Etwas mehr als sechs Jahre sind seit 'The Lost Crown' vergangen. Sechs Jahre, in denen Fans auf einen Nachfolger warten mussten, der - obwohl erstmals für 2010 angekündigt - immer wieder verschoben wurde. Bis 'The Last Crown' dieses Erbe antreten wird, vergehen wohl noch ein paar Wochen, die Serienschöpfer Jonathan Boakes aber mit einem kleinen Halloween-Zwischenstopp versüßen wollte, der uns erstmals wieder in den vertrauten Fischerort Saxton abtauchen lässt. Schließlich verbirgt ein Dorf mit einer derart langen Historie meist mehr als nur ein kleines Geheimnis. Was uns bei 'Midnight Horror' erwartet und ob es ein gelungener Vorspann zu 'Blackenrock' sein kann, verraten wir in unserem Test.

Zurück an alter Stätte
![]() |
Die Zeit des Ausruhens ist vorbei, jetzt werden wieder Geister gejagt |
Einige Monate sind seit den Geschehnissen aus 'The Lost Crown' vergangen und nicht nur für Neu-Geisterjäger Nigel Danvers hat sich das Leben deutlich verändert. Auch die Bewohner von Saxton bekommen die Auswirkungen von Nigels Untersuchungen mittlerweile zu spüren. Für einige Freunde des Paranormalen hat sich das ruhige Fischerdorf zu einer Art Pilgerstätte entwickelt. Davon ist allerdings in 'Midnight Horror' noch nicht viel zu sehen. Saxton wirkt weiterhin wie im Winterschlaf und von der Welt vergessen. Selbst an einem Tag wie Halloween dürfte sich daran nicht viel ändern.
Das ändert sich zumindest ein wenig, als Nigel in seiner Unterkunft Harbor Cottage einen Flyer zu einer Halloween-Party zugesteckt bekommt. Von den neumodischen Partyspielen im Gasthaus "The Bear" ist er jedoch nicht gerade begeistert. Da seine Freundin Lucy allerdings ebenfalls dort arbeitet, bricht er dennoch auf, um sich das Treiben einmal aus nächster Nähe anzusehen. Kaum dort angekommen, kann sich auch Nigel nicht lange dem Festspektakel entziehen, ob nun freiwillig oder nicht. Und dann wartet auch noch etwas anderes auf ihn und seine Fähigkeiten. Schon bald stellt sich heraus, dass „The Bear“ mit seiner weit zurückreichenden Geschichte ebenfalls ein Ort ist, der von ungewöhnlichen Vorkommnissen heimgesucht wird.
Who you gonna call?
![]() |
Die bekannten Gadjets sind auch wieder mit an Bord |
Natürlich erklärt sich Nigel sofort bereit, der ganzen Sache auf den Grund zu gehen und dem Spuk somit hoffentlich ein Ende zu bereiten. Dazu schlendert er zunächst durch das Gasthaus und die nähere Umgebung in Saxton, was sich unverändert zum Vorgänger als klassisches Third-Person-Adventure mit bewährter Point-and-Click-Steuerung gestaltet. Die einzelnen Screens sind übersichtlich gestaltet und interaktive Elemente werden beim Überfahren mit dem Mauszeiger durch ein Lupensymbol hervorgehoben, das uns signalisiert, dass es hier vielleicht etwas interessantes zu entdecken gibt. Gleiches gilt für Ausgänge oder Dialoge, die mittels Pfeilsymbol oder Sprechblase auf die jeweilige Aktion hindeuten. Selbst für Situationen, an denen unser Protagonist einen seiner mitgeführten Gegenstände einsetzen kann ist vorgesorgt. So wird diese Möglichkeit klar mit einem rotierenden Zahnrad kenntlich gemacht.
Zu diesen Gegenständen zählen natürlich auch seine vier Geisterjäger-Gadjets, die ihm bereits in der Vergangenheit mehr als nur einmal einen wertvollen Dienst erwiesen. So stellen sie auch in 'Midnight Horror' wieder ein Highlight des Spiels dar, wurden seit 'The Lost Crown' in der Bedienung aber noch ein wenig weiterentwickelt. Befindet sich Nigel an einem Ort mit übernatürlicher Präsenz, wird als erstes mittels Messgerät das Vorkommen elektromagnetischer Felder untersucht, in dem man den Bildschirm nach der Quelle dieser ungewöhnlichen Abweichung absucht. Anschließend kommt die Nachtsichtkamera zum Einsatz, um mit ihr nach Dingen Ausschau zu halten, die dem menschlichen Auge sonst entgehen würden. Mit ihr kann Nigel nicht nur in Kontakt mit Geistern treten, sondern mitunter auch schon mal einen Blick in eine alternative Zeitlinie erhaschen, was somit noch einmal ein helleres Licht auf längst vergangene Ereignisse fallen lässt. Ein netter Kniff, da Nigel so nicht nur aus verstaubten alten Dokumenten erfährt, was sich vor langer Zeit einmal zugetragen haben könnte, sondern dies sogar mit eigenen Augen bruchstückhaft selbst nacherleben kann.
Wie die Zeit vergeht
![]() |
Das eigentliche Highlight des Spiels - die Suche nach dem Übernatürlichen |
Eine Zeitreise in die Vergangenheit erlebt aber nicht nur unsere Hauptfigur am eigenen Leib: vor allem in Sachen Technik könnte man fast annehmen, das Spiel hätte die letzten Jahre einsam in einer Schublade verbracht und wäre erst kürzlich wieder wie ein Geist aus der Vergangenheit aufgetaucht. Dies beginnt schon bei der Auflösung, die auf maximal 1680x1050 Bildpunkte festgelegt ist und somit bei Full-HD-Geräten für unschöne schwarze Balken in allen Ausrichtungen führt. Bei Geräten, für die selbst dies noch zu viel des Guten ist, bleibt sogar nur abzuwarten, denn Auflösungen unter 1280x960 werden noch nicht unterstützt. Ein Update dazu ist zwar eingeplant, derzeit aber leider noch nicht verfügbar.
