Besitzer einer Playstation 3 konnten 'Red Johnson's Chronicles' bereits probieren. Für die Konsole ist der humoristische Noir-Krimi vom französischen Studio Lexis Numérique (ihres Zeichens Entwickler von Projekten wie 'Alt-Minds', 'eXperience112' oder 'In Memoriam') seit 2011 erhältlich. Die PC-Fassung des investigativen Adventures wurde hingegen erst kürzlich veröffentlicht. Für uns Anlass genug, um endlich einen Blick darauf zu werfen.

Und jetzt nichts wie hin zum Tatort
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Mein Name ist Red, Red Johnson. Privatdetektiv. |
Wie bei vielen Krimis steht auch am Anfang von 'Red Johnson's Chronicles' ein Mord. Und wie üblich wird der Fall einem Privatschnüffler zugetragen - sein Name ist Red Johnson. Auftraggeber ist freilich keine attraktive Femme Fatale, sondern ein unfähiger Polizist. Wir begeben uns also zur Brücke im Herzen der Stadt Metropolis, um am Tatort nach Hinweisen zu suchen. Zahlreiche Spuren, doch nichts davon eindeutig genug, um den Täter festzunageln. Das Opfer war Mitglied einer berüchtigten Juwelenbande. Kein netter Zeitgenosse und überall unbeliebt - insbesondere bei den weiteren Mitglieder seiner ehemaligen Ex-Bande, die er zuvor bei der Justiz verpfiffen hatte. Auch sonst wirkt so einiges nicht ganz koscher. Mehr soll an dieser Stelle aber nicht verraten werden.
Character Development?
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Saul ist einer von vielen schrägen Vögeln. Er dealt mit Tipps zu Rätseln.. |
Die Erzählung folgt dem typischen investigativen Schema, ohne narrativ einen starken Bezug zum Protagonisten aufzubauen. Zu Beginn gibt es Ansätze in dieser Richtung, sie werden jedoch nie ausgespielt. Red Johnson bleibt recht blass. Hin und wieder gibt er mäßig witzige Kommentare von sich. Nahe geht er einem eher nicht. Die meisten weiteren Figuren sind immerhin markant und teils sogar skurril gelungen, wenn auch selten originell, oder glaubwürdig. Eher wirken sie wie Karikaturen von Figuren, die man in irgendeinem Film vielleicht schon einmal gesehen hat. Eine tiefgreifende Botschaft sollte man sich nicht erhoffen, denn das Geschehen klebt primär an der Oberfläche. So trifft es einen wahrscheinlich auch nicht sonderlich hart, wenn am Ende nach erfolgreicher Aufklärung ein kleiner Cliffhanger wartet - der dann im Sequel binnen Sekunden Auflösung findet. Fast so, als wäre er eigentlich nicht der Rede wert.
Durchwegs eigenwillige Mischung
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Suchen wir einmal den Screen nach Hot-Spots ab... oha, da sitzt ja jemand. |
Lexis Numériques Adventure spielt in keiner zeitlich klar definierten Realität. Möglicherweise befinden wir uns in der Zukunft oder einer parallelen Wirklichkeit. Letztlich ist das aber gar nicht entscheidend. Im weiteren Verlauf erwarten uns Film Noir-Referenzen und jazzige Klänge, die an Heist-Movies oder -Serien erinnern. Das, in Verbindung mit einem russischen Schrifttypus, ergibt ein sehr eigenwilliges Gesamtbild, welches durchaus seinen Reiz hat. Auch die weitere visuelle Umsetzung ist atypisch. Meist wird 'Red Johnson's Chronicles' aus der Ego-Perspektive gespielt. An den Schauplätzen bewegen wir uns allerdings nicht frei und sie sind in der Regel ähnlich statisch wie bei typischen Wimmelbildspielen. Aufgelockert wird das durch ein paar 3D-Zwischensequenzen und Quicktime-Events, die den Protagonisten in einer - wenigstens zum Zeitpunkt der erstmaligen Veröffentlichung - recht zeitgemäßen 3rd-Person-Optik zeigen.
Und es wimmelt so schön...
