Zu Beginn des Jahres unterzogen wir 'Dark Fall: Lost Souls' einem ersten Härtetest, indem wir die internationale Version mit der noch englischen Sprachausgabe genauer unter die Lupe nahmen. Seitdem hat sich wieder einiges getan, denn die deutsche Lokalisation ist endlich abgeschlossen und das Spiel somit auch hierzulande im Handel angekommen. Im dritten Ableger der 'Dark Fall'-Reihe möchte Jonathan Boakes das Kapitel, das einst im Jahre 2003 begann, zu Ende führen und kehrt diesbezüglich noch einmal an den Schauplatz des ersten Teils zurück. Ob dieses Unterfangen auch in der hier beheimateten Sprache überzeugen kann, verraten wir in unserem Nachtest.

Hinweis: Spielerisch birgt die lokalisierte Fassung keinerlei Unterschiede zur internationalen Version. Aus diesem Grund richten wir den Fokus in unserem Nachtest hauptsächlich auf die veränderten Bereiche, bestehend aus den übersetzten Texten und Dokumenten und der neuen Synchronisation. Die weiteren Aspekte des Spiels werden in unserem ersten Review detaillierter betrachtet.
Das Ganze noch einmal auf Anfang
Wieder einmal starten die Geschehnisse im dunklen Bahnhofstunnel der Dowerton-Bahnstation. Auf der Suche nach der vor 5 Jahren verschwundenen Amy Haven begibt sich der namenlose Inspektor erneut an diesen schaurigen und verlassen wirkenden Ort, der schon im ersten 'Dark Fall' als Schauplatz des Geschehens diente. Der inzwischen suspendierte Ermittler verdächtigt nach diesem langen Zeitraum auch weiterhin den Landstreicher Mr. Bones, die kleine Amy damals entführt zu haben. Aufgrund seiner morbiden Vorliebe, tote Tierkadaver aufzusammeln, deren Haut abzuziehen und ihnen das Fleisch von den Knochen zu kochen, erlangte er in der abgelegenen englischen Provinz gewisse Bekanntheit und seinen überaus passenden Spitznamen. Für den Inspektor war schon damals klar - es kann gar keinen anderen Täter geben, als ihn. Um diese Annahme zu untermauern, schreckte er nicht einmal davor zurück, belastende Beweise zu platzieren und zu fälschen. Eine örtliche Tageszeitung konnte diesem Treiben allerdings einen Riegel vorschieben, was die endgültige Demontage des Inspektors und die Freilassung von Mr. Bones zur Folge hatte. Die junge Amy hingegen blieb verschwunden…
Alles beim Alten
Sowohl Grafik, Steuerung und Gameplay haben sich seit dem internationalen Release nicht verändert. Die Bahnstation und das angrenzende Hotel sind gemäß des heruntergekommenen Zustands düster gehalten und meist nur schwach ausgeleuchtet. Abhilfe in besonders dunklen Bereichen schafft das praktische Multifunktionstelefon des Inspektors, welches nicht nur als Menü, sondern auch als Taschenlampe dient. Gesteuert wird durch die vorgerenderten Hintergründe aus bekannter First-Person-Ansicht, und zwar immer von Bild zu Bild. Drehungen sind nur in vom Spiel festgelegten Schritten möglich, freies Umsehen steht damit nicht Auswahl. Dafür ist es aber auch das ein oder andere Mal notwendig, den Blick gen Boden oder Decke zu richten, um keine wichtigen Hinweise zu übersehen. Und auch an der Rätselkost hat sich indes nichts verändert. Dialogrätsel bei der Interaktion mit Verstorbenen und deren zurückgebliebenen Seelen, das Zusammensetzen zerrissener Schriftstücke, diverse Inventarrätsel oder die richtige Deutung von Hinweisen bieten für fast alle Rätselvorlieben ausreichend Raum zur Entfaltung. Ebenfalls in die lokalisierte Fassung geschafft haben es leidlicherweise die schon damals aufgetretenen Abstürze, wenn das Spiel in diversen Situationen einfriert und keinerlei Reaktion mehr zeigt. Hier wurde eindeutig eine Chance vertan, diese ärgerlichen Fehler in den vergangenen Monaten auszumerzen.
Sinnvolle Betonung? Was ist das?
