Besonders in den Staaten hat die junge Detektivin Nancy Drew bereits seit Jahrzehnten Kultstatus. Dieser Stellenwert manifestiert sich nicht nur durch unzählige Filme, Serien und Bücher, sondern auch durch eine sehr umfangreiche und erfolgreiche Adventure-Serie des auf junge Frauen spezialisierten Entwicklerstudios Her Interactive. So handelt es sich bei 'Nancy Drew: Das Phantom von Venedig' gar schon um den achtzehnten Teil und ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. Deutschland hat von diesen Spielen allerdings nur einen äußerst kleinen Bruchteil zu Gesicht bekommen, so hat es zeitgleich mit dieser Veröffentlichung nur 'Nancy Drew: Die Legende des Kristallschädels' und 'Ein Fall für Nancy Drew: Fluch im Filmstudio', ein Adventure und ein Wimmelbildspiel, in diese Region der Welt verschlagen. Dank Publisher dtp haben nun auch deutschsprachige Abenteurer die Möglichkeit, der Hobby-Ermittlerin in ihren Fällen beizustehen.

Die Rückblende als bewährtes Stilmittel
Alles beginnt mit einem dunklen, schmutzigen Abwasserkanal, durch den sich Nancy Drew nur mit einer Taschenlampe bestückt ihren Weg bahnt. Am Ende des langen Ganges folgt ein kleiner, beengender Raum, der sogleich der scharfen Beobachtungsgabe der jungen Detektivin unterzogen wird. Urplötzlich fällt die gerade durchschrittene massive Metalltür ins Schloss und versperrt den einzigen Rückweg, während durch die Abwasserrohre rasant eine Flut an Wasser eintritt und droht, den Raum in eine feuchte und zugleich letzte Ruhestätte zu verwandeln. So startet das Hauptspiel im spannenden Intro gleich mit einer mehr als misslichen Lage. Doch ist dies nicht automatisch auch der Einstiegspunkt in die eigentliche Handlung. Wie aus vielen Spielen und Filmen bekannt, wird in Form einer Rückblende bis zu der gerade beschriebenen, aussichtlos wirkenden Stelle erzählt und gerätselt. So erwacht Nancy Drew in ihrem Zimmer des Palazzo Ca' Nascosta im wunderschönen Venedig. Doch ist die forsche Amerikanerin nicht zum eigenen Vergnügen oder gar Urlaub vor Ort. Die reiche Dame Prudence Rutherford, die Nancy noch aus einem ihrer früheren Abenteuer kennt, ist als Vorsitzende der Gesellschaft für Schutz und Erhaltung venezianischer Antiquitäten und Kultur empört über einen Dieb namens "Das Phantom", welcher in Venedig sein Unwesen treibt. Bei seinen Raubzügen hinterlässt er kaum Spuren und die italienische Polizei scheint mit der Ergreifung des Täters überfordert. So lässt Prudence ihre Kontakte spielen und überzeugt eine Bekanntschaft beim GdiF, der italienischen Polizei für Wirtschaftskriminalität, dass Nancy eine bedeutsame Hilfe bei der Aufklärung des Falles sein könnte. Nun liegt es also an Nancy, herauszufinden, wer hinter dem mysteriösen Phantom steckt und wie dieser endlich dingfest zu machen ist.
Venedig ist nicht immer eine Augenweide
Doch bevor es endlich soweit ist, Intro und Detektivarbeit überhaupt genießen zu können, wartet zunächst einmal das Hauptmenü selbst mit der ein oder anderen Aufgabe auf den Spieler. Bestehend aus einem Schreibtisch mit Informationen zu vergangenen Geschichten, Erklärungen der Steuerung für Adventure-Neulinge, einem Wörterbuch für den Aufenthalt in Italien und einem Flugticket für eben jene Reise dorthin, gibt Nancy am heimischen Arbeitsplatz kurze Anweisungen, was zum Starten eines neuen Spieles getan werden muss - und dies bei jedem weiteren Spielstart aufs Neue. Auf Dauer ein wenig lästig, mit immer den gleichen Sprachfetzen begrüßt zu werden, fällt schon gleich zu Beginn ein weiterer Punkt sprichwörtlich ins Auge. Die Grafik wirkt bereits im Hauptmenü grobkörnig und unscharf und hinterlässt einen überraschend dürftigen Ersteindruck. Verstärkt wird dieser Anschein dann spätestens im bereits erwähnten Intro-Video, dessen optische Qualität noch um einiges geringer ausfällt.
