Ein klassisches Point-and-Click-Adventure im Fantasy-Setting, mehr als 170 handgezeichnete Hintergründe, dazu eine Fülle von Charakteren und eine überdurchschnittliche Spielzeit: Das Schweizer Entwicklerstudio Stelex Software hat sich für sein erstes Adventure 'Eselmir and the five magical gifts' eine ganze Menge vorgenommen. Das Spiel basiert auf den Erzählungen des Schweizer Autors Sebastiano B. Brocchi, der mit 'Pirin' eine bislang dreiteilige Fantasy-Saga erschaffen hat. Ob uns das Adventure verzaubern konnte, erfahrt Ihr in unserem Test.

Jäger des verlorenen Königsgrabs
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Eselmir erhält einen göttlichen Auftrag. |
Der Priester Eselmir, der sich der Gottheit der Zeit verschrieben hat, wird eines Nachts von ebendieser Gottheit aufgesucht: Er soll fünf magische Artefakte finden, die vor Urzeiten mit dem legendären König Theoson, dem Stammvater von Eselmirs Volk, begraben wurden. Ein Klacks, sollte man meinen, wäre da nicht ein Haken: Niemand weiß, wo Theosons Grab liegt. Zwar gibt es gleich zwei Mausoleen, aber bei denen handelt es sich um Kenotaphe, also leere Grabmale. Eselmir muss daher nicht nur die fünf Artefakte, sondern Theosons Grab selbst aufspüren. Die Mission artet natürlich rasch aus und führt Eselmir quer durch den Kontinent Gaimat. Zusatzmissionen sorgen dafür, dass ihm – und den Spielern – auf gar keinen Fall langweilig wird. Denn da wäre noch das entführte Kind, das Eselmir suchen möchte, und auch der Tod seiner geliebten Jeselion bedarf einer gründlichen Recherche. Und weil der Priester, dessen höchste Tugend die Geduld ist, ja noch nicht alle Hände voll zu tun hat, darf er sich zudem an einem Krieg beteiligen und sich um einen fiesen dunklen Magier kümmern. Was also recht harmlos beginnt, ufert sehr rasch aus, wobei die einzelnen Handlungsstränge logisch miteinander verwoben sind und Schritt für Schritt zusammengeführt werden.
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In Lothriel gibt es bereits eine Menge zu tun. |
Ehe es an die Reise geht, gilt es, verschiedene Aufgaben im Reich Lothriel zu erfüllen und Vorbereitungen zu treffen. Dabei erfahren wir en passant auch gleich einiges über die Welt, in der Eselmir lebt, sowie über sein Volk, die Pirin. Diese stammen von König Theoson und einer Fee ab, werden von anderen Völkern als halbgöttlich angesehen und haben das unverschämte Glück, in einem Land zu leben, in dem immer die Sonne scheint, niemand ernsthaft krank oder alt wird und es offenbar auch keine Querelen etwa wegen Geld gibt. Die Pirin verzichten nämlich ganz einfach auf Geld und bilden eine solidarische Gemeinschaft, die sich gegenseitig unterstützt, wenn mal Not am Manne ist. Im Zentrum des Reichs steht die riesige Zitadelle samt Tempel und Königspalast. Nicht weniger als 17 Götter werden hier verehrt, jeder mit eigener Zuständigkeit und der Fähigkeit, auch in weiblicher Form zu erscheinen. Die Gottheit Monusad, die über die Zeit gebietet, macht davon gleich zu Beginn Gebrauch und sucht Eselmir in ihrer weiblichen Form als Monusadah auf.
