Ron Gilbert ist zurück im Adventure-Business. Zumindest, wenn man den Aussagen von Publisher Sega glaubt. Aber auch Ron selbst bezeichnet 'The Cave' als ein Adventure. Dass er bei seinem Höhlentrip auf ein klassisches Inventar verzichtet, dafür aber auf eine direkte Steuerung mit Jump-n-Run Elementen setzt, stört dabei nicht. Wir sind mit den sieben Charakteren in die Höhle gestiegen und haben uns das Ergebnis genau angeschaut. Was dabei herausgekommen ist und ob 'The Cave' auch für uns ein Adventure ist, erfahrt Ihr im Test.

Sieben Freunde allein im Wald
Der Anfang von 'The Cave' erinnert stark an Ron Gilberts Klassiker 'Maniac Mansion' aus 1987. Damals wie heute treffen wir auf sieben verschiedene Charaktere, aus denen wir drei auswählen können. Jeder davon hat eine andere Fähigkeit. Während in 'Maniac Mansion' aber alle sieben die gleichen Räume betreten konnten, bietet die Höhle unterschiedliche Abschnitte für jeden. Die Abenteurerin erforscht beispielsweise eine alte Pyramide, die Wissenschaftlerin eine Raketenbasis und der Ritter bekommt es mit einem Drachen und einer Prinzessin zu tun. Diese Level sind jeweils nur dann zu erreichen, wenn man auch den entsprechenden Charakter in der Gruppe hat. So ist nur der Hillbilly in der Lage, weite Strecken zu tauchen. Sein Abschnitt - der Rummelplatz – ist deshalb nur nach einer längeren Unterwasserpassage zu erreichen. Mit Hilfe von Dynamit kann er den Eingang zum Rummel dann auch für seine Mitstreiter freisprengen, die auch immer einige Aufgaben in den Charakter-Leveln zu erfüllen haben. Grundsätzlich erzählen die einzelnen Abschnitte kurze Geschichten über die Charaktere und deren tiefste Wünsche. Und sie alle streben nach etwas: Die Abenteurerin sucht einen wertvollen Sarkophag, der Hillbilly die Liebe seines Lebens, die Zeitreisende möchte einfach nur zur besten Mitarbeiterin gewählt werden. Diese Wünsche gilt es nun in den einzelnen Leveln der Charaktere zu erfüllen – ohne Rücksicht auf Verluste. Dass es dabei auch einmal zu tragischen „Unfällen“ kommen kann, gehört dazu und wird von der Höhle amüsant kommentiert. Ja, richtig gelesen: Die Höhle kann sprechen. Und außer einigen Charakteren, denen wir im unterirdischen Labyrinth begegnen, ist sie auch das einzig sprechende „Wesen“. Die sieben Helden, über die wir die Steuerung haben, bleiben die gesamte Spielzeit über stumm. Ihre Geschichte wird über Höhlenmalereien erzählt, die sich grafisch deutlich vom restlichen Spiel abheben und eher primitiv gestaltet sind. Übrigens ist die Sprachausgabe komplett in Englisch gehalten, alle Untertitel und sonstigen Texte liegen auch auf Deutsch vor.
Spezialfähigkeiten und Team-Rätsel
Die einzelnen Charakter-Level werden durch allgemeine Abschnitte verbunden, die alle Charaktere gleichermaßen zu bestehen haben. Auch darin können vereinzelt die Spezialfähigkeiten zum Einsatz kommen, um andere Lösungswege zu finden. Beispielsweise kann die Wissenschaftlerin ein Kontrollfeld knacken und so eine Tür öffnen. Oder aber einer der Helden zieht an einem Hebel und lässt so einen anderen durch. Wie in diesem Beispiel ist es immer wieder notwendig, dass zwei oder drei Helden zusammenarbeiten, damit die Gruppe weiterkommt. Während es recht oft solche Team-Rätsel gibt, bei denen es meist darum geht, bestimmte Hebel oder Schalter zu betätigen, kommen die Spezialfähigkeiten der Helden leider nur selten zum Einsatz. Einige werden außerhalb des eigenen Levels gar nicht mehr benötigt. Besonders der Hillbilly fällt hier auf, denn das Luftanhalten wird tatsächlich nur zweimal im Spiel benötigt – Zum Betreten des Rummels und noch einmal kurz vor dem Verlassen. Etwas Inkonsequent umgesetzt wirken die Fähigkeiten vor allem dann, wenn sie auch an anderer Stelle Sinn machen würden, aber nicht genutzt werden können. So kann sich die Zeitreisende an einigen Stellen durch Barrikaden beamen, kapituliert an anderen Stellen aber vor ähnlichen Hindernissen. Diese Inkonsequenz muss sich das Spiel allerdings zum Teil leisten, da man ansonsten auch Orte betreten könnte, für die der passende Charakter fehlt.
