Fünf Jahre nach der erfolgreichen Kickstarter-Kampagne ist Mografis Mystery-Abenteuer mit der jungen Detektivin Jenny LeClue endlich fertig. Gedacht ist es als Beginn einer Trilogie und soll einen bunten Gameplay-Mix mit viel Story und einer ordentlichen Portion Humor bieten. Alles Weitere zu diesem Spiel aus den USA verraten wir Euch in unserem Test.
HINWEIS: Weil das Spiel kein klares Ende hat und als Fortsetzungsgeschichte ausgelegt ist, haben wir uns dazu entschieden es als Preview zu testen und weitere Fortsetzungen abzuwarten.

Ein Mystery-Abenteuer auf mehreren Erzählebenen
Jenny LeClue lebt in der Kleinstadt Arthurton. Sie ist exzentrisch, unsensibel und schert sich nicht um modische Äußerlichkeiten. Ihr Freundeskreis an der Gumboldt Universität ist zunächst sehr überschaubar. Nur Keith, der Sohn des Direktors, verbringt gerne Zeit mit ihr - sofern er nicht in einer ulkigen Kaffeebecher-Verkleidung steckt und Mr. Beans Kaffee verkauft. Dann wäre da noch Cousine Suzie Glatz, die jedoch aus der reichsten Familie stammt und zumindest auf den ersten Blick all das repräsentiert, was die junge LeClue zu tiefst ablehnt.
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Jennys Abenteuer wird von diesem Autor geschrieben - sein Verlag setzt ihn gehörig unter Druck |
Der jungen Detektivin sind Freundschaften ohnehin nicht wichtig. Ihr großes Ziel ist es, in die Fußstapfen ihrer Mutter Julie zu treten, die Kriminologie an der Universität unterrichtet und früher selbst für die CSI tätig war. Leider bekommt die Nachwuchsdetektivin keine ernstzunehmenden Fälle und wird von allen Seiten wie ein unreifes Kind behandelt. Das soll sich bald ändern. Eines Tages entdeckt sie eine Leiche und als Tatverdächtige wird ausgerechnet ihre Mutter festgenommen. Jenny hat keinen Zweifel, dass die eher unfähige Kleinstadt-Polizei mit diesem Verdacht völlig falsch liegt. Bei ihren eigenen Ermittlungen wird ihr aber nach und nach bewusst, dass Arthurton dunkle Geheimnisse hat und der Schein oft trügt.
In 'Jenny LeClue – Detectivu' geht es aber nicht nur um die junge Ermittlerin, oder diverse Kleinstadt-Mysterien. Die zweite Hauptfigur ist Arthur K Finkelstein, der Autor der Kinderbücher rund um die Abenteuer der LeClues. Aus seiner Feder stammt also die ganze Geschichte. Er ist gerade in einer sehr schwierigen Situation. Sein Verlag nötigt ihn dazu, mehr Konflikte, Blut und Gewalt in die Reihe zu bringen, um mehr Leser zu begeistern. Arthur macht das schwer zu schaffen. Er hat kein Interesse daran, dass seinen geliebten Charakteren etwas zustößt. Eigentlich sollen alle Freunde sein und einander lieb haben. Er hofft nun darauf, einen Ausweg aus diesem Schlamassel zu finden. Seiner Protagonistin bleibt es aber nicht erspart, einen düsteren Friedhof zu durchqueren, oder die Tunnel einer verschütteten Mine im Stile einer waschechten Abenteurerin zu erforschen.
Charaktere und Story im Fokus
Charaktere und Story im Fokus
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Alles was Jenny über den Detektiv-Beruf weiß, hat sie von ihrer Mutter |
Story und Charaktere stehen im Mittelpunkt dieses witzig verpackten Abenteuers und spätestens ab dem zweiten Drittel wird sehr kurzweilige und unterhaltsame Kost geboten. Weniger begeistert hat uns aber das offene 'To be continued'-Ende. Bei der Charakterentwicklung der Hauptfigur gibt es zwar einen halbwegs runden Erzählbogen, doch beim Drumherum tun sich doch sehr viele Fragen auf. Es bleibt abzuwarten, ob und wann es die beiden ursprünglich geplanten Sequels geben wird.
Bezüglich der Charaktere zeigt sich das Indie-Studio Mografi um Ecken und Kanten bemüht. Jenny ist angesichts ihrer rauen Schale kein klassischer Sympathieträger, doch mit der Zeit kann sie einem sehr ans Herz wachsen. Der Spieler kann natürlich ein paar kleine Entscheidungen treffen und die Spielfigur mehr oder freundlich agieren lassen, die zentrale Charakterentwicklung bleibt dadurch aber unverändert. Daneben gibt es noch diverse andere witzige Figuren, wie etwa den paranoiden Verschwörungstheotiker CJ, oder die junge Suzie Glatz, die immer wieder für Auflockerung und amüsante Situationen sorgen.
Gameplay mit Anleihen aus diversen Genre-Richtungen
In spielerischer Hinsicht wird ein bunter Mix geboten. Bei einem Verhör geht es beispielsweise darum, die befragte Person nach Hotspots abzusuchen. Dabei muss man selbst unwichtig scheinende Punkte anklicken. Manche Details sind versteckt und es ist notwendig, diese vorher im Lupenmodus anzuvisieren. Versteckte Hotspots machen sich durch ein Glänzen bemerkbar und das Spiel informiert klar darüber, wieviele Hotspots zu finden sind. Auch beim freien Erkunden der normalen Umgebung steht uns der Lupenmodus zur Verfügung, zum Beispiel um - optionale - Bildfetzen und Sticker zu finden (mit denen wir das Notizbuch verzieren). Diese Art von Gameplay erinnert an Wimmelbild-Spiele, was nicht jedem Adventure-Fan schmecken dürfte. Wurden sämtliche Hinweise entdeckt, muss man - je nach Vorgabe - zwei oder mehr davon miteinander verbinden, um Rückschlüsse zu ziehen.
