitz des Testaments kommt. Geoffroi verspricht dem Sterbenden, das Testament zu finden und sicherzustellen, dass der letzte Wille umgesetzt wird - de Peuple wollte sein Schloss nebst Ländereien dem Kanzler vermachen. Es soll eine wichtige Rolle in der Verteidigung Frankreis gegen die Briten spielen, die sich ebenfalls in den Krieg einmischen wollen.
Juliette verdreht nicht nur unserem Helden den Kopf.Direkt neben dem Ort des Verbrechens stoplert Geoffroi über Henri, einen Wegelagerer, der sich als blinder Bettler ausgegeben hat, um von den Mördern nicht behelligt zu werden. Henri überzeugt Geoffroi davon, dass jeder Musketier einen Diener haben sollte und weicht diesem im Anschluss nicht mehr von der Seite. Zusammen folgen sie den Spuren der Mörderbande quer durch das nördliche Frankreich. Schon bald stellen sie fest, dass mehr hinter dem Mord steckt und bekommen es mit einer ausgefeilten Verschwörung zu tun, bei der ein Kardinal versucht, die Macht im Lande zu übernehmen.
Und dann ist da noch die junge Juliette, die durch ihren Vater in einem Turmzimmer unter Arrest gehalten wird - schließlich sind so viele junge Soldaten in der Gegend unterwegs und Juliette soll sich nicht mit ihnen einlassen. Dabei ist sie unsterblich in D'Artagnan verliebt - Wird Geoffroi neben dem Testament auch ihr Herz gewinnen?
Gebogene Geschichte
In der Kaserne wird fleissig trainiert.Die Musketiere waren eine Truppengattung der Infanterie. Ihr Name stammt von der Muskete ab, die laut Wikipedia erstmals im Jahr 1567 erwähnt wurde. Auch die Regimenter der Musketiere entstanden erst danach. Alexandre Dumas Roman 'Die drei Musketiere' spielt auch erst 1625 - Den Autoren treffen wir übrigens auch im Spiel. So ganz genau nimmt 'Touché' die Daten also nicht. Für die Story des Spiels ist das aber nicht wichtig. Anfangs motiviert sie durch die Suche nach den Mördern und die Hatz nach dem Testament, später durch die sich anbahnende Verschwörung. Im Mittelteil des Adventures verheddert sich die Erzählung dann etwas, ehe es am Ende ins Übernatürliche abbiegt und zu einem doch noch passenden aber plötzlichen Schluss kommt.
Kniffelig bis Nervig: Die Rätsel
Die Flussfahrt kann nervenNahezu alle Rätsel aus 'Touché' lassen sich in die zur Entstehungszeit übliche Adventure-Kost einsortieren. Geoffroi trifft auf Dialog- sowie Inventarrätsel und einige Aufgaben, die sich als eher nervig herausstellen, wie beispielsweise eine Bootsfahrt. Hier muss an jeder Flussbiegung entschieden werden, welchen von drei Hebeln man nutzt. Nur mit einem geht es weiter, die anderen lassen das Boot zurückfahren oder sich im Kreis drehen. Welcher Hebel der richtige ist, findet man nur mittels ausprobieren heraus, ein System gibt es nicht.
Unnötig kompliziert: Das 'SeifenAndere Aufgaben stellen uns vor Adventureexperten bekannte Schwierigkeiten: Entweder ist die Lösung so abstrus, dass man nur durch ausprobieren auf den richtigen Weg findet oder es fehlt ein Objekt, das sich in der Grafik einfach nicht finden lässt. Einige Gegenstände sind gar so gut versteckt, dass Geoffroi sie erst auf den zweiten oder dritten Klick finden kann. Bei einigen Rätseln sind wir auch auf Henri angewiesen, der sogar über ein eigenes Inventar verfügt.
Verbensteuerung mittels Kontext-Menü.Geoffroi bewegen wir per Point- & Click-Steuerung durch die Orte, für Interaktionen bietet das Spiel ein Kontextmenü, das per Mausklick aufgerufen wird. Personen können beispielsweise angeschaut oder angesprochen werden, an Türen können wir klopfen, lauschen oder sie öffnen. Der Tascheninhalt wird am unteren Bildschirmrand angezeigt, neben einer Anzeige für den aktuellen Bargeldstand und einem Charakterportrait. Schöner Effekt: Wenn über das Spiel die Nacht hereinbricht, wird auch die Inventarzeile abgedunkelt.
