'Devotion' kam schon im Februar 2019 heraus und verschwand kurz darauf wegen Winnie Pooh-Vergleichen zum chinesischen Präsidenten Xi Jinping wieder. Nun ist es direkt beim taiwanischen Entwicklungsstudio ganz ohne DRM direkt erhältlich. Die ersten Reviews damals waren begeistert und schon das Vorgänger-Spiel 'Detention' zeigte, dass sie Horror-Adventures können. Grund genug, die grob drei- bis dreieinhalb Stunden zu spielen und einen Blick in die taiwanische Kultur sowie die Religion hineinzuwerfen. Dabei geht es eigentlich um eine Familie aus den 80er Jahren, die in Taipei lebt. Eigentlich läuft alles gut. Schauen wir uns in der folgenden Review an, was es dann zum Horror macht.
Krankheit, Spiritualismus und Körper-Horror: eine ganz normale Familie
Wir schlüpfen in die Haut des weniger erfolgreichen Drehbuchautoren Du Feng Yu. Seine Ehefrau Gong Li Fang und seine Tochter Du Mei Shin spielen die prominenten Nebenrollen. Als letztere geboren wurde, gab Li Fang ihre bis dahin erfolgreiche Karriere als Sängerin auf, um sich um die Erziehung zu kümmern. Es handelt sich also um eine typisch konservative Familie der 80er Jahre. Der weniger erfolgreiche Mann sollte für das finanzielle Wohl der Familie sorgen. Nun kommen die Probleme: Er schafft es nicht, erfolgreich zu sein, die Tochter Mei Shin ist ein kleines Gesangs-Wunderkind, leidet aber an einer mysteriösen Krankheit und die Ehe verliert sämtliche Harmonie. Wie es das Drama so will, folgt ein Kinder-Gesangswettbewerb, bei dem Mei Shin um einen Punkt nicht in die nächste Runde aufsteigt. Ab jetzt springen wir zwischen den Jahren 1980, 1985, 1986 und 1987 hin und her und begleiten das Schicksal der Familie. Der Horror kommt aus der namensgebenden 'Devotion': Hingebung oder aus dem Chinesischen „einen Schwur erfüllen“. Es wird kultisch und unheimlich.
Horror über Körper und Stimmung
Jump-Scares findet man im Spiel nur sehr wenige. Ganz zu Beginn gibt es prominent einen etwas heftigeren Schockmoment, aber später wird es eher unheimlich bis gruselig. Dabei setzt Red Candle Games auf leblose Holzpuppen als Figuren, die unnatürlich und deswegen auch gruselig wirken. Später geht es dann auch noch um Verstümmelung in Ritualen. Das ist der physikalische Aspekt des Horrors. Da es sich aber zum großen Teil um ein Familien-Drama mit den einhergehenden psychischen Problemen handelt, ist der psychologische Aspekt nicht von der Hand zu weisen.
Prinzipiell spielt 'Devotion' fast ausschließlich im eigenen Familien-Apartment in Taipei. Mit der Zeit und auch mit dem psychischen Zustand Feng Yus ändert sich diese Umgebung aber gewaltig. Das zeugt vom geistigen und sozialen Verfall des Protagonisten. Dazu kommen übernatürliche Elemente aus dem Kultischen und auch eine monsterhafte Frau, die uns immer wieder verfolgt. Einfache Fluchtpassagen sind deswegen auch Teil des Spiels. Die wirken unheimlich, sind jedoch nicht schwer. Man kann im Adventure auch nicht schleichen oder laufen. Die Geschwindigkeit ist stets vorgegeben, was diese Sequenz noch leichter macht.
Fokus auf Story und beeindruckende Atmosphäre
'Devotion' ist ein klassisches Ambience Action Game – abfällig gerne auch Walking Simulator genannt. Wir können uns frei in einem Stockwerk eines Apartment-Gebäudes bewegen. Jeder Gang bzw. jede Wohnung repräsentiert dabei einen Zeitabschnitt der Familie. Die Mitte vor dem Aufzug stellt einen zentralen Hub dar, zu dem wir immer wieder zurückkehren. Wir interagieren mit Gegenständen, lesen Notizen oder Zeitungsausschnitte und sehen uns Zeichnungen oder einzelne Gegenstände an. Manche nimmt man auf und braucht sie, um in der Geschichte voranzukommen: Eine Kamera aus einem Jahres-Abschnitt benötigen wir beispielsweise in einem anderen Jahr, um ein Bild aufzunehmen, das wieder an anderer Stelle auftaucht.
