1987 bringt die Firma Lucasfilm Games (später Lucas Arts) unter der Leitung von Ron Gilbert, Gary Winnick und David Fox ihr erstes eigenes Spiel auf den Markt, nachdem sie vorher nur als Entwickler für große Softwarehäuser wie Activision oder Atari tätig waren. Und dieses Spiel verändert mal eben die gesamte Adventurebranche. Vorbei sind die Zeiten als jeder falsche Schritt den sicheren Tod bedeutete, sei es in einer tiefen Schlucht im Gebirge, als Haifischfutter oder als Zielscheibe für fiese Aliens. Und vorbei ist es ebenfalls mit dem lästigen Eintippen von Befehlen und ständigem Try-and-Error nach korrekten Verben, denn hier kommt das SCUMM-System, welches das Grafikadventure revolutioniert. Von da an fester Bestandteil aller Lucasfilm Games (bzw. Lucas Arts) Spiele, bedeutet das SCUMM-System nichts anderes als "Script Utility for Maniac Mansion" und zeichnet sich durch die benutzerfreundliche Bedienung einer Reihe von Verben aus (wie GIB, NIMM, DRÜCK) die am unteren Bildschirmrand abgebildet sind und mit allem und jedem kombiniert werden können. Und das ist tatsächlich eine ganze Menge, denn die verrückte Villa um die sich dieser Klassikertest dreht, beinhaltet eine Fülle von Gegenständen, Räumen und Personen, die man nach Herzenslust einstecken, reparieren, aufessen oder sogar in der Mikrowelle erwärmen kann (!!!).
Es ist eine unheimliche Vollmondnacht. Kein Mucks ist zu hören, außer dem leisen Zirpen der Grillen, die unbeobachtet im hohen Gras für eine gruselige musikalische Untermalung sorgen. Etwa fünfzig Meter vor dem monströsen Herrenhaus, welches sich wie ein bösartiger Tumor aus den grünen Wiesen ringsherum erhebt, stehen die Überreste eines verrosteten Gatters. An diesem hängt ein Schild: Warnung, Eindringlinge werden schrecklich verstümmelt. Und vor dem Gatter stehen drei Teenager. Keine Polizei, keine Superhelden, nicht mal Erziehungsberechtigte die ihnen dabei helfen können was sie heute Nacht vorhaben. In der gottlosen Villa vor ihnen ist ein Mädchen gefangen, welches heute Nacht einer Monstrosität geopfert werden soll. Ihre Wächter: niemand anderes als Dr. Fred Edison und seine Familie, die seit 20 Jahren niemand mehr zu Gesicht bekommen hat. Ihr Schicksal: ein ausgesaugtes Gehirn. Ein letztes Mal sehen sich die drei Teenies in die Augen. Ob sie diese Nacht überleben werden ist ungewiss. Aber sie sind dennoch fest entschlossen: ohne Sandy gehen wir heute Nacht nicht nach Hause...
Eine alte Story, neu erzählt!
Zugegeben, dies könnte auch die Einleitung für einen billigen Horrorfilm aus dem Hollywood der 80er Jahre sein, tatsächlich aber fängt so eines der berühmtesten Computerspiele aller Zeiten an. Erzählt wird die Geschichte dreier Teenager, die in die Villa eines verrückten Wissenschaftlers einbrechen um die Freundin eines Protagonisten zu befreien. Während ihr Freund Dave ein notwendiges Mitglied der Crew darstellt, sind die restlichen beiden Kandidaten aus einem Pool von sechs Kids frei wählbar. Da gibt es zum Beispiel Wendy, die sich als Schriftstellerin sieht und nur noch geeignetes Material für den Pulitzerpreis sucht. Oder aber Michael, ein preisgekrönter Photograph für die Schülerzeitung, der sich im Darkroom wie Zuhause fühlt. Und natürlich Bernhard Bernoulli, Abkömmling der berühmten Bernoulli-Familie, der Gewinner des Eierkopf-Preises und obendrein der Einzige der es in die Fortsetzung des Spieles schaffen wird. Jede Kombination von Kindern wirkt sich stark auf das Spielgeschehen aus, denn jedes Kind hat spezielle Eigenschaften, die für einen der vielen Lösungswege von Bedeutung ist. Nachdem also die Protagonisten ausgewählt wurden geht es auch gleich schon mächtig zur Sache. Maniac Mansion schafft es von Anfang an die Spannungskurve flott aufzubauen und dann permanent oben zu halten. Denn die Kids sind nirgends sicher. Ein Ausflug in die Küche zu einem ungünstigen Zeitpunkt kann schon mal zur Folge haben, dass man von einer gruseligen Krankenschwester geschnappt wird. Im oberen Stockwerk trifft man auf Ed, den militärbegeisterten Sohn des Hauses, der zwar Verbündete im Kampf gegen das Böse in der Villa sucht, aber die ungebetenen Gäste auch nicht sehr begeistert empfängt. Und dann gibt es ja noch ein schleimiges purpurnes Etwas, das das Geheimlabor bewacht.
