Eigentlich will Quantenphysiker Dr. Hans Tannhauser im idyllischen Örtchen Trüberbrook nur sein Buch zu Ende schreiben. Aber wie das bei Adventures nun mal so ist: Es kommt immer anders, als man denkt. Der schräge Mix aus Science Fiction, Thriller, Mystery und ein bisschen Comedy wurde von der Community bereits sehnsüchtig erwartet, hatten die Entwickler doch in Aussicht gestellt, mit 'Trüberbrook' ein klassisches Point-and-Click-Adventure abzuliefern. Wir haben das Knet-Abenteuer, das via Kickstarter finanziert wurde, genauer unter die Lupe genommen.

Wer hat meine Aufzeichnungen gestohlen?
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Im idyllischen Trüberbrook will Hans sein Buch beenden. |
Die Story von 'Trüberbrook' lässt sich relativ normal an: Nach einem kurzen Prolog, in dem wir die schräge Anthropologin Gretchen kennen lernen, landen wir gemeinsam mit Dr. Hans Tannhauser in Trüberbrook. Er hat den Aufenthalt in dem idyllischen Luftkurort gewonnen, kann sich allerdings nicht daran erinnern, überhaupt beim Gewinnspiel mitgemacht zu haben. Egal: Ein so kleines Dorf ist genau die richtige Umgebung, um das neueste Werk über Quantenphysik zu Ende zu schreiben.
Dazu kommt es allerdings nicht: Mitten in der Nacht schleicht sich ein Dieb in Hans' Zimmer und stiehlt seine Aufzeichnungen. Unerhört! Weil die Polizei in dieser Gegend etwas lahmarschig unterwegs ist, beschließt Hans, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und seine wertvollen Aufzeichnungen zurückzuholen. Dabei trifft er auf Gretchen, die ebenfalls auf der Suche ist, und zwar nach einer uralten Zivilisation. Gemeinsam machen sich die beiden daran, das Geheimnis rund um Trüberbrook zu entschlüsseln. Die Story wirkt dabei stellenweise, als hätten die Entwickler eine ganze Fülle von Ideen gehabt, die sie unbedingt unterbringen wollten, und teilweise konnte ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass sie gerne mehr erzählt hätten, das aber aus Budget-Gründen nicht drin war.
Die Stärke des Spiels sind ganz klar die vielen schrulligen Charaktere, die die Story tragen. Es wimmelt nur so vor Popkultur-Referenzen, allerdings werden diese niemals aufdringlich und fügen sich nahtlos ins Spiel ein. Dass Hans vorzugsweise in sein Diktiergerät spricht und Aufzeichnungen für seine Assistentin anfertigt, ist z.B. eine ebenso gelungene Twin Peaks-Anspielung wie eine Bemerkung Gretchens im Prolog. Dazu gesellen sich weitere Hinweise auf z.B. Mysterien oder auch Science Fiction-Serien, und nicht zuletzt stellen die Namen der Protagonisten – Tannhauser und Gretchen – einen direkten Bezug zu bedeutenden literarischen Werken her.
Hübsche Schauplätze, tolle Sprecher
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Optisch hat das Spiel einiges zu bieten. |
Optisch ist 'Trüberbrook' wirklich hübsch geworden und die überschaubaren Schauplätze können sich sehen lassen. Die mittels Knet-Animationstechnik entstandenen 3D-Charaktere fügen sich ansprechend in die detaillierte Umgebung ein, lassen allerdings Mimik und Gestik vermissen. Hier muss man wohl ein Auge zudrücken und sich in Erinnerung rufen, dass es sich um ein via Kickstarter finanziertes Spiel handelt und dass mit mehr Budget vermutlich auch grafisch noch mehr drin gewesen wäre. Dennoch ist festzuhalten, dass die Optik in Summe wirklich gelungen ist. Die Schauplätze sind abwechslungsreich und verändern sich auch im Spielverlauf. Langweilig wird die Erkundung nicht.
Auch in Sachen Sound ist das Spiel richtig gut. Die Sprecher – es gibt eine deutsche und eine englische Sprachausgabe – machen ihre Sache sehr gut, was angesichts der hochkarätigen Besetzung allerdings nicht weiter verwunderlich ist. Den Entwicklern ist es gelungen, Leute wie Justin Beard, Nora Tschirner, Jan Böhmermann und 'Tocotronic'-Frontmann Dirk von Lowtzow an Bord zu holen. Alle Sprecher haben sowohl die deutschen als auch die englischen Lokalisationen eingespielt. Die Idee dahinter war, den Protagonisten auf Englisch einen authentischen deutschen Akzent zu verleihen, und das ist ganz gut gelungen.
Klassisches Point-and-Click
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Das Interaktions-Rad ist sowas wie unser bester Freund. |
Die Handhabung des Spiels ist sehr klassisch ausgefallen, da haben die Entwickler wirklich nicht zu viel versprochen. Wir brauchen lediglich die Maus, um Hans durch die Gegend zu scheuchen. Interaktionen mit anderen Figuren, aber auch Gegenständen erfordern ebenfalls nur einen Mausklick, wobei sich hier in der Regel eine Art Rad mit verschiedenen Symbolen öffnet: Wir können etwas untersuchen (Lupe), mit jemandem sprechen (Sprechblase), etwas nehmen oder betätigen (Hand) oder einen Inventargegenstand benutzen (Zahnrad).
