Einer der Vorteile des Erwachsenseins ist, dass man nun Geld hat für Sachen, die man sich als Kind immer gewünscht aber nie bekommen hat. Einer meiner unerfüllten Wünsche war damals das Spiel 'The Adventures of Willy Beamish' aus dem Hause Dynamix/Sierra, das 1991 veröffentlicht wurde. In den damaligen Testberichten las ich von einem Lausbuben, der in den Sommerferien jede Menge Spaß hat - und das als Point- & Click in Comicoptik. Ich wollte das Spiel unbedingt haben. Meine Eltern erfüllten den Wunsch nicht und auch die Schulhofquellen waren nicht hilfreich. 31 Jahre später liegt nun endlich die Schachtel mit dem Spiel vor mir und ich kann mit Willy in die Sommerferien starten. Ob sich das lange Warten gelohnt hat, könnt Ihr im Klassikertest nachlesen.
Endlich Ferien!Willy freut sich: Es ist der letzte Schultag vor den Sommerferien in der Carbuncle School. Zwar drückt er noch die Schulbank und muss nachsitzen, die Aussicht auf tolle Ferien lässt er sich dadurch aber nicht vermiesen. Bei der ersten Gelegenheit schleicht er sich aus dem Klassenraum und macht sich auf den Heimweg - wie es sich in den 1990ern gehörte auf dem Skateboard. Zu Hause klaubt er noch schnell sein nicht ganz so gutes Zeugnis aus der Post und will endlich das machen, wofür Sommerferien da sind: Spielen an der Nintari-Konsole! Schließlich finden in wenigen Tagen die Meisterschaften statt und Willy wünscht sich nicht sehnlicher, als daran teilnehmen zu können. Damit man Chancen auf einen Sieg hat, muss natürlich ordentlich trainiert werden. Doch zu Hause wartet bereits Willys Mutter, die für ihren Sohn eine ganz andere Zeitplanung hat: Mit dem Hund Gassi gehen, danach im Haushalt helfen und auf die kleine Schwester aufpassen. Nun ist aber endlich Zeit zum Spielen! Willy muss auch im Haushalt helfen...Viel zu früh steht schon das Essen an, zu dem sich die ganze Familie versammelt. Noch bevor Willy um das Startgeld für die Nintari-Meisterschaft bitten kann, berichtet sein Vater, dass er seinen Job verloren hat und es somit keinen Urlaub und erst recht keine 2.500 Dollar Startgeld für eine Videospiel-Meisterschaft geben wird. Also nimmt Willy sein Schicksal selbst in die Hand und beschließt mit Aushilfsjobs wie Autowaschen oder Rasenmähen Geld zu verdienen. Die handvoll Dollar, die ihm sein Vater dafür gibt, reicht aber nie und nimmer. Wie passend, dass bald ein Weitsprung-Wettbewerb für Frösche stattfindet, für das es ein ordentliches Preisgeld gibt. Willys Frosch Horny zählt aber nicht zu den Favoriten. Als Willy dann noch Ärger mit dem örtlichen Schläger bekommt, seine große Schwester den Schlüssel zu seiner Nintari-Konsole versteckt und eine profitgierige Firma gleich die ganze Stadt vernichten will, gehen die Probleme erst richtig los...
Termine, Termine!
Wie gut sich Willy verhält, können wir im Spiel ablesen.Für Willys Abenteuer gibt es keinen festgelegten Lösungsweg, nahezu alle Aufgaben können wir in freier Reihenfolge angehen. Es ist teilweise sogar egal, an welchem der vier Tage wir was erledigen. Wichtig ist aber, dass Willy stets die Uhr im Auge behält und seine täglichen Pfichten erfüllt. Das Essen steht immer pünktlich auf dem Tisch, der Hund muss zum Gassi gehen raus und gefüttert werden, die kleine Schwester will bespaßt werden und auch die Eltern haben Aufgaben für Willy. Zu viel Freiheiten kann er sich nicht erlauben, denn irgendwann sinkt die Zufriedenheit der Familie und Willy landet in der Militärakademie. Damit sind die Ferien und das Spiel zuende. Auch dem Rowdie sollte Willy so gut es geht aus dem Weg gehen, ansonsten setzt es Prügel und die verursachen nicht nur Schmerzen, sondern kosten auch Zeit wie generell jede Tätigkeit. Dieser teilweise enge Zeitrahmen schadet dem Spiel, denn die Entwickler haben nicht mit Hotspots gegeizt. Zu fast allem gibt es eine spaßige Beschreibung, oft garniert mit Anspielungen an die reale Welt zu Beginn der 1990er. Leider nimmt jedes Betrachten Zeit von der Uhr, so dass man sich beim Spielen sehr einschränken muss. Umgekehrt kommt es auch vor, dass Willy Zeit totschlagen muss, weil es erst zu einer bestimmten Uhrzeit weitergeht. Da hilft dann die Spielkonsole oder die Eisenbahn von Willys Vater.
