Zum Jahrhundertwechsel ist die Stadt Leipzig eine aufstrebende Metropole. Die Industrialisierung ist überall spürbar und erste Automobile lösen die Pferdekutschen ab. In dieser Zeit spielen zwei Kiminalromane des Autors Gregor Müller. Dieser schickt seinen Helden Kriminalcomissar Kreiser jetzt in das erste Computerspiel. 'Casebook 1899', das nach einer erfolgreiechen Kickstarter-Kampagne vor Kurzem erschienen ist. Unsere Aufgabe ist es, zusammen mit Kreiser vier verschiedene Kriminalfälle aufzuklären. Wir haben das Adventure für Euch unter die Lupe genommen.
Die erste Ermittlung: Ein AutounfallVor rund 125 Jahren steckte die Deduktion noch in den Kinderschuhen und glaubt man den 'Sherlock Holmes'-Romanen war die Polizei den Verbrechern immer einen Schritt hinterher, mit dem Vertrauen der Bevölkerung in die Ordnungshüter war es nicht weit her. Mit diesen Problemen kämpft auch Kriminalcomissar Kreiser, der für die Leipziger Polizei zu einem Verkehrsunfall gerufen wird. Eines der neuartigen Automobile ist über eine die noch nicht fertiggestellte Könneritzbrücke in die Weiße Elster gefallen, der Fahrer hat den Unfall nicht überlebt. Was für den Polizisten an der Unglücksstelle ein normaler Unfall ist, entpuppt sich bei näherer Untersuchung schnell als komplizierter Fall. Augenzeugen zufolge hat der Fahrer nicht gebremst und wirkte zudem benebelt. War die Ursache nun also medizinischer Natur oder technisches Versagen? Die weiteren Ermittlungen führen verschiedene Verdächtige zutage, die jeweils auch Motive für einen Mord hätten. Irgendwann hat Kreiser genügend Indizien gesammelt und kann den Fall abschließen - Aber hat er wirklich jede Spur gefunden und alle Aussagen richtig gedeutet?
Über die Landkarte besuchen wir verschiedene Orte im historischen LeipzigIm Rahmen der Deduktion sind je nach Auslegung verschiedene Täter denkbar. Am Ende entscheiden wir Spieler, wer hinter Gittern landet. Ob die Schlussfolgerung richtig ist oder ob ein eigentlich Unschuldiger einfährt hängt somit davon ab, wie sorgfältig wir ermittelt haben und wem wir am Ende glauben. Zusammengehalten werden die vier Fälle von kurzen Zwischensequenzen in denen Kreiser seiner Vermieterin von der letzten Ermittlung berichtet und so etwas Spannung in ihren Tag bringt.
Deduktion Anno 1899
Kreisers Notizbuch hält alle wichtigen Informationen bereitSpielerisch setzt 'Casebook 1899' stark auf Dialoge, für die Verdächtige und Zeugen zur Verfügung stellen sowie auf environmental Storytelling. In jeder Szenerie finden sich einige Hotspots die uns Hinweise auf den Fall oder die anwesenden Personen geben. Und wie es sich für ein klassisches Adventure gehört erwarten uns auch Kombinationsrätsel. Einige dieser Aufgaben wirken jedoch arg konstruiert, beispielsweise muss im dritten Fall ein Ring gefunden werden. Der Fundort lässt sich mit etwas Nachdenken schnell erschließen, jedoch liegt dieser außerhalb der Reichweite des Kriminalcomissars. Um nun voranzukommen wird ein Objekt von einem anderen Ort benötigt, für das wiederum eine komplette Rätselkette abgespult wird, die ebenfalls unnötig kompliziert wirkt. Das benötigte Objekt hätte man in der realen Welt problemlos auch in der Szenerie um den verschwundenen Ring finden können. Auch in anderen Fällen wirken einige der Aufgaben sehr konstruiert, machen dabei aber durchaus Spaß. Kleinere überspringare Minispiele gehören ebenfalls zum Portfolio.
Verbrechen oder Unfall? Das legen wir im Deduktionsblatt festEin weiterer zentraler Rätselbestandteil ist Kreisers Notizbuch. Findet Kreiser einen neuen Hinweis, trägt er diesen dort ein. Aus Kombinationen kommt Kreiser so zu neuen Erkenntnissen. Schließlich landen diese auf dem Deduktions-Zettel, wo durch den Spieler entschieden wird, wie die einzelnen Indizien auszulegen sind. Je nach Auswahl werden unterschiedliche Verbindungen geknüpft und der Fall schließlich mit Auswahl einer von mehreren Lösungen geschlossen.
Als Hilfsfunktion steht Kreiser in den ersten drei Fällen der Staatsanwalt Moebius zur Seite, der jederzeit nach Hotspots und wirklicher Rätselhilfe befragt werden kann. Die Hotspots können zudem auch per Tastendruck eingeblendet werden, sind jedoch groß genug, um sie auch ohne Hilfe finden zu können. Die Rätselhilfen verraten nicht die komplette Lösung, geben aber gute Impulse um auf den richtigen Weg zu kommen.
Es wird deutsch gesprochen
Die deutsche Sprachausgabe fällt manchmal leider qualitativ ab.Alle Gespräche sind komplett auf deutsch vertont, Texte können auf Deutsch oder Englisch angezeigt werden. Die Leistung der Sprecher schwankt jedoch stark. Während Kreiser und sein Begleiter überzeugend klingen, merkt man eingen anderen Sprechern die fehlende Erfahrung oder ein unpassendes Alter an. So klingt die Stimme Kreisers Vermieterin eher wie die einer jungen Frau, die Portraitgrafik zeigt jedoch einen alte Dame. Diesen Umstand kann man dem Spiel aber gern verzeihen.
Die Grafik fängt das historische Leipzig sehr gut einGut gelungen zeigt sich die Pixelgrafik, die atmosphärisch die historische Kulisse einfängt und etwas an die Klassiker wie 'The Lost Files of Sherlock Holmes' erinnert. Ganz an die Qualität des Klassikers kommt sie dennoch nicht heran. Dafür setzen die Entwickler auf eine akkurate Darstellung bekannter historischer Grbäude aus Leipzig. Schöne visuelle Elemente wie in den Zwischensequenzen mit der blinden Vermieterin, die uns ein wenig in eine Welt fast ohne Sehkraft einführen, runden den guten Eindruck ab, viele kleine Animationen sorgen zudem für eine belebte Umgebung. Wer genau hinsieht findet in der Grafik versteckt Anspielungen an andere Adventures, die bis auf eine Ausnahme aber nie aufdringlich wirken und meist nur von Kennern der anderen Spiele entdeckt werden dürften.
In den rund sechs Stunden präsentiert sich 'Casebook 1899' als spannendes Krimi-Adventure. Die vier verschiedenen Fälle wissen zu fesseln und die unterschiedlichen Lösungsmöglichkeiten die auch zu einem anderen Ende des Spiels führen können, sorgen für interessante Entscheidungen während der Deduktion. Kleinere Abstriche im Bereich des Rätseldesigns und der deutschen Sprachausgabe lassen sich somit gut verschmerzen. Wer Krimi-Pixel-Adventures der klassischen Art mag, kann bedenkenlos zugreifen. Allen anderen empfehlen wir den Blick in die Demo, die den gesamten ersten (und kürzesten) Fall beinhaltet.