Sieben Jahren zuvor wurde das Zombie-Endzeit-Abenteuer 'The Last of Us' auf der PlayStation 3 veröffentlicht. 2014 folgte der Release für die PS4. Das cinematisch inszenierte Action-Adventure zählt zu den wichtigsten Titeln für Sonys Konsolen.
In Erinnerung ist es auch durch ein überaus gewagtes Ende geblieben, welches nun vom Nachfolger erneut aufgegriffen wird. Es empfiehlt sich also, den Vorgänger vor dem Start von 'The Last of Us 2' einmal durchgespielt zu haben. Dadurch kann man jedenfalls besser einschätzen, ob einem das Action-Gameplay überhaupt liegt. Im Test lassen sich gewisse Spoiler bzw. Andeutungen zudem schwer vermeiden. Wir bemühen uns dennoch sehr darum, hier nicht unnötig ins Detail zu gehen.
Erhältlich ist 'The Last of Us 2' von Naughty Dog derzeit für die PlayStation 4 (mit deutscher Vertonung).

5 Jahre später
Die 'The Last of Us'-Reihe von Naughty Dog spielt in den USA nach der Zombie-Apokalypse. Passend zum bedrückenden Endzeit-Setting sind die meisten Gebäude heruntergekommen oder nahezu vollständig durch Pflanzen überwuchert. Nur wenige Menschen haben überlebt. Die Ereignisse des ersten Teils liegen fünf Jahre zurück. Ellie ist jetzt volljährig und Joel versucht sich in einer für ihn sichtlich ungewohnten Vaterrolle. Jedoch ist die Vertrauensbasis sichtlich erschüttert - die Beweggründe dafür erfahren wir erst im Laufe des weiteren Abenteuers (mehr verraten wir nicht).

Bei einer dieser Patrouillen laufen die Dinge jedoch keineswegs nach Plan. Eine feindliche Gruppierung von Menschen hat sich in einem Haus in der Nähe niedergelassen. Unsere junge Protagonistin wird eben dort Augenzeugin einer grausamen Tat. Bald darauf macht sie sich auf den Weg nach Seattle. Sie hat nur ein Ziel: Rache. In der Stadt erweisen sich die Dinge freilich nicht so einfach, denn in den letzten Jahren ist die Zeit dort nicht stehen geblieben.
Gut und Böse wird aufgeweicht...
'The Last of Us 2' ist bemüht, dem Spieler mehrere Blickwinkel zu vermitteln. Die menschlichen Gegner sind oft nicht "schlechter" als Ellie (manche verhalten sich sogar reifer). Vielmehr versucht jeder Überlebende auf seine Art mit dieser rohen Welt umzugehen und einen Funken Menschlichkeit zu wahren.
Findet ein Gegner die Leiche eines Kollegen, oder einer Kollegin, dann folgt oft eine emotionale Reaktion. Teilweise erfährt man dabei sogar den Namen des Opfers. Selbst der Verlust eines Wachhundes macht sich in vergleichbarer Form bemerkbar. Wer gründlich erkundet, der stolpert darüber hinaus über einige Notizen die ebenfalls verdeutlichen, dass wir nicht nur schlechte Menschen auf dem Gewissen haben. Manchmal spricht uns das verwundete Opfer sogar direkt an, was beim letzten Schuss für ein mulmiges Gefühl sorgt.