Unter göttlicher Beobachtung
Die Götter sind für die Handlung insofern wichtig, als sie ins Geschehen eingreifen können und in Eselmirs Gedanken ständig präsent sind. Speziell Monusadah und Ladin interessieren sich für Eselmir, einfach, weil sie eine Art Wette laufen haben. Während Monusadah Eselmir nach Kräften unterstützt und auch immer wieder persönlich in Erscheinung tritt, kündigt Ladin an, die Mission zu sabotieren. Er beruft sich dabei auf eine uralte Prophezeiung, wonach es niemandem gelingen soll, die fünf Artefakte wieder ans Licht zu bringen. Allerdings, und das fand ich etwas schade, verhält sich Ladin die meiste Zeit des Spiels verdächtig ruhig, während Monusadah sporadisch auftritt, um Eselmir aus der Patsche zu helfen oder ihm netterweise gegen Ende den Grund für seine Mission zu erklären. Auch andere Wesen mischen sich zeitweise ins Geschehen ein, wobei sie wiederum andere Agenden verfolgen als die beiden Götter.
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Im Questbuch werden alle Missionen festgehalten. |
Neben seiner Hauptmission darf Eselmir weitere, teils optionale Aufgaben in Angriff nehmen. Drei davon müssen auf jeden Fall getriggert werden und im Questbuch aufscheinen. Ansonsten ist ein Weiterkommen nicht möglich, egal, ob man diese Nebenquests schafft oder nicht. Hat man z.B. die Quest „Löse das Geheimnis um den Tod Jeselions, der Geliebten Eselmirs“ nicht getriggert, kann man das Reich erst gar nicht verlassen. Dasselbe gilt für die Nebenmissionen „Finde alle Seiten aus dem Tagebuch von Eselmirs Eltern“ und „Finde den entführten Sohn des Künstlers“. Diese Missionen, die in anderen Kapiteln um weitere kleine Nebengeschichten erweitert werden, verleihen dem Spiel mehr Tiefe da man durch sie vor allem die Hintergrundgeschichte des Hauptcharakters kennen lernt, aber auch noch so einiges über Land und Leute erfahren kann.
Viel Lesestoff
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Es gibt eine Menge zu lesen. |
Mehr Komplexität erhält die Geschichte auch durch zahlreiche Texte, die wir während der Reise zu Gesicht bekommen. Es lohnt sich, diese teilweise recht langen Texte gründlich zu lesen, da sie meistens Hinweise auf die Lösung eines oder mehrerer Rätsel enthalten. Das gilt auch für scheinbar sinnlose Inventargegenstände wie beispielsweise ein Gemälde, das Eselmir auf seine Reise mitnimmt. Klar, gehört ja schließlich zum Standardgepäck. Erst viele Spielstunden später wird dieses Gemälde mit einem Nebencharakter verknüpft und trägt so zur Geschichte bei. Dasselbe gilt für Aufzeichnungen, die wir in einer Höhle finden. Eine Geschichte, die in diesen Notizen erzählt wird, gelangt erst viel später durch einen Nebencharakter zu ihrem Abschluss. Derartige Verknüpfungen finden sich immer wieder, oft erst nach Stunden, wenn man bereits vergessen hat, dass man etwa besagtes Gemälde bei sich trägt oder sich zu Beginn des Spiels einen bestimmten Gegenstand angesehen hat.
Erzählerisch kann man 'Eselmir and the five magical gifts' insofern nicht viel vorwerfen. Lediglich der Start gestaltet sich etwas träge, da man die ersten vier bis fünf Stunden ausschließlich in Lothriel mit Recherchen und Reisevorbereitungen verbringt sowie damit, die Handhabung des Spiels zu verinnerlichen. Manche Dialoge entpuppen sich dazu als sehr ausufernd und stellen die Geduld auf die Probe, da ab dem vierten Kapitel so ziemlich jeder Gegenstand seine eigene Geschichte hat, die unbedingt eingeflochten werden muss und die erstaunlicherweise auch einen Sinn hat, der sich aber oft erst später erschließt.