Dabei werden wir allerdings ein wenig an der Hand genommen, und zwar insofern, als nicht alle Symbole bei jeder Interaktion verfügbar sind. Wir können auch nicht alle Inventargegenstände durchprobieren. Vielmehr schlägt uns das Spiel passende Gegenstände vor, die wir dann per Klick auswählen können. Das Inventar kann zwar durch Druck auf die Taste I eingesehen werden, wir können allerdings keine Gegenstände im Inventar untersuchen oder gar kombinieren. Etwaige Kombinationen übernimmt das Spiel für uns – können zum Beispiel zwei Gegenstände mit einem Objekt in der Umgebung benutzt werden, scheinen beide Gegenstände unter dem Symbolrad auf und müssen nur noch angeklickt werden.
Wir rätseln uns durch
Damit kommen wir auch schon zu den Rätseln und Aufgaben, die uns in 'Trüberbrook' erwarten. Auch hier werden wir bis zu einem gewissen Grad an der Hand genommen. So kann Hans zwar z.B. einen seltsamen Kasten anklicken, ihn aber nicht öffnen, weil er verschlossen ist, und ein passendes Werkzeug haben wir nicht im Inventar. Einige Aufgaben lassen sich rein über Dialoge lösen, etwa, wenn ein Wissenschaftler Tests mit Hans durchführt. Hier müssen lediglich die richtigen Antworten gegeben werden, wobei wir zuvor einen Hinweis darauf finden, wie diese Antworten aussehen könnten. An einer anderen Stelle wiederum müssen wir einen Computer dazu bringen, uns zu vertrauen, damit wir Zugang zu einem bestimmten Raum erhalten. Auch diese Aufgabe läuft fast ausschließlich über Dialoge ab.
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Diese Aufgabe erfordert ein wenig Trial & Error. |
Richtig schwierig sind die Rätsel in 'Trüberbrook' nicht. Teilweise übersieht man allerdings sehr leicht das Offensichtliche, einfach, weil man von anderen Adventures gewohnt ist, alles Mögliche ausprobieren zu können oder ums Eck denken zu müssen. Das kann schon mal dazu führen, dass man hängen bleibt und nicht sofort weiter kommt, auch wenn man eigentlich genau weiß, was zu tun ist. Dadurch, dass wir das Inventar nicht uneingeschränkt verwenden können und bestimmte Ereignisse auch erst getriggert werden müssen, werden wir allerdings oft gehemmt. Das wiederum führt mitunter zu langen Laufwegen, weil man im Zweifelsfall nach dem bewährten Adventure-Prinzip verfährt: Man klappert jeden Schauplatz ab und spricht mit allen Personen, interagiert mit jedem Hotspot und probiert aus, was geht. Meistens stellt man dann fest, dass man eine Kleinigkeit übersehen hat, und dann geht es auch schon weiter.
Etwas mehr Abwechslung bei den Rätseln hätte dem Spiel vielleicht gut getan, und ein bisschen habe ich ja Aufgaben vermisst, die vom Schwierigkeitsgrad her etwas anspruchsvoller sind. Man wird schon sehr an der Hand genommen, und die einzige Schwierigkeit besteht tatsächlich darin, dass man mitunter offensichtliche Lösungen übersieht und deswegen zigmal von A nach B und wieder zurück läuft. Unterm Strich kann man aber in Sachen Rätsel und Gameplay echt nicht meckern. Auch hier gilt: Man muss sich vor Augen halten, dass man es mit einem Indie-Adventure zu tun hat, und entsprechende Maßstäbe muss man natürlich anlegen.
Die Entwickler von 'Trüberbrook' haben wirklich nicht zu viel versprochen: Die abgedrehte Geschichte mit SciFi- und Mystery-Elementen sowie einer gehörigen Portion Humor hält einen mühelos bei der Stange, auch wenn sie das Adventure-Rad nicht neu erfindet. Die intuitive Steuerung und das gelungene Gameplay machen es auch Neulingen leicht, Hans auf seinem schrägen Abenteuer zu begleiten. Die hervorragende Sprachausgabe ist das Sahnehäubchen auf einem wirklich gelungenen Adventure. Einziger Wermutstropfen: Mit vier bis fünf Stunden Spielzeit, allerhöchstens sechs, ist 'Trüberbrook' leider etwas kurz ausgefallen, was man wohl dem knappen Budget zuschreiben muss. Dennoch sind es sehr vergnügliche Stunden, die man in dem beschaulichen Luftkurort verbringen darf.