Natürlich ist es sinnvoll, auf eine billige Freund-Feind-Story zu verzichten. Natürlich sollte man in einem solchen Spiel zur Reflektion anregen. Es ist aus unserer Sicht jedoch fraglich, ob der ständige Verweis darauf die gewünschte Wirkung hat, wenn man gefühlt keinen Einfluss darauf hat. Im Gegenteil, man sieht sich nur mit noch mehr Grausamkeit konfrontiert. Ich persönlich hätte Ellie spätestens zur Halbzeit am liebsten heimschicken wollen. Diese Option fehlt leider. Irgendwann habe ich mich mit der Brutalität einfach abgefunden, weil das Spiel eben so tickt.
Der höchst erfolgreiche Vorgänger zeichnete u.a. dadurch aus, dass die Beziehung zwischen Joel und Ellie sich behutsam entwickelt. Als Spieler konnte ich mich stets hervorragend in beide Figuren hineinversetzen. Zudem war der spannende Mix aus Roadmovie und Survival stärker ausgeprägt. Ähnlich interessante Charakterentwicklungen fehlen dem Nachfolger etwas. Selbst das Gameplay ist vergleichsweise weniger subtil, da die reinen Action-Elemente mehr in den Mittelpunkt rücken.
Stealth, Ballern, Exploration und Rätsel

Wer voreilig ins Gefecht startet, dem geht vielleicht im denkbar ungünstigsten Moment die Munition aus, oder die Spielfigur muss nachladen bzw. die Waffe wechseln, was Zeit kostet und fatal enden kann. Stattdessen ist der einfachste Weg, die Gegnerzahl heimlich zu dezimieren. Ellie wirkt zwar nicht enorm kräftig, aber sie kann die meisten Gegner und einfache Zombies durch einen geschickten Griff von hinten überwältigen (und nebenbei noch zig Waffen, Munition und Bomben mit sich rumschleppen...). Nur ist 'The Last of Us 2' gefühlt actionlastiger und das Survival-Flair kommt etwas weniger stark zur Geltung.
Passend zum Endzeit-Setting gibt es oft keinen Strom und wir müssen uns mittels Taschenlampe behelfen. Im Gegensatz zu anderen Spielen benötigt man diese tatsächlich, da es ungemein finster werden kann. Zugleich alarmiert das Licht der Lampe die Gegner - Vorsicht ist zu empfehlen. Insbesondere in dunklen Gängen ist 'The Last of Us 2' jedenfalls nichts für schwache Nerven und die bedrohliche Geräuschkulisse leistet dort einen hervorragenden Job.

Manche Fundorte sind an Rätsel gekoppelt. Ist das Kabel vom Generator zu kurz, wirft man ihn z.B. nur an der passenden Stelle über den Zaun, um einen kürzeren Zugang zu finden. Oder man platziert ein Seil woanders, um sich damit hinterher zu einem abgesperrten Bereich zu schwingen. Insbesondere in der ersten Spielhälfte ist das teils sehr unterhaltsam implementiert, danach geht es allerdings zusehends unter, denn die Action rückt in den Mittelpunkt. Wer die Aufgaben lieber alleine löst, der sollte gleich zu Beginn die Hilfefunktion deaktivieren.
Technisch hervorragende Umsetzung
Wie von Naughty Dog gewohnt, reizt das AAA-Studio bei der technischen Umsetzung die Möglichkeiten der aktuellen Konsolengeneration von Sony komplett aus. Diesbezüglich gesellt es sich zu Hits wie 'Red Dead Redemption 2', 'Uncharted 4' und 'God of War' dazu. Lange Ladezeiten gibt es v.a. beim Start des Spiels, danach läuft 'The Last of Us 2' selbst auf der herkömmlichen PlayStation 4 (damit haben wir das Sequel getestet) flüssig und kommt bei vielen Gegnern kaum ins Schwitzen.

