Horror-Spiele sind derzeit en vogue. In nahezu jedem Genre können zumindest Horror-Elemente vorkommen. Das Adventure-Genre integriert die Angst schon länger in unzählige Titel. Vor allem in letzter Zeit findet man diese Furcht bei First-Person-Adventures. 'Stasis' versucht über die isometrische Ansicht einen völlig anderen, aber bekannten Weg zu gehen. Dabei sieht das Science-Fiction-Spiel zeitweise wie 'Sanitarium' oder 'Baldur's Gate' aus und setzt bei der Optik bewusst auf Retro. Das Point&Click-Adventure spielt auf einem großen Raumschiff, versucht durch die Mischung mit psychologischem Horror dennoch neu zu wirken. Zusätzlich setzt 'Stasis' auf deutliche Gewaltdarstellung und Blut ziert einige Wände. Nicht selten zieht man Vergleiche zu 'Alien', 'Dead Space' oder 'Event Horizon'. Erwachsene sind ganz klar das Zielpublikum des Designers Chris Bischoff von The Brotherhood Games. Kann das überhaupt funktionieren? Kommt denn überhaupt Angst auf und funktioniert sie als Motivation? Man kann auch sterben, deswegen fragt man sich auch, wie klassisch 'Stasis' eigentlich wirklich ist? Diese und noch einige andere Fragen wollen wir mit dem Test beantworten.

Allein
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Da war alles noch gut |
Die einleitenden Worte von Andre Maurois im Spiel beschreiben den Beginn von 'Stasis' kurz und treffend: „Ohne eine Familie ist ein Mann alleine auf der Welt und zittert vor der Kälte.“ Wir steuern John Maracheck und reisen mit der ganzen Familie in einem Raumschiff durch das All. Wegen den großen Entfernungen sind wir deshalb in einer Art Stasis, d.h. wir befinden uns quasi im Koma, um nicht zu altern. Ohne große Umschweife schicken wir die Tochter in den Schlaf, John und seine Frau ebenso. Plötzlich werden wir aus der Stasis gerissen. Aber irgendwie sieht es ganz und gar nicht nach unserem Raumschiff aus. Irgendwo in der Nähe des Neptuns sind wir nun auf der Groomlake. Gemeinsam mit John ist es ab sofort unsere Aufgabe herauszufinden, warum wir hier sind, wie wir hier gelandet sind und was auf diesem Raumschiff passiert ist. Irgendwie scheint nämlich niemand mehr hier zu sein. Und überall findet man Blutspuren. Unser derzeit einziger Ansprechpartner ist ein Computersystem. Außerdem haben wir durch das unkontrollierte Aufwachen Herzrasen, sind in Lebensgefahr und von unserer Familie fehlt jegliche Spur. Dramatik pur!
Lesebegeisterte haben es schön
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Ja, alle Punkte dieser Textwand haben noch mehr Text! |
Nach kurzem Stressabbau stellen wir fest, dass es tatsächlich ein klassisches Adventure ist und wir jetzt nicht unbedingt schnellst möglichst medizinische Versorgung brauchen. Wir können uns alles in Ruhe ansehen. Das Ansehen funktioniert dabei leichter als gewohnt, denn wenn wir bereits den Cursor über etwas bewegen, zeigt uns einen beschreibenden Text alles Wichtige dazu an – mehr dafür auch nicht. Das Inventar, oder das Quanten-Lager-Gerät, bleibt stets übersichtlich und mehr als ein paar Gegenstände hat man nie zur Hand. Gehen und Laufen funktioniert per Linksklick bzw. Doppelklick, aber hier muss man sich darauf einstellen, dass die Wegfindung gerne einmal Umwege geht oder man gar nicht dort landet, wo man hinklickt. In den meisten Fällen ist das aber auch egal, denn selten geht man nur herum, sondern meist klickt man direkt Eingänge oder Gegenstände an. Schon bald merkt man auch, dass die Sprachausgabe wirklich nur für Dialoge und Selbstgespräche von John gedacht ist. Die überall herumliegenden PDAs vermitteln uns via Text die Hintergrundgeschichte anderer Schiffsbewohner und damit erfährt man erst, was wirklich passiert ist. Man sollte also schon ein paar Stunden Lesezeit einrechnen. Das entspricht einem größeren Teil der insgesamt ungefähr sieben bis acht Stunden Spielzeit.
Vom Rätseln und Sterben
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Was haben wir denn da mitgehen lassen? Trotzdem: Sie wird noch nützlich! |
Die Rätsel beschränken sich die meiste Zeit auf das Benutzen von Gegenständen wie Schlüsselkarten oder das Kombinieren von zwei Gegenständen und anschließender Benutzung. Oft ist jedoch offen, wo man diese Gegenstände wirklich benutzen muss, denn fast von Beginn an sind mehrere Orte der Groomlake über den Turbolift zugänglich. Oft findet man in einem Trakt das nötige Etwas für den anderen Trakt, um anschließend im ersten Trakt wieder voranzukommen. Vor allem Anhänger der MacGyver-Fraktion, die gerne alles probieren, sollten öfter speichern, denn manche Aktionen führen zu Johns Ableben und auf makabere Weise auch zu einem Achievement. Trophäen-Sammler müssen hier also zur Abwechslung einmal in allen möglichen Varianten sterben. Schwere Nüsse sind bei den Rätseln selten dabei. Manchmal ist jedoch wichtig, was man in welcher Reihenfolge macht, denn sonst stirbt man. Auch die Wegfindung macht manche Aktionen fraglich, denn warum muss man einen Geschützturm zuerst ausschalten, wenn er beim Ausschalten genau seine Schusslinie kreuzt, aber wegen göttlicher Fügung nichts passiert?
