'Lorelai' ist das Finale zu Rem Michalskis unterhaltsamer wie düsterer 'Devil Came Through Here'-Trilogie, der bislang 'The Cat Lady' (2012) und 'Downfall' (Remake: 2016) angehören. Im Finale geht es um die junge Frau Lorelai, die ums Überleben kämpft. Optisch hat sich übrigens einiges getan, denn diesmal wurde der Umstieg auf die Unity-Engine gewagt. Im Test werfen wir einen Blick auf das Indie-Adventure.
Lorelais familiäre Hölle
Im Zentrum des Dramas steht die junge Frau Lorelai, die unter schwierigen Verhältnissen aufgewachsen ist. Nach dem Tod ihres Vaters hat sich ihre Mutter Miranda aus einer Not heraus auf einen gewalttätigen Ex-Soldaten namens John eingelassen. Der ist inzwischen aber arbeitslos und verbringt die meiste Zeit damit, das letzte Geld der Familie in einer Kneipe zu vergeuden. Sie haben ein gemeinsames Baby, doch Miranda ist immer weniger in der Lage, sich darum zu kümmern. Sie wird von John geschlagen, der zudem auch seine Stieftochter schamlos anbaggert.
Lorelai will aus dieser familiären Hölle entfliehen, doch dieser Schritt fällt ihr schwer und sie will ihre kleine Schwester nicht zurücklassen. Kürzlich hat sie damit begonnen als Altenpflegerin in einem Heim zu arbeiten und eigenes Geld zu verdienen. Dort gibt es jedoch bald ein paar sonderbare Erlebnisse, wie zum Beispiel eine alte Frau, die ihr prophezeit, dass dieser Tag ihr letzter sein wird. Eine Prophezeiung, die sich bald darauf bewahrheiten soll.
Mit Hilfe der aus 'The Cat Lady' und 'Downfall' bereits bekannten Königin der Maden kehrt sie schließlich zurück in die Welt der Lebenden und versucht ihre Familie zu retten. Allerdings laufen die Dinge nicht ganz nach Plan und alles hat seinen Preis...
Lorelai die Überlebenskünstlerin
Inhaltlich gibt es gute Ansätze, die Geschichte verliert sich aber gern in Details (z.B. im Kapitel rund um den Job im Pflegeheim, wo man sich zwar lebhaft in den Berufsalltag hineinversetzen kann, jedoch kaum das Gefühl hat, etwas Neues zu erfahren) und sozialen Dramen, wie man sie aus Film und Fernsehen wahrscheinlich allzu gut kennt. In den ersten beiden Drittel ist dadurch lange nicht klar, worauf es dem Autor ankommt. Ein Grund dafür sind wohl die diversen Entscheidungsmöglichkeiten und Dialog-Optionen, die die charakterliche Entwicklung der Protagonistin eher verwässern. Eine recht zielstrebig agierende Lorelai funktioniert bei diesem Abenteuer u.a. deutlich weniger gut, als eine fatalistische. Immerhin haben unsere Entscheidungen am Ende spürbare Auswirkungen.
Gruselig ist 'Lorelai' übrigens selten. Die meiste Zeit fällt es in die Kategorie Mystery-Drama. Sehr schade, denn gerade im düsteren Bereich sind die weiteren Teile der Trilogie sehr interessant gelungen. Das fehlt diesmal. Lediglich am Ende kommt Spannung auf. Gespeichert wird manuell und automatisch (nach jedem wichtigen Ereignis). Per Patch wurde zudem die Möglichkeit nachgereicht mehrere Speicherplätze anzulegen - zum Release gab es nämlich nur einen.
Abgesehen von Dialogen und Entscheidungen ist das Gameplay des Adventures simpel gestrickt. Zumeist gibt es nicht viele benutzbare Objekte in den Schauplätzen, wodurch das Inventar überschaubar bleibt. Steht die Spielfigur in der Nähe eines solchen Gegenstands, werden die Interaktionsmöglichkeiten sofort angezeigt. Es ist schwer, hier etwas zu übersehen. Im Hinblick auf die Spielzeit ist mit etwa sechs bis sieben Stunden zu rechnen.