Trotz einiger langatmiger Passagen kann einen die Handlung vor den Bildschirm bannen. Die ominöse Prophezeiung hat dabei nicht nur Eselmir beständig im Hinterkopf; auch als Spieler fragt man sich dauernd, ob die Mission überhaupt von Erfolg gekrönt sein kann und warum es so wichtig ist, dass Eselmir die fünf Artefakte findet. Dass laufend neue Prophezeiungen dazu kommen – die Dinger gibt’s offenbar nur im Multipack – oder manche Charaktere versuchen, Eselmir von seiner Mission abzubringen bzw. diese ganz frech hinterfragen und Zweifel säen, macht die Sache noch einmal spannender. Dazu gesellt sich in den mehr als 20 Spielstunden die eine oder andere überraschende Wendung.
Liebevoll von Hand gezeichnet
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Die Schauplätze wurden von Hand gezeichnet. |
Die Bücher von Sebastiano B. Brocchi enthalten vom Autor selbst angefertigte Illustrationen, die stilgebend für den Look von 'Eselmir and the five magical gifts' waren. Am oberen Bildschirmrand findet sich eine runde Plakette mit der Aufschrift „Pirin“; die Schriftart wurde direkt von den Buchcovern übernommen. Die von Hand gezeichnete Grafik - Brocchi war hier involviert - wurde digital koloriert, und man merkt, wie viel Arbeit und Herzblut in jedem der gut 170 unterschiedlichen Hintergründe sowie in den zahlreichen Charakteren stecken.
Dennoch ist die Grafik vor allem eines: Geschmackssache und zumindest am Anfang auch gewöhnungsbedürftig. Je länger man spielt, umso schwieriger wird es allerdings, sich dem ganz eigenen Charme dieser ungewöhnlichen Optik zu entziehen, und auf einem größeren Monitor sieht das Spiel direkt umwerfend aus. Sicher – Grafik-Fetischisten, die Fotorealismus bevorzugen, werden mit der handgezeichneten Comic-Optik nicht viel Freude haben. Sie sind aber auch nicht die Zielgruppe des Spiels, und letztlich steht auch nicht die Grafik im Vordergrund, sondern ganz klar die Story.
Die Animationen beschränken sich auf das Nötigste – Eselmir kann gehen, mit Doppelklick auch etwas flotter, er kann kämpfen und bei Bedarf auch schwimmen, wobei die Animationen mitunter etwas steif und speziell im Kampf unfreiwillig komisch wirken. Das gilt auch für andere Figuren, wobei diese sich nicht mehr bewegen als notwendig; Mimik und Gestik sind nur reduziert vorhanden. Aufwändigere Bewegungen wie „Eselmir steigt aus dem Bad“ oder animierte Zwischensequenzen bekommen wir gar nicht erst zu sehen, und auch die Kampfszenen wurden auf wenige notwendige Bewegungen reduziert. Das ist allerdings nicht weiter tragisch. Schließlich haben wir es hier nicht mit einem AAA-Titel zu tun, für den ein riesiges Budget zur Verfügung stand. Insofern kann man angesichts der etwas groben Animationen schon ein wohlwollendes Auge zudrücken. Es ist ohnehin erstaunlich, was Stelex Software auf die Beine gestellt haben.
Eingängige Musik bohrt sich ins Gehör
In Sachen Sound bekommen wir wunderschöne Musikstücke zu hören. Fast jeder Ort, den wir besuchen, hat seinen eigenen Musikteppich verpasst bekommen – das reicht von mystischen Chören über Flöten- und Gitarrenklänge bis hin zu Klavier und Saxophon. Im Menü erwartet uns das Hauptmusikstück des Spiels, „The Way to Lothriel“, dargeboten vom Schweizer Sänger Marco Santilli. Das Stück ist dermaßen eingängig, dass es sich schon nach ein-, zweimal im Gehörgang einnistet und es sich dort gemütlich macht. Daneben gibt es im Spiel zwei weitere Lieder, die mit Lyrics versehen wurden, eines davon im Abspann. Obwohl der zweite Song mit Text ebenfalls sehr schön ausgefallen ist, ist die Platzierung denkbar ungünstig. Man befindet sich am Beginn einer Schlacht und hat eine Menge Dialog zu lesen (dazu komme ich noch), während gleichzeitig die Sängerin einen Wächter bittet, sie vorbeizulassen. Da der Text des Liedes sehr gut verständlich ist, lenkt er leicht vom eigentlichen Geschehen und den Dialogen ab. Das hätte nicht sein müssen und hat bei mir dazu geführt, dass ich nach einer Weile den Ton abgedreht habe, um mich auf die Dialoge konzentrieren zu können.
