Groß war die Überraschung, als im August 2014 plötzlich eine Teaser-Seite das Comeback der Marke Sierra ankündigte. Activision, inzwischen Rechteinhaber, plante die Veröffentlichung neuer Spiele unter dem altbekannten Label. Und es sollte auch ein neues 'King's Quest'-Spiel dabei sein. Erste Trailer ließen Fans der Reihe unschlüssig zurück: Sind die neuen Abenteuer von König Graham eher etwas für Action-Freunde? Seit Mitte Dezember nun ist die Staffel mit einer zusätzlichen Epilog-Folge abgeschlossen. Wir haben uns aufgemacht nach Daventry, berichten in unserem Test von den neuen Geschichten aus dem Königshaus und verraten Euch, wieviel Action nun wirklich im Adventure steckt.
Es war einmal...
König Graham erzählt seiner Enkelin gern von seinen Abenteuern |
Viele Jahre sind vergangen, seit wir zuletzt das Königreich Daventry besuchten. Diese Jahre sind auch an König Graham nicht spurlos vorbei gegangen und so sehen wir ihn als alten Mann, der im Spätherbst seines Lebens seine Familie um sich versammelt. Durch schwere Krankheit ans Bett gefesselt, erzählt er seinen Enkeln von den Abenteuern vergangener Tage. Besonders in der kleinen Gwendolyn hat er eine gute Zuhörerin gefunden, denn sie liebt Geschichten über Drachen, Schätze und Abenteuer, genauso wie wir. Und so lauschen (oder besser spielen) wir die Geschehnisse von fünf Abschnitten in Grahams Leben nach.
Angefangen mit seiner Ankunft in Daventry, wo Graham an einem Ritterturnier teilnimmt, dessen Gewinner später auch König werden soll. Diese erste Episode führt uns gut in Daventry ein, wir lernen alle Einwohner und auch die Schloßumgebung kennen. Spätere Episoden führen uns in ein unteridisches Verließ oder lassen uns die Frau von Graham kennenlernen - Die natürlich in einem Turm gefangen gehalten wird.
Ein Tod ist in Kings Quest nicht schlimm... |
Alle Episoden sind in sich abgeschlossen, bieten aber auch immer wieder Anknüpfungspunkte an eine größere Rahmenhandlung, ehe Graham schließlich im Finale seinem ärgsten Widersacher gegenübertreten muss. Dadurch, dass sie von Graham selbst erzählt werden, entsteht noch mehr der Eindruck eines Märchens, das uns vorgelesen wird. Die Entwickler von The Odd Gentleman nutzen diesen Rahmen auch geschickt, um das zum Teil unfaire Spielprinzip der ursprünglichen Spielereihe einzufangen. In den früheren Teilen der 'King's Quest'-Reihe lauerte an nahezu jeder Ecke der Tod des Hauptcharakters - was typisch war für die Adventures von Sierra. Auch im neuen Abenteuer von Graham kann ein unbedarfter Schritt oder eine falsche Handlung den schnellen Tod bedeuten. Gleich zu Beginn des Abenteuers stehen wir vor zwei Schalträdern. Eines öffnet ein Tor, eines bedeutet den Tod. Welches Rad das richtige ist, können wir nur durch Ausprobieren herausfinden. Da Graham seine Geschichten aber überlebt haben muss (wie könnte er sie sonst erzählen?), hat ihm in diesem Fall wohl seine Erinnerung getrübt und wir dürfen nach einem kurzen Kommentar und manchmal auch einer spaßigen Animation an gleicher Stelle weiterspielen. So macht es auch durchaus einmal Spaß, einen falschen Weg einzuschlagen.
In einigen Episoden treffen wir auch Entscheidungen, die das weitere Spiel beeinflussen. Sei es die Wahl der passenden Frau oder die Möglichkeit, es sich mit einigen Einwohnern zu verscherzen - wir werden oft an unsere Taten erinnert. Und natürlich darf auch der Humor nicht fehlen, der oftmals in Slapstick-Einlagen und spaßigen Dialogen daher kommt. Manches wirkt zwar etwas übertrieben, im Großen und Ganzen dürften aber sowohl Kinder, als auch Erwachsene genug zum Lachen finden.
Escaperoom bis Dialogrätsel
Graham beherrscht Dialogrätsel... |
Wenn man die Episoden ohne große Pause spielt, fallen deutliche Unterschiede in den spielerischen Schwerpunkten auf. In der ersten Episode lernen wir die Einwohner und die Welt von Daventry kennen und haben neben Rätseln auch ein paar wenige und einfache Geschicklichkeitspassagen zu meistern. Die Episode bietet übrigens gleich drei verschiedene Lösungswege. Die nächste Folge verschlägt uns in einen Kerker, aus dem wir entkommen und dabei mit begrenzten Nahrungsmitteln klarkommen müssen, die wir entweder für uns selbst oder andere Gefangene einsetzen können. Je nachdem, wie wir uns hier entscheiden, könnten andere Charaktere diese Folge nicht überleben. Wer nun Mikromanagement erwartet, liegt jedoch falsch. Die begrenzte Nahrung dient vielmehr dazu, eine beklemmende Atmosphäre zu schaffen. An der dritten Episode dürften vor allem die Spieler Spaß haben, die Dialogrätsel mögen, denn Graham muss die Dame seines Herzens gewinnen. Rätselräume und Logikrätsel bilden den Schwerpunkt der vierten Folge, wenn wir uns mit Graham und seiner Familie durch ein Labyrinth rätseln, das einige knackige Aufgaben beinhaltet. Zum Abschluss macht uns dann die Erinnerung des inzwischen deutlich schwächeren Graham das Leben schwer (dabei freuen wir uns über Abschnitte, die das Herz von Fans der Reihe höher schlagen lassen dürften) ehe uns zum Finale noch einmal richtig knackige Logikrätsel serviert werden. Über das gesamte Spiel dürfte also wirklich jeder auf seine Kosten kommen.