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Bei einem Verhör suchen wir den Körper des Befragten nach Hinweisen ab |
In den späteren Abschnitten erinnert 'Jenny LeClue - Detectivu' wiederum mehr und mehr an einen Puzzle-Plattformer, wo man in Lara Croft-Manier klettern und springen muss, oder Kisten herumschiebt, um darauf stehend eine höhere Etage zu erreichen. Sterben kann Jenny nicht. Bei Abgründen bleibt sie immer stehen und Sprünge passieren ohnehin automatisch per Knopfdruck - Geschicklichkeit spielt also keine Rolle. Ein anderer Abschnitt erinnert entfernt an 'Sunless Sea': aus der Top-Down-Perspektive erkunden wir per Boot einen stark verzweigten See erkunden und suchen ausgehend von verschlüsselten Botschaften nach bestimmten Orten (das untersuchbare Gebiet ist dabei aber stets sehr eingeschränkt, wodurch man selbst ohne Nachdenken das Ziel problemlos erreichen kann).
Sind wir gerade nicht mit Klettern, Springen, Botfahren und Hotspot-Befragungen beschäftigt, fügen wir zerrissene Teile einer Botschaft zusammen, treffen im Gespräch Entscheidungen (deren Auswirkungen marginal sind) und bedienen Maschinen, etwa um mysteriöse Frequenzen aneinander anzugleichen. Ähnlich wie z.B. bei Telltale muss man ab und zu zudem eine Taste öfter drücken, etwa um ein Brett zu entfernen. Auch Schlösser sind vereinzelt zu knacken, was ähnlich casual funktioniert.
Das Gameplay lässt sich somit schwer in eine Schublade zwängen, ordnet sich dem Inhalt aber zumindest gut unter. Etwas lästig fand ich im Grunde nur die Suchspiele. Der Rest ist durchaus kurzweilig gelungen.
Visuell gelungene Umsetzung
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Im Gespräch sind vereinzelt kleine Entscheidungen zu treffen |
An der optischen Umsetzung gibt es nicht viel zu rütteln. Der markante Comic-Stil ist stimmig gelungen, recht gut animiert und reich an Details. Bei geschätzt 8 bis 10 Stunden Spielzeit wird kaum ein Hintergrund öfter recycelt und nahezu jeder Abschnitt wirkt anders. Der Soundtrack ist diesmal nicht so auffällig, erfüllt den Job aber zufriedenstellend. Vermisst haben wir lediglich die Sprachausgabe, denn bei diesem 2.5D-Adventure gibt es nur Untertitel. Die Text-Menge ist überschaubar, wodurch das kein gravierendes Problem darstellen sollte. Die deutsche Übersetzung ist obendrein einwandfrei gelungen und die Gags bleiben hier relativ unbeschadet.
Gesteuert wird die Spielfigur am PC entweder via Controller oder Tastatur - die Maus wird nicht benutzt. Die Steuerung funktioniert über weite Strecken wie bei einem Sidescroller-Spiel. Wir gehen, springen, klettern und laufen. Zwischendurch werden Objekte verschoben und Gegenstände aufgehoben. Wer einen Gamepad-Controller zuhause hat, sollte darauf zurückgreifen, da 'Jenny LeClue' sich damit sehr angenehm spielt und besser von der Hand geht.
Anfangs hatte ich meine Probleme, denn Wimmelbild-artige Hotspot-Suchspielchen sind nicht mein Kaffee. Danach bleibt das Gameplay zwar casual, gewinnt aber deutlich an Abwechslungsreichtum. Man sollte sich rasch von der Vorstellung lösen, dieses Spiel in eine Genre-Schublade stecken zu können. Es ist kein Wimmelbildspiel, kein Puzzle-Plattformer und kein Point&Click-Adventure, hat aber von allem etwas. Gewöhnt man sich daran, funktioniert dieser Mix ganz ordentlich.
Die Geschichte steht dafür klar im Zentrum und in diesem Punkt erreicht 'Jenny LeClue' ein sehr unterhaltsames, kurzweiliges Niveau. Die Charaktere haben Potenzial und die Rahmenhandlung bietet Stoff für viele weitere Stunden. Insbesondere den Story-Part rund um den Kinderbuchautor, der vom Verlag zu diversen Änderungen gezwungen wird, fand ich großartig.
Leider muss man am Ende - trotz ordentlicher Spielzeit (8 bis 10 Stunden) – ein 'To be continued' in Kauf nehmen und fühlt sich wie bei einem Episodenspiel. Ein wesentlicher Aspekt von Jennys Charakterentwicklung wird durchaus abgeschlossen, doch die vielleicht spannendsten Fragen bleiben ungeklärt. Bleibt zu hoffen, dass es tatsächlich irgendwann eine Fortsetzung gibt, die das Niveau halten kann. Sollte das gelingen, steht einem empfehlenswerten Comic-Abenteuer nichts mehr im Wege. Uns hat das Debüt der eigensinnigen Ermittlerin jedenfalls richtig Spaß gemacht!
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Jenny LeClue
- Entwickler
- Mografi
- Publisher
- Mografi
- Release
- 17. September 2019
- Trailer
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