Bereits im Jahr 2008 erreichten uns erste Screenshots zu 'AlternativA', einem Science-Fiction-Adventure aus der tschechischen Entwicklerschmiede Centauri Production. Das Studio hatte in dem Jahr mit dem von dtp veröffentlichten 'Memento Mori' einen Achtungserfolg gefeiert, entsprechend groß war die Vorfreude auf das neue Abenteuer aus Prag. Das Spiel erschien dann aber nicht wie geplant durch den Publisher Akella und es wurde lange ruhig um das Projekt, ehe das Studio den Vertrieb zusammen mit dem Indie-Publisher Idea Games selbst in die Hand nahm. Seit Anfang November kann 'AlternativA' jetzt über den Online-Anbieter Steam gekauft und geladen werden. Wir haben uns die düstere Zukunftsvision von Centauri Production angesehen und nehmen Euch in unserem Test mit ins Jahr 2045.

Viva la Revolución!
Die Geschichte von 'AlternativA' beginnt im Prag des Jahres 2045 recht unspektakulär vor den Toren des Industriedistrikts. Dort treffen wir auf den Bauarbeiter Richard Rocek, der eigentlich nur zur Arbeit gehen möchte. Doch daraus wird nichts. Sein Arbeitgeber hat die Arbeiten an dem Bauwerk eingestellt und Richard wird im Handumdrehen vor die Tür gesetzt. Oder besser gesagt: Er darf gar nicht mehr durch die Tür auf das Gelände, denn die Wachroboter, die den Eingang zum Komplex bewachen, haben ihm seinen Pass abgenommen, was ihn zu einem Rechtlosen macht und über kurz oder lang zu einem Leben in den Slums führt. Nicht einmal mehr die Bahn kann Richard nutzen, denn auch dazu wird ein Ausweis benötigt. Das plötzliche Ende von Richards bisherigem Leben ist in der Welt des Jahres 2045 keine Seltenheit. Nachdem die Welt einen dritten Weltkrieg überstanden hat, haben multinationale Großkonzerne die Macht übernommen und entscheiden fortan, wer ein willkommenes Mitglied der Gesellschaft ist und Arbeit hat, und wer wie Richard ausgestoßen wird.
Mit seiner ausweglosen Lage will sich Richard aber nicht abfinden und beschließt, etwas dagegen zu unternehmen. Leider ist die Hoffnung auf einen neuen Pass aussichtslos und so keimt in ihm der Gedanke, sich den Rebellen anzuschließen, die im Verborgenen gegen die Konzerne kämpfen und die rücksichtslose Herrschaft beenden wollen. Folglich macht sich Richard auf die Suche nach den Widerstandskämpfern.
Im kalten Wasser
Etwas ins kalte Wasser geworfen fühlt sich der Spieler zu Beginn des Spiels, denn das startet mit einer recht kurzen Einführungssequenz, in der Richard eben sein Ausweis abgenommen wird. Viel mehr, als das er jetzt Arbeits- Rechts- und Geldlos vor den Toren der Firmen festsitzt, erfahren wir nicht über Richard und seine Welt. Wichtige Informationen liefert uns Richards PDA, ein Universalgerät mit eigener Wissensdatenbank, Notizen zur aktuellen Aufgabe und Rätseln sowie die Möglichkeit, Video- und Programmdiscs abzuspielen. Durch den PDA erfahren wir beispielsweise, wie das Abrechnungssystem der Schwebebahn funktioniert und können uns daraufhin ein Bild von der ersten Aufgabe machen: Richard muss die Abrechnung irgendwie überlisten. Wie er das macht, werden wir hier freilich nicht verraten.
Nachdem Richard nun also einen Weg zurück zu seiner Wohnung gefunden hat und wir auch mit einigen weiteren Charakteren sprechen können, hoffen wir auf mehr Informationen über diese futuristische Welt: Warum und durch wen wurde der Weltkrieg geführt? Wie entstanden die Großkonzerne? Warum liegen überall defekte Roboter herum, für die sich scheinbar niemand interessiert? Antworten finden wir leider nur auf die allerwenigsten Fragen. Und wenn, dann meist auch nur durch die Lektüre der Wissensdatenbank im PDA.
Ähnlich ist es mit Informationen über andere Charaktere. Auch deren Motivation und Hintergründe bleiben dem Spieler oft verborgen. Dadurch wirken sie recht austauschbar und bieten meist nicht mehr als für die Lösung der Rätsel unbedingt notwendig. Dabei sind es gerade die Charaktere, die anfangs viel Hoffnung auf Atmosphäre aufkommen lassen. An dieser Stelle verschenken die Entwickler leider viel Potential. Aber auch an anderer Stelle hapert es in der Story von 'AlternativA': Das Ende. Nach rund acht Stunden hoffen wir, dass zumindest zum Ende einige der vielen offenen Fragen geklärt werden. Stattdessen erwartet uns ein halbwegs offenes und für viele Spieler sicher auch enttäuschendes Ende. Auf dem Weg dorthin dürfen wir je nach Wahl der Gesprächsoptionen bis zu drei verschiedene Charaktere steuern und es gibt sogar einen zum Teil alternativen Storyverlauf, das Ende bleibt aber in jedem Fall gleich.
