Wer 'The Walking Dead – Season 2' erst spielen möchte, sobald sämtliche Episoden des sehr entscheidungsfreudigen Adventures verfügbar sind, der darf die Warterei seit Dienstag für beendet erklären. Inzwischen ist die Staffel komplett und wie gewohnt haben wir einen möglichst spoilerfreien Test für Euch vorbereitet (so spoilerfrei ein Test zur letzten Episode einer Staffel eben sein kann) – wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte besser gleich zum Fazit springen. Die Wertung bezieht sich übrigens auf die komplette Zombie-Staffel.

Clementine zwischen den Stühlen
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Die Gruppe bewegt sich auf dünnem Eis |
Nun, dieses Problem hatte sie streng genommen schon seit Beginn dieser Geschichte: je prekärer die Situation, desto labiler wird das Gruppengefüge. Zusehends wird es schwerer, es allen recht zu machen und den Zusammenhalt aufrecht zu halten. Kenny hat zwar in einem Baby ein neues Lebensziel gefunden, das hält ihn jedoch nicht davon ab, bei jeder Gelegenheit hochzugehen und immer mehr an Carver zu erinnern. Luke kommt auf seine Art ebenso wenig mit der Situation klar und agiert immer öfter wie ein stures Kind. Und da wäre da noch Jane, die wieder aus der Versenkung auftaucht und wenig Vertrauen in ihre Mitmenschen zeigt. Diese drei sind für Clementine die zentralen Bezugspersonen und ihre Lösung für den Umgang mit dem ausweglos scheinenden Zombie-Dilemma ist jeweils eine andere. Welcher Weg ist richtig? Gibt es überhaupt einen richtigen Weg? Wie hätte Lee gehandelt? Diese Gedanken schwirren durch den jungen Kopf und drehen sich im Kreis. Am Ende warten Antworten und es braucht keinen Hellseher, um zu erraten, dass es ein sehr schmerzhafter Weg dorthin sein wird.
„No Going Back“
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Kenny ist eine tickende Zeitbombe und vertraut nur einer Person |
Der Titel dieser Episode ist Programm, denn ein Zurück gibt es hier nicht: Insbesondere gegen Ende von 'No Going Back' sind drastische Entscheidungen zu treffen, welche zu mehreren alternativen Enden führen, die sich eben nicht bloß im kleinen Detail voneinander unterscheiden. Weil es keine sechste Episode gibt, hat Telltale es klarerweise bedeutend leichter, diesmal mehr spielerische Flexibilität zu bieten, was dem Spiel sehr gut tut. An der Botschaft ändert es im Kern wenig, denn die geht nach 90 Minuten so oder so in eine Richtung. Alles in allem wird in jedem Fall ein würdiger Abschluss geboten, dessen Heftigkeit und Implikation allerdings nicht jedem schmecken dürfte.
Im Schatten des ersten Teils?
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Clementine fühlt sich verloren |
Als Fortsetzung muss die Staffel sich wohl oder übel den Vergleich mit dem erfolgreichen Vorgänger gefallen lassen, der für viele Spieler eine emotionalere Wirkung haben dürfte. Allerdings ist es nicht so, als hätte es die Episoden-Schmiede auf dieselbe Emotionalität abgesehen und angesichts der vorherrschenden Konstellation hätte das nicht gepasst. Stattdessen ist es den Machern zumindest gelungen, das oft strapazierte Zombie-Genre von einer etwas anderen Seite anzupacken, ohne zu einer Kopie zu verkommen. Wenngleich manche Episoden offensichtlich schwer mit der Tatsache zu kämpfen hatten, dass sich hier ein Kind in einer Zombie-Welt zu beweisen hat, konnte 'Among the Ruins' und eben 'No Going Back' erfreulicherweise doch noch das Eisen aus dem Feuer holen. Das liegt sicherlich auch daran, dass Clementine inzwischen deutlich gereift ist und eher in der Lage ist, Verantwortung zu übernehmen und Konsequenzen zu ziehen.
