Gute 1,3 Millionen Dollar haben Fans den Entwicklern von 'MYST' via Kickstarter gegeben, damit diese ein neues, moderneres Spiel im Stile des Rätsel-Klassikers entwickeln können. Daraus entstanden ist 'Obduction', das vor einigen Monaten erschienen ist. Ob es seine Versprechen halten kann, haben wir für Euch überprüft.

Wo bin ich hier?
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Ich werde freundlich begrüßt... |
Ich genieße die Ruhe an einem See, als plötzlich ein seltsames Licht erscheint. Neugierig gehe ich auf das Licht zu und stehe unvermittelt vor einem großen Samenkorn. Noch bevor ich überlegen kann, was es damit auf sich hat, verschwimmt alles um mich herum und ich finde mich plötzlich in einer ganz anderen Welt wieder.
Schnell erkenne ich ein Haus, das aus einer amerikanischen Siedlung zu stammen scheint. Mit Garten, Briefkasten und dem Teil einer Straße. Ja, nur ein Teil, denn irgendwie wirkt es so, als sei das Haus aus seiner eigentlichen Welt herausgerissen worden - also ganz so, wie auch ich.
Vor dem Haus öffnet sich ein Hologramm, das mich vor einer Invasion der Mofang warnt - ob diese Invasion noch läuft? Vorsichtig erkunde ich die weitere Welt und mit ihr eine Wüstensiedlung namens Hunrath. Von Aliens ist aber weit und breit nichts zu sehen. Lediglich ein einziger Einwohner hat sich noch versteckt, ein gewisser C.W., der mich um Hilfe bittet. Ich soll den Strom einschalten. Wenn es weiter nichts ist...
Finde den Schalter
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Aufwändige Maschinen wollen in Gang gesetzt werden. |
Schon diese erste Aufgabe zeigt deutlich, wohin die Reise geht: Mehrere Schalter wollen in der richtigen Reihenfolge betätigt werden, ehe die Dieselversorgung des Generators klappt. Toll, ich habe gleich die ganze Siedlung mit Strom versorgt, das fühlt sich gut an. C.W. hingegen ist von meinen Fähigkeiten noch nicht so ganz begeistert. Aber er gibt mir dennoch anspruchsvollere Aufgaben.
In der Folge fahre ich mit einer kleinen Bahn durch die Gegend, betätige blaue Laser, um rote Steine zu sprengen, hantiere an Schaltern und spiele so ehemals unzugängliche Bereiche frei. Schon bald stehe ich vor einer blau schimmernden Felswand, die wie ein Querschnitt durch ein anderes Gebiet aussieht - und die ich betreten kann! Sie teleportiert mich in einen anderen Bereich von Hunrath. Wie praktisch! Aber wo bin ich denn jetzt gelandet? Und was soll ich hier?
Kaum, dass ich mich einigermaßen orientiert habe, stehe ich zum ersten Mal vor einer kleinen Maschine, die mich auf einen anderen Planeten teleportiert und jedes Mal ein wenig von der Umgebung mitnimmt. Diese kleinen Maschinen werden im weiteren Spielverlauf gute Freunde und wahre Feinde.
Schöne neue Welt!
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Die Grafik ist gelungen |
Zunächst motiviert es ungemein, eine neue Welt nach der anderen zu erkunden. Überall warten andere Rätsel auf den Spieler. Man lernt beispielsweise ein Alien-Zahlensystem, mit dem wieder Maschinen bedient werden können. Jeder Fortschritt sorgt für Erfolgsmomente. Speziell über Abkürzungen freue ich mich, denn die Wege in 'Obduction' sind zum Teil sehr weit. Für Abkürzungen oder neue Wege muss ich oftmals auch gleich um mehrere Ecken und Dimensionen denken. So stehe ich in einer Welt vor einem Abgrund, über den ich hinüber muss. Mit Hilfe einer Teleportationsmaschine kann ich mich in eine andere Welt retten und mir von dort eine Brücke mitnehmen. Toll! Umgekehrt kann ich mir so natürlich auch Wege verbauen. Und irgendwann werden diese ganzen Teleportationen auch mal nervig und zumindest ich habe mich gefragt, ob die Einwohner von Hunrath und den anderen Welten vielleicht auch aus Frust gestorben sind: Ich stehe vor einem Labyrinth, durch das ich mir einen Weg puzzeln muss. Soweit nichts Ungewöhnliches und ich habe sogar eine tolle Übersicht. Ich kann Teile des Labyrinths bewegen und einige davon auch teleportieren. Das muss ich machen, damit ich sie in einer anderen Welt drehen kann. Danach kann ich sie zurückteleportieren...