Visuell deutlich verbessert
Während 'Downfall' und 'The Cat Lady' mit der AGS-Engine entwickelt wurden, die mit zahlreichen technischen Einschränkungen einhergeht, ist 'Lorelai' mit der Unity-Engine entstanden. Die visuelle Handschrift ist weiterhin unverkennbar, doch sieht alles deutlich besser aus. Die meiste Zeit bewegen wir uns in einer 2D-Umgebung, wo hin und wieder allerdings auch 3D-Grafiken zu sehen sind. Natürlich wirken die 3D-Grafiken ein bisschen altbacken, aber sie passen dennoch gut zum Stil der Reihe und die Übergänge zwischen 2D und 3D passieren recht fließend.
Abgesehen davon wird diesmal eine richtige HD-Auflösung geboten und Xbox-Controller werden unterstützt. Der Controller-Support ist sehr zu begrüßen, zumal die Tastatur-Steuerung der Reihe immer schon ein wenig gewöhnungsbedürftig gewesen ist - gerade was die Interaktion mit dem Inventar anbelangt. Wer einen solchen Controller zur Hand hat, sollte ihn also nutzen. Via Maus ist das Drama leider nicht steuerbar.
Herausragend ist der Soundtrack, der die Stimmung passend untermalt und bei dem zwischendurch sogar schöne Songs zu hören sind. Die englische Sprachausgabe zeigt sich im Vergleich zum Downfall-Remake ansonsten deutlich verbessert und die meisten Rollen sind gut besetzt. Jonnie Hurn als John wirkt teilweise ein bisschen aufgesetzt, Maisy Kay macht dafür einen ganz hervorragenden Job als Lorelai. Deutsche Untertitel gibt es noch nicht, allerdings wurden die bei den anderen beiden Teilen stets nachgereicht, insofern ist das wohl nur eine Frage der Zeit.
In technischer Hinsicht ist den Entwicklern mit 'Lorelai' eine klare Steigerung gelungen. Der Soundtrack saugt gleich ins Geschehen hinein und dem markanten Art-Style hat der Umstieg auf die Unity-Engine richtig gut getan. Leider fehlt der Geschichte die klare Linie und die gewohnten Gruselmomente kommen für meinen Geschmack zu kurz. Erst gegen Ende gewinnt das Spiel an Spannung und Intensität. 'Lorelai' ist bestimmt kein schlechtes Adventure und phasenweise sogar richtig gut, aber ohne den roten Faden will es bei mir so recht zünden.
Zusätzliches Fazit von Peter Färberböck: Von Beginn an hat mich die Geschichte nicht ganz abgeholt. Als immer wieder neue abschweifende Stränge hinzukamen wurde sie für mich immer unklarer. Während die Spannung steigt und ich doch mitfiebern konnte, weiß ich bis jetzt nicht so ganz, was 'Lorelai' mir eigentlich mitteilen wollte. Es ist schon fast müßig wieder schreiben zu müssen, dass hier viel Potential verschenkt wurde. Eine klarere Richtung hätte dem Spiel aber wirklich gut getan. Keine Sorge, die typischen, makaberen Elemente von Harvester Games sind noch drin, wollen aber auch nicht ganz zünden.
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Lorelai
- Entwickler
- Harvester Games
- Publisher
- Screen 7
- Release
- 26. April 2019
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.thecatlady.co.uk/
- Art
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Independent
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- Lorelai im Humble Store kaufen (Affiliate-Link)
5 Kommentare
Und ja, ich habe Lorelai natürlich durchgespielt, so schwierig ist das ja nicht . Und ich habe das Spiel tatsächlich aus persönlichem Interesse gespielt, weil ich die Reihe interessant finde.
Aber Geschmäcker sind eben unterschiedlich. Da jetzt irgendwas zu unterstellen, finde ich ziemlich fragwürdig, aber sei‘s drum
Matthias übernahm es dann und eben wegen dem Zweifel, ob die Story vielleicht nur bei ihm nicht funktionierte, hab ich es dann auch durchgespielt (gut, wegen einem Bug konnte ich die letzten 15 Minuten nicht spielen und musste mir die einzelnen Enden auf YouTube ansehen, das ist aber nicht negativ eingeflossen, weil gerade der Schluss echt besser war). Leider kam ich auf ein ähnliches Ergebnis.
Mich freut es, dass es dir gefallen hat, weil ich Rem Michalski (Harvester Games) es echt vergönne. Der kann gute Spiele. Lorelai hat leider gerade wegen der vielen längeren Nebenstränge bei mir nicht ganz gezündet.