Darüber hinaus sind auch die Charaktermodelle und Animationen leider nicht mehr annähernd zeitgemäß - Ein Kritikpunkt, der auch schon bei 'The Lost Crown' laut wurde und der sich leider, trotz der langen Zeitspanne von sechs Jahren, nicht verbessert hat. Überaus schade. Neben dem beibehaltenen markanten Schwarz-Weiß-Stil mit kleinen Farbtupfern, machen zumindest die Sprecher eine ordentliche Figur und agieren auf einem gekonnt guten Niveau. Das ist besonders herauszuheben, da die Entwickler, wie schon im Vorgänger, selbst einige der Rollen übernehmen. Englischkenntnisse werden vorausgesetzt, denn eine deutsche Sprachausgabe oder übersetzte Untertitel sind nicht enthalten.
Idylle in Saxton
![]() |
Zwischenzeitlich versucht sich unser Protagonist auch auf der Tanzfläche |
Wagt man einen weiteren kleinen Blick zurück, dann war einer der großen Pluspunkte beim Vorgänger 'The Lost Crown' zweifelsohne die beklemmende Atmosphäre, während Nigel und Lucy die Umgebung um Saxton erkundeten. Diese vermag in 'Midnight Horror' nicht im gleichen Maße aufkommen, da einerseits aufgrund des Spielumfangs von knapp drei Stunden nicht genügend Raum bleibt, dies entsprechend zu entwickeln, Nigel darüber hinaus aber auch einfach mit zu vielen unwichtigen Nebenaufgaben betraut wird, die nur mäßig zur Kernhandlung beitragen. Ein Tanz-Minispiel zu bewältigen oder eine Katze von Blähungen zu befreien sind Dinge, die vorwiegend an der Spielzeit schrauben. Vor allem die Atmosphäre hätte jedoch sehr davon profitiert, die kurze Zeit, die uns in Saxton bleibt, mehr für die eigentliche Geisterjagd und das Drumherum aufzubringen, das eher dem Kern der Crown-Reihe entspricht und gefühlt zu kurz kommt.
Gerade bei diesen vielen Nebenschauplätzen wird von den Machern versucht, etwas Nicht-Linearität ins Spiel zu bringen, so dass Aufgaben nicht zwangsläufig in einer strikt festgelegten Reihenfolge erledigt werden müssen. Allerdings führt dieser gewisse Grad an Freiheit dazu, dass zwischendurch nicht mehr ganz klar ist, was nun eigentlich noch erledigt werden muss, um in der Handlung voran zu kommen. Zwar hat man meist ein großes Ziel vor Augen, die Schritte dorthin sind allerdings nicht immer eindeutig und stehen gelegentlich in keinem klaren Zusammenhang. Nigel gibt darüber häufig auch keinerlei Hinweise. Die Folge ist ein undurchsichtiges und schlussendlich dann doch wieder sehr lineares Triggering-System, bei dem etwaig noch ein ganz bestimmtes Ereignis vorausgehen muss, damit daraufhin die benötigten Personen zur Interaktion verfügbar werden - wobei genau diese Verknüpfung der vorausgehenden Handlung zu der Konsequenz nicht unbedingt ersichtlich erscheint.
Nach sechs Jahren ist es ein gutes Gefühl, endlich wieder einen Fuß nach Saxton zu setzen. Das Fischerdorf erscheint noch genau so, wie man es einst in seinen Erinnerungen zurückgelassen hat. Zugegebenermaßen war nicht unbedingt davon auszugehen, dass die Geschichte eines drei-Stunden-Abstechers derartige erzählerische Ausmaße annimmt und damit genauso zu fesseln weiß, wie eine sich nach und nach aufbauende Handlung mit all ihren bunten Facetten. Und dennoch verging kaum ein Moment, in dem ich mir nicht mehr Zeit gewünscht hätte, um der eigentlichen Geisterjagd und den kleinen Geheimnissen des urigen Gasthauses sowie der Gegend rund um Saxton nachgehen zu dürfen. Wenn man 'Midnight Horror' jedoch nur als kleine Vorspeise zum bald erscheinenden 'Blackenrock' ansieht, das zugleich mit seinem Dasein eine kleine Brücke zum Vorgänger schlagen möchte, dann kann man durchaus eine nette Zeit in Saxton verbringen. Auch wenn in vielerlei Hinsicht etwas Ernüchterung Einzug gehalten hat, überwiegt am Ende dennoch etwas die Hoffnung, dass dies eigentlich nur die kleine Aufwärmübung war, bis man demnächst wieder zur Hochform auflaufen kann.
-
The Last Crown: Midnight Horror
- Entwickler
- Darkling Room
- Publisher
- Iceberg Interactive
- Release
- 31. Oktober 2015
- Sprachen
-
- Systeme
-
- Stichwörter
2 Kommentare
_____
Ich habe es doch gespielt und möchte etwas zur Grafikkritik anmerken: Ich wollte gar keine andere Grafik, denn die Grafik gehört zur Crown-Trilogie unabdingbar dazu.
Iritierend fand ich den ständig pulsierenden Halbmond als Neuerung. Leider wird dieser es wohl auch nach Blackenrock schaffen.