Zuletzt geht die Controller-Steuerung in den meisten Situationen prima von der Hand. Nervig wird es lediglich dann, wenn einem im Gefecht die Munition ausgeht und man beim Hin- und Herflüchten neue Patronen oder Pfeile basteln möchte. Grundsätzlich hat sich beim Stealth- und Baller-Gameplay ohnehin kaum etwas geändert, verglichen mit dem Vorgänger oder der Uncharted-Reihe. Wer sich damit gut anfreunden konnte, der wird wenig Anlaufprobleme haben. Da es mehrere Schwierigkeitsgrade gibt, sollten sich selbst weniger erfahrene Spieler über weite Strecken gut zurechtfinden können.
Eins vorweg: bei meinem Fazit schwingen sehr gemischte Gefühle mit. 'Last of Us 2' ist in mancher Hinsicht wie eine etwas in die Länge gezogene Nachbetrachtung zu den Ereignissen des ersten Teils. Eine kritische Betrachtung, die in dieser Form nicht notwendig sein sollte. Gleichzeitig deuten manche übertriebene Fan-Reaktionen darauf hin, dass es schon Sinn macht, diese Thematik erneut aufzurollen.
Für mich hatte der subtilere Zugang des (großartigen) ersten Teils jedoch mehr Wirkung – am Ende davon war ich schockiert und betroffen, gleichzeitig konnte ich gewisse Entscheidungen auf emotionaler Ebene irgendwo doch nachvollziehen. Mich lädt das mehr zum Denken ein, als die Gewaltorgie des Sequels.
Dass Gewalt zu Gewalt führt, das sollte eigentlich keine Überraschung mehr sein. Nur wozu friedlich agieren, wenn die Spielfigur im Sequel so oder so kein gutes Vorbild abgibt? Ab einem gewissen Punkt habe ich mich von der Gewalt emotional losgekoppelt. Mit den sehr waghalsigen Entscheidungen der Akteure konnte ich selten viel anfangen. Bei einer Spielzeit von etwa um die 25 Stunden (je nach Spielweise) wird das auf Dauer eventuell mühsam. 8 bis 10 Stunden weniger wären für meinen Geschmack besser gewesen.
Dafür überzeugt das Gameplay: Die Exploration ist phasenweise hervorragend und selbst die Rätselelemente haben mir mächtig Spaß gemacht (davon hätte es ruhig noch mehr geben können). Auch die unheimliche Atmosphäre zwischendurch ist oft klasse umgesetzt. Durch die dunklen Gemäuer schleichen ist mitunter echt nichts für schwache Nerven.
Natürlich sind viele dieser Eindrücke subjektiv. Wem die Story gefällt, der wird v.a. als Fan von Naughty Dog voll auf die Kosten kommen und ein tolles Spiel erleben. Wer hingegen vergleichbare Problem hat, auf den wartet eher eine Enttäuschung - die Latte bei diesem AAA-Studio liegt auch einfach enorm hoch. Angesichts all dieser Punkte verzichten wir diesmal auf eine Wertung.
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The Last of Us 2
- Entwickler
- Naughty Dog
- Publisher
- Sony
- Release
- 19. Juni 2020
- Spielzeit
- 20 bis 30 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- https://www.playstation.com/en-us/games/the-last-of-us-part-ii-ps4/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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7 Kommentare
Muss ich spielen. Mal sehen, wann.
Ein absolut grandioses bombastisches Spiel das auch noch ein 3 und 4 mal von mir gezockt wird.
Dann hat man man vielleicht die Liebe zu der raubeinigen Hauptfigur unterschätzt. Viele haben sicher gehofft, dass sie ihn wieder spielen können.
Ein schlechtes Spiel ist es am Ende sicher nicht geworden. Ich habe es gerne gespielt, mich aber weniger an den beiden Hauptfiguren als mehr an der Präsentation und dem Spiel selbst erfreut.
Das Spiel ist auch eine Reaktion auf die gesellschaftlichen Umbrüche seit Metoo & Co. Da arbeitet es sehr oft mit dem Holzhammer und wird dadurch an einigen Stellen sehr platt. Das hätte man intelligenter machen können.
Teil 1 war da etwas subtiler und in seiner Zeit auch besser.
Dennoch überdurchschnittlich gutes Spiel, sofern man es aus der Spielersicht betrachtet. Dramaturgisch unterfordert es den Zuseher oft. Und kitschig ist es leider auch gelegentlich.