Die Hard! - Das Gameplay
Trotz all dieser Gefahren muss man sich keine Sorge machen, dass das Spiel einen Neustart verlangt, da die Charaktere das Zeitliche gesegnet haben, denn 'Maniac Mansion' ist anders als die Abenteuerspiele die es bisher auf dem Markt gab. "...in einem dieser Spiele gehst du drauf, weil du versucht hast eine Spiegelscherbe aufzuheben." Äußert sich David Fox. "Du verblutest einfach. Ich weiß aber sehr wohl, dass ich eine Spiegelscherbe aufheben kann ohne mich selbst umzubringen." Zwar kann man auch im Tollhaus seinen Löffel abgeben, aber eigentlich ist das auch nur ein weiteres Gimmick des Spiels, denn es muss schon eine Menge schief laufen oder bedarf einer selbstmörderischen Neigung des Spielers, ehe man den Grabstein des Kids vor der Villa betrachten darf. Beachtlicherweise kann man das Spiel auch dann noch erfolgreich zum Abschluss bringen.
Um das zu schaffen muss der Spieler eine Menge kombinieren. Dabei spielen die Gegenstände und das Teamwork der Kinder die wichtigste Rolle. Da im Haus eine Menge Zeug rumliegt, dass nur von bestimmten Kids benutzt werden kann, und viele Handlungen mehr als eine Figur benötigen, muss der Spieler eine Menge Bälle jonglieren. Beispielsweise ist es an einem Punkt des Spiels unerlässlich, den unheimlich leuchtenden Pool leer zu pumpen um ihm wortwörtlich auf den Grund zu gehen. Dazu muss eine Figur in den Keller um den Haupthahn abzudrehen. Aber ein Gitter versperrt den Weg, also ab nach oben um ein bisschen Krafttraining zu machen. Während nun eines der Kids muskelgestählt das Gitter abreißt und den Haupthahn, muss der Spieler ein zweites am Pool positionieren, denn wenn der erstmal leer ist, muss es schnell gehen, der Alarm wurde nämlich schon ausgelöst. Bis man diese, teilweise äußerst knackigen Rätsel durchschaut und gelöst hat, kann schon eine Weile vergehen. Unfair ist 'Maniac Mansion' aber niemals. Teilweise werden durch kleine Filmsequenzen Tipps gegeben, wie man nun weiter vorgehen könnte. Teilweise hilft es den ganzen Kram den man mit einer Figur eingesammelt hat einfach mal der nächsten zu übergeben. Vielleicht kann der Eierkopf ja was mit der Radioröhre anfangen, die der Surfer hat mitgehen lassen.
