Mit 'Assassin's Creed 3' beendete Ubisoft den Zyklus rund um Desmond Miles, wodurch ein Neubeginn für diese Erfolgsreihe möglich wurde. Ein gutes Jahr später sticht das Open-World-Piratenabenteuer 'Assassin's Creed 4: Black Flag' in See und präsentiert mit Edward Kenway eine neue Hauptfigur. Für uns war das Grund genug, um zu einem Storytellers-Test auszuholen. Bei unserem Blick durch das Corner-Fernrohr versuchen wir auch auf jene Rücksicht zu nehmen, die diese Action-Adventure-Reihe noch nicht kennen und beleuchten kurz die bislang verfügbaren Einzelspieler-DLCs.

Zeitreise durch genetische Erinnerungen
Was wäre, wenn wir die Erinnerungen unserer Vorfahren selbst durchleben könnten? Die Unbarmherzigkeit eines Kreuzzugs, den Fall der Mauer, oder doch etwas exotischeres? 'Assassin's Creed IV: Black Flag' spielt in einer Realität, wo das möglich ist. Erfahrungen sind demnach genetisch vererbt und können anhand des sogenannten Animus-Computers virtuell simuliert werden. Entsprechen unsere Aktionen in dieser Simulation halbwegs den tatsächlichen Ereignissen, werden darauf aufbauende Erinnerungen getriggert. Dadurch bringen wir Wissen in Erfahrung, welches zuvor im Verborgenen lag. Diese Grundidee steht im Zentrum der populären Assassinen-Reihe. Die mächtige Technologie ist im Besitz des Unternehmens Abstergo, welches pikanterweise den Templern gehört, die seit Jahrhunderten im blutigen Zwist mit den Assassinen leben und eigene Pläne damit verfolgen. Im vierten Teil der Reihe versucht dieser Konzern sein Glück übrigens im Unterhaltungsgeschäft: Verkauft werden historische Erfahrungen und das neueste Produkt führt die Kundschaft zu den Piraten der Karibik im 18. Jahrhundert...
Zwei Zeitebenen
![]() |
Edward Kenway spielt gerne mit dem Feuer |
Wie schon bei den Vorgängern, bewegen wir uns auf zwei Zeitebenen: Über den Animus-Computer erleben wir virtuelle historische Erinnerungen rund um den Piraten Edward Kenway und in der „realen“ Welt bewegen wir uns als neuer Mitarbeiter durch das hochmoderne Gebäude des Konzerns. Während zuletzt Desmond Miles mit Abstergo ein Hühnchen zu rupfen hatte, ist diesmal der Spieler selbst der Reihe (diesen Abschnitt im Spiel steuern wir aus der Ego-Perspektive, während wir die Animus-Erinnerung aus der dritten Person erleben). Für das Unternehmen sollen wir nicht bloß neue historische Erlebnisse sammeln, sondern auch Hinweise zu einem seltsamen Observatorium, von dem offenbar eine gewaltige Macht ausgeht. In der "realen" Welt sehen wir uns im Spiel allerdings genötigt, Informationen zum Unternehmen ausspionieren (leider kommt dieser Teil des Spiels nicht an den karibischen Rest heran). Auf beiden Zeitebenen entfaltet sich ein Handlungsstrang, der allerdings nur lose aneinander gekoppelt ist.
Der Weg des Assassinen
![]() |
Das Ende der Piraten kündigt sich an! |
Wie der Name schon sagt, spielen Assassinen eine tragende Rolle. In den ersten Stunden merkt man davon aber recht wenig. Unser Held gehört dieser tödlichen Profession eigentlich gar nicht an. In den Besitz der Attentäter-Robe der Pirat überhaupt nur durch einen heimtückischen Mord gekommen. Zwar verfügt er über ähnliche Fähigkeiten, wie die heimlichen Mörder, doch am nötigen Ethos mangelt es ihm zunächst. Reichtum ist sein Leitmotiv und mit möglichst viel Geld will er sich rasch zur Ruhe setzen. Im Zuge seiner Abenteuer lernt er freilich, dass es im Leben um mehr geht als das. Ein sehr klassisches Thema also und auch wenn die Geschichte nicht sonderlich originell sind, so ist sie ansprechend umgesetzt. Während unseres Streifzuges durch Städte wie Havanna oder Kingston und unzählige Inseln, wird der Wandel unseres Protagonisten immer deutlicher.
