Damit, dass ausgerechnet Ubisoft, im allgemeinen eher bekannt für Mega-Franchises wie 'Assassins Creed', 'Far Cry', 'Splinter Cell' etc., ein Spiel veröffentlichen, dessen Prämisse "Ein spielbares Gedicht" ist, hätte wohl vor der Ankündigung von 'Child of Light' niemand gerechnet. Dass Patrick Plourde, zuletzt Creative Director für 'Far Cry 3', der kreative Kopf hinter dem bildhübschen 2.5D Fantasy-RPG ist, wohl noch weniger.
Auf Einladung von Ubisoft durften wir bereits einmal Hand anlegen und uns gemeinsam mit Protagonistin Aurora auf einen ersten Spaziergang durch die zauberhafte Welt von Lemuria begeben. Wie uns das gefallen hat, erfahrt Ihr in unserer Storytellers-Preview.

Child of Light - Ein Spielbares Gedicht
Jedes Projekt hat eine Vision, eine Prämisse, nach der alle Aspekte des Projekts ausgerichtet sind. Diese Vision dient als Erinnerung, als Orientierungshilfe und als Richtungsweiser für alle Schritte, die während der Verwirklichung eines Projekts notwendig sind. Dass dies besonders für interaktive Medien wie Computerspiele essentiell ist, wird vor allem klar, wenn man betrachtet, wie viele verschiedene Komponenten zusammen kommen, um dem Spieler am Ende ein Erlebnis zu präsentieren, dass ihn in eine stark abstrahierte, digitale Welt entführt. In 'Child of Light' schlüpft der Spieler in die Rolle von Aurora, die allein in einer bizarr schönen, jedoch gleichzeitig bedrohlichen Welt erwacht und sich zunächst auf den Weg macht, um wieder zurück zu ihren Eltern zu gelangen. Bald trifft sie auf Igniculus, ein Glühwürmchen, das ihr fortan als treuer und äußerst nützlicher Gefährte zur Seite steht. In einer Welt, der die Sonne, der Mond und die Sterne gestohlen wurden, ist ein Glühwürmchen natürlich ausgesprochen praktisch, nicht nur um den Weg zu weisen, sondern auch um für Aurora unerreichbare Ecken zu erreichen und dort nach Schätzen Ausschau zu halten. Wahlweise kann der Spieler Igniculus selbst, oder lokal von einem Mitspieler kontrollieren lassen. Anders als andere Prinzessinnen, ist Aurora absolut nicht hilflos und erwehrt sich mit Hilfe der Kraft des Lichts allerlei finsterer Gesellen. Frei nach Motto: "Es gibt keinen Prince Charming" (O-Ton Patrick Plourde) muss sich Aurora den Herausforderungen ihres neuen Lebens allein und gemeinsam mit ihren neugewonnenen Freunden stellen und an ihnen wachsen.
Dies Bildnis ist bezaubernd schön
Auf den ersten Blick ist 'Child of Light' vor allem eins: Wunderschön! Die Aquarell- Optik der Texturen, die Lemurias märchenhafte Welt gekonnt in Szene setzen und nicht zuletzt Aurora’s traumhaft animiertes rotes Haar, dass ihr, einer Wolke gleich, hinterher gleitet und jeder ihrer Bewegungen dynamisch folgt, sind eine Freude für das Auge. Licht- und Partikeleffekte helfen dabei, die Stimmung einzufangen und spiegeln visuell Auroras Emotionen auf ihrer Reise ins Ungewisse wieder.
Für ein 2D-Spiel hat Child of Light auch deutlich mehr Tiefe als erwartet, denn zahlreiche, parallax scrollende Ebenen machen aus Lemuria einen schier endlosen, schaurig- schönen Kontinent. Das UbiArt Framework (TM), die Engine die die verrückten Welten und Wesen von Rayman Origins und Legends zum Leben erweckte, liefert den Rahmen für die eindrucksvollen Grafiken, die einen direkt in den Bann ziehen.
Wie stark ist nicht dein Zauberton
Nicht umsonst heißt es, dass Musik das Herz anspricht, denn untermalt wird das Ganze von herrlich zarten, melancholisch anmutenden Klavierklängen, die die Atmosphäre musikalisch ergänzen. Komponiert wurde der Soundtrack von 'Child of Light' in großen Teilen von Sängerin und Songwriterin Coeur de Pirate in Kooperation mit Cirque du Soleil Media und mit Unterstützung des Bratislava Symphony Orchestra.
Die gut gewählten Sprecher können auch in der deutschen Version überzeugen und sprechen, ganz wie es sich für ein spielbares Gedicht gehört, in Versen. Ob für Dialoge, die allesamt mit einer ordentlichen Prise Humor gepfeffert wurden, oder den Rat, mit dem Glühwürmchen Igniculus Aurora (und dem Spieler) erklärt, wie die Welt von Lemuria funktioniert - alle Dialoge sind sorgfältig geschrieben, übersetzt und in Versform ins Spiel portiert worden. Auch wenn dies zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig, ist, gehen die Reime schnell in Fleisch und Blut über und liefern schnell einen weiteren, perfekt passenden Teil des Puzzles.
Der, welcher wandert diese Straße voll Beschwerden
Grafische und akustische Präsentation beiseite, ohne ansprechendes Gameplay wandert auch das hübscheste Spiel direkt in die Mottenkiste. Vor allem hier konnte Child of Light überraschen und punkten.