Doch wäre keine lokalisierte Version notwendig, wenn sich gar nichts verändert hätte. Selbstverständlich wurden alle wichtigen Dokumente im Spiel in die deutsche Sprache übersetzt, und das in der Regel auch gut. Rechtschreibfehler oder sinnfreie Übersetzungen werden dem Spieler somit zumindest in weiten Teilen kaum über den Weg laufen. Im Gegensatz dazu stehen die Kurznachrichten, die der Inspektor in unregelmäßigen Abständen von einer unbekannten, als ECHO bezeichneten Person auf seinem Mobiltelefon empfängt. Offensichtlich hat man versucht, die in den Nachrichten versteckten Botschaften möglichst sinngemäß in die deutsche Sprache zu transportieren. Dabei verlieren die nur oberflächlich betrachteten Nachrichten selbst ein wenig an Sinn und auch die versteckten Wortspiele, die gerade den besonderen Reiz ausmachen, weisen hin und wieder Fehler auf. Ohne zu viel verraten zu wollen, verbirgt sich hinter der besonderen Schreibweise in den Mitteilungen ein bestimmtes Muster. Bei der Übersetzung wurde in vielen Fällen - zum Glück nicht durchgehend - aber auf eine korrekte deutsche Schreibweise geachtet, die damit aber das eigentliche Muster zerstört. Das sonst spaßige Entschlüsseln ist dadurch weit undurchsichtiger, als dies noch im englischen Gegenstück der Fall war.
Der größte Kritikpunkt darf allerdings zweifelsfrei den überaus dürftigen deutschen Sprechern zugeordnet werden, die quasi in allen Bereichen eine erheblich schwächere Darbietung abliefern, als ihre englischsprachigen Pendants. Zwar übten wir schon damals leichte Kritik an der etwas gekünstelt wirkenden Stimme des Inspektors, doch wäre eine derartige Umschreibung beim deutschen Vertreter die Untertreibung des Jahrhunderts. Die Synchronisierung des Protagonisten ist an Lächerlichkeit kaum zu überbieten. Die haarsträubende Betonung erinnert viel mehr an einen untalentierten und übertrieben künstlich agierenden Laienschauspieler am Theater als an eine Hauptfigur in einer gruseligen Geistergeschichte. Kein einziger Satz wird auch nur annähernd so gesprochen, wie dies von einer real existierenden Person zu erwarten wäre - außer betroffene Person leidet unter den Folgen mehrerer harter Schläge auf den Schädel und einer damit verbundenen Sprachstörung. Selbst die Einbeziehung seines körperlichen Zustandes, der Inspektor ist mit einer Flasche Vodka und einigen Tabletten im Gepäck angereist, kann diese magere Vorstellung nicht wirklich erklären. Statt den Spieler in die Handlung hineinzuziehen, bewirkt die verkorkste Sprachausgabe eigentlich genau das Gegenteil, so wirkt das Spiel in den Sprechpassagen eher humoristisch als gruselig. Für ein Horror-Adventure nicht unbedingt die Reaktion, die auf der Wunschliste des Autors ganz oben stehen sollte. Glücklicherweise fallen die restlichen Sprecher nicht derart weit vom Original ab, sind aber dennoch in der Regel als eine Kategorie schwächer zu bewerten. Ein Kritikpunkt, der schon im letzten Adventure von Jonathan Boakes, 'The Lost Crown', bemängelt wurde und hier seine Fortsetzung findet.
Noch als kleine Anmerkung für Spielesammler: Freilich wurde auch das Handbuch einer kleinen Auffrischung unterzogen. Dabei beschränkte man sich allerdings ausschließlich auf das Übersetzen der zugrundeliegenden Texte. Viel falsch gemacht hat man damit sicherlich nicht, wenn auch die neuen Sprecher trotz der überschaubaren Leistung durchaus Erwähnung hätten finden können. Ein Wendecover gehört leider nicht zum Umfang, weshalb mit einem übergroßen USK-Logo auf der Verpackung vorlieb genommen werden muss.
Grundsätzlich hat sich an 'Dark Fall: Lost Souls' seit dem internationalen Release nicht allzu viel verändert. Die beibehaltenen Gesichtspunkte wie Grafik, Sound und Atmosphäre sind sehr stimmungsgeladen, die Rätsel meist gelungen und die Steuerung zwar ein wenig umständlich, aber noch in einem akzeptablen Rahmen. Dennoch leidet die deutsche Version gerade unter der deutlich schwächelnden Synchronisation. Diese reißt entgegen der eigentlichen Absicht immer wieder aus der schaurig düsteren Welt und wirkt unfreiwillig komisch. Wer der englischen Sprache mächtig ist und nicht unbedingt Adventures in der eigenen Muttersprache spielen muss, sollte lieber zu der wesentlich besser synchronisierten internationalen Version greifen. Bei der lokalisierten Fassung müssen hingegen einige Abstriche in Kauf genommen werden, die den Spielspaß zwar nicht zerstören, aber dennoch merklich mindern. Trotz manch negativer Aspekte ist der dritte und letzte Teil der 'Dark Fall'-Reihe besonders für Horror-Fans einen genaueren Blick wert.
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Dark Fall 3: Lost Souls
- Entwickler
- Darkling Room
- Publisher
- KOCH Media
- Release
- 9. April 2010
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.darkfallgames.com/
- Sprachen
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