Viele Entscheidungen - kaum Interaktionen
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Die anklickbaren Objekte kann man an einer Hand abzählen |
Was die Umsetzung angeht, gibt es einmal mehr kaum etwas zu kritisieren, denn Grafik, Musik und Sprachausgabe sind von gewohnter Güte. Spielerisch konzentriert sich Telltale beim Finale nahezu ausschließlich auf Dialoge, wirkt jedoch auffällig ideenlos in den wenigen Situationen, in denen eine Portion Interaktivität gefragt ist. Exploration steht in diesem Sinne fast nie an der Tagesordnung und selbst die Quicktime-Momente sind unspektakulär. Einerseits hätte ein QT-schwangeres Showdown im Stil von 'The Wolf Among Us' ohnehin nicht zur jungen Clementine gepasst, andererseits wäre zu wünschen, dass zumindest jene paar interaktiven Momente, die die Macher in den Raum werfen, mehr Saft und nicht nur Alibi-Charakter haben. Dafür sind die Entscheidungen stark gelungen, zumal es in vielen Situationen mehrere Blickwinkel gibt und genau so soll es sein.
Mit der narrativen Auflösung bin ich zufrieden. Sie ist beinhart und passt zum Rest der Geschichte. Gemeinsam mit Clementine sieht man sich vor extreme Entscheidungen gestellt und selbst mit klarer Präferenz sind diese bestimmt nicht leicht zu treffen. Gut, dass die Stärke von Telltale genau hierin liegt, ist kein Geheimnis. Knackpunkt ist für gewöhnlich vielmehr die spielerische Linie und diesbezüglich gibt es wieder Grund zu meckern. Störend fand ich nicht so sehr, dass es abseits verbaler Entscheidungen kaum echte interaktive Elemente gibt, denn die Problematik ist, dass die paar interaktiven Elemente dann so uninspiriert wirken. Da haben es sich die Entwickler für meinen Geschmack zu einfach gemacht. Davon abgesehen kann man mit der Staffel - trotz Höhen und Tiefen - zufrieden sein. Ob sie wirklich besser ist, als der Vorgänger, ist jedoch sicherlich auch eine Geschmacksfrage, Lust auf die dritte Staffel macht sie allemal.
Fazit von Peter Färberböck:
Gibt es überhaupt richtige Entscheidungen in der Zombie-Apokalypse? Welcher imperfekten Konsequenz wollen wir denn folgen und kann Clementine dann überhaupt überleben? Nicht gerade einfache Fragen, aber damit beschäftigt sich die 2. Staffel im Großen und Ganzen - die finale Episode insbesondere. 'The Walking Dead - Season 2' hat es sicher geschafft zu fesseln, war aber dabei nicht ganz so erstklassig wie die erste Staffel. Dies hat wohl mehrere Gründe, die Kritiker der Spiel-Serie schon länger aufzeigen. Sie verkommt noch mehr als vorher zu einem interaktiven Film. Vielen fehlt eine Charakter wie Lee, vermeintlich gut gesinnt, sympathisch und eine Führungsfigur. Und natürlich noch der Faktor, dass es nicht mehr das erste Spiel dieses Prinzips ist. Nichtsdestotrotz hat mich vor allem die letzte Episode von den Entscheidungen und Konsequenzen dezent umgehauen und stößt wieder zum Nachdenken an. Hut ab, Telltale kann hervorragende Geschichten schreiben. Es bleibt aber der Beigeschmack, dass man eigentlich einen interaktiven Film spielt. Das wird nicht jedem liegen, aber die Fans finden hier einen Leckerbissen, der geradezu verschlungen werden wird.
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The Walking Dead 2: Season Two
- Entwickler
- Telltale Games
- Publisher
- Telltale Games
- Release
- 17. Dezember 2013
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.telltalegames.com/walkingdead/
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