'Chaos auf Deponia' ist eines der Adventures auf das dieses Jahr wohl fast alle Adventure-Fans gewartet haben und die Wartezeit ist vorbei. Auch dieses Mal wollen Rufus und Goal, zumindest meistens, den Müllplaneten retten und Rufus stolpert wie gewohnt von Problem zu Problem. Wenn es nach Daedalic geht, soll das Spiel nicht nur das Interesse der Fans vom Vorgänger wecken, sondern auch die breite Menge an Spielern ansprechen.. Unser Review soll euch zeigen, ob denn der selbstbewusste Bastler und die Elysianerin mit multiplen Persönlichkeiten diesem Ziel gerecht werden und wir uns auf das nächste Top-Adventure aus Hamburg freuen können.
Hussa, noch einmal von vorn!
Das Spiel beginnt wie gewohnt mit einem Tutorial in einer uns schon bekannten Schrottpreise. Nachdem Rufus diese überstanden hat, präsentiert uns das Intro in Manier eines Dokumentar-Films eine Zusammenfassung der bisherigen Geschichte. Witzig gemacht und sehr positiv für Rufus... Natürlich, seine Nacherzählung an Goal, die sich wieder einmal an nichts erinnern kann. Diese findet das ganze auch etwas unglaubwürdig und wundert sich über ein brennendes Sägeblatt in dem Rettungsboot, mit dem sie und ihr Verlobter sich am Ende von 'Deponia' auf den Weg zur Wolkenstadt Elysium gemacht haben. Das Sägeblatt bedarf einiges an Erklärung und schon befinden wir uns selbst im Spiel und dürfen dieser abstrusen Apparatur selbst den letzten Schliff geben.
Für Basteleien benötigt man einen Hammer, diesen will Rufus sich dann auch von aus dem Vorgänger bekannten Doc ausleihen. Wie bei Rufus gewohnt, geht das jedoch nicht ganz so einfach und unfallfrei und man malträtiert so nebenbei aus Versehen einen kleinen Vogel. Nun gut, alles für die gute Sache! Mit einer „einfachen“ Kettenreaktion startet Rufus sein fliegendes Sägeblatt und er landet schlussendlich im Notboot, wo er auf Goal und ihren Verlobten Cletus trifft. Letzterer ist natürlich nicht gut auf Rufus zu sprechen und bedroht unseren Helden. Es kommt zu einem kleinen Kampf, der für Rufus und Goal mit einem Sturz zurück auf die Planetenoberfläche endet, wo beide ins Wasser fallen. Bei diesem Sturz nimmt Goals Gehirnimplantat Schaden und muss nun von Rufus und dem Doc repariert werden. Seltsamerweise geht auch das schief und Goals Bewusstsein wird auf drei Discs verteilt. Rufus muss die drei Goals wieder vereinen, was gar nicht so leicht ist, denn alle drei Goals müssen vorher erst wieder Vertrauen zu ihm aufbauen.
Vom Blan, Schnabeltieren und Krawall-Goal
Wie bereits in der Einleitung angedeutet, geht es wieder einmal rund auf Deponia. Diesmal spielt das Ganze zum Großteil am schwimmenden Schwarzmarkt. Dieser ist jedoch nicht nur auf einen Screen beschränkt, sondern besteht aus mehreren Orten, vielen Rätseln und herzhaften Dialogen. Die Story entwickelt sich aus 'Deponia' weiter zu einer kleinen Verschwörung, wo man nicht genau weiß, auf welcher Seite man steht. Der guten oder der schlechten Seite? Oder einfach nur für sich selbst?
Hier wird einem bewusst, dass im Hintergrund eigentlich doch ein recht ernster Hintergedanke ist und der lässt einen nach dem Spiel auch kurz in sich hineinhorchen. Wer jetzt glaubt, dass 'Chaos auf Deponia' ein rein ernstes Spiel ist und das Team um Jan Müller-Michaelis den Humor verlernt hat, hat weit gefehlt, denn das Spiel ist spaßig wie eh und je und gewohnt abgedreht. Sei es ein „fränggisch“ angehauchter Charakter, der von Rufus einen „Blan“ haben will, ein Schnabeltier-Verein, den man beitreten will (oder eigentlich nicht), aber muss. Auch Goal entwickelt völlig neue Seiten, denn durch ihre Persönlichkeitsspaltung kann Rufus gemütlich per Fernbedienung zwischen den drei Goals umschalten: Krawall-Goal, Baby-Goal und Lady-Goal. Aber Obacht, jede Goal ist etwas anders, man muss anders mit ihr umgehen und nicht jede mag Rufus sofort.