... wie leichte Actionpassagen... |
Verschweigen wollen wir aber auch nicht die Action-Sequenzen, die sich in der Regel als Quick-Time-Events präsentieren. Hin und wieder geht es einfach darum, den richtigen Knopf im richtigen Moment zu drücken. In anderen Momenten dürfen wir mit dem Bogen schießen oder müssen bei einer Floßfahrt Gegenständen ausweichen. Die Herausforderungen sind nicht sonderlich schwer und gehen auch ungeübten Spielern leicht von der Hand. Übrigens springt Graham selbst über kleinere Abgründe, die Action-Elemente sind also nur in wenigen Spielabschnitten dabei.
... und Logikrätsel |
Unterschiedlich sind die einzelnen Episoden übrigens auch im Umfang und im Gesamteindruck. Während die erste und die letzte Episode noch am meisten bieten, schwächeln die zweite und die vierte Episode stellenweise etwas. Gerade in der vierten Episode mit ihren vielen Logikrätseln wäre etwas mehr Abwechslung nett gewesen. Unterdessen hätten wir in Episode 3 gern noch etwas mehr Zeit in Dialogen mit den beiden potentiellen Gemahlinnen verbracht - obwohl wir schon viel reden dürfen. Der Epilog, in dem wir Gwendolyn steuern dürfen, bietet nur noch einen kurzen Abschnitt.
Tolle Präsentation
Die Grafik ist gelungen |
'King's Quest' bietet schicke 3D-Comicgrafik mit butterweich animierten Charakteren. Auch die Hintergründe tun da keinen Abbruch und fügen sich gut ins stimmige Gesamtbild ein. Leider sorgt die überwiegend statische Kamera dafür, dass die Orientierung in Daventry zumindest am Anfang nicht immer leicht fällt. Die deutsche Sprachausgabe ist sehr gut besetzt und auch passend übersetzt, was man besonders bei den verschiedenen Wortspielen merkt. Leider ist die Sprachausgabe nicht immer wirklich lippensynchron, aber das ist Kritik auf einem hohen Niveau. Noch besser gelungen ist hingegen die englische Sprachausgabe, bei der Christopher Lloyd (Doc Brown aus 'Zurück in die Zukunft') den gebrechlichen Graham spricht. Die übrige Sounduntermalung ist ebenfalls gelungen.
Selbst mit dem alten König dürfen wir noch durch die Lande ziehen. |
Gut von der Hand geht die Steuerung, für die am PC sowohl Tastatur mit seltenem Maus-Einsatz, als auch Gamepad zur Verfügung stehen. Ans Herz legen möchten wir Euch allerdings das Gamepad, denn damit steuert sich Graham noch einmal besser. Während wir per WASD oder Analogstick durch die Gegend wandern (und dabei zum Teil sehr weite Wege zurücklegen), werden verfügbare Optionen bei interessanten Gegenständen in der unteren Bildecke angezeigt.
The Odd Gentleman ist mit 'King's Quest' ein gutes Adventure gelungen, das die Tugenden der Klassiker geschickt mit modernem Gameplay kombiniert. Selten hat es so viel Spaß gemacht, in einem Sierra-Adventure das Zeitliche zu segnen. Obwohl die Qualität und Quantität der fünf Episoden und des kurzen Epilogs schwankt, bieten alle durchweg eine gute bis sehr gute Unterhaltung mit toller Grafik und sehr guter Sprachausgabe. Die in sich abgeschlossenen Episoden werden durch eine größere Rahmenhandlung zusammengehalten und ergeben im ganzen Spiel einen spannenden und witzigen Ausflug in die märchenhafte Welt von Daventry. Dabei kommen die Rätsel nicht zu kurz und die wenigen Action-Einlagen gehen auch ungeübten Spielern gut von der Hand. Wer sich unsicher ist, ob die neuen Abenteuer von König Graham etwas für den eigenen Geschmack sind, kann derzeit die erste Episode kostenfrei via Steam beziehen. Alleine dieser Abschnitt dürfte Euch schon gute sechs Stunden beschäftigen, das gesamte Spiel fordert Euch deutlich länger als 20 Stunden.
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King's Quest (2016)
- Entwickler
- The Odd Gentlemen
- Publisher
- Sierra
- Release
- 25. Oktober 2016
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.sierra.com/kingsquest
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- King's Quest (2016) im Humble Store kaufen (Affiliate-Link)
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9 Kommentare
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Vor allem der Humor ist so geil, ich hab selten so Tränen gelacht, das hat wirklich Tales from the Borderlands Qualität.
Wäre schon toll gewesen um diesen Preis für die PS3, zumal die ja eh fast niemand mehr kaufen würde sonst denk ich. Hmm...