Das Spiel startet als recht simpel gehaltener Platformer, der den Spieler direkt in Auroras missliche Lage versetzt. Zunächst hat sie noch keinerlei Kräfte, keine Waffe und auch das Fliegen lernt sie erst später. Entsprechend hilflos fühlt sich auch der Spieler zu Beginn und macht lieber einen großen Bogen um den Wolf der in der dunklen Ecke lauert. Kaum hat Aurora jedoch ihr erstes Puzzle, natürlich mit tatkräftiger Hilfe von Igniculus, gelöst, stellt sie sich tapfer den finsteren Kreaturen.
In den rundenbasierten Kämpfen erkennt man dann auch am klarsten die Wurzeln von Child of Light im JRPG Sektor. Pro Runde darf jede am Kampf beteiligte Partei einmal angreifen - anders als bei anderen Rollenspielen gibt es jedoch keinen starren Initiativwert, der die Angriffsreihenfolge festlegt. Stattdessen bewegen sich Aurora, ihre Mitstreiter und Gegner auf einer kleinen Leiste, die jeweils eine Runde repräsentiert. Je nach Charakterklasse und Eigenschaften bewegen sich die Avatare hier unterschiedlich schnell auf die Angriffsphase zu. Beginnt ein Charakter allerdings einen besonder aufwändigen Angriff, ist es für den Gegner möglich diesen zu unterbrechen. Dass sich hinter der leicht zu lernenden Steuerung ein so tiefes, potenziell komplexes System verbirgt, dass deutlich schwieriger zu meistern sein wird, als erwartet, war auf jeden Fall eine ausgesprochen positive Überraschung.
Hier kommt auch Igniculus ins Spiel, der selbst zwar nicht angreifen kann, mit Hilfe dessen Licht sich jedoch Gegner blenden lassen, so dass sie sich langsamer auf der Leiste bewegen und von Aurora und ihren Mitstreitern überholt werden können. Ein einzelner Spieler kontrolliert Igniculus hier mit dem linken Analog- Stick und kann so von Gegner zu Gegner springen, je nachdem wie es gerade passt. Spielen jedoch zwei Spieler miteinander, natürlich mit einem eigenen Controller, kann hier der Mitspieler frei agieren und Aurora und Co wunderbar unterstützen und später sogar heilen.
Während sich Aurora und Igniculus durch die zauberhafte Welt von Lemuria bewegen, spielt Igniculus einen passiveren Part. Er folgt Aurora und bleibt immer auf demselben Screen, kann sich dort jedoch frei bewegen. Mit Igniculus‘ Hilfe lassen sich versteckte Schatztruhen oder Wege entdecken. Er dient Aurora als Licht im Dunklen oder kann Feinde blenden, um einem Kampf aus dem Weg zu gehen.
Als dritte Säule des Game Design ist der Coop-Modus ein schönes Beispiel für asymmetrisches Gameplay, in dem ein Spieler komplett andere Mechaniken nutzt, um seinen Mitstreiter zu unterstützen. Igniculus‘ unbeschwertes Gameplay lädt vor allem neugierige Spieleneulinge ein, sich gemeinsam mit dem Spieler in die Welt von Lemuria zu vertiefen, sich gemeinsam mit Aurora den Herausforderungen zu stellen und diese schließlich zu meistern.
Auch wenn die aussergewöhnliche Grafik von Child of Light dessen augenscheinlichstes Feature ist, war es doch das Gameplay, das so flüssig und leicht in Fleisch und Blut überging und mehr als zu begeistern weiß. Was leicht beginnt, hat eine stetig ansteigende Lernkurve und spätestens, wenn man dem ersten Boss gegenüber steht, beginnen dann auch die Handflächen zu schwitzen.
Hinter dem „kleinen, netten“ RPG steckt ein sehr gut ausgeklügeltes Spielsystem, dass die taktischen Rundenkämpfe, wie man sie aus früheren Teilen der Final Fantasy-Reihe kennt, aufgreift und in ein modernes, packendes Modell übersetzt. Ständig muss der Spieler Entscheidungen treffen, teils wohl überlegt und strategisch, teils schnell und intuitiv. Wie gut balanciert dieses System ist, und wie lange es den Spieler tatsächlich motiviert, weiter zu spielen, lässt sich natürlich erst in einem ausführlichen Test ergründen, macht jedoch direkt Lust auf mehr.
Auroras Geschichte erinnert im positivsten Sinne an die Märchen unserer Kindheit, wenn auch vielleicht eher an Faust und Mozarts Zauberflöte, als an Grimms Klassiker. Die rothaarige, mutige Protagonistin, die sich, wie im richtigen Leben, zahllosen Herausforderungen stellen muss, um daran wachsen zu können, wächst einem direkt ans Herz und ist auf dem besten Wege ein echtes Vorbild für heranwachsende GamerInnen zu werden. (Wir warten auf die ersten Cosplays!!)
Spielern, die bereit sind, sich in die zauberhafte Welt von Lemuria hinein zu träumen, sei Child of Light wärmstens ans Herz gelegt. Auch für Eltern dürfte Child of Light eine gute Möglichkeit sein, sich gemeinsam mit ihren Töchtern (und Söhnen) auf ein virtuelles Abenteuer zu begeben.
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Child of Light
- Entwickler
- Ubisoft
- Publisher
- Ubisoft
- Release
- 30. April 2014
- Auszeichnungen
- Storyteller des Jahres Redaktionswahl
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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