Vor ein paar Tagen hat Adrian Chmielarz, Lead Game Designer von "The Vanishing of Ethan Carter", einen umfangreichen Blogpost über die sieben Sünden von Adventuregames verfasst und sich ausführlich über die Do's und Don'ts geäußert.
Diesen hervorragenden Artikel wollten wir Euch natürlich nicht vorenthalten und haben uns direkt mit Adrian in Verbindung gesetzt. Lange Rede, kurzer Sinn: Wir haben den Blogpost für Euch übersetzt und wünschen viel Spass beim Lesen.
Adventures sind tot! Lang leben Adventures!
22 Kommentare
Danke.
Kann vielem zustimmen, besonders bei Moebius.
Nicht ganz bei "ich kann kaum erwarten, wohin uns die nächsten paar Jahre führen werden", denn wenn das, was wir heute alles als "neue Adventures" akzeptieren die Zukunft der Adventures ist, dann kann ich getrost darauf verzichten.
Spiele die mich in keiner Weise mehr fordern - etwas das ich mit Adventures verbinde - interessieren mich nur am Rande. Sie können Geschichten erzählen, aber die kann ich mir auch woanders "angucken".
An anderen Stellen muss ich aber entschieden widersprechen, z.B., dass Dave Gilbert der eizige sein soll, der dazu in der Lage ist. Gerade die Daedalic-Adventures haben schon ein sehr hohes Niveau erreicht und inzwischen sind Adventures erschienen, die an die alten LucasArts Klassiker mindestens heranreichen.
Auch bei dem Kern der Spielmechanik muss ich widersprechen. Der Kern von Adventures ist es, Rätsel zu lösen. Dies geschieht in der Regel mit Hilfe von Gegenständen, die man ins Inventar aufnimmt. Mir macht genau dies einen unglaublichen Spaß. Das ist der Grund, warum ich Adventures liebe und warum ich sie jederzeit einem Ego-Shooter vorziehen würde. Aber selbstverständlich kann eine schwache Umsetzung dieser Spielmechanik auch zu extremer Langeweile führen. Das ist aber in anderen Genres auch nicht anders.
Die Spielmechanik von Adventures sind kein Hindernis, welches es vom Entwickler zu überwinden gilt, sondern sie ist ein schwierig zu handhabendes Werkzeug. Ich gehe mal von dem Vergleich mit Malwerkzeugen weg und bediene mich statt dessen bei Musikinstrumenten. Die Spielmechanik von Adventures ist wie ein Chello oder eine Geige. Sehr schwer zu spielen, aber wenn man sie beherrscht wunderschön und einzigartig.
Es handelt sich dabei um keine wirklichen Spiele mehr, sondern um Hybriden aus Film und Spiel, nichts Halbes und nichts Ganzes.
Wenn so die Zukunft des Adventure-Genres aussehen sollte, dann kann auch ich getrost darauf verzichten.
Raetsel Design bewegt sich auf einer anderen Ebene und ist vergleichbar mit Level Design in anderen Genres.
Vielleicht klaert das ein wenig auf, wo da der Knackpunkt ist.
Wobei Daedalic natuerlich viele der genannten Problematiken durch hohe Qualitaet umschiffen.
"Das Problem ist: Die Kernmechaniken von Adventures waren immer und werden immer alles andere als Spaß machen. Inventarmanagement, wildes Ausprobieren (auch bekannt als „Welche wahnsinnige Kombination habe ich noch nicht ausprobiert?“), Backtracking, sich ständig wiederholende Dialoge, Pixelsuche ... Welche dieser Mechaniken schreien förmlich „Spaß“?"
So stand es im Text, und dem widerspreche ich halt energisch, denn mir macht diese ganze "Fummelarbeit" einfach großen Spaß und das ist es auch, was Adventures auszeichnet. Aber selbstverständlich ist es extrem schwer, mit diesen Spielmechaniken richtig umzugehen und viele Entwickler scheitern daran einfach. Wieder das Beispiel mit dem Chello und der Geige. Beides sind wundervolle Instrumente, mit denen man wahnsinnig tolle Musik machen kann, sie sind aber auch schwer zu beherrschen und wenn jemand nicht richtig mit ihnen umgehen kann, hören sie sich auch wirklich grausam an.