Fazit von Matthias Glanznig: Rein von der Machart her ist 'Trüberbrook' haargenau meine Wellenlänge. Zudem mochte ich die oft recht stark gesprochenen Charaktere wie z.B. Gretchen und es macht Spaß, die schrullig-charmante Spielwelt zu erkunden. Auch in spielerischer Hinsicht fühlte ich mich von Anfang an wohl, obgleich der Schwierigkeitsgrad gezielt im gemütlichen Bereich angesiedelt ist. Dadurch konnte ich es gut verschmerzen, dass die teils bunt zusammengewürfelte Story Potenzial liegen lässt und gefühlt deutlich kürzer ist, als es ihr gut täte. Manche Nebenschauplätze hätten jedenfalls ruhig ausführlicher sein können. Nach etwas mehr als viereinhalb Stunden liefen schon die Credits, obwohl einige der etwas längeren Animationen sich nicht abkürzen lassen. In Summe ist 'Trüberbrook' für mich also nicht der erhoffte Volltreffer, gute Unterhaltung wird jedoch allemal geboten.
Fazit von Christiane Biederbeck: 'Trüberbrook' hat mich von Anfang an begeistert. Das 60er-Jahre-Setting, die liebenswerten Charaktere und die vielen tollen Details. Wer schon mal im Sauerland oder der Eifel war, ist bestimmt schon mal in einem Trüberbrook-Örtchen gewesen, wo die Zeit still steht. 'Trüberbrook' ist für mich ein super Spiel geworden, das vor allem durch seine tollen, schrulligen und liebenswerten Charaktere seinen ganzen Charme entfaltet. Die Geschichte ist vielleicht nicht total neu, aber echt gut erzählt. Schade ist, dass es dann doch nur 4-5 Stunden Spielzeit geworden sind. Aber vielleicht gibt es ja irgendwann mal ein Gretchen-Spin-Off. Das würde ich mir wirklich wünschen.
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Trüberbrook
- Entwickler
- bildundtonfabrik GmbH
- Publisher
- Headup Games
- Release
- 11. März 2019
- Auszeichnungen
- Adventure des Jahres • Die beste Grafik des Jahres
- Webseite
- http://trueberbrook.com
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- Trüberbrook im Humble Store kaufen (Affiliate-Link)
- Trüberbrook bei Amazon kaufen (Affiliate-Link)
49 Kommentare
Mich würde gerade noch interessieren ob ihr persönlich Thimbleweed Park besser, gleich oder schlechter findet.
TP ist für meinen Geschmack spielerisch und inhaltlich ausgereifter. Trotzdem hat mir Trüberbrook gefallen.
Bisher auch leider kein Wort zu diesen Problem von den Entwicklern.
Der Fehler mit den Videos den du beschreibst das wäre natürlich auf alle Fälle blöd.
Dafür habe ich bisher noch einfach zu kurz gespielt um das zu bemerken. Danke für den Hinweis...
Darauf haben sie mir, ich zitiere, geantwortet, dass die beiden Linuxbugs bereits gefixt werden und hoffentlich heute mit einem Update behoben werden können.
Der Exit-Button ist erledigt, bei den Videosequenzen scheint es sich um ein Problem mit dem Codec zu handeln, der auf manchen Systemen nicht korrekt gelesen wird.
Also das dazu, falls jemand die Probleme auch hat und gerne wissen möchte wie es damit aussieht.
Edit: Das erste Update ist nun auch erhältlich, jedoch zur Zeit einzig auf Steam. Wann es auf gog hinzugefügt wird weiß ich nicht. Das Problem mit den fehlenden Videos in Linux sprechen sie konkret so an, dass sie noch daran arbeiten werden, weil es bei ihnen auf manchen Testrechner funktioniert, auf anderen wiederrum nicht. Komische Sache, werde es vl doch einfach auf Win 10 installieren.
Ich muss echt sagen, vom technischen her ist Trüberbrook für mich bisher eine miserable Erfahrung. Und dabei stelle ich ja sogar zwei verschiedene unterstützte Betriebssysteme zur Verfügung. Erinnert mich alles sehr an Armikrog damals.
Was ich mir beim Spielen immer vor Augen gehalten hab, wenn's mal wieder wo gefuchst hat: Es war mit dem Budget wohl nicht mehr möglich. Ich glaub, wenn mehr Geld zusammengekommen wäre, wäre z.B. die Geschichte noch etwas ausgereifter gewesen oder auch die Charakterentwicklung bzw. die Motivation der einzelnen Figuren, etwas zu tun (oder nicht zu tun). Aber das Spiel hat auch eine Menge Stärken. Für mich waren ja die schrulligen Figuren ein absolutes Highlight, ich mochte die alle sehr, auch wenn sie z.T. etwas stereotyp rüberkamen. Fand ich aber nicht sonderlich störend
Auch mit dem dedizierten Chip gibt es ein Problem: Die Darstellung läuft zwar subjektiv flüssig, der Cursor hat aber eine gewisse Trägheit und bremst den Spielefluss etwas aus. Ich hatte mir allerdings schon gedacht, dass diese 3D-Scanner Grafik mein Laptop voll ausreizen würde. Egal, lieber das, als auf die wundervollen Grafiken verzichten zu müssen