Einen heftigen Wandel durchlebt auch die Berufsgruppe der Piraten: Im 18. Jahrhundert kommt es zum Ende ihres goldenen Zeitalters in der Karibik. Nach und nach werden sie von den Großmächten vertrieben, eingesperrt oder umgebracht. Da die Macher der Erfolgsreihe gerne Fiktion und historische Realität vermengen, machen wir bei diesem Abenteuer auch Bekanntschaft mit dem legendären Piraten Blackbeard und vielen weiteren Persönlichkeiten der damaligen Zeit. Abgesehen davon bietet 'Black Flag' dem Spieler viele Informationen zu Menschen, Orten und Bauten von Damals - wenn nicht so viele wie in 'Assassin's Creed 2' (hier gab es viel über die italienische Renaissance des 15. Jahrhunderts zu lesen und zahlreiche berühmte Bauten wurden eindrucksvoll nachempfunden), wo dieser tolle Ansatz noch besser realisiert wurde.
Bombastische Präsentation
![]() |
Auf hoher See verbringen wir viel Zeit |
Optisch, wie auch akustisch ist 'Assassin's Creed IV' erstklassig und zählt locker zu den imposantesten Titeln in diesem Jahr. Die atmosphärische Umgebung ist eindrucksvoll visualisiert, selbst das Wetter ist variabel und die Gesichter der vielen Akteure fallen sehr positiv durch emotionale Gesichtsregungen auf. In die Kategorie Filmreif fällt sowohl der stimmungsvolle Soundtrack, als auch die deutsche Synchronisation (Lippensynchronität ist allerdings nicht gegeben). Gespeichert wird automatisch und wer an einer Aufgabe scheitert, läuft lediglich bei ein paar Missionen Gefahr, vieles nochmal durchleben zu müssen. Mitunter sind die vorgefertigten Speicherpunkte jedoch verwirrend gesetzt und bringen uns zu Ausgangspunkten, wo wir zuvor noch nicht waren und die taktisch suboptimal sind (hin und wieder bringt es auch eine unverhoffte Erleichterung...).
In der Vergangenheit musste die PC-Fassung von Ubisofts Flaggschiff auf Ebene der Steuerung Federn im Vergleich zu den Konsolen-Ausgaben lassen. Diesmal ist die Konvertierung immerhin besser gelungen. Neulinge der Reihe werden sich - wie bei jedem Teil - vermutlich erst an die Steuerung gewöhnen müssen (wer wenigstens einen Vorgänger bereits gespielt hat, ist klar im Vorteil) und ein Gamepad ist hier sehr zu empfehlen. Da es u.a. häufig Verfolgungsjagden auf Zeit gibt, passieren beim Laufen viele Aktionen (z.B. Springen) automatisiert, was die Handhabung grundsätzlich deutlich erleichtert. Mitunter kann das jedoch dazu führen, dass die Spielfigur in einem ungünstigen Zeitpunkt auf eine Mauer klettert (die Kletterbewegung wird vor einer Mauer stehend prompt in Gang gesetzt). Auch sonst ist die Automatisierung ab und zu ein wenig lästig. Anfangs werden die Grundzüge der Steuerung aber gut vermittelt und mit etwas Übung entwickelt man ein intuitives Gespür dafür.
Stealth, Schiff- und Schwertduelle
![]() |
Vorsicht ist besser als Nachsicht... |
Während ein paar Vorgänger ungleich mehr Duelle und Schlägereien zu bieten hatten, als man es von einem Spiel rund um Assassinen womöglich erwarten würde, setzt 'Black Flag' spürbar öfter auf Stealth-Einlagen. Zwar sind die Gegner eher einfältig gestrickt, doch gibt es davon meist viele und wer sich ungeschickt anstellt, wird schnell von einem Dutzend Soldaten umzingelt, was oft keinen gesunden Ausgang findet. In diesen und anderen Situationen ist es die klügere Entscheidung, sich in Geduld zu üben, im Gebüsch zu lauern und einen guten Moment abzuwarten, um ohne zuviel Aufsehen ans Ziel zu gelangen (oder notfalls die Gegnerschaft stückweise zu dezimieren). Häufig gilt es Schwachpunkte von bewachten Festungen herauszufinden, da der Haupteingang naturgemäß selten der ideale Weg für ein erfolgreiches Attentat ist. Allerdings lassen sich die diversen Stealth-Herausforderungen nur selten ohne einige bewusstlose oder gar tote Oper lösen, was doch etwas schade ist.
Besonders mitreißend sind aber die Seeschlachten, die sogar richtig fordernd sein können (grundsätzlich bewegt sich der Schwierigkeitsgrad aber auf einem eher durchschnittlichen Niveau). Zu unbekannten Inseln reisen wir mit unserem Schiff und steuern es selbst, wobei es zu Gefechten kommen kann. Haben wir einen Ort bereits besucht, können ihn später über die Schnellreise-Funktion ohne lange Fahrt erneut betreten. Viele Konflikte auf hoher See sind vermeidbar, manche hingegen ein fixer Bestandteil der Hauptstory. Fast alle Missionen sind abgesehen davon an mehrere optionale Nebenaufgaben gekoppelt und oft sind mehrere Herangehensweisen möglich. Mit bestimmten Giftpfeilen können Wachen beispielsweise gegeneinander aufgebracht werden, aus einer sicheren Deckung locken wir Feinde hin und wieder durch Pfeifen in unsere Griffweite und wer ein Schiff nicht entern will, kann dessen Ladung hinterher sogar via Taucherglocke bergen.
