Detective Inspector Hector ist der namensgebende „Held“ eines Comic-Adventures, das bis vor kurzem einzig den Nutzern mobiler Apple-Geräte bekannt war. Dann jedoch nahmen sich die Episoden-Adventure-Spezialisten von Telltale dem Spiel an, um es auch für PCs und Mac umzusetzen. Noch dazu versprach man gleich noch zwei weitere Episoden des skurrilen Adventures von Entwickler Straandlooper. Seit einigen Wochen ist nun die erste Episode für den PC fertig. Wir haben mit Hector einen Rundgang durch sein heruntergekommenes Revier gemacht und ihn auf einem typischen Tag in seinem Heimatort Clappers Wreake begleitet. Dabei bekommt er es mit einem hinterhältigen Geiselnehmer zu tun, der Hectors Kollegen mit seinem Scharfschützengewehr ziemlich dezimiert. Ob Hector dieser Gefahr gewachsen ist oder ob der Geiselnehmer sich von Hectors losem Mundwerk überzeugen lässt, verraten wir Euch nicht. Wohl aber, ob Ihr das Spiel auf Eure Festplatte laden solltet. Eine Staffel-Wertung folgt im Test zu Episode zwei und drei.

Willkommen in der Gosse
Das britische Städtchen Clappers Wreake ist einer der wenigen Orte – wenn nicht gar der einzige Ort – den Großbritannien gern von der Landkarte verschwinden lassen würde. Nur leider liegt dieser verdreckte Sumpf des Verbrechens und Verderbens mitten im Königreich. Die Polizei hat die Hoffnung auf Recht und Ordnung schon längst aufgegeben und widmet sich nur noch den schlimmsten Verbrechen. Ein Teil der hilflosen Truppe von Ordnungshütern ist auch Detective Inspector Hector, der wiederum all das in sich vereint, dass auch Clappers Wreake auszeichnet: Er geht der Arbeit großzügig aus dem Weg, nimmt es mit dem Gesetz nicht sonderlich ernst und neigt auch gern mal zu übertriebener Härte. Kein Wunder, dass auch seine Ausdrucksweise mehr dem untersten Gossenslang zugeordnet werden kann – aber das unterscheidet Ihn nicht sonderlich von den übrigen Einwohnern Clappers Wreakes. Wer ein Problem mit zweideutigen Sprüchen, Schimpfwörtern und Beleidigungen hat, braucht nicht mehr weiterlesen, denn dann ist 'We Negotiate With Terrorists' ganz sicher das falsche Spiel.
Alle anderen freuen sich auf das erste Treffen mit Hector, der mal wieder einen Einsatz verschlafen hat. Während sich das gesamte Revier um ein Hochhaus postiert hat, um sich dort von einem wildgewordenen Geiselnehmer über den Haufen schießen zu lassen, schläft Hector noch seinen Rausch in der Ausnüchterungszelle aus. Wohlgemerkt in der Ausnüchterungszelle seines eigenen Reviers. Durch das ununterbrochene Klingeln des Telefons wacht er in seinem „Zuhause“ auf - Wohnungen kosten nur Geld und die Zelle gibt’s gratis – und ärgert sich über den Witzbold, der die Zellentür abgeschlossen hat. Damit steht er auch schon vor dem ersten Problem: Er muss aus der Zelle raus. Und dann ist da noch die Sache mit der Hose, die ihm seit dem letzten Abend fehlt.
Nachdem er es endlich geschafft hat, sich aus der Zelle zu befreien, sieht er sich mit den Forderungen des Entführers konfrontiert. Der möchte nichts anderes, als ein wenig Zucht und Ordnung in Clappers Wreake. So ist eine seiner drei Forderungen, dass der örtliche Sexshop von der Polizei geschlossen wird. Das bringt Hector in einen Gewissenskonflikt, zählt er doch selbst zu den besten Kunden des berüchtigten Ladens.