Auch nach Betreten des Hauptspiels ist nur marginal eine Besserung erkennbar. Die Umgebungsgrafiken sind ebenfalls teilweise verwaschen und unscharf, können deshalb auch nur selten allumfänglich überzeugen. Darüber hinaus wird Nancy über die gesamte Spieldauer hinweg durch weitestgehend statische Hintergründe bewegt, die nur äußerst selten mit zusätzlichen Details wie Wellenbewegungen Leben eingehaucht bekommen. Noch unansehnlicher, als die ohnehin schon nur durchschnittlich gestalteten Hintergründe, sind die hölzernen und sehr einfach modellierten Charaktere. Diese heben sich durch ihr karges Aussehen und ihre Detailarmut noch einmal deutlich von der Umgebung ab und wirken durchgehend reichlich deplatziert. Zumindest die Informationsblätter, Bücher und Briefe, welche zusätzliche Hinweise für die erfolgreiche Bewältigung der verschiedenen Aufgaben zur Verfügung stellen, können den schwachen grafischen Eindruck eine Spur weit übertünchen. Kleinere Fehler in deren Texten sind zwar vorhanden, fallen aber nicht übermäßig negativ ins Gewicht. Als Auflösung bietet das Spiel unterdessen zwei verschiedene Vollbild-Optionen, deren Wirkung allerdings nur durch bloßes Ausprobieren herauszufinden ist. Die Menüpunkte sind absolut nichtssagend betitelt, so verbirgt sich hinter dem "Vollbildmodus 1" eine standardisierte Auflösung von 800x600 Bildpunkten, für heutige Maßstäbe eine schon mehr als veraltete Einstellungsmöglichkeit. Mit dem "Vollbildmodus 2" passt sich der Titel an die Einstellungen des Windows-Desktops an und das Bild wird entsprechend hochskaliert. Breitbild-Monitore bekommen in diesem Fall am linken und rechten Bildschirmrand zwei zusätzliche schwarze Balken verpasst. Als dritte Alternative steht auch ein Fenstermodus zur Auswahl, der ebenfalls die gleiche Auflösung wie der erste Vollbildmodus bietet.
Eine Rundfahrt mit der Gondel
Wenn das Wort statisch bei der Grafik bereits fällt, darf sich die Steuerung nicht minder dieses Schild um den Hals hängen. Aus First-Person-Sicht wird Nancy Drew durch die Schauplätze der rund 1500 Jahre alten Stadt bewegt. Liebhaber einer 'Myst'-artigen Steuerung werden sich gleich heimisch fühlen, aber auch sonst geht selbige in 'Nancy Drew: Das Phantom von Venedig' intuitiv und einfach von der Hand. Mit nur einem Klick kann die Detektivin dazu veranlasst werden, sich einen Bildausschnitt vor zu bewegen oder eine Drehung um 90° nach links oder rechts zu vollziehen. Angezeigt werden diese Bewegungsmöglichkeiten durch Pfeile in entsprechende Richtungen, in die sich der standardmäßig als Lupe repräsentierende Mauszeiger bei korrekter Positionierung verwandelt. Ebenfalls möglich ist eine Kehrtwende um 180°, mit der komfortabel lästige Drehorgien umgangen werden können. Nur in wenigen fällen kann sich Nancy in der Umgebung ohne zusätzliche Mausklicks umsehen, dann reicht es bereits aus, den Mauszeiger an den Rand des linken oder rechten Bildschirms zu bewegen, um eine schrittweise, nicht flüssige und damit ziemlich ruckartige Drehung durchzuführen. In der Stadt selbst bewegt sich Nancy von Schauplatz zu Schauplatz über eine Stadtkarte mit vordefinierten Wegpunkten. Von diesen sind nicht alle jederzeit auswählbar, eine derartige Möglichkeit wird auf der Karte jeweils ausdrücklich angezeigt. Das Reisen zwischen den Wegpunkten findet mit mehreren unterschiedlichen Verkehrsmitteln statt und wird durch die farbige Prägung der dazwischenliegenden Linien festgelegt. Dies hat allerdings nur in einer Aufgabe spielentscheidende Relevanz und verkompliziert die Reise durch Venedig somit nicht weiter. Ganz im Gegenteil, so kann die Benutzung der Kanäle gegen einen kleinen Obolus etwas aufgepeppt werden, indem ausgewählte Gondolieri die Fahrt auf dem Wasser mit einer geschmacklich fragwürdigen Gesangseinlage begleiten.
