Kathy Rain - Director's Cut - Review

Abschied mit vielen Geheimnissen

Die Story spielt in den 1990er-Jahren und beginnt mit einer Beerdigung. Das Thema Familie ist für die junge Journalismus-Studentin Kathy Rain ein schwieriges: Ihr Vater ist verschollen, ihre Mutter musste kürzlich von ihr in die Psychiatrie eingewiesen werden und zu ihren Großeltern hat sie dank ihrer Eltern lange keinen Kontakt mehr.

Nur ihrer hartnäckigen Studienkollegin Eileen ist es zu verdanken, dass sie zum letzten Abschied ihres Großvaters widerwillig auf dem Motorrad in ihre alte Heimat Conwell Springs zurückkehrt. Es bleibt nicht bei einem einfachen Besuch. Für den gesundheitlichen Zustand ihres Großvaters in den Jahren vor seinem Tod fehlt eine wirklich stimmige medizinische Erklärung. Selbst der Selbstmord einer Kunststudentin im gleichen Zeitraum wirft Fragen auf. Hinzu kommt ein Foto von seltsamen Lichtern und eine ähnlich mysteriöse Kirche, die in der Ortschaft viel Einfluss gewonnen hat. Gibt es hier eine einfache Erklärung oder steckt doch viel mehr dahinter?

Die junge rebellische Kettenraucherin lässt auf keinen Fall locker. Im Zuge der Ermittlungen bringt sie zugleich viel über ihre Eltern in Erfahrung.Viel Unterstützung bekommt sie dabei u.a. von Eileen und ihrer trauernden Großmutter Mary-Elizabeth. Während die Grundstimmung im Spiel eher ernst ist und in die Kategorie Mystery-Krimi fällt, gibt es zwischendurch vereinzelt auch ein paar skurrile Persönlichkeiten zur Auflockerung, etwa den Möchtegern-Schauspieler Lenny.

Director's Cut mit kleinen Verbesserungen

Abseits von der optimierten Ein-Kick-Steuerung (für die mobile Version sinnvoll) und dem Controller-Support stechen die meisten Verbesserungen in Kathy Rain: Director's Cut höchst wahrscheinlich nicht sofort ins Auge. Zwar gibt es laut Beschreibung hunderte neue Dialogzeilen, doch die fallen verstärkt beim verlängerten Ende ins Gewicht. Dieses wirkte im Original recht offen und mysteriös. In der Neuauflage hat man aber das Gefühl, dass die meisten Fragen tatsächlich beantwortet werden.

Zudem gibt es vereinzelt neue Spielumgebungen und sogar Rätsel, was sich zugleich kaum in der Spieldauer niederschlägt. Mehr als sechs bis sieben Stunden sollte man auch diesmal nicht einplanen. Die Animationen und einige Grafiken, sowie auch ein paar Wettereffekte wurden auch ein bisschen verbessert, was jedoch kaum einen Unterschied macht. Ähnliches gilt für die fünf verschiedenen Motorraddesigns mit denen man Kathys Motorrad individualisieren kann – ein nettes Gimmick, aber sicher nicht mehr. Dennoch tragen ein paar der neuen Dialogzeilen und Orte dazu bei, dass die Geschichte von Anfang an klarer wirkt und das ist aus unserer Sicht der entscheidende Faktor an diesem Release.

Klassische Point&Click-Kost

In spielerischer Hinsicht setzt das Point&Click-Adventure auf klassische Genre-Kost. Seien es typische Inventar-Rätsel, oder gezielte Befragung (vom Prinzip her ähnlich wie in Gabriel Knight: Sins of the Fathers). Im Gespräch können wir einigen Personen Fragen stellen oder ihnen Gegenstände zeigen - in der Hoffnung, dass daraus eine neue Spur resultiert. Obendrein gibt es z.B. auch abstraktere Rätsel, zum Beispiel muss man sich auf Basis eines Gedichts in einer Grabkammer orientieren.

Vereinzelt sind auch Computer-Logins gefragt oder man muss – in guter alter Genre-Manier – jemanden ablenken. Das wird ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, aber in Adventures ist schon Seltsameres passiert. Und ja, natürlich ist es wichtig alles zu beobachten und wichtige Gegenstände zu finden. Passend zur damaligen Zeit hören wir uns auch alte Kassetten im Diktiergerät an, um neue Informationen zu sammeln. Damit muss Kathy sogar einmal eine neue Nachricht am Computer basteln.

Optional kann sie sich auch immer eine Zigarette anzünden. Der Story hilft das nicht unbedingt weiter, aber es passt zum Charakter der Spielfigur. In der Regel sind die Rätsel jedenfalls sehr nachvollziehbar. Nur an ein, zwei Stellen kann man vielleicht ein bisschen festhängen, denn Hilfestellungen halten sich sehr in Grenzen.

Gute Umsetzung

Für Fans der guten 2D-Pixel-Kost ist Kathy Rain: Director's Cut vermutlich ein gefundenes Fressen, egal ob in der Ur-Fassung oder jetzt in der optisch minimal verbesserten Neuauflage. Die Atmosphäre ist stimmig und nahezu alle Schauplätze sind hübsch und stilsicher gezeichnet. Im Gegensatz dazu bleibt der Soundtrack unauffällig. Im 'Directors Cut' gibt es zwar etwas mehr Musik zu hören, doch wirklich im Gedächtnis bleibt sie dadurch trotzdem nicht. In diesem Bereich wäre sicherlich mehr möglich gewesen.

Sehr ordentlich ist zuletzt die englische Sprachausgabe, für die Dave Gilbert von Wadjet Eye Games die Regie übernommen hat. Das Resultat entspricht seinen letzten Indie-Adventures. Und ja, wahlweise stehen auch noch deutsche Untertitel zur Verfügung an denen wir wenig auszusetzen haben.