Im Jahr 1953 wachen wir tief unter Moskau in einem Bunker des KGB auf. Wie wir dort hingekommen sind, wissen wir nicht. Was wir dort sollen auch nicht. Lediglich ein Alarm deutet darauf hin, dass irgendwas nicht in Ordnung ist. Nur was? Und warum ist die dicke Stahltür zugesperrt, die zwischen uns und der Freiheit steht? Oder wartet dahinter das Grauen? Vor diese Fragen stellt uns das Ego-Horror-Adventure '1953 - Im Netz des KGB' gleich zu Beginn. Der Titel von den 'Outcry'-Machern Phantomery Interactive ist bereits seit einiger Zeit als deutschsprachiger Download erhältlich, von Publisher UIG Entertainment gibt es auch eine Box-Version des Spiels. Mit dieser haben wir uns für einen Test in den Bunker begeben.

Im Bunker vergessen
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Wer bin ich? Warum bin ich allein? Und was bedeutet die Sirene? |
Die Sirene heult, ein rotes Warnlicht blinkt und ich bin allein. Wer ich bin, wo ich bin, warum ich hier bin - das alles weiß ich zu Beginn nicht. Ich habe wohl das Gedächtnis verloren. Also sehe ich mich erst einmal um. Die Tür zum nächsten Raum ist offen, aber hier steht auch nur ein Generator, der nicht läuft. Eine dicke Stahltür verweigert mir den weiteren Weg. Zu allem Überfluss funktioniert auch das Licht nicht. Ich durchwühle meine Taschen und finde einen Ausweis vom Ministerium für Staatssicherheit der UdSSR. Darin ist auch mein Auftrag beschrieben: Dringende Reparaturarbeiten in der Anlage 418-23-04. Ich sehe mich um und finde einen Schweißbrenner. Und auch den Grund, warum der Generator nicht läuft: Die Treibstoffleitungen sind durch einen Unfall mit Flüssigstickstoff vereist. Mit dem Schweißbrenner taue ich sie auf, stelle die Schalter am Generator richtig ein und habe endlich wieder Licht. Vielleicht geht nun auch die Tür auf? Nein, natürlich nicht. Zum Glück liegt entsprechendes Werkzeug in der Nähe und ich kann mir meinen Weg durch die Tür erarbeiten. In Freiheit bin ich deswegen aber noch lange nicht. Über einen Lautsprecher wirft man mir seltsame Sprüche an den Kopf, ansonsten scheint der Bunker fluchtartig verlassen worden zu sein. Warum hat man mich vergessen? Und was ist hier eigentlich passiert? Während ich meinen Weg in die Freiheit suche, finde ich unzählige Papiere, die mir ein wenig mehr Aufschluss über die Bunkergeschichte geben. Der KGB hat hier am menschlichen Gehirn experimentiert und ist der Meinung, dass auch Gehirne von Toten ihre Geheimnisse noch preisgeben können. Gruselig. Aber vielleicht auch eine Erklärung für die Stimmen in meinem Kopf. Oder bin ich etwa doch nicht allein während ich durch die schlichten Betongänge streife?
Die geheimen Akten des KGB
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Mit alten Filmaufnahmen stimmt uns '1953' auf das Geschehen ein. |
Versuche an lebenden und toten Menschen, Telekinese, ein geheimer Bunker tief unter den Straßen einer Metropole - Das sind Dinge, die man den Geheimdiensten in den 50er Jahren zutrauen würde. Für einen spannenden und glaubwürdigen Ansatz ist also gesorgt. Wie aber sieht es mit der eigentlichen Geschichte aus? Bevor wir das beantworten können, müssen wir uns durch Berge von Akten, Zeitschriften und Dokumente wühlen, die wir im Bunker finden. Nach und nach kommen wir so hinter die Ziele der Forschungen. Wir lesen von Gefangenen, an denen man gefährliche Experimente vorgenommen hat, von Erschießungskommandos, die nicht auf den Kopf zielen durften, weil man das Gehirn noch benötigte und von einer Möglichkeit, die Stimmen der Toten aufzuzeichnen. Das alles sorgt in unserem Kopf für die entsprechende Atmosphäre. Auf dem Bildschirm jedoch nur bedingt, denn mit grafischen Schockmomenten geht das Spiel sehr sparsam um. Lediglich an ganz wenigen Stellen überkommt uns ein gewisser Schauer aufgrund eines Schattens, der plötzlich vor unseren Augen auftaucht. Oder haben wir uns den nur eingebildet?
Antworten auf einige dieser Fragen finden wir während des Spiels. Leider nicht auf alle, denn am Ende des mit rund fünf bis sechs Stunden langen Spiels bleiben wir mit einigen Fragezeichen zurück.
Logikrätsel: Kreativ oder Unfair?