Kann ein Objekt, beispielsweise ein Buch oder eine Zeitung, näher betrachtet werden, so umgibt sich der lupenförmige Mauszeiger mit einer roten Umrandung. Gespräche mit den rar gesäten Charakteren werden mit einer Sprechblase, aufnehmbare und benutzbare Objekte mit einer Hand signalisiert. Dialoge können derweil nicht übersprungen werden und müssen immer in voller Länge angehört und bei Bedarf mitgelesen werden. Da die Gespräche auch gerne einmal ins Belanglose abdriften, wäre eine solche Funktion durchaus wünschenswert gewesen. Positiv herauszuheben ist hingegen die Möglichkeit zur flüssigen Dialogsteuerung. Auf diese Weise kann schon rechtzeitig die nächste Dialogoption ausgewählt werden und das Gespräch wird ohne jegliche Unterbrechungen wie aus einem Guss abgespult. Gleichermaßen existiert keine Hilfefunktion zur Anzeige der vorhandenen Hotspots, wird aber auch nicht weiter benötigt. Durch den Umstand, dass die Schauplätze häufig nur 1-2 Räumlichkeiten umfassen und relativ übersichtlich im Bezug auf interaktive Objekte sind, gerät der Spieler wohl eher nicht in Verlegenheit, lange nach etwas suchen zu müssen.
Ständig eingeblendet wird am unteren und oberen Bildschirmrand ein schwarzer Balken mit einer zugehörigen Benutzungsoberfläche. Unten erfolgt der Zugriff auf das Inventar, welches sich in einem eigenständigen Fenster öffnet, das Notizbuch mit wichtigen Telefonnummern und Beobachtungen und auf eine Aufgabenliste, die allerdings nur im Junior-Detektiv-Modus zur Verfügung steht. Dies ist der leichtere von zwei Schwierigkeitsgraden, der im Gegensatz zum Senior-Detektiv-Modus zusätzliche Hilfestellungen bereitstellt. Des weiteren verfügt Nancy über einen PDA, mit dem sie Kontakt zum GdiF aufnehmen und auch per Peilsender Observierungen und Verfolgungsjagden durchführen kann. Ebenfalls können über die untere Oberflächenleiste die einzelnen Menüpunkte Speichern, Laden, Beenden und die Optionen angewählt werden. Am oberen Bildschirmrand kann Nancys derzeitiger Kleidungsstil bewundert werden, ebenfalls dargestellt wird der Geldbetrag, den Nancy noch mit sich führt. Dies hat im weiteren Verlauf noch eine wichtige Bewandtnis, denn mit dem Geld müssen neue Kleidungsstücke oder hilfreiche Magazine erworben werden. Natürlich können die wenigen Euros auch für weniger sinnvolle Errungenschaften ausgegeben werden. Möchte man sich auf dem Markt mit Waffeleis den Appetit verderben, so steht dem nichts im Wege. Wird die finanzielle Lage mit der Zeit angespannter, gibt es mehrere Möglichkeiten, die Geldbörse wieder mit mehr Inhalt zu füllen. Durch kleinere Minispiele oder dem Wühlen im in der Stadt umherliegenden Müll können zusätzliche Münzen hinzuverdient werden.
Scopa für Anfänger und Fortgeschrittene
Die angesprochenen Minispiele kommen bis zum Abspann etliche Male vor. Um an das nötige Kleingeld zu gelangen, kann Nancy beispielsweise als Tänzerin im Club Micio auftreten, bei deren Tanzeinlage zu eingespielten Geräuschen bestimmte Bewegungen ausgeführt werden müssen. Zu welchem Zeitpunkt welche Reaktion erfolgen muss, kann bereits vorab in einem erklärenden Buch angelesen werden. In einem anderen Minispiel werden Blumen von einem Schwarm Bienen befreit, um das Gewächs auf dem italienischen Markt bei einem Händler veräußern zu können. Ist der Verkauf abgeschlossen, sind die Blumen unlogischerweise wie von Zauberhand bereits schon wieder nachgewachsen und das Bienenspiel kann erneut durchgeführt werden. Nicht jedes dieser Minispiel-Einschübe trägt allerdings dazu bei, die Haushaltskasse aufzubessern. Einige dienen anderweitig zum Vorankommen in den Ermittlungen. Um das Vertrauen einer zwielichtigen Gestalt zu gewinnen, muss Nancy ihn etwa in dem spaßigen und sehr gut umgesetzten italienischen Kartenspiel Scopa schlagen. Erst dann ist er bereit, sich mit der Detektivin über das Geschäft zu unterhalten. Leider einer der wenigen Lichtblicke im Minispiel-Dschungel des Titels.
