Ihr wolltet schon immer mal echte Detektivarbeit leisten und einen Mörder vor die Staatsanwaltschaft bringen? Und ihn im Anschluss daran vor Gericht für immer in ein dunkles Loch werfen? Dann gibt euch das innovative 'Law & Order: Mord im Central Park' aus dem Hause von Legacy Interactive jetzt die Möglichkeit dazu. Ob es etwas taugt, lest ihr in unserem ausführlichen Test...
TV-Serie in Adventureform
Das Spiel basiert auf einer in den USA recht erfolgreichen Fernsehserie, die Mitte der 90er Jahre auch in Deutschland unter dem Namen 'Die Aufrechten: Aus den Akten der Straße' lief. Dabei ist das First Person Adventure in zwei Teile aufgespalten: Im ersten begleitet ihr Detective Lennie Briscoe auf der Suche nach dem Mörder, sammelt Indizien und verhört Zeugen. Im direkt darauf folgenden Abschnitt geht's in den Gerichtsaal, wo dann mittels intelligenter Argumentation die Geschworenenjury von der Schuld des Angeklagten überzeugt werden muss.
In Teil 1 der Serie (bereits Anfang 2004 soll 'Law & Order 2' erscheinen) haben wir es mit der Ermordung eine Joggerin im New Yorker Central Park zu tun, die ganz nebenbei auch noch ein hohes Tier an der Wall Street ist. Die ersten Hinweise entdecken wir auch sogleich am Ort des Geschehens: Wir sammeln alle möglichen Gegenständen, darunter so viel Abfall, dass man teilweise gar nicht mehr weiß, was man davon gebrauchen könnte, auf und schicken diese dann ans Labor oder an die Untersuchungsabteilung. Im späteren Verlauf des Spiels besuchen wir auch noch die Gerichtsmedizin und versuchen bei Besuchen an der Haustür weitere Informationen aus Nichtspielercharakteren herauszukitzeln, was natürlich nicht immer so einfach ist. So lernen wir unter anderem auch, wie hilfreich Erpressungen manchmal sein können...
Ist der Spieler dann irgendwann an einem Punkt angelangt, an dem er einen Haftbefehl erlassen kann, geht es direkt vor Gericht weiter. Doch dort wird der Prozess erst einmal vertagt und es dürfen wieder Beweise gesucht oder Zeugen befragt werden, bevor der Spieler dann endlich mal Staatsanwalt spielen darf. Zeugen werden vor Gericht verhört, Einsprüche erhoben und ganz am Ende steht das Urteil. Jeweils nach Abschluß jeden Spielabschnitts bekommt ihr anhand einer Prozentzahl mitgeteilt, wie gut ihr eure Arbeit insgesamt erledigt habt.
Wie, mir wird der Fall entzogen?
Allerdings ist es ein langer und steiniger Weg, bis der Mörder verurteilt und für immer hinter Gittern verbannt wurde. Wenn es denn überhaupt so weit kommt. Die wohl größte Schwäche des Spiels sind nämlich zahlreiche Sackgassen, die nicht nur Anfänger, sondern auch Profis frustrieren werden. 'Law & Order' ist generell so aufgebaut, dass dem Spieler die größtmögliche Freiheit gewährt werden soll, was ja recht lobenswert ist. Jedoch gibt es insgesamt zu viele Variablen, so dass es vermutlich sehr oft vorkommen wird, dass man das Spiel komplett neu beginnen muss. Sollte etwa ein Indiz übersehen oder ein Zeuge nicht (richtig) vernommen werden, ist es nahezu unvermeidlich, dass die Ermittlungen ins Leere laufen.
Zwar ist es auch durchaus möglich, dass ihr durch irgendwelche Zufälle auf die Spur eines Unschuldigen kommt und dieser letztendlich vorm Richter landet. Sonderlich wahrscheinlich ist dies allerdings auch nicht. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft das Inventar, das viel zu schnell voll ist, da man im wahrsten Sinne des Wortes jeden Müll aufheben kann. Dummerweise ist es kaum möglich, zwischen brauchbaren Beweisen und Abfall zu unterscheiden, so dass man Gegenstände, die im späteren Spielverlauf noch benötigt werden, beim Aufräumen der Taschen ebenfalls im Schredder landen. Möglichst oft Abspeichern ist hier also mehr als nur ein gutgemeinter Rat.
Für eure Ermittlungen habt ihr im ersten Spielabschnitt sieben virtuelle Tage Zeit, was anfänglich auszureichen scheint. Mit fortschreitender Spieldauer fällt jedoch auf, dass es keine feste Regel für den Ablauf der Zeit gibt. Steht ihr in Realzeit einmal 30 Minuten im Büro herum, vergeht im Spiel nicht eine Sekunde. Begebt ihr euch aber beispielsweise auf den unglaublich langen Weg zu einem Zeugen, der zwei Straßen weiter wohnt, sind ganz schnell 15 virtuelle Minuten vorbei. Angenommen der Spieler ist auf der Suche nach irgendeinem für den Fall relevanten Objekt und sucht jeden auf der Stadtkarte anwählbaren Ort nacheinander ab, hat man oft schon so viel Zeit verbraucht, dass der Fall unlösbar wird. Andererseits gibt es beim Spielen mit der Komplettlösung, die praktischerweise direkt mitgeliefert wird und deren ausführliches Studium ich durchaus empfehle, oft Leerlauf. Wenn man beispielsweise auf Ergebnisse aus dem Labor wartet und momentan nichts anderes zun tun hat, darf man etliche Spielorte abklappern, damit bloß die Zeit schneller vergeht und wir unsere Ergebnisse bekommen. Ganz toll.