Zum Witz tragen wieder die bekannten Sprecher bei, es fällt eigentlich kein Sprecher negativ auf, manche bleiben einem noch einige Zeit nach dem Spiel in Erinnerung und man erinnert sich an das eine oder andere Wortspiel. Der Humor ist wie gewohnt auf allerhöchstem Niveau, außer man ist vielleicht Franke und stört sich am bereits angesprochenen fränkisch angehauchten Akzent, dann wird man zumindest diese Passage nur bedingt lustig finden. Für sensible Spieler könnte der Humor manchmal auch eine Spur zu hart sein, wenn beispielsweise Tiere leiden müssen oder Menschen zu Tode kommen. Der Soundtrack hat diesmal nicht nur die Rolle der Hintergrundbeschallung und Atmosphäre, sondern ist auch ein Bestandteil eines Rätsels, denn der ist so rhythmisch, dass sogar die Spielcharaktere am Schwarzmarkt nicht aus diesem Rhythmus kommen. Die gewohnten Kapitel-Überleitungen durch die Stimme von Jan Müller-Michaelis fehlen natürlich auch nicht und bei mancher Strophe muss man sich schon wundern, wie er die Wortspiele und Reime so schnell und ohne Fehler hinbekommt. Kurz gesagt: Die Outtakes wären hier besonders interessant.
Schnabeltier-Bataka
Später im Spiel erkundet man neben dem schwimmenden Schwarzmarkt auch noch andere Gegenden, wie den Nordpol und die Stadt Porta Fisco. Auch hier gibt es einiges zu entdecken, deshalb sind Hotspot-Anzeige und das bequeme Inventar per Mausrad wieder sehr komfortabel und erleichtern so einiges. Wer jedoch das Inventar nicht per Mausrad, sondern per Klick öffnen will, der bekommt gleich zu Beginn des Spiels eine Abfrage, wie man es denn gerne hätte. Später kann man das noch jederzeit im Menü ändern. Wie schon erwähnt fehlt jedoch für die Funktionen des Spiels auch diesmal das witzige Tutorial nicht. Es bleibt bei gewohnt guter Steuerung aus Deponia, d.h. keine Verschlimmerung in Sicht.
'Chaos auf Deponia' hat ein sehr abwechslungsreiches Rätseldesign zu bieten. Manchmal ist es ein Mini-Spiel, die übrigens alle übersprungen werden können, das auf einen wartet; Kombinationsrätsel gehören sowieso zum Standard im Genre. Aber auch die selteneren Dialogrätsel haben es wieder ins Spiel geschafft und genau so eines brilliert auch dadurch, dass man es zuerst einmal macht und dann erst im Nachhinein versteht, dass es ein Rätsel ist. Und schon geht die Knobelei los. Trotz der teilweise schrägen Lösungen ist man jedoch nie ganz auf verlorenem Posten, denn wenn man bei Dialogen und Kommentaren von Rufus genau aufpasst, gibt er dem Spieler meist einen Tipp, wie man das Rätsel lösen könnte. Einfach alles anklicken, anschauen und an-/ besprechen hilft. Actionsequenzen haben es auch ins Spiel geschafft, wobei diese nicht wirklich die Reaktion der Spieler in Frage stellt, sondern einfach nur einen Entscheidungsdruck simulieren. Einmal gibt es ein Gerangel, ein andermal muss man im Schnabeltier-Bataka (eine Art 'Street Fighter') Goal verprügeln, was sich als eine Art Schere/Stein/Papier Rätsel entpuppt. Weil wir gerade dabei sind, auch dieses Spiel gibt es, jedoch wird das hier nicht mit eigenen Händen gespielt, sondern Fingern von Turnierhänden. Schräg, aber witzig.
