Die Adventurespiele, die dem LucasArts-Klassiker 'Monkey Island' nacheifern möchten, sind mittlerweile Legion. 'Willy Morgan and the Curse of Bone Town' reiht sich mehr oder weniger nahtlos ein, was sich nicht nur im Titel wiederspiegelt. Die Vollversion des Point-and-Click-Adventures aus dem Hause imaginarylab soll im -August 2020 veröffentlicht werden. Wir haben uns vorab den derzeit spielbaren Auftakt des Spiels genauer angesehen.
Piraten? Piraten!
Willy Morgan ist auf den ersten Blick ein ganz normaler Teenager, der mit den üblichen Pubertätsproblemen zu kämpfen hat, gleichzeitig aber enorm selbstbewusst ist. Seine Eltern sind angesehene Forscher, die Mutter immer auf Achse und auf der Suche nach den neuesten Entdeckungen, der Vater seit zehn Jahren verschollen. Von seinen Eltern hat Willy seinen Abenteuergeist geerbt. Klar, dass er sich sofort auf die Socken macht, als ein Brief von seinem Vater eintrifft, der ihn anweist, sich in Bone Town einzufinden, genauer gesagt: in Zimmer 9 des dortigen Pubs mit Gästezimmern. Der Brief bleibt dabei angemessen vage. Schließlich will man ja nicht in der ersten Spielstunde verraten, was einen erwartet. Das Ganze wird jedoch eine Piratengeschichte mit einem Hauch Fantasy und einem "modernen Touch" werden. Ob dieses Versprechen letztlich eingehalten wird, lässt sich derzeit noch nicht sagen. Dazu ist die Preview zu kurz. Aber wir sind gespannt.
So viele Referenzen
Ganz ehrlich: Tiefe Verneigungen vor 'Monkey Island' sind ja durchaus angebracht. Allerdings ist der gefühlt 1000. Versuch, ein Adventure im Geist von 'Monkey Island' zu schaffen, sehr ermüdend. Denn einerseits schränkt das die Entwickler deutlich ein – sie müssen versuchen, den Humor richtig hinzubekommen, orientieren sich an den abstrusen Rätseln (allerdings ohne derzeit denselben Schwierigkeitsgrad zu erreichen, siehe dazu weiter unten), teilweise an Gameplay-Elementen – da geht die eigene Kreativität leider gerne mal ein Stück weit verloren, und das ist richtig schade. Andererseits wird der Stellenwert des Originals durch solche Hommagen etwas beschnitten bzw. gemindert, was ja mitunter auch durch Fortsetzungen passieren kann, von denen man sich teilweise wünscht, es gäbe sie nicht.
Ermüdend sind auch die zahlreichen Anspielungen auf Phänomene der Popkultur, – so werden die Bücher in einem Regal Autoren wie „J. Sparrow“, „G. Threepwood“ oder „H. Jones jr.“ zugeschrieben, was ich persönlich nur mäßig originell gefunden habe. Auch, dass Willy sich an einer Stelle wünscht, er hätte ein Gummihuhn – nett, aber von originell leider auch meilenweit entfernt. Nun gibt es sicher genug Spieler, die sich über solche Anspielungen freuen. Das sei auch jedem unbenommen. Bei anderen Spielern kann sich allerdings auch irgendwann ein Gefühl der Übersättigung einstellen. Und das ist hier leider der Fall. Natürlich können wir an dieser Stelle nicht beurteilen, wie 'Monkey Island'-mäßig das komplette Spiel sein wird oder ob die Dichte an Referenzen beibehalten wird. Es wäre aber schön, wenn die Story nicht von Anspielungen überlagert wird und als eigenständige Geschichte bestehen kann.
Gute Optik...
Optisch orientiert sich Willy Morgan zumindest teilweise an den <i>LucasArts</i>-Spielen – die Hintergründe glänzen mit leicht verzerrten Proportionen, wie wir sie unter anderem aus 'Day of the Tentacle' kennen, nur etwas weniger comichaft. Und das trotz einer an Comics erinnernden Grafik die aber durch 3D-Charaktermodelle aufgebrochen wird. Die Locations, in denen wir uns bewegen, sind dabei sehr hübsch geworden, zu entdecken gibt es auch genug – teilweise Hotspots, die man zwar nicht braucht, die aber eine Interaktion samt Kommentar von Willy nach sich ziehen. Willy selbst ist der Prototyp des leicht nerdigen, schlaksigen Teenagers, der aber trotzdem über einen gewissen Wiedererkennungswert verfügt. Optisch gibt es insgesamt wenig zu meckern. Lediglich die Animationen beim Aufheben von Inventargegenständen oder bei der Interaktion mit Gegenständen in der Umgebung könnten noch verbessert werden – Willy greift gerne mal daneben, etwa, wenn er die Tür eines Schranks oder eine Schublade öffnen möchte. Beides funktioniert zwar, aber die Treffgenauigkeit lässt doch noch zu wünschen übrig.