Ein zeitloses Horror-Vergnügen: Grafik und Sound
Wer den Klassiker heute ins CD-Rom Laufwerk schiebt um eine Runde zu daddeln, der merkt zunächst vor allem eins: 'Maniac Mansion' ist in Würde gealtert. Grafik, Musik und Gameplay sind auch nach 21 Jahren ein absoluter Genuss. Dabei muss man vielleicht erwähnen, dass dem Spiel wie einem in die Jahre gekommenen Hollywood-Veteran hier und da ein kleines Lifting verpasst wurde. Zuletzt wurde das Spiel 2004 als 'Maniac Mansion Deluxe' mit 256 Farben neu veröffentlicht. Aber schon in der ursprünglichen Version für den C64 besticht 'Maniac Mansion' durch die klare Optik. Alle Hintergründe sind liebevoll und detailreich inszeniert. Sämtliche Gegenstände lassen sich problemlos von ihrer Umgebung unterscheiden und ersparen wildes, spekulatives Herumgeklicke. Die Animationen der Figuren sind ebenfalls gut gelungen. Zwar gibt es noch keine echte Mimik wie in späteren Perlen à la 'Day of the Tentacle', oder 'Curse of Monkey Island', dennoch kann man vor dem fiesen Dr. Fred oder der gruseligen Krankenschwester Edna regelrecht Angst bekommen, wenn sie einen durch die Flure des Herrenhauses verfolgen.
Die musikalische Untermalung tritt bis auf den kultigen Opener eher in den Hintergrund. Soll heißen, Musik gibt es nicht. Und selbst das Fehlen eines Soundtracks trägt im Fall von 'Maniac Mansion' nur zu einer noch gruseligeren und spannenderen Atmosphäre bei. Wer bitte möchte Hintergrundgedudel gegen das leise Ticken der Großvateruhr eintauschen, das sich immer so verdächtig nach Schritten anhört. Wer trotzdem nicht ohne Musik kann, der soll halt seine Stereoanlage aufdrehen oder aber die NES Portierung spielen die 1990 auf den Markt kam. Zwar fehlen hier viele anzügliche Scherze, dafür gibt es permanente Background Musik.
Wie es euch gefällt – Heutige Verfügbarkeit
Wie schon erwähnt existiert 'Maniac Mansion', ob seiner gewaltigen Popularität, in zahlreichen verschiedenen Portierungen. Auf modernen Rechnern lässt sich die ursprüngliche PC-Version mittels des Programms ScummVM problemlos spielen. Auf dem Softwaremarkt ist 'Maniac Mansion' nach dem Einstellen von Lucas Arts beliebter Adventuresammlung "10 Adventures" allerdings ohne weiteres nicht zu finden. Wer das Original haben will sollte deshalb bei Ebay stöbern, oder sich in seiner Kopie von Day of the Tentacle mit Bernhard an Eds Computer klemmen. Als kleines Goodie ist die PC Version des Vorgängers quasi als Spiel im Spiel komplett enthalten. Für diejenigen, die nicht unbedingt die Originalversion zocken müssen, wird die komplett überarbeitete Version 'Maniac Mansion Deluxe' auf diversen Websites zum kostenlosen Download angeboten und läuft problemlos unter jeglichem Windows System seit 98’. Dort ist sogar die Musik per Menü an und ausschaltbar und der Spieler kann zwischen einer Vielzahl von Sprachen frei entscheiden.
Es ist schwierig ein paar allgemeine abschließende Worte für ein so wichtiges Stück Computerspielkultur zu finden. Seit 1987 wurde das Spiel auf Heimcomputern wie Apple II, Amiga und dem PC veröffentlicht. Es gab eine Fernsehserie, Comics und seit drei Jahren entwickeln Fans des Spiels unter dem Projektnamen 'Maniac Mansion Mania' eigene kleine Adventures im Stil des großen Vorbilds. Sprüche und Rätsel aus dem Spiel sind längst Kult und um einige Geheimnisse (wie die Wendeltreppe die "außer Betrieb" ist, oder die Motorsäge ohne Benzin) halten sich noch 21 Jahre nach Release die verrücktesten Gerüchte. Meiner Meinung nach ist 'Maniac Mansion' für jeden der sich für Computerspiele begeistern kann absolutes Pflichtprogramm. Denn es ist nicht nur Begründer einer bis heute beliebten Variante des Adventuregenres, sondern auch eins der unterhaltsamsten, witzigsten und intelligentesten Spiele aller Zeiten.
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Maniac Mansion
- Entwickler
- LucasArts Entertainment Company
- Publisher
- Softgold
- Release
- 1987
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Spielzeit
- 3-5 Stunden
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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