Wiederspielbarkeit: Fluch oder Segen?
Dass man 'The Cave' jeweils nur mit drei von sieben Charakteren spielen kann, soll für Wiederspielbarkeit sorgen. Und natürlich möchte man nach dem ersten Ausflug in die Höhle gleich die nächsten drei Helden auswählen und sehen, was die Höhle für sie bereithält. Recht schnell stellt man dann aber fest, dass man rund ein Drittel des Spiels wiederholt. Man kann hier nun natürlich die alternativen Lösungswege ausprobieren und so noch etwas Abwechslung in diese Teile bringen. Spätestens beim siebenten Helden braucht man aber zwei Charaktere, mit denen man schon unterwegs war. Dadurch wird der Teil der Wiederholungen nochmal deutlich größer. Wenn man dann noch alle unterschiedlichen Enden (jeder der Höhlenforscher hat ein gutes und ein böses Ende) sehen, stehen weitere Durchgänge auf dem Plan. Die Entscheidung, welches Ende man zu sehen bekommt, fällt übrigens erst ganz am Schluss des Spiels, bis hierhin kann bzw. muss man also dieselben Wege gehen. Kurz vor dem Ende speichern hilft übrigens nichts, denn das Spiel bietet nur einen Speicherstand an, der regelmäßig überschrieben wird.
Mindestens einmal sollte man 'The Cave' aber mit jedem Charakter durchgespielt haben, denn gerade die einzelnen Abschnitte sind es, die wirklich große Abwechslung bringen und zu den Highlights des Spiels zählen. Oft vergisst man tatsächlich, dass man sich nun in einer Höhle befindet und glaubt sich in einer Pyramide oder in einer gruseligen Villa.
2D-Sidescroll-Puzzle-Adventure-Plattformer
Dieser Bandwurm oben wäre wohl das passende Genre für 'The Cave', denn es beinhaltet Elemente aus all diesen Genres. Einige Rätsel könnte man durchaus auch so in einem klassischen Adventure finden. Dennoch lässt 'The Cave' einige liebgewonnene Elemente eines Adventures schmerzlich vermissen. Besonders das Inventar fehlt an einigen Stellen sehr, denn jeder der drei Helden kann immer nur genau einen einzigen Gegenstand tragen. Auch wenn Ron Gilbert absichtlich darauf verzichtet hat, weil es nach seiner Meinung kein Rätsel ist den passenden Gegenstand aus den hunderten im Inventar zu suchen, zeigt 'The Cave' recht deutlich die Vorteile von großen Taschen. Um nur ein Beispiel zu nennen: An einer Stelle im Spiel brauchen wir drei Stangen Dynamit, die wir zuvor entschärfen müssen. Dazu brauchen wir einen Gegenstand aus der Nähe der Stangen, mit dem wir zum Startpunkt zurückkehren um ihn hier zu benutzen. Danach geht es wieder zu den Dynamitstangen, die wir nun entschärfen können. Jetzt tragen wir die Stangen jeweils einzeln zum Einsatzgebiet, wo wir dann noch einen Gegenstand benötigen, der in der Nähe der Dynamitstangen liegt. Also rennt ein Held erneut den Weg zurück. Solche Stellen finden sich glücklicherweise nicht zu oft. Die wenigen, die es gibt lassen uns aber traurig an die Manteltaschen von Guybrush zurückdenken.
Die Jump-n-Run-Elemente von 'The Cave' sind immerhin nicht so stark ausgeprägt, wie man es von reinrassigen Plattformern kennt. Besonders gut getimte Sprünge oder Mehrfachkombos sind nicht erforderlich, um lebend durch die Tunnel zu kommen. Überhaupt kann man in 'The Cave' nicht sterben. Stürzt ein Held ab oder kommt auf anderem Wege zu Schaden, geht es kurz vor dem fatalen Schritt wieder weiter.
