Das spanische Endzeit-Adventure 'Dead Synchronicity' zählt zu einer langen Liste an Adventures, die auf eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne zurückblicken. Sofern in den kommenden Wochen alles planmäßig verläuft, wird es ab dem 10. April erhältlich sein (Publisher: Daedalic). Erste Eindrücke dazu gab es schon im Rahmen der Spendenkampagne, wo eine Alpha-Demo downloadbar war. Wie es jedoch um die aktuelle Beta-Version steht, verraten wir Euch nun im Preview.

Erwachen in einer bitteren Gegenwart
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Rod hat Michael das Leben gerettet und hofft nun auf dessen Hilfe |
Als Michael in einem heruntergekommenen Wohnwagen inmitten eines Lagers erwacht, erinnert er sich an nichts. Selbst seinen Namen vermutet er nur – seltsame Stimmen geistern durch seinen Kopf, die ihn so nennen. Manche würden ihn um eine solche Gedächtnislücke beneiden, die ihn seiner Identität beraubt hat. Die sogenannte „Große Welle“ hat ein Bild der totalen Zerstörung hinterlassen und die Welt steht mit einem Bein in der Hölle... oder sind es längst beide?
Mal da, mal dort sammeln wir Informationsfetzen. Doch je mehr wir auch über das Lager erfahren, desto mulmiger wird uns: Wer hier lebt und nicht fürs Militärregime arbeitet, für den ist der Leichensack der einzige Weg nach draußen. Bespitzelungen und Hinrichtungen sind das tägliche Brot und die Bewohner sehen sich zu entwürdigenden Maßnahmen gezwungen, um zu überleben. Offiziell wurde das Lager wegen der nach der Großen Welle aufkeimenden Pandemie errichtet. Keine Angst, es geht nicht schon wieder um Zombies! Infizierte Personen werden "Zerflossene" genannt - sie zerfließen und lassen nur einen blutigen Überrest von sich zurück.
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Infizierte werden im Lager gnadenlos abtransportiert |
So schockierend die Situation auch sein mag (und es wird in den folgenden Stunden ein paar heftige Momente geben), für unseren Protagonisten geht es in den ersten Stunden vorwiegend darum, seine Identität zurückzuerlangen. Hilfe bei diesem schwierigen Unterfangen stellt ihm Rod in Aussicht. Er und seine Frau haben Michael gerettet und bis zu seinem Erwachen gepflegt. Kurz nach Erlangung des Bewusstseins konfrontiert ihn sein Retter mit der Bitte, ein Medikament aus einer streng bewachten militärischen Einrichtung außerhalb des Lagers zu entwenden. Dort soll ein Heilmittel für die Verflossenen existieren. Falls die Mission gelingt, warten ersehnte Antworten...
Verzwickte Handlung
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Abgesehen vom Gedächtnisverlust, werfen mysteriöse Visionen Fragen auf |
Die Handlung des Endzeit-Mystery-Thrillers legt langsam die Karten auf den Tisch und auch Protagonist Michael ist zunächst schwer einzuschätzen. Wen wundert es, da streng genommen nicht einmal er selbst weiß, wer er ist. Zwar zeigt er sich oft von einer empathischen Seite - so recht mag man ihm dennoch nicht über den Weg trauen. In dieser gnadenlosen Welt ist ohnehin kaum jemand vertrauenserweckend. 'Dead Synchronicity' funktioniert aber auch ohne Sympathiebekundungen, denn Fictiorama Studios versteht sich gut darin, den Spieler mit offenen Fragen zu ködern und immer tiefer zum Kern der Handlung zu treiben. Freilich ist das Adventure als Mehrteiler konzipiert und wir stehen hier erst am Anfang einer längeren Reise. Am Ende des ersten Teils wartet die Erkenntnis, was es mit jener "Toten Synchronizität" auf sich hat, die den Titel des düsteren Abenteuers prägt...
Ansprechende Rätselkost
Gelungen ist auch das Rätseldesign. Genre-Fans dürfte es freuen zu lesen, dass diese Endzeit-Dystopie u.a. mit einer satten Anzahl an Hotspots aufwartet. Selbst irrelevante Gegenstände werden nach der Begutachtung nicht einfach ausselektiert und bleiben als potentieller Interaktionspunkt erhalten. Alleine im zweiten Kapitel führt uns die Knobelei in zwei Dutzend Räumlichkeiten und nahezu jeder Ort bleibt bis zum Ende betretbar. Nachteilig sind jedoch die mitunter langen Laufwege, da es keine Karte gibt. Meist sehen wir uns mit mehreren Aufgaben parallel konfrontiert. Übersichtlichkeit ist dabei insofern gewährleistet, als das zentrale Ziele in einem Notizbuch im Inventar vermerkt sind.
