Ende 2013 schlug sich Brainchilds kleines Point&Click-Adventure 'The Slaughter' wacker bei Kickstarter. Mit 8.000 Pfund waren jedoch keine gewaltigen Sprünge zu erwarten. Ursprünglich hätte dieser von lediglich einer Person entwickelte Noir-Krimi als eine komplette Geschichte erscheinen sollen. Ein Plan der kurzfristig geändert werden musste, weshalb jetzt nur der erste von drei Akten vorliegt. Unsere Meinung dazu, verrät Euch der Test. Eine Wertung gibt es wie bei jedem Episodenspiel erst, sobald alle drei Akte vorliegen.

Auf ins viktorianische London
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Die brutale Ermordung einer Prostituierten bringt Sydney Emerson zum Nachdenken |
Wie stimmungsvoll das alte London gewirkt haben mag, davon zeugen nicht zuletzt aktuelle Spiele wie 'Assassin's Creed – Syndicate' und 'Crimes & Punishments'. Das kleine Londoner Indie-Studio Brainchild setzt mit 'The Slaughter' ebenfalls darauf, muss allerdings kleinere Brötchen backen und mit Pixel-Grafik in eher geringer Auflösung Auslangen finden. Angesichts dessen, dass Alexander Francois praktisch sämtliche Aspekte alleine gemacht hat, kein Wunder. 'The Slaughter' dreht sich um die Ripper-Morde, ist jedoch im Gegensatz zu anderen Geschichten aus diesem Zeitalter in Noir-Manier erzählt.
Sydney Emerson lernen wir zu Beginn als heruntergekommenen Privatdetektiv kennen, in einer zwielichtigen Gasse, während ein grobschlächtiger Kerl ihm Gesicht und Magengegend verunstaltet. Selbst zu diesem Zeitpunkt schreckt der Ermittler nie davor zurück, sein Gegenüber mit frechen Kommentaren anzustacheln. Wir haben es mit einem Mann zu tun, der eine selbstzerstörerische Ader hat. Einer, der sich hemmungslos im Pub besäuft und hinterher auf dem Gehsteig erbricht. Er passt gut in die Schublade des Antihelden, wie man ihn aus Noir-Filmklassikern gewohnt ist. Natürlich darf auch die hübsche Klientin nicht fehlen, die einen Auftrag für den Detektiv hat. Eine Prostituierte ist einem Serienmörder zum Opfer gefallen. Genau dieses Verbrechen bringt den Detektiv allmählich dazu, einige Dinge in seinem Leben infrage zu stellen. Warum hat es in dieser Nacht diese junge Fraue getroffen? Warum nicht ihn?
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Die Gedanken des Detektivs erfahren wir in kurzen Einblendungen |
'The Slaughter' setzt im Kern auf eine ernste, nachdenkliche Geschichte und kann zwischendurch schon mal blutig werden. Trotzdem wird auch viel Humor geboten und der Detektiv gerät in recht amüsante Situationen. Die wesentliche Stärke ruht diesmal in der Etablierung der Hauptfigur. Wie Sydney denkt, erfahren wir zudem in kurzen, unvertonten Schriftinserts. Für ein paar Münzen sucht er vermisste Hunde und nach einem harten Tag ist der Alkohol sein bester Freund, oder er gönnt sich ein heißes Bad. Seine Träume weisen zudem auf Dinge hin, die ihn beschäftigen. Während die narrativen Elemente also recht nett gelungen sind, hakt es manchmal leider auf anderen Ebenen.
Eine recht langatmige Umsetzung
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Im Spiel passiert alles eher langsam, was Geduld erfordern kann |
Für 'The Slaughter' ist eine satte Portion Geduld gefragt. Es erinnert an einen langsamen Arthouse-Noir-Krimi. Rein auf Ebene der Erzählung ist das nicht uninteressant, nur leider beschränkt es sich nicht darauf. Nahezu sämtliche Animationen laufen sehr gemächlich ab. Das fängt mit dem trägen Gehtempo von Sydney Emerson an. Beim Betreten von Schauplätzen und bei den häufigen Schriftinserts wird typischerweise auf eine Überblendung zurückgegriffen, die ähnlich langsam passiert. Und in manchen Sequenzen würde man sich einen Schnitt wünschen, um rascher zum Punkt zu gelangen.
Per obligatorischer Doppelklick-Methode ist das Betreten anderer Räume zwar beschleunigbar, doch das klappt nicht immer einwandfrei. Oft dauert es zudem, bis die Spielfigur weit genug durch den Raum gegangen ist, damit der Ausgang überhaupt anwählbar ist. Das sind Punkte, die das Spielgefühl negativ beeinträchtigen können. Dankenswerterweise kann man das Texttempo im Optionsmenü regulieren, was für Nicht-Native-Speaker praktisch sein kann, die vielleicht etwas länger brauchen. Hat man einen Text-Teil schon schneller gelesen, gelangt man per Mausklick problemlos zum nächsten Part.
Passable Rätselkost mit Schwächen
Von unterschiedlicher Qualität ist die Rätselkost. Bainchild ist offensichtlich darum bemüht, ein klassisches Adventure-Flair zu erzeugen. Mit Inventar und kombinatorischen Herausforderungen und ohne das Rad neu zu erfinden. Teilweise klappt das, manchmal ist das Gamedesign aber ein wenig fragwürdig. Notfalls gibt es jedoch eine integrierte Hint-Funktion, auf die man jederzeit zurückgreifen kann und die recht nützlich ist.