Technik aus den 90ern
Abgesehen von den Gameplay-Macken, ist auch die in 'Law & Order' verwendete Technik nicht mehr auf dem neuesten Stand. Grafisch erwartet euch ein Gemisch von matschigen Texturen, unscharfen Hintergründen und nicht immer weichen Animationen. Einige Zwischensequenzen laufen auch nicht ganz störungsfrei ab, stocken ab und zu sogar. Die Auflösung beträgt 640*480 Pixel, und der Spieler kann zwischen zwei Stufen der Grafikqualität wählen. Der Unterschied: Die Ressourcen sparende Version sieht noch bescheidener aus. Sowas sollte im Jahre 2003 besser machbar sein und ist nicht wirklich akzeptabel.
Den deutlich schwerwiegenderen Faux-Pás leistete sich The Adventure Company jedoch bei der Musik und der Sprachausgabe des Spiels. Dudelt erstere mehr oder weniger unauffällig im Hintergrund, ohne auch nur irgendetwas Besonderes zu besitzen, wünscht sich ein eigentlich recht leidensfähiger Redakteur bei der Sprachausgabe, dass man diese doch auf Englisch gelassen hätte. Die gesamte Übersetzung von 'Law & Order' wurde aus Kostengründen in den Vereinigen Staaten erledigt, was prinzipiell ja nicht schlecht sein muss. Doch spätestens nachdem ich bei fünf unterschiedlichen Charakteren den beinahe identischen österreichisch-bayrischen Akzent gehört hatte, war ich kurz davor nur noch mit Untertiteln weiterzuspielen. Die gibt es aber leider nicht. Und wenn, dann wären sie vermutlich genau wie zahlreiche Dialoge und andere Texte voll mit Rechtschreib- und Grammatikfehlern (ein Beispiel wäre "Hat" statt "Haben").
Einfaches Interface
Positiv zu vermerken ist hingegen das sehr intuitive und einfache Interface. Via Point & Click werden Gegenstände aufgehoben und die einzelnen Spielorte gewechselt, die Tastatur wird lediglich zu einem Zweck benötigt: Durch einen Druck auf die Leertaste taucht am unteren Bildschirmrand eine kleine Leiste auf. Darüber können wir unter anderem unser Handy, mit dem uns Fortschritte aus den einzelnen Untersuchungsabteilungen mitgeteilt oder kleinere Tipps gegeben werden, und auch eine Karte der Stadt, auf der alle relevanten Orte aufgezeichnet sind, auswählen. Und selbstverstänlich darf auch das Inventar nicht fehlen, das als Aktenkoffer dargestellt wird: Dort finden wir auf der linken Bildschirmhälfte alle eingesammelten Objekte (wozu auch unsere Zeugen gehören), auf der rechten können wir diese Objekte in vier unterschiedliche Karteikarten stecken, um sie ins Labor oder in die Untersuchungsabteilung zu schicken, Zeugen dürfen wir entweder zu einem Besuch bei der Polizeipsychologin einladen oder beschatten lassen. Mit Fortschreiten des Spiels kommen dann noch vier weitere Karteikarten hinzu, die vor allem im Hinblick auf die Gerichtsverhandlung relevant sind.
Sonstiges
'Law & Order' wird in einer DVD-Box mit 2 CDs ausgeliefert, und neben dem Handbuch ist auch auch gleich noch das offzielle Lösungsheft enthalten. Doch auch dieses enthält leider einen kleinen Fehler: Als Passwort von Bart Cochrans Latop wird "BERMDA" angegeben, in der deutschen Version entriegelt man den Rechner aber durch Eingabe von "Monique" (Spoiler: Zum Lesen markieren)
'Law & Order' könnte aufgrund seiner innovativen Spielidee ein wirklich gutes Adventure sein. Doch technische Mängel und einige üble Schnitzer im Gameplay lassen es zu einem Durchschnittstitel verkommen, was ich persönlich wirklich sehr bedauere. Ich verstehe auch nicht, warum The Adventure Company beinahe regelmäßig die Übersetzung der Spiele in den Sand setzt, wodurch schon sehr viel an Atmosphäre verloren geht. Lobenswert ist hingegen die kostenlose Dreingabe des offiziellen Lösungsbuches, was auf jeden Fall recht nützlich ist - nur sollte dann auch die Frage erlaubt sein, ob die durchgängige Verwendung einer Hilfe wirklich der Sinn eines Adventures ist. Zu empfehlen ist das Spiel für jeden, der mal eine neue Erfahrung im Bereich des Adventuregenres machen möchte und über einige Macken hinwegsehen kann. Bleibt zu hoffen, dass Legacy Interactive aus den Fehlern lernt und zu Beginn des Jahres mit 'Law & Order II' einen ausgereifteren Nachfolger in die Händlerregale bringt.
-
Law & Order: Mord im Central Park
- Entwickler
- Legacy Interactive
- Publisher
- The Adventure Company
- Release
- 8. September 2003
- Webseite
- http://lawandorder.tacgames.com
- Sprachen
-
- Systeme
-
- Stichwörter
- Law & Order bei Amazon kaufen (Affiliate-Link)