Auch bei 'Deponia 2' wird es gegen Ende etwas linearer und man kann nicht alle Lösungswege gleichzeitig angehen, trotzdem stört das nicht sonderlich, denn da gibt es auch nun mehr ein großes Ziel und nicht wie zu Beginn drei verschiedene Goals.
Und 2D ist noch immer schick
'Deponia 2' setzt wieder auf eine 2D Engine mit tollen Charakterzeichnungen, eingebettet in wunderschönen Hintergründen. Sowohl die normale Grafik als auch die Zwischensequenzen sind in HD-Qualität und sehen fantastisch aus. Hie und da bewegt sich was, im Hintergrund sieht man einen Gärtner mit einer Schaufel hantieren, oder einen Fischer angeln. Alles in allem absolut stimmig. Diesmal fällt auch das Nachladen nicht auf, keine Aussetzer, kein Ruckeln, alles flüssig (unser Testsystem: Intel Core i7-2700K mit 3,5 GHz, 16 GB RAM, Geforce 580GTX, Windows 7 x64). Auch Bugs und andere Fehler konnten wir keine feststellen.
Not The End
Diese Überschrift prangt auch am Ende des Spiels und es wurde ja auch vor einiger Zeit angekündigt, dass bereits ein dritter und letzter Teil des Adventures in Entwicklung ist. Diesmal wurde zwar einiges aufgeklärt, jedoch bleibt man noch bei einigem im Unklaren und natürlich wurden auch wieder einige neue Fragen aufgeworfen, wie z.B. die Frage, warum man in Heilbronn wohnen sollte? Dazu erfährt Ihr aber mehr, wenn Ihr das Spiel auch bis zu Ende spielt. Rufus und Goal finden zumindest diesmal ein nicht ganz so abruptes Ende wie bei 'Deponia', nichtsdestotrotz freut man sich nach 'Chaos auf Deponia' umso mehr auf den nächsten Teil.
Nachdem bereits vorige Spiele von Daedalic in der Fachpresse Traumwertungen bekommen haben, geht es hier um den nächsten Streich und wenn man nur kurz anspielt, merkt man auch sofort, dass das voll und ganz gelingt. Atmosphäre, Grafik, Dialoge und Humor stimmen alles, nie wird einem langweilig, nie will man aufhören. Mini-Spiele nerven nicht, notfalls überspringt man sie, denn man will unbedingt sehen, wie es mit Rufus und Goal weitergeht. So ging es mir zumindest, denn irgendwann saß ich spät nachts vor dem Adventure und wollte weiterspielen, wenn nicht der Wecker am nächsten Tag geklingelt hätte. Auch ist es eines der wenigen Adventures, bei dem man mit anderen Leuten spricht und nicht einmal ein Wort über irgendwas Negatives fällt, sondern man nur so manches Zitat erwähnt und schon lachen alle Beteiligten. Im Großen und Ganzen ist es gleichauf mit der Qualität von Deponia, nur setzt die Crew um Jan Müller-Michaelis überall noch ein Stückchen drauf, ohne dass die ganze Torte umzufallen scheint (auch wenn Rufus das gerne sehen würde). Zum Schluss nur ganz kurz: Hussa, produziert weiter solche Adventures und liebe Spieler: Kauft!
Fazit von Tobias Maack:
Nach dem genialen Vorgänger stand die Frage im Raum, ob Daedalic da noch einen draufsetzen kann. Die Antwort ist einfach: Ja, sie können. 'Chaos auf Deponia' macht genau da weiter, wo 'Deponia' aufgehört hat. Und das gilt nicht nur für die Geschichte, sondern auch für viele andere Bereiche des Spiels. Die Rätsel sind kniffliger aber gleichzeitig auch runder. Der Humor ist noch eine Spur derber und stellenweise schon grenzwertig - für einige geht er vielleicht auch zu weit. Dennoch geht das Konzept für mich voll und ganz auf und ich kann es wirklich nur schwer erwarten, bis es mit der Geschichte weitergeht.