Zum sehr gut gelungenen Musikteppich gesellen sich abwechslungsreiche Hintergrundgeräusche wie plätscherndes Wasser, das Summen von Insekten, das Zwitschern von Vögeln, Schritte auf der Straße, prasselnder Regen, blökende Schafe oder brüllende Monster. Sprachausgabe gibt es nur in den Zwischensequenzen; hier haben wir die Wahl zwischen Englisch und Italienisch. Im Spiel selbst müssen Dialoge gelesen werden, ebenfalls wahlweise auf Englisch oder Italienisch. Vereinzelt gibt es Tippfehler, über die man aber hinwegsehen kann, da sie das Verständnis der betreffenden Texte nicht beeinträchtigen.
Technische Kinderkrankheiten
Die erste Version von 'Eselmir and the five magical gifts' (v1.0.1) hatte noch mit einer Fülle technischer Kinderkrankheiten zu kämpfen, die den Spielspaß bisweilen nachhaltig getrübt, teilweise ganz verdorben haben. Es kam immer wieder zu Abstürzen, zeitweise verschwanden auch Eselmir und/oder das Inventar sowie alle anderen Charaktere von der Bildfläche, sodass nur noch der Hintergrund übrig blieb und das Spiel via Task-Manager beendet werden musste, weil absolut nichts mehr ging. Mitunter ließ sich ein Spielstand auch nicht laden bzw. ist es vorgekommen, dass das Spiel während des Ladevorgangs abgestürzt ist. Bisweilen lief das Spiel auch sehr träge bzw. geriet ins Stocken, was insbesondere bei jenen Szenen, in denen es auf Geschwindigkeit ankam, frustrierend war. Einige Locations werden als Sidescroller dargestellt, was einen flüssigen Übergang von einem Screen zum nächsten ermöglicht. Teilweise gab es in der Ur-Version aber auch hier Probleme. An manchen dieser Stellen hatte das Spiel sichtlich zu kämpfen, obwohl es nicht sonderlich hardwarehungrig ist.
Ein Update der verwendeten Visionaire-Engine hat die erwähnten Probleme schlagartig aus der Welt geschafft. Nach der Aktualisierung gab es kein Stocken mehr, das Spiel lief so flüssig, wie man sich das nur wünschen konnte. Sämtliche Charaktere waren sichtbar, dazu kamen Hintergrundgeräusche, die in der ursprünglichen Version teilweise gefehlt haben. Stelex Software hat auf die technischen Probleme sehr schnell reagiert und es geschafft, sie vollständig zu beseitigen, sodass dem Spielspaß nichts mehr im Wege steht.
Wir klicken uns durchs Land
Um Eselmir quer durchs Land zu scheuchen, brauchen wir nur eine Maus. Mit Linksklick lassen wir unseren Helden gehen (ein Doppelklick sorgt dafür, dass er sich etwas schneller bewegt). Teilweise reagiert er etwas schwerfällig; ungeduldiges Klicken kann dann schon mal zum Absturz des Spiels führen, siehe oben. Aber wie wir gleich zu Beginn des Spiels lernen, ist Geduld eine Tugend, die auch dem geneigten Adventurespieler nicht schlecht zu Gesicht steht.