@sinnFeiN: Ja, ich glaube auch, dass er die Daedalic-Adventures nicht wirklich kennt. Aber es ist ja auch nicht so, als würden die nur auf Deutsch erscheinen. Wenn jemand einen solchen Text über Adventures in der "Neuzeit" verfasst, kann man schon auch erwarten, dass er vorher richtig recherchiert.
Und zumindest die Adventures, die Daedalic auch wirklich selber entwickelt hat, und nicht nur gepublisht hat, sind wirklich großartig und können zum Teil selbst mit den alten Lucas Arts Klassikern locker mithalten.
Aber nicht nur Daedalic hat in den vergangenen Jahren tolle Adventures rausgebracht. Ich denke da auch an die Black Mirror Reihe, Runaway etc. Auch wenn Daedalic sicher der einzige Entwickler ist, der auch regelmäßig qualitativ sehr hochwertige Adventures rausbringt, aber die Auswahl ist dennoch nicht so gering, wie der Autor des Textes meint.
Entscheidend ist für mich eher, dass ich völlig unabhängig von dieser Frage fast alles unterscheibe, was Adrian in diesem Artikel über die grundsätzlichen Hürden für JEDES klassische Adventure sagt.
Da spielt dann auch nicht wirklich mehr eine Rolle, ob man z.B. die Daedalic-Sachen großartig oder miserabel findet.
Und die ganzen Klassiker sind nicht schlecht und nur mit Nostalgiebrille spielbar. Ich bin Jahrgang 94 und habe mit 15 Spiele wie Day of the Tentacle, Sam and Max Hit the road, Baphomets Fluch, ... nachgeholt und fande sie super. Obwohl ich noch Games wie Call of Duty oder Crysis im Regal stehen hatte. Klar gibt es unspielbare Spiele (Teenagent zähle ich dazu) aber die waren auch nie wirklich genial.
Und die ganzen Spiele wie Heavy Rain haben nichts mehr mit den Klassikern zu tun, nicht weil sie die schlechten Elemente ausslassen, sondern weil die Klassiker ebend POINT AND CLICK Adventures waren.
Und die Rätsel Stellen können sehrwohl Spaß machen, man denke nur an Deponia 3, wo man versuchen musste einen Plan so aufstellen, dass der Sprachfehler des Vorlesenden nicht zum Vorschein kommt. Solche Rätsel müssen ebend kreativ und logisch sein. Wenn man genervt in die Komplettlösung schauen muss dann ist das Genre nicht schlecht sondern der Entwickler. Außerdem macht es Spaß sich zu überlegen wie man am besten jetzt weiter kommt und man dann die Lösung findet mit dem befriedigent Aha Effekt.
Mann kann auch nicht sagen das Zelda Spiele schlecht sind weil die Storys schlecht. In Adventures kommt es auf Charaktere, Story, Humor und Stimmung an und das sind die größten Stärken und deswegen wird es auch gespielt. Solche Dinge trösten einen dann schon mal über schlechte Rätsel hinweg.
P&C Adventures sind ausgestorben,genaso wie es Stummfilme getan haben, weil man sich auf sie garnicht erst einlässt.
Der Fluch besteht darin, dass man dran bleiben muss. Deswegen werde ich jetzt auch Episoden-Adventures ausprobieren, ob die etwas für mich sind. Ich weiß, ich würde es genießen, die Black Mirror-Reihe und die Baphomets Fluch-Reihe, ich bin jeweils über Teil 1 nicht hinausgekommen, zu spielen. Mich schreckt aber ab, dass ich dann dran bleiben muss, nur mal am Wochenende ein wenig spielen geht dann schlecht.
Denn ich bin gerade wegen gefrusteter Adventure-Erfahrungen durch's Googlen auf diesen Beitrag gestoßen.