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Manche Rätsel sind nicht auf den ersten Blick als solche zu erkennen. |
Das Lesen der vielen Dokumente, die glücklicherweise in unserem Tagebuch gesammelt werden, ist nicht nur notwendig, um die Geschichte zu verstehen. Ohne sorgfältiges Abarbeiten aller Texte haben wir auch fast nie eine Chance, die Rätsel zu lösen. So erfahren wir beispielsweise, dass Radiosendungen aktuell in einem ganz bestimmten Frequenzbereich übertragen werden. Einen Raum später finden wir auch ein Radio. Nun muss noch die Sendestation gefunden werden, ein weiteres Dokument gibt darüber Aufschluss - Auch, wenn es eigentlich keinen Hinweis darauf gibt, dass es sich dabei um Radiostationen handelt. Haben wir alles richtig gemacht, öffnet sich eine Geheimtür. Nicht immer sind die Rätsel und das was sie bewirken nachvollziehbar. In manchen Fällen brauchen wir aber auch Glück - oder die beiliegende Komplettlösung. So zum Beispiel bei einem Rätsel kurz vor Schluss: Man findet eine Postkarte, auf der eine einfache Rechenaufgabe notiert ist. Das ist noch einigermaßen nachvollziehbar und wir bekommen schnell ein Ergebnis. Wo dieses Ergebnis nun aber eingesetzt werden muss, ist wirklich schon sehr konstruiert. Noch haarsträubender ist dann aber das Ergebnis des Rätsels: Wir erhalten ein Glasauge. Dieses können wir durch kleine Öffnungen rollen und sehen dann das Bild, das das Glasauge „sieht“.
Zwischen den vielen Logikrätseln, die zum Teil aber auch sehr gut in die Handlung eingebaut und fair zu lösen sind, gibt es noch wenige Inventaraufgaben, in denen Gegenstände korrekt eingesetzt werden müssen. Über das Spiel hinweg haben wir aber selten mehr als fünf Objekte bei uns, wodurch die Aufgaben recht überschaubar bleiben.
Technisch nichts Neues
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War da eben ein Schatten? |
'1953 - Im Netz des KGB' macht technisch einen etwas veralteten Eindruck, was zum einen an der festen Auflösung von 1024 x 768 Pixel im 4:3-Bildformat liegt. Auf Widescreen-Monitoren muss man also mit einem schwarzen Rand leben. Davon abgesehen wirkt die Grafik recht plastisch. Schnörkellose Betonwände vermitteln ein Gefühl von Enge, die überall herumstehenden Kisten, Akten und Gegenstände bringen ebenfalls etwas Atmosphäre in den Bunker. Leider gibt es fast keine Animationen, lediglich die Lichteffekte lassen das Bild nicht wie ein lebloses Foto wirken. Auch Türen oder Luken sind nicht animiert. Beim Öffnen wird einfach ein neues Bild geladen.
Es gibt zwar auch Zwischensequenzen, in denen man selbst keine Kontrolle über den Blick hat. Hier dreht sich das Bild aber nur so lange, bis man irgendwann einen Lautsprecher sieht, aus dem wieder die mysteriöse Stimme ertönt. Manchmal sorgt das sogar für Langeweile. Dann nämlich, wenn der Sprecher mit seinem Text schon durch ist, die Animation aber noch einige Zeit weiterläuft, in der die Spieler zum tatenlosen Zusehen verdammt sind. Dadurch wird nicht nur der Spielfluss immer wieder ausgebremst, auch die Atmosphäre leidet. Schließlich hat sich vielleicht gerade so etwas wie ein ungutes Gefühl eingestellt, man möchte schnell den Raum verlassen und in einen vermeintlich sichereren Abschnitt flüchten. Doch das lässt das Spiel nicht zu, stattdessen starre ich lange Sekunden auf den inzwischen stummen Lautsprecher.
Bei der Steuerung geht man keinerlei Kompromisse ein: Mit der linken Maustaste bewegt man sich in der Ego-Ansicht von Bild zu Bild, mit der rechten Taste gelangt man beispielsweise ins Inventar oder das Spielmenü. Die einzelnen Orte können in Rundum-Ansicht untersucht werden, mit der Maus dreht man die Sicht entsprechend weiter. Findet man dabei ein interessantes Objekt, verändert der Cursor seine Form.
Minimalistischer Sound
Stimmungsvoll und bedrohlich begleitet der Soundtrack das Geschehen - wenn er denn mal zu hören ist. Denn im Bunker kommt die wirklich sehr gute Musik leider nur selten zum Einsatz. Gleiches gilt für die Soundeffekte, die passend und überzeugend eingebunden sind. Auch die deutsche Sprachausgabe ist gut gelungen. Es sind zwar nur drei Sprecher zu hören, die machen ihre Sache allerdings gut. Leider wurden die vielen Dokumente nicht vertont.
Einsam im Bunker, ohne Erinnerung und von der Außenwelt abgeschnitten. Dieses Gefühl vermittelt '1953 - Im Netz des KGB' gleich zu Beginn recht überzeugend. Allerdings kann es einsam im Bunker auch schnell recht langweilig werden. Zumal dann, wenn man von der Hintergrundgeschichte noch überhaupt nichts weiß. Und so gilt es auch, die ersten Minuten von '1953 - Im Netz des KGB' zu überstehen und das Spiel nicht gleich wieder zu beenden. Hat man das geschafft und lässt man sich auf die Geschichte ein - was zwangsläufig mit viel Lesestoff einhergeht - bekommt man nach und nach tatsächlich ein Gefühl für die Situation in den Gewölben tief unter Moskau. Die gefundenen Dokumente lassen auf eine interessante Geschichte schließen. Leider war es das dann aber auch schon, denn das vorher Versprochene kann das Finale nicht halten. Dazu kommen die zum Teil nicht nachvollziehbaren Rätsel. Schade, hier wäre durchaus mehr möglich gewesen.
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1953: Im Netz des KGB
- Entwickler
- Phantomery Interactive
- Publisher
- UIG Entertainment
- Release
- 16. August 2012
- Spielzeit
- 5 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.phobos.su/en/
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