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In manchen Zwischensequenzen ist auch eine kleine Mausakrobatik gefragt. |
Auch auf spielerischer Seite bietet 'Red Johnson's Chronicles' eine eigenwillige Mischung. Ein wenig wirkt es so, als wäre es das Resultat einer Paarung eines klassischen Adventures mit einem Casual Game der schwereren Sorte. Die meisten Schauplätze und Objekte legen jedenfalls nahe, jeden Pixel gründlichst abzusuchen und auch die Mini-Game-Lastigkeit ist ebenfalls auffällig. Oft reicht es nicht, einfach nur via Mauszeiger alles gründlich abzutasten. Gewisse Objekte können nur mittels aktivierter Lupen-Funktion entdeckt werden oder manchmal auch durch Aktivierung eines speziellen Lichtes (wenn es beispielsweise darum geht, Fingerabdrücke zu entdecken). Objekte können in der Regel ähnlich wie bei 'Memento Mori' in der Nahaufnahme gedreht und gewendet werden. Durch neue Perspektiven können wiederum neue Details ans Tageslicht kommen.
Welches Gerät reparieren wir diesmal?
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Eine Überwachungskamera... wie wir die wohl zum Laufen bringen? |
Ebenfalls ein zentrales Element sind defekte Mechanismen, die es logischerweise zu reparieren gilt. Praktisch jedes Gerät scheint zufälligerweise gerade kaputt zu sein (hat aber just zum Zeitpunkt des Mordes natürlich funktioniert). Oft passiert die Reparatur in Form eines Schieberätsels, oder es geht darum, den richtigen Weg zur Stromverbindung zu finden und selbst Umfüll-Aufgaben können vorkommen. Genannte Mini-Games tragen durch ihre Häufigkeit viel dazu bei, dass die Erzählung vor sich hin plätschert. Und selbst wenn diese Aufgaben sehr wohl in die Geschichte eingebettet wurden, so sind sie teilweise etwas an den Haaren herbeigezogen und wirken übertrieben zufällig.
Erinnerung ist Trumpf
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Ein Profi bei der Arbeit |
Eine weitere typische Kategorie sind Gedächtnisübungen. Informationen die zuvor gehört, gesehen oder gelesen wurden, werden kurz darauf sozusagen abgeprüft, oder es geht darum, logische Schlussfolgerungen zu ziehen. Auch Gespräche folgen teils einem solchen Schema. Gefundene Beweise können dann im Detektivbüro überprüft und verglichen werden, was eine interessante Angelegenheit ist. Nach einer Weile befinden sich viele Objekte im System, weshalb es nicht immer leicht ist, auf Anhieb das richtige Vergleichspaar zu finden. Zudem passieren eine handvoll Quicktime-Events. Hier gibt das Spiel genau vor, welche Tasten wie schnell zu drücken sind. Zu Beginn ist dieses Reaktionsvermögen bei einem einfachen Handschlag gefragt, danach vorwiegend zur Verteidigung gegen Angriffe. Die Konsequenzen bei einer gescheiterten Begrüßung sind übrigens gleich wie bei einem verlorenen Kampf - einen virtuelle Geldstrafe. Das wäre eigentlich nicht schwer, wäre die Steuerung nicht manchmal etwas widerspenstig...
Von der Konsole zum PC
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In der Datenbank finden wir allerlei Informationen, sogar über Red Johnson. |
Während die PS3 naturgemäß auf ein Gamepad als Steuerungsinstrument setzt, wird die PC-Fassung via Tastatur und Maus gesteuert. Ideal wirkt diese Variante ganz und gar nicht! Die Maus agiert gerne störrisch und die Tasten der Tastatur lassen sich nicht individuell belegen. Warum ausgerechnet die Tasten V, B, N so gefragt sind, ist zudem schwer nachvollziehbar und keine sonderlich intuitive Lösung. Das Gamepad wird jedenfalls nicht unterstützt. Einerseits spürt man die Konsolen-Wurzeln in jeder Sekunde allzu deutlich, andererseits scheint das Spiel zwischendurch sehr wohl bemüht, wenigstens ansatzweise ein Point-and-Click-Feeling zu bieten. Das Resultat ist jedoch nicht Fisch, nicht Fleisch. Meist wirkt die Maus eher wie das fünfte Rad am Wagen und sie beschränkt sich vorwiegend auf eine einfache Zeigefunktion, während man den Großteil holprig via Tastatur erledigt.