Und auch wenn ich dem Autor nicht in allen Punkten zustimme, so doch in den meisten.
Besonders einige der Todsünden-Punkte konnte/musste ich kopfnickend lesen.
Meine Beziehung zu P&C-Adventures ist durchaus ambivalent. Zum einen liebe ich Pixel-Art (egal ob authentisch, weil aus den 90er, oder "nachgebaut retro"), skurrile Charakter und Stories, sowie das Sammeln und Kombinieren von Gegenständen und das Zelebrieren der "Rätsel gelöst!"-Momente.
Dann, ach leider, gibt es aber so oft solche Schnitzer im Spieldesign, die mir suggerieren „Das Genre packst du nie wieder an!“.
In aufsteigender Reihenfolge ist das für mich:
>>> Schlechtes Interface: Fummeliges Inventarmanagement (Inventar auf/zu, Links-Rechts-Klick, zusätzliche Tastaturbefehle,…) unnötig komplizierte Steuerung der Spielfigur (Hallo Grim Fandango), schlechte Hotspotanzeige (viel zu viele Spots, zu kurze Anzeigedauer, umständliche Tastenbelegung…)
Dies ist ein Punkt, mit dem ich wirklich leben kann; der macht mir ein Adventure nicht kaputt. Allerdings kann ich überhaupt nicht verstehen, wie einige Entwickler ein UI so in den Sand setzen können. Es gibt doch bereits so dermaßen viele Spiele, die zumindest das Interface gut hinbekommen haben. Was kann man denn da noch falsch machen? „Besser gut nachgemacht, als schlecht neuerfunden“. Nun ja.
>>> Völlig konfuse Story (nicht zu verwechseln mit skurril!): Charaktere werden vorgestellt und als wichtig suggeriert, tauchen dann aber nicht mehr auf. Dasselbe mit Handlungssträngen. Es wird irgendeine globale Verschwörung in einem Dialog durchgekaut, dann aber auch nie wieder thematisiert. Zeit- und Szenensprünge ohne eine Nachvollziehbarkeit („Hä? Wo bin ich denn jetzt? Und wann?“). Mein schlimmstes Beispiel: Der Fall John Yesterday. Als Adventure an sich hat’s mir sehr gut gefallen (Optik, Sprecher, Rätsel). Aber als die End-Credits liefen hatte ich nicht den Hauch einer Ahnung, was das storymäßig überhaupt passiert war. Ich hatte ein Spiel durchgespielt und wusste nicht wirklich, um was es da eigentlich ging. Irgendwas mit Sekte und Zeitsprüngen. Mehr aufgeworfene Fragen als Antworten. Total ätzend. DAS macht mir eine Spielerfahrung wirklich komplett madig.
>>> Mieses Rätseldesign. Ich hasse Trial-And-Error. Ich hasse es. Wenn ich durch Logik nicht mehr weiterkomme, sondern nur durch „einfach alles mit allem kombinieren“, ist spätestens beim zweiten Rätsel, wo ich so vorgehen muss, der Ofen aus. Und daher habe ich leider die hochgelobte Deponia-Reihe liegen lassen, obwohl sich alle Teile in meiner Steam-Bibliothek befinden. Den ersten Teil habe ich angefangen, mich durch Trial-And-Error bis zu einem bestimmten Punkt durchgekämpft, dann aber aufgegeben. Vielleicht bin ich ja tatsächlich für „spezielle Logik“ zu blöd. Aber nicht nur einmal habe ich nach einem Blick in die Komplettlösung mir gedacht „BITTE?! WIE SOLL MAN DENN DARAUF KOMMEN?!“. Und das habe ich bei einigen Spielen gehabt – aber eben nicht bei allen. Logisches Rätseldesign ist also durchaus möglich.
