Abenteuer in Fallen London gibt es bereits seit 2009. Zu diesem Zeitpunkt aber noch als Browsergame. Sechs Jahre später veröffentlichte das Indie-Studio Failbetter Games dann das narrative Survival-Adventure ‘Sunless Sea‘ bei Steam, das via Kickstarter finanziert wurde. 2019 folgte mit ‘Sunless Skies‘ ein weiterer Teil der Reihe - erneut wurde zwecks Finanzierung auf Crowdfunding zurückgegriffen. Wir haben den Nachfolger für euch getestet und entführen euch in die weiten Himmel des viktorianischen Steampunk-Universums.

Mit der Dampflok durch die Himmel
15. März 1905:
„Nach einer hastigen Flucht durch den Transit Relay, ist die Orphean mit Ihrer Crew in den Himmeln von Albion angekommen und hat das Blue Kingdom hinter sich gelassen. Der sichere Hafen von New Winchester ist in erreichbarer Nähe. Captain Amelia Charity Whitlock hat die Ereignisse nicht überlebt und mir das Kommando über ihre Dampflok übertragen. Die Crew bekommt eine extra Ration Brandy gegen die Alpträume der vergangenen Schrecken. Möge Gott mit uns sein.“
So übernehmen wir am 15. März 1905 das Kommando über die Orphean, einer stark beschädigten Dampflok mit unbekannter Ladung. Unser Zielhafen ist New Winchester, in den Himmeln von The Reach. Mit stark dezimierter Crew machen wir uns auf den Weg.
Die Welt von ‘Fallen London‘, ‘Sunless Sea‘ und ‘Sunless Skies‘ ist eine düstere Steampunk-Variante des viktorianischen Großbritannien, das von Autoren wie H. G. Wells, H. P. Lovecraft und Jules Verne beeinflusst wird. Queen Viktoria regiert in dieser fiktiven Realität über ein Königreich zwischen Himmel und Weltall. Umgeben von sterbenden Sternen und in absoluter Dunkelheit, regiert sie mit einer mechanischen Sonne und dem Throne of Hours über das Reich und versucht sogar, sich die Zeit selbst zum Untertanen zu machen.
Horror-Steampunk in den Wolken
16. März 1905:
„In der Ferne sehen wir die ersten Lichter von New Winchester. Die Crew stimmt ein Lied über die Fabriken an. Der Geruch nach Kohle, Dampf und Stahl liegt in der Luft: Wir sind zu Hause.“
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Die Hauptstadt ist unsere Zuflucht und unser Heimathafen. |
‘Sunless Skies‘ ist wie sein Vorgänger ein Genre-Mix aus Survival-, Steampunk-, Strategie- und narrativem Text-Adventure. Das Tutorial am Spielbeginn erklärt uns die grundlegenden Spielmechaniken, die uns auf unserer Reise durch die Himmel begleiten. Das Wichtigste sind dabei drei Dinge: Treibstoff, Proviant und eine ausreichend große Crew. Geht uns eine dieser Ressourcen aus, stranden wir zwischen Wolken und Sternen und müssen von Vorne beginnen. Immer wieder treffen wir dabei auf feindliche Loks, die uns Angriffen. Sind wir mit einer guten Bordkanone ausgerüstet und haben etwas Übung mit der Steuerung, können wir nach einem Sieg Treibstoff, Proviant oder sogar seltene Güter abgreifen.
Durch geschickten Handel in verschiedenen Städten, sowie An- und Verkauf können wir unser Vermögen vergrößern und unsere Dampflok verbessern. Zur Auswahl stehen Verbesserungen wie Kanonen, mehr Laderaum, ein schnellerer Motor und andere nützliche Spielereien.
Erreichen wir einen Himmelshafen geht unser Abenteuer als Text-Adventure weiter. Je nach Größe von Stadt und Dock, stehen uns dabei unterschiedliche Regionen zum Erkunden zur Verfügung. Geschichten und Aufgaben werden dabei von mehreren Faktoren
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Dank der automatischen Speicherfunktion ist das Sterben nur ein vorübergehendes Ende. |
Die Entwickler haben viele positive Veränderungen in den Nachfolger von ‘Sunless Sea‘ eingebracht, die mich sehr positiv überrascht haben. Z. B. gibt es in ‘Sunless Skies‘ einen einfachen Spielmodus, der es uns erlaubt, beim letzten automatischen Speicherpunkt weiterzumachen, wenn wir einmal das Zeitliche segnen. Und das passiert (dem geübten und ungeübtem Spieler) leider öfter als gedacht.