Fazit von Matthias Glanznig:
'Chaos auf Deponia' zeigt sich vom Start weg bemüht, aus Fehlern zu lernen und macht dabei vieles richtig. Waren die Minigames beim gelungenen Vorgänger vielleicht etwas zäh, so kann man sich bei 'Deponia 2' nicht über fehlende Abwechslung beschweren. Doch auch die weiteren Rätsel bieten mehr Vielfalt und Herausforderung. Oft sind schräge Gedankengänge gefragt, um ans Ziel zu gelangen und einige Lösungen können sehr unorthodox sein. Beim Spielen habe ich mich manchmal an die Sache mit dem Affen und der Pumpe bei 'Monkey Island 2' zurückerinnert. Wenn man einen solchen Ansatz mag, dann könnte 'Deponia 2' eine Goldgrube sein. Ich hätte mir aber einen eher aufbauenden Schwierigkeitsgrad gewünscht. So ist die erste Hälfte wieder knackiger als der Rest und auf härtere Brocken trifft man früh im Spiel. Ähnlich verhielt es sich schon bei 'Deponia'. Die Handlung gefiel mir gut wie zuletzt. Allerdings packt Daedalic so viele gute Ideen ins Spiel, wodurch stellenweise für meinen Geschmack ein bisschen die Linie fehlt. Ursprünglich hatte ich gedacht, Rufus hätte sich mit dem Ende von Teil 1 gebessert. Nun... dem ist nicht so und eigentlich kam er mir sogar noch schlimmer vor. Für mich relativiert das ein bisschen die Bedeutung des Erstlings, dem eine (positive) charakterliche Entwicklung gut gestanden hätte. Die Fortsetzung beugt sich humoristisch außerdem weiter aus dem Fenster als zuletzt und könnte deshalb polarisieren. Mit Obdachlosenwitzen, Blindenwitzen und dergleichen wird sich nicht jeder anfreunden können. Allerdings passen sie zu Rufus Natur und wer den Erstling kennt, der weiß sowieso was es bei dieser Reihe geschlagen hat. Die Todesfälle hätte es aus meiner Sicht in der Regel jedoch nicht gebraucht (bei 'Harveys Neue Augen' haben Vorfälle dieser Art für mich weit besser zum Humor gepasst). 'Chaos auf Deponia' sehe ich in Summe noch nicht ganz auf einer Stufe mit den großen 'Lucas Arts' Klassikern. Es ist aber sehr nahe dran und zeigt eine Steigerung zum starken Vorgänger. Wer sich mit dem Humor und der Art von Logik anfreunden kann, den erwartet wohl eines der besten Adventures der letzten Jahre.
Fazit von Hendrik Busse:
Ohne Vorkenntnisse des ersten Teils wirft 'Deponia 2' den Spieler ein wenig ins kalte Wasser. Die Zusammenfassung der Geschehnisse aus dem ersten Teil ist zu verworren und der Einstieg in Teil Zwei verzichtet auf eine behutsame Einführung sondern steigt gleich volle Pulle ein: Explosionen, Rätsel unter (vermeintlichem) Zeitdruck, Showdown mit dem Bösewicht. Hat man sich aber durch die ersten hektischen Rätsel gekämpft nimmt das Spiel Fahrt raus und gibt dem Spieler Zeit zum Durchatmen. Und ab dem Punkt wirds richtig gut. 'Deponia 2' macht vieles richtig: viel Dialog, witzig (wenn man auf Daedalic typischen Humor steht) schnell wie in einer guten Screwball-Komödie; Clevere Rätsel, die teilweise etwas zu bizarr anmuten und man des öfteren fast verzweifelt; Viele bunte und lustige Charaktere und eine wirklich bezaubernde Grafik. Was man dem Spiel vorwerfen kann ist die teilweise nach Schema F gestrickte Story und die verpasste Gelegenheit in einer so originellen Welt ein wenig mehr über die Hintergründe von Deponia und seinen Bewohnern zu erfahren. Ohne Teil 1 vorher gespielt zu haben geht, dem Gefühl nach, ein bißchen Spielwitz verloren. Das ändert aber nichts daran, dass Daedalic mit 'Deponia 2' wieder ein sehr gutes Adventure gebastelt hat das kein Freund des Genres verpassen sollte.
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Deponia 2: Chaos auf Deponia
- Entwickler
- Daedalic
- Publisher
- Daedalic
- Release
- 12. Oktober 2012
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award • Adventure des Jahres • Adventure des Jahres Redaktionswahl • Die besten Rätsel des Jahres
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.deponia.de/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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