Hinter Dir: Ein dreifach geklonter Dieb
Eine Schmiede...Zugegeben, das Wortspiel in der Absatzüberschrift ist nicht sonderlich einfallsreich, dennoch trifft es den Nagel auf den Kopf. 'Touché' sieht nicht nur auf den ersten Blick aus wie ein weiteres Kapitel von Monkey Island 2: LeChuck's Revenge. Die Charaktere könnten direkt aus dem Piraten-Adventure entstammen und auch die Hintergründe oder die Karte über die wir durch Frankreich reisen erinnern stark an LucasArts' Adventure. Das ist sicher nicht verwerflich, die Grafik von 'Touché' überzeugt auf Screenshots ebenso wie die des Vorbildes. In Bewegung hingegen fängt das Spiel enorm an zu ruckeln. Das wird schlimmer, je mehr Charaktere sich auf dem Bildschirm befinden. Dazu kommen recycelte Hintergrundgrafiken wie die Schmiede, die in jedem Ort nahezu identisch aussieht oder das Wirtshaus, das ebenfalls in allen Orten vom selben Architekten zu stammen scheint.
... und eine Schmiede aus einem anderen Ort.Dass sich die Straßendiebe nach der Maskierung nicht unterscheiden lassen, ist durchaus noch nachvollziehbar. Die Diebe sind aber keine Ausnahme. Fast alle Figuren im Spiel scheinen eineiige Mehrlinge zu sein. An jedem Ort begegnen uns die selben Gesichter. Das Spiel macht auch keinen Hehl daraus und bietet mehrmals die Dialogoption "Kennen wir uns? Ihr kommt mir irgendwie bekannt vor..." an. Auch die Animationen wiederholen sich dauerhaft, für die Hauptcharaktere gibt es immerhin eine etwas größere Auswahl. Etwas mehr Feinschliff hätte die Abstimmung zwischen Charakteren und Hintergründen vertragen, manchmal wirken sie eher aufgeklebt.
Flapsige Dialoge
Nein, hier gehts nicht ums Beleidigungsfechten.Beim Humor und den Dialogen stand ebenfalls ein Adventure-Schwergewicht Pate, denn Geoffroi wird im Spiel ebenso übel mitgespielt wie dem bekannten Schwerenöter Larry aus dem Hause Sierra. Vor Allem die waghalsigeren Aktionen des Helden gehen meistens schief, was das Spiel mit einer Slapstick-Animation präsentiert und durch den Diener Henri flapsig kommentieren lässt. Meistens zünden diese Gags auch und sorgen für lautes Lachen vor dem Monitor.
Doch nicht nur Henri spottet über unseren Helden, auch in vielen anderen Dialogen ist Geoffroi das Ziel der Witze. Manchmal schießen die bissigen Bemerkungen aus heutiger Sicht auch über das Ziel hinnaus, wobei Geoffroi selbst insbesondere im Umgang mit Frauen auch kein Blatt vor den Mund nimmt. Die englische Sprachausgabe bringt (mit gewolltem französischen Akzent) nochmal deutlich mehr trockenen Humor ins Spiel, wobei die Übersetzung recht gut gelungen ist und auch viele Späße retten konnte.
In Paris wird auch Notre Dame besucht.Leider wiederholen sich viele der Dialoge beim erneuten Besuchen von Orten, was aufgrund der Textlänge irgendwann anstrengend wird. Immerhin können sie übersprungen werden.
Recht passend kommt die Musik daher, die teils auf bekannte klassische Melodien aufsetzt. Wir bekommen beispielsweise in Paris Anlehnungen an den Cancan zu hören, den gab es zwar noch nicht zur Zeit der Glaubenskriege, er passt aber dennoch gut ins Szenario. Die übrigen Stücke fügen sich ebenso ein. Als Komponist und unterstützender Programmierer wird übrigens Ben Daglish genannt, der für sehr viele bekannte Spielesoundtracks verantwortlich war.
Unfertig?