Die Zukunft läuft mit veralteter Technik
Sein Alter merkt man 'AlternativA' vor allem auf Seiten der Technik an. Die Hintergründe liegen in der festen Auflösung von 1024x768 Pixeln vor, passen sich aber auch auf Widescreen-Monitoren entsprechend korrekt an, so dass das Spiel nicht in die Breite gezogen wird. Wenn man darüber hinweg sieht, erfreut man sich an detaillierten Hintergrundbildern, die ein realistisches Bild vom düsteren und dreckigen Prag des Jahres 2045 zeigen. Einen schönen Kontrast dazu bildet der aufgeräumte, saubere und futuristische Industriedistrikt und erst recht das letzte Drittel des Spiels, in dem wir mit Richard Brasilien bereisen dürfen.
Anders sieht es bei den spärlich animierten Charakteren aus. Die durchaus vorhandenen Lippenbewegungen und die Mimik sind so unauffällig, dass man schon genau hinsehen muss, um etwas zu erkennen. Auch die Einarbeitung der Figuren in die Hintergründe ist oft nur mangelhaft durchgeführt worden. Besonders auffällig ist das dann, wenn Umrandungen von Gegenständen vor dem Charakter angezeigt werden, der Gegenstand selbst aber dahinter ist.
Trigger hier, Rätsel da
Bevor das Abenteuer startet, darf der Spieler zwischen zwei Schwierigkeitsgraden wählen. Diese unterscheiden sich nicht im Spielverlauf – es gibt also keine anderen Rätsel oder Story abschnitte – wohl aber kann ein Tod im Spiel das wirkliche Ende bedeuten. Ja, in 'AlternativA' kann die Spielfigur sterben und das mehr als einmal. Oftmals lässt sich der Tod verhindern, wenn die richtigen Gesprächsoptionen gewählt werden. Während man in der leichten Version beliebig viele Chancen hat, die letzte Aufgabe vor dem Exodus anders anzugehen, stehen in der schweren Version nur zwei Versuche zur Verfügung, ehe nur noch der Griff zum hoffentlich vorhandenen Speicherstand bleibt. Eine Funktion zum Anzeigen der Hotspots wird ebenfalls nur in der leichten Version angeboten. Da einige Hotspots in 'AlternativA' recht klein sind, kann diese Funktion eine wertvolle Hilfe beim Füllen des Inventars sein. Auch die Tipps im PDA werden im schweren Modus spärlicher.
Egal für welchen Schwierigkeitsgrad man sich zu Beginn entscheidet, viele Rätsel bestehen nur draus, den richtigen Gegenstand zu finden und entsprechend im Inventar oder der Spielwelt zu kombinieren. Zwischen diesen eher einfachen Aufgaben warten aber auch einige wirkliche Kopfnüsse, zum Beispiel beim Knacken eines Passworts oder eines Schubladenschloss. Während bei ersterem eine Lösung noch mit Logik gefunden werden kann, hilft bei letzterem nur noch Trial & Error.
Für Frust können auch verschiedenste Trigger sorgen, über die man im Spielverlauf stolpert. Immer wieder müssen Gegenstände betrachtet, Informationen im PDA, Orte besucht oder Gespräche geführt werden, die auf den ersten Blick keinen Zusammenhang mit dem aktuellen Problem haben – und oft auch nicht auf den zweiten. Erst danach geht es weiter und ein Hotspot oder ein Ort wird verfügbar.
Weite Wege
Zwar können die Charaktere aus 'AlternativA' rennen und so Wege in einem Screen abkürzen und der Bildwechsel geht per Doppelklick auf einen Ausgang ebenfalls schnell von statten, dennoch zeichnet sich das Werk von Centauri Production auch durch lange Wege aus, die oft gegangen werden müssen. Wie schön wäre doch da eine Karte. Die gibt es auch, allerdings erst gegen Ende des Spiels und sie ersetzt auch nur die Bahn, die uns in Prag zwischen einzelnen Locations wechseln läßt. Somit werden uns auch hier kaum Wege erspart.
In english, please!
'Alternativa' ist in englischer und tschechischer Sprache verfügbar, für unseren Test haben wir zur englischen Fassung gegriffen. Die Sprecher passen recht gut zu ihren Rollen, fallen aber zum Teil durch merkwürdige Betonungen auf. Die Tonqualität selbst lässt da mehr zu wünschen übrig: Mal sind einzelne Sätze zu laut, mal zu leise, mal treten Tonfehler auf. Das geht natürlich zu Lasten der Atmosphäre.
Centauri Production kann mit 'Alternativa' leider nicht an das sehr gute 'Memento Mori' anknüpfen. Über die Trigger sowie die technischen Macken könnte man ja noch hinwegsehen, wenn denn die Geschichte zünden würde. In diesem Punkt wird aber leider nur ein guter Ansatz geliefert und danach das durchaus vorhandene Potential verschenkt. Die unausgereift wirkenden Charaktere und die vielen offenen Fragen zusammen mit dem unbefriedigenden Ende hätten durchaus noch etwas mehr als nur Feinschliff gebraucht, um ein rundes Gesamtbild zu ergeben. Das ist vor allem deswegen schade, weil die düstere Zukunftsvision wirklich das Interesse des Spielers weckt, nur um ihn am Ende dann mit vielen Fragen zurückzulassen. Einen Blick ist das Spiel dennoch wert, denn für die 20 € bietet das Spiel mehr als einige andere Vertreter des Genres – schon allein aufgrund der unterschiedlichen spielbaren Charaktere und den damit verbundenen Unterschieden in der Geschichte.
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Alternativa
- Entwickler
- Centauri Production
- Publisher
- Peter Games
- Release
- 24. Juni 2011
- Spielzeit
- 8 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.centauriproduction.com/alternativa.php
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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