Konsolen- oder PC-Höhle
'The Cave' ist für die aktuelle Konsolengeneration sowie für PCs zu bekommen, also haben wir uns die verfügbaren Varianten angeschaut. Auf PS3 und Xbox 360 geht die Steuerung per Controller gut von der Hand, schnell gewöhnt man sich an die benötigten Tasten. Allerdings kommt es selten auch zu Rucklern, was aufgrund der zwar schicken aber nicht sonderlich aufwändigen Grafik dann doch verwundert. Hin und wieder meint es die Steuerung an der Konsole etwas zu gut und ist zu gnädig mit dem Spieler. Das führt dann zu unfreiwilligen Klettereinlagen, wenn man eigentlich in einen Abgrund fallen möchte. Am PC lässt sich das Spiel optional im Stile eines Point and Click Adventures komplett via Maus steuern. Man kann sogar eine beliebige Mischform von Tastatur und Maus praktizieren. Wer unbedingt komplett auf die Tastatur verzichten möchte, der sollte jedoch eine Maus mit drei Tasten und Rad besitzen. Obwohl die Steuerung via Tastatur/Gamepad deutlich besser zum Spielfluss und zur eigentlichen Spielnatur passt, so wurde hier gute Arbeit geleistet. Wenn Objekte allerdings zu nahe nebeneinander liegen, kann es auch per Maus öfter mal passieren, dass die Steuerung hackt und nicht gleich das gewünschte Objekt aufgehoben wird. Selten aber doch kann es auch passieren, dass die Steuerung nicht gleich unserem Befehl folgt und einen neuerlichen Klick benötigt.
“Multiplayer“
'The Cave' hat auch einen Multiplayer-Modus spendiert bekommen. Ron Gilbert wollte es damit ermöglichen, dass ein überwiegend passiver Spieler, der dem aktiven am liebsten beim Spielen zuschaut, schnell selbst einmal eingreifen kann und so eigene Ideen umsetzen kann. Dazu soll man nicht mehr den Controller weitergeben müssen. Und genau das ist der Multiplayer-Modus auch geworden: Die Möglichkeit zum schnellen Controller-Wechsel. In dem Moment, in dem der zweite Spieler eingreift, übernimmt er die gesamte Steuerung über alle der drei Helden. Es gibt keinen Splitscreen, mit denen gleichzeitiges Spielen deutlich einfach gemacht worden wäre. So wird hier recht viel Potential verschenkt.
Fazit von Ulrika Tegtmeier:
Insgesamt ist The Cave ein guter Puzzle- Platformer, der genau das erreicht, was die Premisse verspricht: Kurzweiligen Spaß, tollen Humor und ein ansprechendes Ambiente. Dennoch hinterlassen Design- Mängel, Bugs und die teilweise mangelnde Interaktivität einen etwas schalen Nachgeschmack. Vor allem die Tatsache, dass der Coop- Modus durch die fehlende Möglichkeit mit einem Splitscreen zu spielen auf dem schmalen Grat zwischen frustrierend und unspielbar wandelt, verhindert den Aufstieg in höhere Wertungssphären. Besonders die Rätsel, in denen es auf gute Koordination zwischen den Team- Mitgliedern ankommt, leiden stark darunter und drücken den Spielspaß gewaltig. Über den „Wiederspielbarkeitswert“ aufgrund der verschiedenen spielbaren Charaktere kann man sich durchaus streiten, denn mehrere Sektionen, am Anfang und in der Mitte, bleiben unverändert und, das ist das Schöne an rein linearen Rätseln, werden auch nicht spannender, je häufiger man sie wiederholt.
Last but not least ist 'The Cave' ein merkwürdiger Hybrid zwischen klassischem Point&Click Puzzle- Gameplay und Platformer, denn gerannt und gesprungen wird reichlich. Letzterem fehlt jedoch, aufgrund der Unmöglichkeit zu sterben, jeglicher Anspruch und die Rätsel sind zwar gut designt, funktionieren aber aufgrund von Ungenauigkeiten der Steuerung teilweise nur semi- gut. Sicherlich hätte es dem Spiel gut getan, wenn man sich auf einen Aspekt konzentriert hätte. Aber das ist, gerne zugegeben, Meckern auf hohem Niveau.
Dennoch, an 'The Cave' gibt es genug zu mögen und zu bewundern. Die Rätsel sind durchweg gut bis exzellent und das herrliche Kitzeln das sich einstellt, nachdem man ordentlich um die Ecke denken musste und nun endlich das Rätsel lösen ist ein ständiger Begleiter auf dem Weg durch 'The Cave'. Besonders punkten kann 'The Cave' allerdings in punkto Grafik, denn die herrlich farbenfrohe Comicgrafik ist außergewöhnlich attraktiv und die Animationen so charmant und vielfältig wie bei kaum einem vergleichbaren Titel.
