Nintendo ist einigen von uns vielleicht noch aus frühen Kindheitstagen bekannt: Noch lange bevor Sony oder Microsoft in den Konsolenmarkt einstieg, eroberte der japanische Firmengigant mit zwei kleinen Geräten die Wohnzimmer dieser Welt - dem Nintendo Entertainment System (NES) und dem GameBoy. Seitdem ist weit mehr als ein Jahrzehnt vergangen und für den an Adventures interessierten Spieler war Nintendo eher recht uninteressant, schließlich dominieren rein oberflächlich damals wie heute eher die 'Super Mario'-, 'Metroid'- oder 'Zelda'-Spiele die Releaselisten... Bis vor kurzem! Denn im Juni erschien für den neuesten Handheld, den Nintendo DS, das klassische Adventure 'Another Code'. Und das bietet allen Grund, mal über den Tellerrand hinaus zu schauen...
Keine einfache Kindheit
Die 13jährige Ashley Mizuki Robins hat trotz ihres geringen Alters schon viel mitmachen müssen: Als Kleinstkind sah sie mit an, wie ihre Mutter kaltblütig ermordet wurde. Und auch ihren Vater hat sie seit diesem Schicksalstag nicht mehr gesehen - er verschwand spurlos. Aufgewachsen ist Ashley deshalb bei ihrer Tante Jessica, die unserer kleinen Protagonistin jedoch nicht viel von ihren Eltern erzählte... bis wenige Tage vor Ashleys 14.Geburtstag ein Brief bei ihr eintrudelt. Der Absender? Ihr Vater. Er bittet seine Tochter ihn auf einem kleinen Eiland namens "Blood Edward-Insel" zu besuchen, wo er scheinbar seit dem Tod seiner Frau Sayoko lebt. Ashley ist überrascht - warum meldet er sich erst jetzt? Warum hat Jessica ihr nichts davon erzählt? Und wer ist ihr Vater überhaupt? Alles Fragen, auf die sie hofft eine Antwort zu finden.
Ich will zu Dad!
Nach dieser kurzen Einführung findet sich der Spieler an Deck eines kleinen Schiffes wieder, das sich auf dem Weg Richtung "Blood Edward-Insel" befindet. Ausreichend Zeit für Ashley, Jessica mit ein paar Fragen bezüglich ihrer Eltern zu löchern...
So beginnt das Spiel also relativ unspektakulär - doch sobald wir zusammen mit der Teenagerin zum ersten Mal die Insel betreten, entwickelt sich eine gewisse Spannung. Das liegt vor allem daran, dass die Entwickler von CING sich nicht darauf beschränkten, eine kleine Familiengeschichte zu erzählen, sondern einen viel weiteren Bogen spannen, der weit in die Vergangenheit dieser mysteriösen Insel reicht und sich noch zusätzlich dazu mit der menschlichen Erinnerung sowie deren Bedeutung beschäftigt.
Touch and go!
Die größte Besonderheit an Nintendos kleiner Spielmaschine ist jedoch der untere der beiden Displays, der Touchscreen. Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Steuerung (dazu im nächsten Absatz mehr), sondern vor allem auf die Art der Rätsel. Vergesst die Zeiten, in denen ihr lediglich Gegenstand X mit Gegenstand Y kombinieren musstet sowie ab und zu jemanden überreden musstet, etwas Gutes für euch zu tun! Natürlich gibt es Rätsel solcher Art auch in 'Another Code', aber vor allem wird da gerubbelt, gepustet und geklappt - alles mithilfe der eigenen Körperkraft beziehungsweise, wenn es dann ans freischaben z.B. eines verrosteten Schildes geht, dem mitgelieftern Stylus. Über mangelnde Innovation darf man sich in jedem Falle nicht beschweren, sondern höchstens über einen zu geringen Schwierigkeitsgrad. Zwar bleiben die Rätsel jederzeit fair und logisch, auf richtig harte Kopfnüsse wartet man jedoch vergebens.
Das dürfte mit ein Grund dafür sein, warum 'Another Code' relativ leichtfüßig in deutlich unter zehn Stunden zu schaffen ist. Für ein Handheld-Spiel, das in seiner ursprünglichen Bedeutung eben eher für unterwegs gedacht ist, mag das in Ordnung sein. Bei einem Preis von knapp 40 Euro erscheint das Preis-/Leistungsverhältnis allerdings etwas unpassend.