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Dialogoptionen befinden sich am unteren Rand. |
Ebenfalls mit Linksklick können wir andere Personen betrachten, Gegenstände untersuchen und Dinge aufnehmen. Dabei müssen wir jedoch unter Umständen zuvor per rechter Maustaste das Interaktions-Icon wechseln. Standardmäßig ist das Auge eingestellt; dazu gesellen sich so unterschiedliche Icons wie eine Hand (wenn man etwas nehmen kann), ein Hammer (wenn etwas gemacht werden kann) oder gefaltete Hände, wenn wir wollen, dass Eselmir betet. Wir können ihn auch schlafen schicken, wenn das sinnvoll erscheint. Für die meisten Personen und Gegenstände im Spiel stehen maximal zwei Interaktionen zur Verfügung, seltener drei. Teilweise kommt es auch vor, dass ein Charakter, der vorher nur dekorativ in der Landschaft herumgesessen oder -gestanden ist, plötzlich ansprechbar ist oder dass wir an einer Stelle etwas tun können, die vorher lediglich untersucht werden konnte. Es ist daher unumgänglich, alle Schauplätze gründlich zu untersuchen und gegebenenfalls erneut aufzusuchen. Das ist jedoch eine Eigenheit speziell des ersten Kapitels. In späteren Abschnitten des Spiels gestaltet sich die Sache dank kleinerer Schauplätze deutlich übersichtlicher und wir rennen uns nicht mehr die Hacken wund. Auch die Interaktionen werden mit der Zeit überschaubarer.
Das Inventar ist ebenfalls in diese Interaktions-Icons eingebunden. Eselmir kann zwar jede Menge Dinge einsammeln, er kann damit aber nicht nach Belieben verfahren und beispielsweise nicht an einem Hotspot alle Inventargegenstände ausprobieren, bis der passende gefunden ist. So funktioniert das Spiel nicht. Kann ein Objekt aus dem Inventar verwendet werden, dann wird das angezeigt, sobald man mit der rechten Maustaste auf den betreffenden Hotspot klickt. Erscheint kein Inventargegenstand, kann man an der entsprechenden Stelle auch nichts machen. Gegenstände, die wir nicht mehr benötigen, können wir übrigens verkaufen, wobei Eselmir klipp und klar seine Meinung sagt, wenn wir etwa das Tagebuch seiner Eltern verhökern wollen. Wir können also nicht nach Lust und Laune alles, was wir mit uns herumschleppen, zu Kleingeld machen. Abgesehen davon ist es ohnehin nur im Rahmen einer bestimmten Aufgabe notwendig, durch das Verkaufen von Besitztümern an Geld zu kommen.
Eine weitere Besonderheit des Inventars: Müssen Gegenstände kombiniert werden, macht Eselmir das entweder automatisch oder wenn wir vorher eine Aufgabe gelöst haben, die ihn dann auf die richtige Fährte bringt. Das kann mitunter etwas frustrierend sein, wenn man als Spieler genau weiß, was zu tun ist, Eselmir aber keinen Finger rührt, weil man einen Zwergentext nicht ganz exakt übersetzt hat. Obwohl sich der Sinn erschließt (im fraglichen Text gilt es lediglich, einige Lücken zu ergänzen), kann man die Aufgabe nicht beenden, weil Eselmir der Impetus dazu fehlt. Erst eine 100%-ige Übersetzung löst bei ihm einen „Heureka!“-Effekt aus und er macht brav, was man als Spieler seit einer halben Stunde weiß. An solchen Stellen zeigt sich, dass die Handhabung des Inventars vielleicht nicht ganz so glücklich gelöst ist, auch wenn sie über weite Strecken des Spieles sehr gut funktioniert. Ein weiterer Nachteil dieser Art des Inventars: Es nimmt einem als Spieler sehr viel Arbeit ab, wenn das Spiel vorgibt, welcher Gegenstand wo benutzt werden kann. Teilweise werden wir von Eselmir selbst darauf hingewiesen, dass es jetzt aber wirklich an der Zeit wäre, ein bestimmtes Objekt einzusetzen.