Mir fällt gerade kein Beispiel ein, aber Rätselhilfen im Tagebuch oder so haben mir in einigen Spiel sehr geholfen, bzw. sogar das ganze Erlebnis gerettet. Besonders mehrstufige Hinweise sind doch eine super Sache. Profis können ganz drauf verzichten, Erfahrene benutzten nur Tipp 1 oder 2 und Noobs können die Lösung erfahren. Aber das scheint für viele zu casual zu sein; oder zuviel Entwicklungsaufwand? Ich find’s sehr schade, dass es das nicht öfters gibt.
Tja, wie geht’s jetzt für mich weiter mit Adventures? Wenn mal ein nach Pressestimmen gut bewertetes Spiel im Megasale bei Steam dabei ist oder gratis bei Gamestar-Plus auftaucht, dann werde ich es sicherlich nochmal probieren. Aber ich habe doch leider zu viel Frust im Adventure-Genre erlebt, als dass ich eins zum Vollpreis kaufen würde.
>DAS< ist vielleicht der Tod des Genres: Zu wenige bezahlen Vollpreis, weil eben doch viele wissen, es gibt zu viel Schrott und selbst AAA-Adventure leiden unter Design-Schnitzern. Also Abwarten und im Ramschverkauf abstauben.
Da ich neben Frustmomenten aber auch sehr viele coole und atmosphärische Geschichten (z.B. Black Mirror (1)) erleben durfte, fände ich das vollständige Aussterben von klassischen Adventures schade…
BTW: Walking Simulatoren wie „Gone Home“ habe ich mal hier komplett ausgelassen, da ich diesen Artikel als Abhandlung über „Rätsel-Spiele“ verstanden habe.
Ich würde aber fast noch weiter gehen und deine Liste sowie die Artikelliste für alle Genres zu erweitern. Ein schlechtes Interface ist in nahezu jedem Spiel ein großes Problem. Alle Spiele, die die Story nur etwas wichtiger nehmen, sollten auch diese entsprechend schlüssig erzählen. Selbst Rätsel kommen in immer mehr Spielen vor und soltlen entsprechend designt werden. Auch das, finde ich, könnte man verallgemeinern. Ein im Spiel gestelltes Problem, das durch Spielmechaniken gelöst werden soll. Seien es schlechte Kämpfe (die in rundenbasierten Spielen sehr an ein Puzzle erinnern), schlecht beschriebene Spielfeatures uvm.
Adventures haben heute gewiss nicht mehr den Stellenwert, wie vielleicht vor zwanzig, dreißig Jahren, aber in meinen Augen sind sie noch "ehrlich": Keine (kaum) DLCs oder Mikrotransaktionen, keine Lootboxen. Das bleibt hoffentlich auch, denn kein Genre kann mich als Spieler so entschleunigen, wie ein gemütliches Adventure.
Da hat vor einer Weile der Wolfgang Walk im gamespodcast in seiner Kolumne passend dazu etwas gesagt (https://www.gamespodcast.de/2019/04/24/ ... und-jedem/). Ständig heißt es, dass irgendwelche Genres, Geräte oder Stilrichtungen tot sind. Irgendwie stirbt dann doch nichts, es kommt wieder, blüht zum Teil sogar wieder auf oder bleibt einfach zumindest als Nische. Selbst everybody's Darling, das RPG, ist vor Baldur's Gate schon tot gewesen und mittlerweile im klassischen Stil (cRPG) auch nur mehr eine kleine, lukrative Nische.
Dagegen ist LeChuck ja schon fast nichts... Zombiepiraten? Nein, viel schlimmer. Das Zombie-Genre Adventure das schon so oft tot war und trotzdem noch lebt. Wie Walk sagt: "Der König ist tot. Lang lebe der König."
Nicht das Genre stirbt, sondern der Markt bzw. die Größe des Marktes bricht ein - wegen Übersättigung oder weil einfach Platzhirsch xyz, sprich Multiplayer und Battle Royale, gerade da sind. Bis die vermeintlich "toten" Genres dann wieder so lukrativ werden, dass sich wieder mehrere (und größere) drauf stürzen. Telltale, Dontnod usw. zeigten das recht eindrucksvoll.