Mini-Spiele sind auch mir von der Partie und kommen selbst bei größeren Rätseln vor, beispielsweise eine Operation an der Hauptfigur selbst. Dabei ist erwähnenswert, dass das Blut an den Wänden und die zerfleischten Körper zwar der Atmosphäre dienen, manchmal aber durchaus über die Stränge geschlagen wird. Manche Dinge werden nur wegen der puren Darstellung vom Gemetzel bzw. Blut gezeigt, wie z.B. diese oben genannte Operation, wo man an sich selbst einen chirurgischen Eingriff vornehmen muss.
Zeitgemäß geht anders
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Hübsch und Detailreich - aber 1280x720 |
Die isometrische Sicht mag eine gute Idee sein und sieht perspektivisch interessant aus, aber die Qualität stimmt bei 'Stasis' leider nicht. Gleich zu Beginn fällt auf, dass 800x600 das höchste der Gefühle ist und mit Hilfe des Internets bzw. Forums auf Steam kann man auf den Fenster-Modus umstellen, was dann immerhin nicht ganz so verschwommen wirkt. Trotzdem bleibt die Darstellung gerade bei heutigen Monitoren recht klein und schadet der Atmosphäre mehr, als dass es etwas bringt. Vor allem wegen den hervorragend gezeichneten Hintergründen ist das sehr schade. Die Charaktere selbst wirken jedoch unglaublich steif, vor allem beim Gehen/Laufen. Andere Animationen hingegen sind recht hübsch anzusehen – das Aufrufen des Inventars beispielsweise. Alles in allem ist die Grafik inkonsequent. Ein zusätzlicher Grafiker hätte dem Spiel gut getan, was angesichts des geringen Budgets jedoch schwer zu finanzieren gewesen wäre. Der Ton hingegen ist stimmig, denn sowohl die Musik, als auch die Sprachausgabe, können überzeugen. Für deutsche Adventure-Fans bleibt aber als Wermutstropfen die rein englische Sprachausgabe. Untertitel gibt es dafür auf Deutsch, Französisch, Spanisch, Polnisch und Englisch. Das trübt das Spielvergnügen jedoch kaum, da die meisten Texte ohnehin nicht vertont sind. Spieler mit Englischkenntnissen aus der Schule können dieses Adventure übrigens durchaus spielen.
Der Weltraum, Mutanten und Experimente
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Tram-Fahren in Hollywood-Manier |
Die Geschichte ist früh durchschaubar. Mutanten und Anspielungen auf genetische Experimente an Menschen hat man oft in Filmen, Serien und Spielen erlebt. Der Film-Klassiker 'Alien' ist eine häufige Assoziation, genauso wie man sich an die genetischen Experimente aus 'Wolfenstein' zurückerinnert und höchst wahrscheinlich vieles mehr. Diese thematische Vertrautheit sorgt dafür, dass das Spiel sich sehr schwer damit tut, echte Überraschungen zu bieten. Der finale Showdown wirkt abgesehen davon zu abrupt und bei den Haaren herbeigezogen. Hollywood hat hier wahrscheinlich als Vorbild gedient, aber die Umsetzung ist hier keineswegs rund. Sehr schade, denn sowohl der Einstieg als auch die Atmosphäre suchen im Adventure-Genre seinesgleichen. Man fiebert mit, hat auch etwas Angst, doch eigentlich weiß man von Beginn an Bescheid.
Richtigstellung:
Ursprünglich wurden 800x600 im Artikel erwähnt. Es sind aber 720p, soll heißen 1280x720. Dankeschön an einen aufmerksamen Leser!
'Stasis' war für mich eine der größten Kickstarter-Hoffnungen. Isometrische Sicht, Horror-Adventure und unglaublich ansprechende Screenshots. Schon nach kurzer Spielzeit wurde die Hoffnung regelrecht zertrümmert. Die Hintergründe mögen gut aussehen, leiden aber an der niedrigen Auflösung. Die isometrische Sicht beweist, dass sie auch heute noch funktioniert und die Atmosphäre ist stimmig. Das kann jedoch nicht über die relativ einfach gestrickte Geschichte hinwegtrösten, die Stunden an Lesezeit voraussetzt und eine relativ kurze Netto-Spielzeit vorzuweisen hat. The Brotherhood Games zeigen, dass sie einiges können, leiden aber offensichtlich am bescheidenen Budget. Mit mehr Geld und zusätzlichen Arbeitskräften, wäre aus 'Stasis' vielleicht ein richtig starkes Spiel geworden. Leider kommt es über Mittelmaß derzeit nicht hinaus. Es ist ein Adventure für Liebhaber des SciFi-Horrors, bei dem zumindest Vertonung und Atmosphäre stimmen. Nächstes Mal hoffentlich mit etwas mehr Geld und die Kritikpunkte ausbessern, und einem wirklich guten Spiel steht nichts im Weg.
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Stasis
- Entwickler
- The Brotherhood
- Publisher
- Daedalic
- Release
- 31. August 2015
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.stasisgame.com/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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