Doch zumindest ist ein erneutes Durchspielen nicht gänzlich sinnfrei: Während der Suche nach ihrem Vater findet Ashley nämlich immer wieder kleine Speicherkarten mit Informationen, die sie über ihren "eigenen" DS auslesen kann. Beim wiederholten Durchgang findet sie dann neue Chips, die wiederum etwas mehr über die Hintergrundgeschichte offenbaren. Außerdem erwartet euch nach der zweiten Beendigung des Spiels noch eine kleine Überraschung...
Genauer betrachtet...
Bewegt wird Ashley entweder ganz klassisch über das Handheld-typische Steuerkreuz oder, viel bequemer und intuitiver, mit dem Stylus über den Touchscreen des Nintendo DS. Im normalen Modus findet ihr der rechten oberen Ecke des Bildschirms außerdem zwei kleine Icons: Die Lupe läßt euch einen genaueren Blick auf die aktuelle Umgebung werfen, der DS führt euch ins Hauptmenü, wo ihr das Spiel unter anderem speichern oder bereits geknipste Fotos ansehen könnt.
Durch einen Druck auf das eben erwähnte Lupen-Symbol seht ihr das Geschehen dann sozusagen aus der Sicht Ashleys, und damit verändern sich auch die Icons am rechten Rand des Touchscreens. Anstelle des DS gibt es dort dann eine Option zum Foto-Schießen und Direktzugriff auf das Inventar. Ferner ist es auch möglich, noch näher an die Umgebung oder bestimmte Gegenstände heranzuzuoomen.
Animierend schöner Klang
Grafisch fährt 'Another Code' zweigleisig: Auf dem unteren Bildschirm beobachtet ihr das Geschehen aus der Vogelperspektive. Dort ist die Grafik zwar komplett in 3D, jedoch werdet ihr dies nur bei einigen kleinen Kamerafahrten bemerken. Der obere Bildschirm bietet stets eine zweidimensonale, bewegungslose Detailansicht des aktuellen Geschehens oder der Umgebung. Durch Auswählen des oben angesprochenen Lupensymbols schaltet jedoch auch der Touchscreen, sofern möglich, auf die obere Ansicht um, wodurch ihr dann beispielsweise einen Raum inklusive aller Objekten genauer untersuchen könnt.
Die Charaktere sind allesamt im momentan sehr beliebten Anime-Stil gehalten und wissen durchaus zu gefallen. Im Gegensatz dazu sind jedoch viele Umgebungstexturen der 3D-Ansicht qualitativ nicht gerade hochwertig und auch die 2D-Ansichten kommen absolut leblos daher. Das ist schade, auch wenn die Atmosphäre darunter zum Glück nicht wirklich leidet.
Bei Dialogen mit anderen Personen erscheint auf dem oberen Bildschirm die jeweilige Person sowie auf dem Touchscreen bis zu vier Gesprächsthemen, die nach der Auswahl selbstständig ablaufen, wie es beispielsweise auch bei 'Baphomets Fluch' seinerzeit funktionierte. Vertont wurden diese Unterhaltungen allerdings leider nicht. Dafür überzeugen die Hintergrundmusik, die ihrerseits einen großen Teil zu der gelungenen Gesamtatmosphäre beiträgt, und die Soundeffekte aber umso mehr.
Jeder Adventure-Fan, der einen Nintendo DS besitzt, kommt an 'Another Code' einfach nicht vorbei. Und jeder, der bisher einen guten Grund suchte, sich solch ein Teil zuzulegen, der hat diesen nun ebenfalls bekommen. 'Another Code' ist, wenn wir die geringe Spielzeit und die nicht vollends überzeugende Grafik kurz beiseite schieben, im Kern sogar mit eines der besten Adventures der letzen Monate - plattformübergreifend. Bleibt zu hoffen, dass das Spiel, anders als viele der großen Brüder auf dem PC, seinen Weg machen wird und es schon bald ein Wiedersehen mit Ashley gibt. Verdient hätte sie es.
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Another Code: Doppelte Erinnerung
- Entwickler
- CING
- Publisher
- Nintendo
- Release
- 24. Juni 2005
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Spielzeit
- 7 Stunden
- Webseite
- http://www.nintendo-europe.com/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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