Interakiver Comic
Die Grafik ist wirklich hübschEin großes Lob verdient die Grafik von Willy Beamish, die sich hinter Comicfilmen nicht verstecken muss. Die Auflösung von 320x200 Pixeln lässt das Spiel sehr grobkörnig wirken, ihren Charme haben die Screens aber dennoch nicht verloren. Trotz der damaligen Speicherknappheit geizen die Entwickler nicht mit Animationen und Zwischensequenzen, die trotz einiger fehlender Animationsphasen sehr geschmeidig aussehen. Das Spielprinzip orientiert sich an der Präsentation. Wirkliche Adventure-Rätsel gibt es kaum, die meisten Aufgaben werden über Dialogoptionen erledigt. Dazu gesellen sich ein paar Action-Elemente, etwa wenn Willys Babysitter zum Vampir mutiert und Willy auf der Flucht durchs Haus hetzt und nebenbei noch eine Fledermausfalle baut. Heute würde man 'The Adventures of Willy Beamish' vielleicht als Visual Novel mit Rätseln einordnen, nicht aber als Adventure. Dafür ist der Rätselanspruch viel zu niedrig. Klar, die Geschichte und damit auch das ganze Spiel widmet sich an ein junges Publikum (nicht unbedingt an Kinder) und lässt sich gut mit einer etwas längeren Simpsons-Folge vergleichen, doch etwas mehr Aktionen im Tausch gegen den Zeitdruck wären toll gewesen. Ganz im Stil der Sierra-Adventures gibt es auch in diesem bei Dynamix entwickelten Adventure wieder Sackgassen oder unerwartete Game-Overs.
Verfügbarkeit und Kompatibilität
Das Froschspringen sorgt für AbstürzeWilly Beamish gibt es für wenige Euro als englischen Download bei GOG. Die Version läuft problemlos auf aktuellen Rechnern. Will man die deutsche Version spielen, bleibt einem nur der Griff zu eBay, wo das Spiel in der Schachtel um 100 € herum gehandelt wird. Mit Glück findet man aber auch mal ein Schnäppchen für deutlich weniger Geld. In der Schachtel lag übrigens ein Handbuch in Form eines Spiralblocks mit viel Kindergekritzel sowie das Menü der Pizzaria aus dem Spiel. Kurz vor dem Ende wird hierüber auch eine Art Kopierschutz abgefragt. Wer seine Disketten oder die CD spielen möchte, startet das Spiel unter Dosbox. Die hier vorliegende deutsche Diskettenversion stürzt beim Froschsprung-Wettbewerb jedoch ab. Die einzige Lösung zum Durchspielen war, den Speicherstand in der englischen Version zu laden, das Froschspringen und die folgende Zwischensequenz auf Englisch zu spielen. Danach kann man zurückwechseln in die deutsche Version.
Ich bin froh, dass ich 'Willy Beamish' nicht 1991 bekommen habe, sondern meine Eltern stattdessen in 'Monkey Island 2' investiert haben. Die Action-Einlagen und vorallen das Zeitmanagement von Willy Beamish hätten mich auch damals schon frustriert. Heute ist das kein Stück besser geworden. Insbesondere, da der Zeitdruck unnötig ist und man vorallem in den ersten Spielstunden fürs bloße Betrachten der Spielwelt bestraft wird. Hier verbaut sich das Spiel selbst ein besseres Erlebnis. Was bleibt ist eine witzige Geschichte um einen kleinen Lausbub, die das Leben in amerikanischen Vorstädten toll persifliert, dabei aber an den Spieler kaum Ansprüche stellt. Der Vergleich mit den Simpsons drängt sich mehr als einmal auf. Wer mit den benannten Schwächen leben kann, dürfte in den rund fünf Spielstunden dennoch gut unterhalten sein.
Bei mir bekommmt das Spiel 2/10. Ich habe das damals auf dem Amiga gespielt und war mega enttäuscht. Hatte mich von der Grafik, glaube im Joker, blenden lassen.
Absoluter Fehlkauf damals.
Ich hatte es irgendwann in den frühen 2000ern nachgeholt und war äußerst positiv angetan. Besonders die Grafik war überzeugend. An den Froschrennenbug kann ich mich aber auch gut erinnern, denn da endete es auch für mich. Ich hatte somit leider nie das Ende gesehen.
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Absoluter Fehlkauf damals.