All das ist jedoch eigentlich Nebensache. Das Spiel konzentriert sich sehr stark auf die Geschichte und die Interpretation derer. Es erklärt wenig, sondern zeigt Ereignisse (zeigen, nicht erzählen) und lässt uns die Geschichte samt deren Ausgang interpretieren. Dazu kommt eine äußerst gruselige Stimmung, die teilweise grafisch ausgezeichnet inszeniert ist. An manchen Stellen merkt man aber das kleine Team, und manche Texturen und Objekte können da nicht ganz mit der Qualität mithalten. Insgesamt wirken die Räumlichkeiten und die Gegenstände in diesen aber so authentisch, dass man sehr gut in das Spiel und dessen Atmosphäre hineingezogen wird. Dazu wird in 'Devotion' viel mit Lichtstimmung gearbeitet, weshalb wir auch in dunkeln Ecken, um etwas erkennen zu können, ein Feuerzeug als Lichtquelle brauchen. Die Tonebene wird ebenso ins Zentrum gerückt, denn mit Kopfhörern wird so ein schöner Raumklang erzeugt, und Klopfen oder Alltagsgeräusche lassen zwischendurch auch einmal einen Schauer über den Rücken laufen. Weil wir bei Geräuschen sind, sei auch gesagt, dass das Spiel mit chinesischer Sprachausgabe daherkommt und nur englische, japanische, traditionell chinesische, vereinfachte chinesische und koreanische Untertitel hat.
Technischer Zustand
Bezüglich der Technik muss hier transparent gesagt werden, dass die Review u. a. wegen einem Bug verzögert wurde. Der Protagonist fiel beim Laden immer wieder durch den Boden. Es sei erwähnt, dass das mittlerweile gepatcht ist und nach kurzem Mailverkehr mit dem offiziellen Support auch eine Programmiererin direkt den Speicherstand gepatcht hat. Auch das Spiel selbst wurde in der Download-Version aktualisiert. Durch die DRM-freie Installation bekommt man jedoch auch keine Patches mit und es lohnt sich bei Problemen, das Spiel einfach mal neu runterzuladen und nochmal zu probieren. Mit der großartigen Atmosphäre und sehr spannenden Familiengeschichte kann die Technik deswegen nicht ganz mithalten.
'Devotion' ist schon großartig. Man merkt ein wenig, dass es zwei Jahre alt ist und nicht das größte Budget hatte, aber das Thema rund um den Familienkonflikt und psychische Erkrankungen ist äußerst gelungen dargestellt. Wie der Name schon sagt, schaffen kultisch-religiöse Aspekte den nötigen Horror. Insgesamt ist es so ein sehr kurzweiliges Spiel, das man auch mal an einem Abend durchspielen kann. First Person psychologisches Horror-Adventure klingt zwar so generisch wie es nur geht, aber wird hier tatsächlich meisterhaft umgesetzt. Großteils als Kammerspiel umgesetzt, erzeugt es eine sehr dichte Atmosphäre und es ist in den Auswirkungen auf die Familie geradezu furchteinflößend. Man müsste nur hoffen, dass man Red Candle Games mehr Budget gibt, damit die nächsten Spiele in technischer Qualität noch nachziehen können und möglicherweise auch breitenwirksamer vermarktet wird. Da es länger nicht erhältlich war, ist es so eine versteckte Perle, die Horror-Fans und Freunde ostasiatischer Kultur unbedingt spielen sollten.
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Devotion
- Entwickler
- RedCandle Games
- Publisher
- RedCandle Games
- Release
- 19. Februar 2019
- Webseite
- http://www.redcandlegames.com/devotion/
- Art
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Independent
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
2 Kommentare
Ich hab das damals übersehen und jetzt aber endlich zugegriffen.