Doch beschränkt sich nicht alles auf diese eher nebensächlichen Aufgaben. Auch richtige Rätsel wollen in Venedig gelöst werden, und diese wissen dazu auch noch mehrheitlich zu überzeugen. Wer meint, er könne sich nur von seichten Minispielen berieseln lassen, dürfte bei den ersten knackigen Rätseln überrascht sein, wenn erfreulich viel Hirnschmalz abverlangt wird. Dies sind dann auch die Momente, in denen 'Nancy Drew: Das Phantom von Venedig' richtig punkten kann. Doch dann sind da wieder die weniger schönen Momente, die in dieser Form nicht vorhanden sein sollten. Während Nancys Observierung eines Verdächtigen muss sie des Öfteren in dessen Büro einbrechen. Dazu muss jedes mal aufs Neue das Türschloss zeitraubend überlistet werden, indem die sechs Schlossbolzen an die dafür vorgesehene Position gebracht werden. Auch das Heraussuchen einer einzelnen Brieftaube aus gefühlt hundert anderen gleich aussehenden Tauben beschwört nicht gerade Jubelstürme herauf, sondern bedient sich nur ärgerlicher "Trial and Error"-Mechanik. Des weiteren gilt es auch entscheidende Schlüsselszenen auf Zeit zu bestehen. Während dies in den meisten Fällen sehr fair gestaltet ist, dürfte zumindest ein Rätsel noch einmal die Geduld des Spielers auf die Probe stellen, da die zeitliche Vorgabe äußerst knapp bemessen ist und sich häufiges Wiederholen bis zur erfolgreichen Durchführung speziell in diesem Fall kaum vermeiden lässt. Immerhin haben die Entwickler daran gedacht, einen automatischen Spielstand vor genau derart wichtigen Szenen anzulegen. Macht Nancy in den Ermittlungen also einen Fehler und der Fall wird ihr daraufhin entzogen oder sie segnet gar das Zeitliche, so kann direkt wieder vor besagter Schlüsselstelle eingestiegen werden. Sorgen um den Verlust an Spielfortschritt muss sich demnach nicht gemacht werden.
Zu erwähnen ist ebenfalls der interessante und zeitgleich sinnvolle Einsatz von Kleidung, der mehr als nur ein modischer Zeitvertreib ist. So kann die Detektivin über ihren Kleiderschrank das Aussehen verändern, um sich etwa als eine andere Person ausgeben zu können. Die einzelnen Kleidungsstücke, die für dieses Vorhaben benötigt werden, können im örtlichen Kostümverleih eingekauft werden. Als nicht weniger nützlich erweist sich das schon zu Beginn eingesackte Wörterbuch, welches dabei hilft, italienische Texte in die deutsche Sprache zu übersetzen. Dazu wird das Wörterbuch im Inventar angewählt und daraufhin auf das zu übersetzende Objekt angewendet. Nicht nur hier versucht Her Interactive der Spielerschaft ein wenig die italienische Sprache näher zu bringen, auch nicht ganz so unterschwellig gibt es dazu noch die Gelegenheit. So beschränkt sich eine Aufgabe auf das Erlernen von italienischen Vokabeln aus einem dafür vorgesehenen Buch. Das neu erlangte Wissen muss dann sogleich in einem Minispiel angewandt werden, bei dem Nancy mit den italienischen Begriffen konfrontiert wird und entsprechend reagieren muss. Die Edutainment-Komponente kommt des Weiteren auch mit den vielen Hintergrundinformationen über Venedig eindeutig nicht zu kurz. Prädikat besonders wertvoll würde so etwas in der Filmbranche wohl heißen.
Der Ton macht die Musik
Die Geschichte selbst entpuppt sich als grundsolides Räuber- und Gendarmspiel, bei dem Nancy Stück für Stück versucht, dem Phantom auf die Schliche zu kommen. Dazu muss sie Spuren finden, ihnen nachgehen, verschiedenste Personen aushorchen und selbstverständlich Verdächtige beschatten. Ausgerechnet die Geschichte ist es dann auch, die summa summarum etwas unter ihren Möglichkeiten bleibt. Bereits nach kurzer Spielzeit beginnt sich diese als zunehmend vorhersehbar zu entwickeln, sodass vergeblich nach überraschenden Wendungen oder Innovationen im Handlungsverlauf gesucht wird und sich das Spiel somit lediglich auf konservative Story-Kost beschränkt. Wirkliche Spannung wird bis zum Finale, welches bereits nach kurzen 6-8 Stunden über den Bildschirm flimmert, nur bedingt aufgebaut und so genießt man gelegentlich lieber ein wenig die italienische Atmosphäre, als den eigentlich zu lösenden Fall. Wäre da nicht eine Diebesserie aufzuklären, könnte man sich glatt im virtuellen Stadtbummel verlieren, wenn die singenden Gondolieri wieder einmal auf eine entspannte Kanalfahrt einladen und im Hintergrund passende venezianische Klänge erklingen.