Hotspots können wir uns durch Druck auf die Leertaste anzeigen lassen, was speziell im ersten Kapitel praktisch ist. Lothriel ist nämlich die mit Abstand größte Karte im ganzen Spiel, mit mehreren Schauplätzen und Personen, die es immer wieder aufzusuchen gilt. Da kann man leicht was übersehen. Auch für Trophäenjäger ist die Hotspot-Anzeige unverzichtbar, zeigt sie uns doch, wo wir unter Umständen noch eine Tagebuchseite oder ein unsichtbares Wesen finden können – für die Komplettierung beider optionalen Aufgaben gibt es jeweils ein Achievement.
Eine Sprachausgabe gibt es wie bereits erwähnt nicht. Stattdessen klicken wir uns durch die Dialoge, die wir allerdings nicht beeinflussen können. Zwar können wir verschiedene Themen auswählen, über die wir mit unserem Gegenüber sprechen wollen, und wir können ein Gespräch auch vorzeitig verlassen. Aber das war's dann auch schon.
Eine Fülle von Aufgaben
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Der Mechanismus muss geknackt werden. |
Die Aufgaben, die wir gemeinsam mit Eselmir erledigen dürfen, sind vielfältig. Neben den typischen Dialogen, die teilweise etwas gar ausufern, und den ebenfalls typischen Botendiensten der Art „Ich helfe dir, aber ich will, dass du etwas für mich tust, lauf doch mal zu XY und hol mir Z, dann bekommst du A“ werden wir mit einer Fülle von Rätseln konfrontiert. Wir müssen ein altes Kochrezept entschlüsseln, dürfen an seltsamen Mechanismen herumspielen, geheime Inschriften entziffern, auf einer Vogelflöte spielen, ein Labyrinth erforschen (das hat tatsächlich Spaß gemacht – sage ich als bekennende Labyrinth-Hasserin), an einem sportlichen Wettbewerb teilnehmen, an Statuen und Spiegeln drehen, Lieder singen, einem unsichtbaren Wesen drei Rätsel beantworten, Juwelen richtig anordnen, Heilkräuter sammeln, Fallen austricksen, militärische Einheiten strategisch positionieren, gegen Monster kämpfen – kurz, das Gameplay gestaltet sich sehr abwechslungsreich. Kaum eine Aufgabe wiederholt sich, fast alle sind sie logisch in die Handlung eingebettet bzw. aus den vorherigen Geschehnissen ableitbar. In der Regel lassen sich die Aufgaben auch ohne großes Grübeln bewältigen, da meistens klar ist, was getan werden muss und die Anzahl der verfügbaren Hotspots überschaubar bleibt. Der Schwierigkeitsgrad bleibt im mittleren Bereich.
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Es darf gekämpft werden. |
Damit uns trotz dieser Fülle an Aufgaben auch ja nicht langweilig wird, wurde außerdem ein Kampfsystem eingebaut, das nicht sonderlich komplex ist, aber dafür äußerst nervig. In einem rot-grün-roten Balken bewegt sich ein Icon in Form von Eselmirs Kopf von links nach rechts und wieder retour. Befindet sich das Icon im grünen Bereich, müssen wir auf das Kampfsymbol klicken. Mit steigender Geschwindigkeit kann das durchaus zur Herausforderung werden und dazu führen, dass Eselmir beim Kampf auf die Nase fällt oder sein Ziel verfehlt. Zwar gibt es einen grünlich angehauchten Toleranzbereich rechts und links des grünen Abschnittes, allzu groß ist dieser jedoch nicht. Dadurch, dass das Spiel auch an solchen Stellen gerne mal stockt, kann man Kämpfe mit etwas Geduld aber leichter bewältigen, indem man ganz frech den technischen Makel ausnutzt: Man wartet dazu einfach so lange, bis das hin- und herflitzende Icon, das immer wieder auch mal kurz stehenbleibt, für einen Sekundenbruchteil im grünen Bereich oder zumindest am Rande des grünen Bereichs verharrt, um dann sehr schnell zu klicken. Das ist zwar vermutlich nicht im Sinne der Erfinder, kann aber dabei helfen, den Frustfaktor etwas zu verringern. Wirklich gebraucht hätte ich persönlich das Kämpfen nicht, da es nicht auf Können, sondern auf Geschwindigkeit ausgelegt ist und nur mit viel Humor überhaupt als "Kampfsystem" bezeichnet werden kann. Da die Pirin aber nun mal auch hervorragende Kämpfer sind, war es wohl unumgänglich, Eselmir in irgendeiner Form kämpfen zu lassen. Das ist vermutlich der Buchvorlage geschuldet.