Dass Ron Gilbert noch immer weiß, wie man den Humor der Spieler kitzelt, ist keine Frage, doch fehlen 'The Cave' vor allem die guten Dialoge und das obwohl die Charaktere interessant genug wären, als dass sich der Spieler wünscht, diese mehr interagieren zu sehen, vielleicht sogar miteinander? Dennoch ist 'The Cave' auch für Konsoleros eine uneingeschränkte Kaufempfehlung, denn für 1200MS Points wird man ausgezeichnet unterhalten.
Fazit von Matthias Glanznig: Für ein "echtes" Adventure fehlt mir eine Geschichte, die mich vom Start weg packt. Die Handlung hat leider einen sehr beiläufigen Charakter und steht im Hintergrund. Dialoge findet man kaum und sämtliche Charaktere blieben mir fremd, so putzig sie aussehen mögen. Dazu kommunizieren sie wohl auch zu selten mit dem Spieler – ein flüchtiges Kopfschütteln bei einer falschen Handlung ist das Höchste der Feedback-Gefühle. Knobeln, Springen, Klettern und Rennen stehen ganz eindeutig im Mittelpunkt. Nicht zwangsläufig eine schlechte Sache, aber keine Kombination, die ich persönlich bei einem Adventure erwarten und suchen würde. Noch dazu zeichnet sich 'The Cave' durch eine levelartige Struktur auf, die für einen Puzzle-Platformer weit typischer wäre und auch nicht das Gefühl vermittelt, ein „echtes“ Adventure vor sich zu haben.
Meinen Geschmack hat 'The Cave' nicht getroffen. Dazu sind mir die Laufwege zu lange und die Story zu seicht. Oft hin und her laufen zu müssen, weil man pro Spielfigur nur ein Objekt tragen kann... das ist auf Dauer nicht mein Kaffee. Das Spiel hat einen witzigen Touch und ist nicht nur optisch charmant umgesetzt, das Spielprinzip wirkt mir aber zu konstruiert. Bei früheren Ron Gilbert Spielen waren die Charaktere zudem präsenter und greifbarer. Bei 'The Cave' wirken sie vor allem vor den Charakterlevels unpersönlich und etwas platt - wie Werkzeuge, die man lediglich gezielt instrumentalisiert und die einem nicht weiter nahe gehen. Die Knobeleinlagen hat Double Fine zwar gut hinbekommen, doch das alleine zeichnet für mich noch kein Adventure aus - schon gar nicht, wenn dieser Aspekt so eng an Springen, Klettern und Rennen gekoppelt ist. Wem Rätsel alleine nicht genügen, der wird hier kaum glücklich werden. Ron Gilbert pocht zwar stets darauf, hier ein Adventure produziert zu haben, doch passt die Bezeichnung Puzzle-Platformer meiner Ansicht nach besser zur rätselhaften Reise durch die mysteriöse Höhle. Gerade in dieser Sparte zieht das Spiel zum Beispiel gegen 'Limbo' allerdings deutlich den Kürzeren.
Fazit von Tobias Maack: Ja, 'The Cave' macht Spaß. Auch mir als jemand, der am liebsten Adventures spielt. Der Humor bringt mich immer wieder zum Schmunzeln, die Rätsel gefallen und die Reise durch die Höhle lohnt sich nicht zuletzt auch wegen der ganzen Anspielungen auf Gilberts vorangegangene Spiele. Beim zweiten Durchgang macht das Spiel noch immer Spaß, wenn auch deutlich weniger. Und beim dritten Spielen… Nun ja, dann hat man wenigstens noch den einen Charakterlevel, der Neues bietet. Dafür bieten die Abschnitte, die in jedem Durchgang wiederholt werden, dann leider doch zu wenig. Schmerzlich vermisst habe ich auch das Inventar, denn das bedeutet immer wieder zum Teil weite Laufwege. Und wenn es ganz schlecht läuft, hat man ein jetzt benötigtes Item im vorherigen Spielverlauf irgendwo abgelegt und findet es nun nicht mehr wieder. Potential verschenkt auch der in dieser Form recht unbrauchbare Multiplayer-Modus. Trotz all dieser Kritikpunkte sollte man 'The Cave' durchaus eine Chance geben. Zumindest, wenn man kein klassisches Adventure erwartet, denn für den geringen Preis bietet es beim ersten und zweiten Durchspielen recht viel Spaß.
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The Cave
- Entwickler
- Double Fine
- Publisher
- Sega
- Release
- 23. Januar 2013
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://thecavegame.com/
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3 Kommentare
PC-Spiele bedeuten mittlerweile nicht mehr nur Windows.