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Dieses Mini-Game ist nett gelungen, kann allerdings die Nerven strapazieren, da es nicht überspringbar ist |
Dennoch gibt es vereinzelt Rätsel die fragwürdig erscheinen mögen. Zum Beispiel, wenn es darum geht, jemanden beim Armdrücken zu überlisten. Die Lösung dazu ähnlich abstrus, wie das affige Pumpenrätsel von 'Monkey Island 2', wobei Humor bei 'The Slaughter' aber nicht so sehr im Zentrum steht, um so ein Rätsel rechtfertigen zu können. Seltsam funktioniert auch das Überlisten des Aufsehers im Leichenschauhaus, da es unter Umständen mehrfaches Hin- und Hergelaufe erfordert, was angesichts der Situation surreal wirken kann. Problematisch gestaltet sich auch die Suche nach einem Kleidungsstück, weil die Lösung zu losgekoppelt vom Hauptgeschehen ist.
Höchst ambivalent kann das Münzwurf-Mini-Game zurücklassen, bei dem Geschick gefragt ist, was insbesondere für einige klassische Adventure-Fans lästig sein dürfte: Münzen sollen in eine von neun Spalten befördert werden, wobei die Linien zwischen den Spalten nicht berührt werden sollen. Dadurch, dass mit den Münzen neunmal richtig liegen müssen, kann dieses Mini-Game enorm lästig werden. Als optionales Spiel im Spiel, wäre es eine nette Ablenkung. Umgesetzt wurde es stimmig. Als nicht überspringbare Verpflichtung besteht jedoch erhöhte Frustgefahr.
Technisch akzeptable Pixel-Umsetzung
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Point&Click-Kost wird geboten, bei der nicht alle Rätsel überzeugen können |
In grafischer Hinsicht sollte man die Erwartungshaltung nicht allzu hochschrauben. Brainchilds Pixel-Look wird nicht jedem zusagen und es empfiehlt sich, vorab einen gründlichen Blick auf Trailer und Screenshots zu werfen. Der Macher von 'The Slaughter' wirkt jedenfalls bemüht um eine räumliche Darstellung. Teile des Vorder- und Hintergrunds sind oft leicht unscharf im Bild zu sehen und sobald die Spielfigur geht, bewegt sich der Vordergrund entsprechend mit, was die Optik aufwertet. Obendrein ist mit zunehmender Spieldauer eine leichte Steigerung mit visuellen Bereich spürbar. Mit 'The Slaughter' dürfte ein Lernprozess verbunden sein.
Sprachausgabe gibt es wie schon erwähnt keine und das Spielerlebnis ist auf englische Untertitel beschränkt. Atmosphärische Sounds sollen zudem ein Gefühl für die jeweiligen Schauplätze vermitteln. Die Soundqualität könnte zwar besser sein, aber die Klangkulisse erfüllt ihren Zweck. Natürlich wird dieses Krimi-Abenteuer auch durch Musik unterstützt, die für gewöhnlich jedoch keinen bleibenden Eindruck hinterlässt. Das im Trailer hörbare Stück tut sich aber positiv hervor.
Die Point&Click-Steuerung ist wiederum sehr Genre-typisch gehalten: Objekte können per Mausklick benutzt (linke Taste) oder nur angesehen (rechte Taste) werden und ein Inventar darf nicht fehlen. Allerdings sind die zwischendurch eingestreuten Traumsequenzen dahingehend zu kritisieren, dass es - im Gegensatz zum restlichen Spiel - keinen schriftlichen Hinweis gibt, ob ein Objekt benutzbar ist oder nicht. Das erkennt man erst, nachdem man darauf klickt. Immerhin sind relevante Objekte für gewöhnlich mit freiem Auge aber gut ersichtlich, wodurch dieses Manko verschmerzbar ist.
Ich persönlich mag die Story und im Ansatz auch die gemütliche Erzählweise, obgleich 'The Slaughter' bei den Animationen deutlich mehr Tempo vertragen könnte. Der erste Akt ist phasenweise richtig gut darin, in die Gedankenwelt des heruntergekommenen Privatdetektivs eintauchen zu lassen. Sydney Emerson ist ein Protagonist mit vielen Facetten, den man gerne länger begleitet. Kein typischer Held, sondern eher ein Verlierer, wie man ihn im Noir-Genre erwarten darf. Bei den Rätseln läuft wiederum nicht alles rund. Insbesondere beim Münzwurf-Mini-Game werden sich die Geister scheiden und ein paar der weiteren Herausforderungen hätten besser zu einem Comic-Adventure gepasst. Wer bei 'The Slaughter' die nötige Geduld mitbringt und sich mit dem Stil der Pixel-Grafik arrangieren kann, könnte zumindest im narrativen Bereich dennoch sehr auf die Kosten kommen. Allerdings bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die Geschichte noch entwickelt. Akt eins endet nach drei bis vier Stunden offen.
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The Slaughter
- Entwickler
- Brainchild
- Publisher
- Brainchild
- Release
- 28.01.2016 (episodisch)
- Trailer
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- Art
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Independent
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