Doch stören ein paar Ungereimtheiten das dauerhafte Eintauchen in diese Welt. Auf den für eine Touristenstadt leider ungewöhnlich menschenleeren Schauplätzen können nur die gelegentlich einsetzenden Hintergrundgespräche in landestypischer Sprache vom Eindruck einer Geisterstadt ablenken. Einen weiteren großen Kritikpunkt muss sich der Titel bei der Synchronisation gefallen lassen, so ist diese durch die deutsche Sprecherriege bedauerlicherweise nur unterdurchschnittlich ausgefallen. Während sich der Gehörgang an Nancys hohe Stimmlage erst einmal gewöhnen muss, diese sich dann aber zumindest akzeptabel präsentiert, fallen viele weitere Sprecher weitaus deutlicher ab. Teilweise überspitzt künstliche Sprechweisen machen offenkundig darauf aufmerksam, dass insbesondere bei der Vertonung noch deutlich Luft nach oben besteht. Dies gilt freilich nicht für alle Sprecherrollen, so wissen besonders die Charaktere mit italienischem Akzent zu überzeugen.
Gleichermaßen auffallend ist die gelegentlich fehlende Lippensynchronität. Es ist durchaus verständlich, wenn die Lippenbewegungen nach der Übersetzung in eine andere Sprache nicht mehr vollends mit dem gesprochenen Dialog übereinstimmen. Wenn sich aber während eines laufenden Gesprächs der Mund über Sekunden hinweg nicht mehr bewegt, dann besteht offensichtlich auch hier noch etwas Nachbesserungsbedarf. Glücklicherweise sind dies nur äußerst selten auftretende Aussetzer, in dessen Reihe sich auch der sprunghafte Wechsel von Flüstern und dem Sprechen in normaler Lautstärke einreiht. Zu nennen wäre im gleichen Atemzug auch eine Situation, in der durch eine verschlossene Türe realitätsgetreu den dumpf klingenden Gesprächen auf der anderen Seite gelauscht wird, und urplötzlich ein Wechsel auf klar verständliche Sprache und wieder zurück vollzogen wird. Damit noch nicht genug Unschönheiten im Bereich Sprachausgabe, so bedienen sich die beteiligten Sprecher eines Zwiegesprächs gar an Sätzen, die eigentlich überhaupt nicht für ihre Charaktere bestimmt sind, überspringen einfach Sprachzeilen oder betonen ganze Sätze falsch, so dass sich ein völlig anderer Sinn ergibt. Für zukünftige Ausflüge in die Welt von Nancy Drew bleibt zu hoffen, dass gerade diesem Bereich mehr Aufmerksamkeit entgegen gebracht wird.
Es ist nicht einfach, die richtigen Worte für 'Nancy Drew: Das Phantom von Venedig' zu finden. Zwar entdeckt man an allen Ecken und Enden positive Ansätze, bei denen es dann zumeist aber auch bleibt. Die wenigen knackigen und fordernden Rätsel machen fraglos Lust auf mehr und sind noch dazu gut in die Umgebung integriert. Doch viele kleine Schnitzer in der Sprachausgabe, die nur teilweise spaßigen Minispiele, eine durchschnittliche und durchschaubare Gesamtgeschichte und die vielen weiteren unbefriedigenden Aspekte verdammen das Spiel quasi zur Mittelmäßigkeit. Von einem inzwischen achtzehnten Teil einer Adventure-Reihe hätte ich etwas mehr Perfektion erwartet. So scheint die Luft schon etwas raus zu sein, bevor die 'Nancy Drew'-Welle Deutschland überhaupt erreicht hat. Dennoch sei anzumerken, dass der Titel trotz aller Kritikpunkte für die etwas kurz geratene Spielzeit ordentlich zu unterhalten weiß. Nancy Drew und bedingt Lernspiel-Fans sollten den Titel grundsätzlich ins Auge fassen und dürften nicht enttäuscht werden.
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Nancy Drew 18: Das Phantom von Venedig
- Entwickler
- dtp - digital tainment pool
- Publisher
- dtp - digital tainment pool
- Release
- 20. November 2009
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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