Spaß mit der Maus
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Rollen wir das Kügelchen mal zum Loch... |
Beispielsweise werden Schieberätsel am PC nicht in einfacher Point-and-Click-Manier dargeboten. Nach Gefühl bewegen wir die Maus, damit wir jenes Teil erwischen, welches wir verschieben wollen und ziehen die Maus in jene Richtung wohin es denn gehen soll. Einen sichtbaren Zeiger gibt es dabei nicht. Die Maus ist naturgemäß dynamischer und beweglicher, als es beim Gamepad der Fall ist und das kann Schwierigkeiten bereiten. So können einige Aufgabentypen durch diese Art der (gerne widerspenstigen) Steuerung leider ähnlich viele Probleme bereiten, wie das eigentliche Rätsel. Jedenfalls sollte sehr darauf geachtet werden, dass die Maus möglichst exakt und auf einem sehr ebenen Untergrund liegt, doch selbst dann wird vermutlich nicht alles rund laufen. Wer zudem via Notebook mit integrierter Touchpad-Maus arbeitet, könnte vor besonders schweren Problemen stehen - zumindest erwies sich diese Variante auf einem unserer Testcomputer als völlig unspielbar.
Eindruck zur Konsolensteuerung
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Ein weiteres typisches Rätsel im Spiel... |
Tatsächlich geht die Steuerung auf Sonys Playstation 3 deutlich besser von der Hand. Mit dem linken Analogstick steuert man den Cursor über den Monitor, über die rechten Tasten wählt man entsprechende Aktionen. Welche das sind, wird immer am Rand des Cursors angezeigt. Natürlich stört auch hier das zum Teil pixelgenaue Absuchen der Grafik. Vielleicht sogar noch mehr als am PC, da man in der Regel nicht so dicht vor dem Fernseher sitzt, wie vor dem Monitor.
Vorteile zeigen sich auch in der Steuerung bei den unzähligen Minispielen. Ob Schieberätsel oder Klavierpuzzle: Der Cursor wird per Analogstick sicher positioniert und per Tastendruck aktiviert. Wer also mehr Geräte zur Auswahl hat und auf eine problemfreie Steuerung Wert legt, greift vielleicht besser zur Konsolenversion, die sich ansonsten nicht von dem PC-Spiel unterscheidet.
Solide Präsentation
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Gerade die Zwischensequenzen sind wirklich nett gemacht! |
Optisch macht das Spiel einen recht ansprechenden Eindruck. Allerdings wirken die Schauplätze in der Regel menschenleer - auch wenn sich manchmal sehr wohl etwas im Hintergrund bewegt (z.B. sind das Kleinigkeiten wie beispielsweise der Schatten einer Figur, die an einem Fenster vorbeigeht). Visuell gut gelungen sind die Zwischensequenzen, wenngleich auch sie nicht vertuschen können, dass sie inzwischen gut zwei Jährchen auf dem Buckel haben. Eine komplette deutsche Lokalisation wird nicht geboten. Zwar gibt es deutsche Untertitel, doch mehr als eine ansprechende englische Sprachausgabe gibt es nicht. Einschränkend sei erwähnt, dass viele Beschreibungen ohnehin gar nicht vertont wurden und es schon deshalb einiges zu lesen gibt. Sprachausgabe gibtes vorwiegend bei Dialogen und wirklich wichtigen Gedankengängen. Im Vergleich zur Playstation 3 Version hat sich - abgesehen von der Steuerung - im Grunde nichts geändert. Die musikalische Untermalung erfüllt ihre Aufgabe wiederum recht gut. Auf Dauer wird sie allerdings eintönig, weil es an Abwechslung mangelt. Auch die Spieldauer ist passabel - geschätzt sieben bis zehn Stunden Beschäftigung werden im Schnitt geboten. Für ein Budget-Spiel keine schlechte Sache.
In mancher Hinsicht wirkt 'Red Johnson's Chronicles' wie ein eigenwilliger Grenzgänger zwischen Wimmelbildspiel und klassischem Adventure. Zwar sind die Rätsel immerhin halbwegs in die Handlung verflochten, doch passieren manche Herausforderungen übertrieben zufällig. Obwohl einige (der vielen) Mini-Games eigentlich interessant und anspruchsvoll wären, so kann auf spielerischer Ebene Langeweile aufkommen, auch zumal die Handlung für sich genommen bestenfalls durchschnittliche Kost bietet und noch dazu keinen wirklichen Abschluss findet. Rätsel-Fans, die eine bunte Palette an Mini-Games zu schätzen wissen, könnten hier trotz aller Kritik eine ansprechende Mischung vorfinden. Die am PC suboptimale Steuerung trübt den Spaß jedoch...
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Red Johnson's Chronicles: Der Wahrheit auf der Spur
- Entwickler
- Lexis Numérique
- Publisher
- Peter Games
- Release
- 26. April 2013
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.red-thegame.com/
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