Abseits der Haupthandlung (die etwa 25 Stunden Spielzeit umfasst) hält das Open-World-Spektakel eine Vielzahl an Nebenaktivitäten parat: Schatzkarten führen uns zu verborgenen Schätzen, zudem können wir Mordaufträge annehmen, Lagerhäuser plündern, Kuriere abfangen, Dame spielen (ja, richtig gelesen), Piraten befreien, Tiere jagen (sogar Wale, was Greenpeace schon beim Vorgänger nicht sonderlich schmeckte) und vieles mehr. Sogar das eigene Schiff ist individuell ausstattbar und eine schmucke Villa steht uns ebenso zur Verfügung. Kein Wunder, dass man in dieser Welt locker 50 Stunden und mehr verbringen kann. Kleine Rätsel gibt es ansonsten ebenfalls, doch die sind überwiegend schlicht und diesmal kaum der Rede wert. Übrigens wird dem Spieler vom Start weg erstaunlich viel Freiraum zur flexiblen Exploration gelassen! So mischen sich die Wachen vor allem bei verbotenen Aktivitäten ein und lassen uns abgesehen davon eher in Frieden. Bei den Vorgängern wurde das sehr viel strenger gehandhabt.
DLCs im kurzen Check
![]() |
'Freedom Cry' spielt einige Jahr nach 'Black Flag' |
Bislang existieren zwei größere DLC-Kampagnen für den Einzelspieler-Modus: 'Aveline' ist am PC u.a. in der Deluxe-Edition inkludiert, während Besitzer des Season-Pass 'Freedom Cry' erhalten, welches aber auch separat als Ergänzung zum Hauptspiel erhältlich ist. Im DLC 'Aveline' begleiten wir die Assassinin Aveline de Grandpré bei einer Rettungsaktion. Leider bietet das Gameplay eine knappe Stunde lang nicht sonderlich viel Abwechslung und die offene Story kommt ohne den Hauch einer Metaebene aus. Für Zwischendurch kann es dennoch passabel sein. Narrativ wesentlich besser ist der DLC 'Freedom Cry', doch wer 'Black Flag' ausführlich gespielt hat, erlebt eher wenig Neues. Im Zentrum dieser Kurzgeschichte steht der Assassine Adéwalé (wir kennen ihn vom Hauptspiel), der sich schlagfertig gegen die Sklaverei in der gesamten Region wendet. Ein unterhaltsamer Bonus für drei bis sechs Stunden, sehr viel mehr allerdings nicht. Die weiteren Einzelspieler-DLCs (z.B. für neue Inseln und Waffen) lohnen sich wiederum nur bei massiven Entzugserscheinungen. Somit sind die diversen Erweiterungspakete aktuell eher nur für jene zu empfehlen, die sich auch für diverse zusätzliche Multiplayer-Features begeistern können.

'Assassin's Creed IV: Black Flag' ist ein Spektakel. Die atmosphärische Präsentation ist hervorragend und die gewaltige Spielewelt bietet mehr als genug Aktivitäten, um unzählige Stunden sehr gut zu unterhalten. Anspruchsvollere kognitive Herausforderungen hätte es zwischendurch zwar ruhig etwas öfter geben können und ja, die Steuerung kommt nicht ohne nervige Eigenheiten aus und trotzdem bereitet es einen mörderischen Spaß, die vielen Inseln zu erkunden, Geheimnisse zu entdecken und sich am Land und auf hoher See in gefährliche Situationen zu begeben.
Edward Kenway ist ein überzeugender neuer Protagonist und seine Geschichte bietet eine runde Klammer für ein breit gefächertes Gameplay, ohne jedoch ein sonderlich hohes Maß an Originalität zu erreichen. Wer Action-Adventures à la 'Tomb Raider' und 'Arkham City', oder die vielen Vorgänger mochte, kann dieses starke Sequel in jedem Fall nur schwer umschiffen. Sehr empfehlenswert!
-
Assassin's Creed 4: Black Flag
- Entwickler
- Ubisoft
- Publisher
- Ubisoft
- Release
- 21. November 2013
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award • Storyteller des Jahres Redaktionswahl
- Spielzeit
- 30-60 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://assassinscreed.ubi.com/de-de/home/
- Sprachen
-
- Systeme
-
- Stichwörter
- Assassin's Creed 4 im Humble Store kaufen (Affiliate-Link)
- Assassin's Creed 4 bei Amazon kaufen (Affiliate-Link)