Einkaufen ohne Bargeld? Für Geoffroi kein Problem.Nicht nur das plötzliche und kurze Finale hinterlässt den Eindruck, dass zum Ende der Entwicklung Geld oder Zeit ausgingen, vielleicht sogar beides. Das prominenteste Beispiel dafür ist das Geld-Inventar: Zu Beginn seines Abenteuers trägt Geoffroi 15 Franc in seinem Geldsack, wie eine Anzeige des Spiels mitteilt. Nur wenige Mausclicks später kann diese Summe auf Null gesunken sein. Wer nun Angst vor einem Neustart des Spiels hat oder dauernde Geldknappheit fürchtet, kann beruhigt sein. Der Kontostand des Fähnrichs steigt wenn überhaupt dann nur sehr kurzzeitig wieder an. Das Geld spielt im gesamten Adventure keine Rolle, obwohl in Dialogen immer wieder auf Kosten hingewiesen wird. Die Rechnungen für Kutschfahrten übers Land, Verpflegung oder Unterkunft kann Geoffroi jedoch einfach seiner Garnison in Rechnung stellen.
Ein weiteres Relikt dürfte das Inventar von Henri sein. Zwar können wir dem Begleiter jederzeit Gegenstände überreichen. Sehr selten ist das sogar erforderlich, über die gesamte Spielzeit wirkt diese Funktion jedoch wie ein Fremdkörper. In beiden Fällen ist davon auszugehen, dass die Funktionen zu Beginn der Entwicklung anders geplant waren und entweder die Zeit zur vollen Umsetzung oder zum Ausbau fehlte.
Im historischen Frankreich von Touché gab es viele Zwillinge...Hinzu kommen die offensichtlich kopierten Grafiken sowie ein Ort kurz vor dem Spielende, bei denen die Kontextmenüs nicht mehr eingebaut wurden und sich somit die Spielsteuerung leicht verändert. Unter diesen Umständen verwundert es fast, dass es deutsche Texte gibt und das Spiel insgesamt erfreulich fehlerfrei läuft.
Auf eine schwierige Entwicklung lässt auch das Ende von Publisher U.S. Gold schließen, der kurz nach der Veröffentlichung von 'Touché' durch Eidos übernommen wurde. Der Hauptprogrammierer Graham Lilley, der das Spiel über große Teile alleine entwickelte, bekam nach eigener Aussage nur eine CD vom fertigen Spiel, nicht einmal mit Verpackung oder Handbuch.
Verfügbarkeit und Kompatibilität
Das Adventure um Geoffroi und Henri war schon zur Veröffentlichung kein Kassenschlager, entsprechend selten und damit teuer sind komplette Versionen, die durchaus für mehr als 70 € in den Gebrauchtbörsen gehandelt werden. Eine andere legale Möglichkeit zum Erwerb gibt es derzeit nicht. Auf aktuellen Systemen kann 'Touché' dank ScummVM oder DosBOX problemlos gespielt werden.
Obwohl sich 'Touché' an den großen Titeln des Adventure-Genres aus seiner Zeit orientiert, bietet die Geschichte um die Glaubenskriege, eine Verschwörung und den Fähnrich Geoffroi genug eigenes Potential für ein paar amüsante Knobelstunden. Man sollte sich allerdings darauf einstellen, dass die Engine mit der teils geklonten Spielgrafik überlastet ist und es häufiger zu Rucklern kommt. Ebenso stören einige Elemente, die das Spiel unfertig aussehen lassen und auch der Humor wirkt an einigen Stellen überholt. So reiht sich das Spiel zwar nicht in die erste Riege der Klassiker aus den 1990ern ein, dürfte aufgrund des unverbrauchten Settings aber auch heute noch seine Fans finden.
Es gibt immer die Grauzone Abandonware mit einigen seriösen Sites. Sollte es wieder regulär erhältlich sein, wird es da sogar entfernt.
Wo kein Kläger (Entwickler, Publisher und generell Copyright Inhaber existieren nicht mehr)...
Und die machen einen wichtigen Job als Archivare, sonst würde so manches Game für immer verschwinden und vergessen werden. Es gibt auch viele damalige Entwickler, die sich positiv zu solchen Sites äussern.
4 Kommentare
Wo kein Kläger (Entwickler, Publisher und generell Copyright Inhaber existieren nicht mehr)...
Und die machen einen wichtigen Job als Archivare, sonst würde so manches Game für immer verschwinden und vergessen werden. Es gibt auch viele damalige Entwickler, die sich positiv zu solchen Sites äussern.