Wir verhandeln mit Terroristen
Die Geschichte von 'We Negotiate With Terrorists' bedient alle Klischees, die man sich nur vorstellen kann. Angefangen bei den drogenabhängigen Jugendlichen, die im Park rumhängen und nichts anderes zu tun haben, als Mitbewohner zu terrorisieren oder Sachen zu demolieren über Verbotsschilder gegen Hundehaufen, umringt von – genau – Hundehaufen, bis zum korrupten, alkoholabhängigen Hector, der sich auch gern einmal mit den Prostituierten vergnügt, die ihren Arbeitsplatz direkt vor dem Polizeirevier haben – wenn die nur etwas besser aussehen würden. Straandlooper gelingt es, alle diese Klischees unter einen Hut zu bringen und die Welt von 'Hector' stimmig wirken zu lassen. Natürlich passen sich auch die Rätsel dieser Welt an – Wo sonst kann man schließlich mit einem Junk eine Autobatterie aufladen? Auch ein benutztes Kondom oder ein abgetrennter Fuß finden sich während des Spiels im Inventar wieder. Hector selbst hat mit keinem der Gegenstände ein Problem und kommentiert alles in seiner gewohnt sarkastisch-frechen Art und natürlich mit jeder Menge Schimpfwörtern.
Im Spielverlauf werden die Aufgaben anspruchsvoller und es kommen nach und nach mehr Orte hinzu, die Hector besuchen muss, um die Forderungen des Entführers zu erfüllen. In welcher Reihenfolge er die Forderungen abarbeitet, ist übrigens ganz dem Spieler überlassen. Der Schwierigkeitsgrad steigt durch die größer werdende Spielwelt etwas an, ohne aber wirkliche Kopfnüsse bereit zu halten. Auch dadurch liegt die Spielzeit nur bei gut drei Stunden.
Vom iPhone auf den PC
Dass 'Hector: Badge of Carnage' ursprünglich für kleinere Displays entwickelt wurde, merkt man der Grafik an keiner Stelle an. Die Hintergründe sind zwar etwas zu starr und wirken dadurch immer wieder mal leblos. Sie sind dafür aber auch auf größeren Bildschirmen noch ansehnlich. Gleiches gilt für die Animationen. Trotz ihrer einfachen Gestaltung, die auf große Farbflächen setzt, haben die Figuren einen ganz eigenen Charme und sind flüssig animiert. Insgesamt liefert Straandlooper eine stimmige und detaillierte Comic-Grafik ab, die hervorragend zum Spiel passt. In Gegensatz zur Grafik merkt man der Steuerung ihre Herkunft deutlich an. Nur die linke Maustaste wird benötigt. Aktionen werden per Doppelklick gestartet – etwas ungewohnt zwar, nach kurzer Spielzeit aber unproblematisch und eine direkte Übernahme der Fingersteuerung. Auch die Speicherfunktion ist ein Überbleibsel der Mobil-Variante. Vor dem Spielstart sucht man sich einen von drei Spiel-Slots aus, der Fortschritt wird darin automatisch gespeichert. Möchte man später im Spiel zu einer bestimmten Stelle zurückkehren, ist das deswegen nicht möglich.
Ein Highlight ist aber die Sprachausgabe. Obwohl man es einigen Charakteren schon während des Spielens anmerkt, verwundert der Blick in den Abspann dann doch: Alle Charaktere wurden von einem der Entwickler eingesprochen und zum Teil mit verstellter Stimme, zum Teil mit technischer Unterstützung verändert. Überraschend ist das Ergebnis vor allem weil die Stimmen recht gut zu den Charakteren passen. In den vollen Genuss des Spiels kommt aktuell aber nur, wer des englischen mächtig ist, denn Hector und seine Freunde fluchen in schönstem britischem Englisch.
Die erste Episode von 'Hector: Badge of Carnage' - 'We Negotiate With Terrorists' macht definitiv Lust auf mehr Geschichten um den fetten, trink- und fluchsüchtigen Detective Inspector. Zumindest, wenn man mit der Gossensprache keine Probleme hat, denn daran werden sich die Geister scheiden. Wer sich damit arrangieren kann und auch mit der englischen Sprache nicht auf dem Kriegsfuß steht, sollte unbedingt einen Blick auf den kurzen Spaß werfen, denn gerade die Dialoge sind es, die dem Spiel einen besonderen Reiz verpassen und es von anderen Titeln deutlich abheben. Für die weiteren Episoden bleibt der Wunsch nach mehr Spielzeit und belebteren Hintergründen und hoffen, dass Hector seinen derben Wortwitz beibehält.
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Hector: Badge of Carnage
- Entwickler
- Telltale Games
- Publisher
- Telltale Games
- Release
- 27. April 2011
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