Last but not least sei eine kurze Stealth-Sequenz gegen Ende des vierten Kapitels erwähnt. Diese ist nicht besonders schwierig, kann aber problematisch werden, wenn das Spiel beim ersten Versuch ruckelt oder überhaupt einfriert und sich weigert, weiter nach rechts zu scrollen, um den restlichen Bereich, durch den man schleichen muss, freizugeben.
Geduld ist nicht nur die herausragende Tugend von Titelheld Eselmir. Auch dem Spieler wird ein gehöriges Maß dieser Eigenschaft abverlangt: Über 20 Stunden Spielzeit - laut Steam habe ich 29 Stunden mit Eselmir verbracht - sind für ein Indie-Adventure mehr als ordentlich, und die durchdachten, oftmals sehr langen Dialoge können bisweilen die Geduld strapazieren. Speziell im letzten Kapitel scheint jeder Gegenstand seine eigene, langwierige Geschichte zu haben, die unbedingt erzählt werden muss, wobei aber jede Geschichte ineinandergreift und sich am Ende ein großes Ganzes ergibt.
Durchhaltevermögen zahlt sich daher angesichts der abwechslungsreichen Geschichte rund um den sympathischen Priester Eselmir und sein Schicksal aus. Die gewöhnungsbedürftige eigenwillige Grafik versprüht mit der Zeit so viel Charme, dass man sich ihr kaum noch entziehen kann. Auch der hervorragend gelungene Soundtrack und das abwechslungsreiche Aufgabendesign tragen ihren Teil dazu bei, dass 'Eselmir and the five magical gifts' unterm Strich ein sehr solides Spiel ist, das seit der Behebung der technischen Mängel auch richtig Spaß macht und definitiv einen Blick wert ist.
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Eselmir und die fünf magischen Geschenke
- Entwickler
- Stelex Software
- Publisher
- Stelex Software
- Release
- 12. Januar 2018
- Spielzeit
- 20 Stunden
- Trailer
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23 Kommentare
Ein Kriterium für ein gutes Adventure ist für mich auf jeden Fall ein gewisses Maß an Nichtlinearität. Meine Favoriten sind hier:
* Monkey Island 1, Kapitel 1: Die drei Prüfungen
* Monkey Island 2, Kapitel 2: Die vier Kartenteile
* Deponia 2, Kapitel 2: Goals dreigeteilte Persönlichkeit
* und natürlich Toonstruck
Auf den Schwierigkeitsgrad wirkt sich diese Linearität natürlich schon aus, das Spiel ist ja nicht unbedingt schwierig und gibt einem dauernd Hinweise, was man tun muss. Das erste Kapitel fand ich tatsächlich am schwierigsten, eben weil man zwischen so vielen Orten herumspringen kann und manche überhaupt erst freischalten muss. Dass man z.B. die Quest "Löse das Rätsel um Jeselions Tod" durch MinispoilerAnwenden der Tugenden auf ihre Urne startet, war für mich überhaupt nicht offensichtlich, ich find das auch nach wie vor etwas aufgesetzt, aber gut
Wie hat's dir denn sonst gefallen? Also so in Sachen Story?