Auch die Steuerung der Lok ist etwas angenehmer geworden: Über WASD wird gesteuert, die Bordkanonen werden mit der Maustaste abgefeuert. Inventar, Questlog und Spielerhandbuch wurden ebenfalls überarbeitet und sind nun viel übersichtlicher. Via Controller ist das Indie-Abenteuer ansonsten ebenfalls bedienbar.
Insgesamt spielt sich ‘Sunless Skies‘ viel flüssiger und angenehmer als sein Vorgänger. Die Balance zwischen Kraftstoff, Proviant und Entfernung wurde verbessert und macht die Kartenerkundung nun etwas angenehmer.
Auch musikalisch und grafisch kann sich das Spiel sehen lassen. Wie schon in ‘Sunsless Sea‘ blicken wir perspektivisch von oben auf die Geschehnisse. Wir steuern unsere Lok durch Wolken, vorbei an riesigen alten Ruinen, sterbenden Sternen und wilden Wäldern. Die sonnenlose „High Wilderness“ umgibt uns mit brillanter, gruseliger Schönheit und versorgt uns mit liebevollen kleinen Details im Hinter- bzw. Untergrund.
Sky Stories und Enigmas
7. Juni 1905: „THE SUN THE SUN THE SUN! Wir haben die Clockwork Sun erreicht. Das riesige mechanische Konstrukt passieren wir in sicherem Abstand und werden in Kürze an seinem Hafen andocken. Die Crew steht schon seit Stunden ehrfürchtig an den Fenstern und salutiert."
Wir erkunden verschiedenen Gebiete, Städte und Bereiche. Wir finden Geschichten, Erzählungen, decken Geheimnisse auf und stellen uns unbekannten Ängsten. Zusammen ergeben diese Geschichten ein Bild der Welt, in der wir uns bewegen. Unsere Entscheidungen und Fertigkeiten beeinflussen die Geschichten. Zusätzlich haben wir noch die Möglichkeit, uns verschiedenen Fraktionen anzuschließen und für oder gegen das Empire zu arbeiten. Der Einfallsreichtum der erzählten Geschichten ist dabei einfach wunderbar. Wenn man es mag, viel zu Lesen natürlich.
Kein Hafen in Sicht
4. August 1905
"Der Scout kehrte wieder mit schlechten Nachrichten zurück. Seit Wochen treiben wir ziellos durch Albion ohne auch nur in die Nähe eines Hafens oder Docks zu kommen. Langsam gehen uns die Extra-Rationen Brandy aus und die Stimmung der Crew kippt gefährlich..."
'Sunless Skies' ist nicht immer einfach zu spielen: Bis zum Erreichen unseres gewählten Spielzieles können viele Neustarts und viel Haareraufen nötig sein. Ich habe viele Stunden damit zugebracht, die Karte zu erkunden und neue Städte zu suchen oder Waren von A nach B oder C zu transportieren.
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Feindkontakt! Jetzt heißt es kämpfen oder fliehen. |
Geht eine Ressourcen aus, fängt man halt wieder von vorne an. Und das muss man oft - oder zumindest vom letzten Speicherpunkt aus. Auch die stumpfe Erkundung der Regionen auf der Suche nach einem Hafen kann mitunter sehr zeitraubend sein, vor allem wenn plötzlich Kraftstoff und Proviant ausgehen, weil doch kein Dock in Sicht ist.
Für 40-100h Spielzeit ist durchaus Platz, ohne dem Ziel seiner Mission auch nur Nahe zu kommen. Wie auch 'Sunless Sea' ist 'Sundless Skies' kein Spiel für das Spielziel. Soll heißen, man spielt für die Erkundung der Welt und deren Geschichte.
Mir hat ‘Sunless Skies‘ sehr gut gefallen. Die Fülle an guten Geschichten zieht einen regelrecht in einen Sog und trösten sehr gut über die teilweise ausufernden Exploration- und Survival-Elemente hinweg. Dabei ist das Spiel ein würdiger Nachfolger von ‘Sunless Sea‘ ohne es zu kopieren oder ein stupider zweiter Teil zu sein. ‘Sunless Skies‘ ist ein gut erzählter, grafisch aufwendiger und experimentell gelungener Genre-Mix, der seinem Vorgänger in nichts nachsteht. Zum Spielen sind allerdings sehr gute Englischkenntnisse erforderlich und eine Übersetzung ist, wie schon beim Vorgänger, nicht geplant. Wer sich also nicht davon abschrecken lässt und gerne liest, gute Steampunk-Geschichten mag und damit leben kann, sein Spielziel vielleicht nie zu erreichen, dem sei ‘Sunless Skies‘ wärmsten empfohlen.
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Sunless Skies
- Entwickler
- Failbetter Games
- Publisher
- Failbetter Games
- Release
- 31. Januar 2019
- Art
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Independent
- Sprachen
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- Systeme
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