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Die Steuerung entspricht etwa dem, was man schon von Daedalics hauseigenen Adventures gewohnt ist und das Inventar ist auch per Mausrad abrufbar |
'Dead Synchronicity' zählt zu den anspruchsvolleren Adventures der letzten Jahre und kann einen schon mal auf der Leitung stehen lassen. Die Logik der klassisch gearteten Rätselkost ist stimmig und macht einen Bogen um Minigames. Weil Puzzles und Story gleichberechtigt behandelt werden, ist das Erzähltempo nicht allzu flott. Störend für den Spielfluss fand ich aber lediglich Michaels plötzliche "Visionen", die an einigen Schauplätzen einen kurzen Ausschnitt aus einer anderen Zeit zeigen. Diese Momente dauern jeweils einige Sekunden an und währenddessen ist für gewöhnlich keine Aktion möglich. Leider ist es unerheblich, ob man die Rückblende schon ein- oder mehrmals gesehen hat, was auf Dauer zäh schmecken kann - insbesondere weil das Gameplay zunächst kaum einen Nutzen daraus zieht.
Atmosphärischer Comic-Look
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Der Grafik-Stil ist interessant gelungen, die Animationen könnten besser sein |
Zwei Monate vor dem Release ist es kein Wunder, dass noch nicht alles implementiert ist und der eine oder andere Fehler existiert. Dennoch war 'Dead Synchronicity' schon sehr gut spielbar und vermittelte einen klaren Eindruck. Aus grafischer Sicht fällt zunächst der markante Comic-Stil des 2-D-Adventures auf. Dieser unterstreicht die Endzeit-Stimmung auf gekonnte Weise. Leider merkt man den Animationen in vielen Momenten das geringe Budget an. Das fängt schon damit an, dass der Protagonist im Stehen nicht animiert ist. Manche Bewegungen erstrecken sich abgesehen davon über wenige Bewegungsphasen und erscheinen deshalb noch nicht so flüssig. Wie bei vielen 2-D-Adventures sind Größenverschiebungen bei der Bewegung der Spielfigur durch den Raum zudem manchmal extrem grob geraten. So kann es vorkommen, dass die Spielfigur nach drei, vier Schritten etwa auf die Hälfte geschrumpft ist (z.B. vor der Bar des Jägers). Wohl mit ein Grund, warum die Figur bisweilen nicht immer eine Einheit mit dem Hintergrund bildet und vereinzelt über dem Untergrund „schwebt“.
Fragezeichen Sprachausgabe
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In dieser Welt sieht man besser niemanden schief an, denn sonst... |
Eine Aussage zur Sprachausgabe können wir zu diesem Zeitpunkt nicht treffen, denn daran feilt Publisher Daedalic noch. Zumal 'Dead Synchronicity' ein sehr textlastiges Spiel ist, könnte mit dem Niveau der Sprachausgabe einiges stehen und fallen. Man darf hier also gespannt sein. Die deutschen Untertitel zeigten sich noch reich an Grammatik- und Formatierungsfehlern. Manches wurde bei der vorläufigen Übersetzung zudem vergessen, oder ist zu kurz zu sehen. All das fällt bei einer Beta-Fassung allerdings eher in die Kategorie "Kleinigkeiten" und dürfte bis zum Release Schnee von gestern sein.
Auf akustischer Ebene vermochten die stimmungsvollen Effekte zu überzeugen, die das beunruhigende Szenario untermalen. Zusätzlich sorgt die mit einigen Klaviermelodien angereicherte musikalische Untermalung der Indie-Rockband Kovalski für eine sehr markante, eigenwillige Atmosphäre. Kaum jene Art von Musik, die man typischerweise bei einer Endzeit-Geschichte erwarten würde, aber sobald man sich daran gewöhnt hat, fügt sie sich stimmig ins Konzept ein.
'Dead Synchronicity' hinterlässt so weit einen starken Eindruck, obwohl auf technischer Ebene das geringe Budget wiederholt durchschimmert. Im Hinblick auf die Rätsel und die mysteriös-verschachtelte Geschichte, besteht in jedem Fall Hit-Potential. Fictiorama Studios erweist sich überaus geschickt darin, immer und immer wieder neue Fragen aufzuwerfen und zum Spekulieren zu verleiten. Meine Neugierde hat es mir schwer gemacht, dieses Adventure beiseite zu legen. Allerdings sollte man darauf gefasst sein, dass am Ende vieles offen bleibt, denn es ist als Fortsetzungsgeschichte konzipiert. Abzuwarten bleibt auch, ob die derzeit bei Daedalic entstehende deutsche Sprachausgabe überzeugen kann. Freunde der ernsten dystopischen Unterhaltung sollten 'Dead Synchronicity' aber unbedingt im Auge behalten. Sehr vielversprechend.
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Dead Synchronicity: Tomorrow comes Today
- Entwickler
- Fictiorama Studios
- Publisher
- Daedalic
- Release
- 10. April 2015
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.deadsynchronicity.com/
- Art
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Crowdfunding Independent
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- Dead Synchronicity: Tomorrow comes Today im Humble Store kaufen (Affiliate-Link)
- Dead Synchronicity: Tomorrow comes Today bei Amazon kaufen (Affiliate-Link)
3 Kommentare
P.S.: Hm... wobei... ich hab beim zweiten Durchlauf parallel zum Spielen auch gleich mal die Lösung geschrieben und war laut Steam dennoch in knapp 8 Stunden damit fertig (hab da allerdings die meisten Dialoge durchgeklickt und wusste ja schon was zu tun ist, nachdem ich die Preview-Fassung ja vor einigen Wochen schon durchgespielt hatte).
D.h. theoretisch wäre das Spiel wohl auch in 5 Stunden oder so zu packen, wenn man bei den Rätseln keinen größeren Hänger hat.