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Es geht auch Umständlich... |
An sich eine schöne Idee. Da das Teleportieren aber auch auf schnellen Rechnern gern mal einige Zeit dauert, starre ich bei diesem Rätsel länger auf Ladebildschirme, als dass ich mich durch die Welt bewege. Leider ist das keine Ausnahme, die Teleportationen sind häufige Bestandteile, um einzelne Wege freizuschalten. Hinweise sucht man vergebens, oft probiere ich einfach Hebel und Schalter aus und schaue dann, ob und wo sich etwas tut. Unglücklich gewählt sind Elemente, die sich ohne das Zutun des Spielers verändern. Also beispielsweise Wege, die plötzlich frei sind ohne, dass wir etwas damit zu tun hatten.
Trotzdem lohnt sich die Mühe, denn 'Obduction' schafft es, mich von der ersten Minute an in die Welt zu ziehen. Wie mein Spielcharakter werde ich in fremde Welten entführt und staune dort über die tolle Optik. Zugegeben, in 'The Vanishing of Ethan Carter' sieht die Natur deutlich besser aus, und mit dem Maya-Tempel im neuesten 'Sherlock Holmes' kann auch die Ruinen-Welt aus 'Obduction' nicht mithalten. Dennoch staune ich immer wieder über die wirklich schönen und abwechslungsreichen Bilder, die das Spiel auf den Bildschirm zaubert.
Erkunden dürfen wir die Welt über eine Klick-Steuerung ähnlich wie in den alten 'MYST'-Spielen oder über Tastatur- bzw. Controller-Steuerung. Anders als in den Vorgängern bewegt sich der Spieler aber realistisch durch die Welt und muss sich nicht durch statische Bilder klicken. Man kann sogar laufen, aufgrund der Größe der Welt ist mir das aber oft immer noch zu langsam. Da man auch keine Karte mitnehmen darf, ist der Notizblock vor dem Bildschirm ein steter Begleiter. Leider ist die Steuerung manchmal etwas ungenau, was besonders an einer Maschine auffällt, an der Ziffern in der richtigen Reihenfolge gedrückt werden müssen. Zum Teil muss hier der nächste Knopf ausgewählt werden, um den eigentlich gewünschten zu drücken. Auch bei weniger Knöpfen kommt es immer wieder vor, dass der Hotspot über oder neben dem Obejkt in der Grafik liegt.
Finde die Geschichte
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Leider sind die Texte oft schlecht lesbar. |
Vor dem Hintergrund der tollen Optik ist es umso verwunderlicher, dass gerade die Geschichte darunter leidet. Viele Hintergründe erfährt der Spieler aus einigen wenigen Tagebüchern und Notizen. Dass dennoch große Lücken bleiben, ist gar nicht mal so schlimm, man kann sich den Rest ganz gut zusammenreimen. Leider sind fast alle Texte im Spiel aber dermaßen unscharf, dass es wirklich ermüdet diese gründlich zu lesen.
Zum Glück erzählen auch die ehemaligen Bewohner von den Hintergründen. Sie alle wurden als Video ins Spiel eingebaut und spielen ihre Rollen überzeugend. Auch die englische Sprachausgabe ist gelungen. Auf Wunsch können wir deutsche Untertitel zuschalten (die manchmal aber nicht ganz auf den Bildschirm passen). Alle Texte im Spiel sind komplett auf Deutsch und wurden gut übersetzt. Fast ausnahmslos gut passt auch der Soundtrack, lediglich selten wirkt er etwas zu "fetzig".
Wer 'MYST' mochte, macht mit 'Obduction' nichts falsch. Die Entwickler haben Wort gehalten und das Spielprinzip auf moderne Technik portiert - und damit sind wir auch schon beim Stichwort. Denn für 'Obduction' braucht man aufgrund der durch die Portierungen erforderlichen Ladezeiten enorm viel Geduld. Obwohl wir an einem recht schnellen Rechner getestet haben, warteten wir bei einzelnen Portierungen sogar mehrere Minuten, was wirklich stört, wenn man für ein einzelnes Rätsel gleich mehrfach hintereinander Teleportieren muss. Bis zu diesem Zeitpunkt hat mich 'Obduction' aber wirklich in seine Welt gezogen und fesselt durch immer wieder kleine Erfolge. Ist dieser Bann allerdings erst einmal gebrochen, zeigt 'Obduction' auch seine Schwächen: sehr weite Wege, zu wenig Story und Aufgaben, die sich zum Teil nur durch Ausprobieren lösen lassen.
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Obduction
- Entwickler
- Cyan Inc.
- Publisher
- Cyan Inc.
- Release
- 24. August 2016
- Webseite
- https://obduction.com/
- Sprachen
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- Systeme
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- Obduction im Humble Store kaufen (Affiliate-Link)
- Obduction im Epic Store kaufen (Affiliate-Link)
4 Kommentare
Das ist das größte Problem der meisten VR-Titel. Sie sind nicht toll, weil es tolle Spiele sind, sondern weil die Technik toll ist... Nutzt sich der Effekt ab, bleibt Mittelmaß oder noch weniger