...aber noch unvollständige Sprachausgabe
Die gute Nachricht: 'Willy Morgan and the Curse of Bone Town' verfügt über eine (englische) Sprachausgabe. Die schlechte: Bislang ist das Spiel nicht komplett lokalisiert. Wir hören Willy nur in den ersten 30 bis 45 Minuten sprechen hören, was die Beurteilung aller Sprecher zu diesem Zeitpunkt schwierig macht. Willy selbst hat eine angenehme, wenn auch etwas zu erwachsene Stimme verpasst bekommen, macht aber einen ersten guten Eindruck. Auf die übrigen Sprecher müssen wir bis zum Release warten.
Die Musik passt zwar gut zum Setting, soweit sich das aktuell beurteilen lässt, geht aber nicht wirklich ins Ohr und hat leider etwas Beliebiges. Möglich, dass sich auch das noch bis zum Release ändert. Gut gelungen sind dafür die Hintergrundgeräusche, die an passenden Stellen eingesetzt werden, ohne den Spieler mit einer Geräuschlawine zu überrollen. Das passt also gut.
Einsteigerfreundliche Steuerung
Zu Beginn des Spiels erwartet uns ein optionales Tutorial, das für Adventure-Neulinge hilfreich sein könnte, aber aufgrund der intuitiven Steuerung eigentlich nicht notwendig ist. Wir brauchen lediglich die Maus, um Willy durch die Gegend zu scheuchen oder um mit der Umgebung zu interagieren. Ein Rechtsklick lässt uns Inventargegenstände und Dinge bzw. Menschen in der Umgebung näher betrachten, teilweise führt das auch zu recht launigen Kommentaren Willys. Hotspots können über die Esc-Taste angezeigt werden, das Inventar befindet sich am unteren Rand des Bildschirms und füllt sich sehr flott. Gegenstände, die nicht mehr benötigt werden, verschwinden nach dem Gebrauch.
Wir bauen ein Fahrrad - die Aufgaben
Die Aufgaben gestalten sich anfangs recht konventionell: Damit Willy überhaupt nach Bone Town reisen kann, braucht er ein Beförderungsmittel. Er wählt sein Fahrrad, das aber in seine Einzelteile zerlegt im ganzen Haus verstreut ist. Unsere erste Aufgabe besteht darin, die Teile zu finden und auf Basis einer Skizze in der richtigen Reihenfolge zusammenzubauen. Da unser Bewegungsradius eingeschränkt ist, können wir uns nur durch einige Räume im Haus bewegen und dort mit allen möglichen (und unmöglichen) Hotspots interagieren. Natürlich müssen wir, um die einzelnen Teile mitnehmen zu können, die damit verknüpfen Rätsel lösen. Aber auch diese erweisen sich als eher einfach: So müssen wir die beiden Räder an uns nehmen, von denen sich eines auf einem Kleiderschrank versteckt. Wir haben keine Leiter, können aber durch Manipulation des Schranks an das Rad kommen. Ein Sparschwein können wir mit einem passenden Werkzeug öffnen, und wenn wir Sonnenöl verwenden möchten, erhalten wir den Hinweis, dass dieses erst erwärmt werden muss. Da die Auswahl an Wärmequellen eingeschränkt ist, liegt auch hier die Lösung nahe. In Bone Town besteht unsere erste Aufgabe darin, ein Zimmer zu ergattern und anschließend den etwas zwielichtigen Wirt auszutricksen, der uns Zimmer 9 partout nicht geben möchte.
Besonders schwierig ist das alles nicht, auch Neulinge dürfte der zumindest anfangs niedrige Schwiergkeitsgrad nicht abschrecken. Ob die Aufgaben noch anspruchsvoller werden, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Auch das wird erst die Vollversion zeigen.
Es ist nun wirklich nicht leicht, zum jetzigen Zeitpunkt ein seriöses Urteil abzugeben. Dafür ist die Preview etwas zu kurz, dafür sind die zahlreichen Referenzen auch noch zu dominant. Das fertige Adventure kann entweder richtig gut und unterhaltsam werden oder ein weiterer Versuch, die Genialität von 'Monkey Island' erneut aufleben zu lassen. Um der Kreativität der Entwickler willen ist zu hoffen, dass es die erste Variante wird. Potenzial ist nämlich durchaus da, soweit sich das derzeit beurteilen lässt, und Willy selbst ist ein echter Sympathieträger, den man gerne weiter begleiten möchte.
Die Länge des fertigen Spiels ist noch nicht genau absehbar, ebenso wenig der Schwierigkeitsgrad. Bei den Sprechern ist vorsichtiger Optimismus angesagt. Denn wenn alle Sprecher ihre Sache so gut machen wie der des Willy Morgan, dann gibt es in dieser Hinsicht ebenso wenig zu meckern wie bei der gelungenen 2D-Grafik. Wir sind jedenfalls gespannt auf das Endergebnis, das etwa im August 2020 vorliegen dürfte.
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Willy Morgan
- Entwickler
- imaginary Lab
- Publisher
- VLG Publishing
- Release
- 11. August 2020
- Art
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Independent
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- Publisher und Entwickler: imaginary Lab
4 Kommentare
Eine Anmerkung noch: Der letzte Satz im Fazit ist noch unvollständig.