Syberia: The World Before - Review

Seit dem Release des aus unserer Sicht leider durchwachsenen 'Syberia 3' ist es drunter und drüber gegangen. Mit Benoît Sokal ist der Vater dieser optisch sehr markanten Reihe leider nach langer Krankheit verstorben - wenige Monate vor der Vollendung des vierten Teils. In gewisser Hinsicht ist 'The World Before' somit ein Abschiedsgeschenk. Wie gut es gelungen ist, das sehen wir uns jetzt in der Review näher an. Verfügbar ist die Fortsetzung aktuell für Windows PC, samt deutscher Vertonung. Für PlayStation und Xbox wird sie wohl etwas später erscheinen.

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Fazit

Wertungs-Lupe 77%

Der vierte Teil der 'Syberia'-Reihe ist wunderschön und atmosphärisch gelungen. Für meinen Geschmack zählt es optisch und akustisch zu den schönsten Adventures der Gegenwart. Im Vergleich zum Vorgänger hat sich technisch und spielerisch zudem einiges getan. Kurz gesagt: die Richtung stimmt und darauf kann Microids aufbauen.

Das Gameplay ist dennoch ausbaufähig. Angesichts der vielen lebendigen Schauplätze ist es umso mehr schade, dass bei den Interaktionsmöglichkeit gespart wurde. Die Rätsel wurden zudem etwas unausgewogen designt. Meist zu simpel und linear, dann wieder umständlich und sogar ein bisschen lästig. Zum echten Klassiker fehlt gerade in diesen Bereichen schon noch einiges.

Die gefühlvolle Story braucht Zeit und Geduld, was zur Serie passt, aber nicht jedem zusagen dürfte. Mal wird um den heißen Brei herum geredet und manches könnte ruhig schneller auf den Punkt kommen. Ich fühlte mich trotzdem gut unterhalten und wollte stets wissen, wie es weitergeht. Wer tragische Liebesgeschichten zu schätzen weiß und geduldig bleibt, der könnte damit richtig liegen. Immerhin sind die Charaktere greifbar, das stimmungsvolle Setting wurde stark umgesetzt und der hochinteressante Bezug zum Nationalsozialismus verleiht dem Ganzen zusätzlich Tiefe. Nur spannende Rätsel solltet Ihr eben nicht erwarten.

Zweites Fazit von Peter Färberböck:

Hut ab! Das Entwicklungsstudio Koalabs hat sich so einiges an der Kritik von 'Syberia 3' zu Herzen genommen. 'Syberia: The World Before' ist technisch in vieler Hinsicht besser. Die Steuerung funktioniert nun mit der Maus gut genug, optisch ist es in den besten Momenten tatsächlich wunderschön und kann sich auch mit großen Produktionen messen. In den schwächeren Moment grüßt das "uncanny valley" und es wirkt dann doch etwas hölzern. Insgesamt ist die Grafik aber auf einem hohem Niveau.

Wer 'Syberia' kennt, fragt sich aber eher, wie die Geschichte sich entwickelt und wie die Rätsel sind. Hier ist es fast wie Licht und Schatten. Die Story weiß zu überzeugen und hat mich doch recht gefesselt. Der leicht fiktionalisierte Zweite Weltkrieg samt der Verfolgung der "Vageraner" ist auch sehr passend umgesetzt. Die Reisen mit Kate Walker und Dana Roze sind spannend, gefühlvoll und doch recht natürlich umgesetzt. Dann kommt aber das Ende, das hier viel auf das Spiel setzt und sicher nicht allen gefallen wird. Gleiches gilt bei den Rätseln. Der Anfang ist fast schon spielerisch leicht und erinnert eher an ein narratives Spiel ohne große Rätsel. Witzigerweise ist das auch der Teil, der für mich in Sachen Story am besten und flüssigsten funktioniert - obwohl nicht viel passiert. Ab der Hälfte gibt es jedoch ein paar größere Automatenrätsel, die wie Morast für das Tempo sind. Natürlich eingebette Rätsel? Überhaupt nicht.

Alles in allem war es aber dann doch gut genug, dass ich es fertigspielen wollte. Die Schwächen sind nicht mehr so dramatisch wie im Vorgänger. Die Stärken sind aber viel offensichtlicher. Dazu kommt, dass dieses Mal tatsächlich auch eine Geschichte erzählt wird, die bewegend geschrieben wurde. So hatte ich viel Spaß in der Welt von 'Syberia: The World Before'.

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23 Kommentare

Raster Master (Gast) vor 3 Jahren
AdventureMaster hat geschrieben:
14.04.2022, 15:54
Schade, sieht leider eher nach "interaktivem Film" als nach Point and Click-Adventure aus. TellTale hat mit seiner Formel das Genre für mich echt kaputt gemacht.

Ist es heutzutage zu viel verlangt, wenn ich inventarbasierte Rätsel, eine Welt zum erkunden und nonlineares Gamedesign haben möchte (sprich: man kann Rätsel in beliebiger Reihenfolge lösen)?
Nein, das ist nicht zu viel verlangt u. auch ich sehne mich dahin zurück. Naja, vielleicht ein Eckchen komfortabler als damals. Es könnte sie aber gerne wieder viel häufiger als früher geben (sozusagen "Back to the roots").

Was mich aber weit eher nervt: die Tendenz Adventure heutzutage immer öfter in völlig verpixelter Simpel-, Comic- u. sonstnochwie irgendwie völlig lächerlicher Optik zu präsentieren. Wozu bitte haben wir so gute Grafikkarten? Eine Abwechslung war ja mal ganz gut - aber dass einem jetzt nur noch dieser - entschuldigung - "Grafikmüll" präsentiert wird lässt mich seit Jahren frustiert aufschreien.
sinnFeiN vor 3 Jahren
Raster Master hat geschrieben:
24.04.2022, 18:05
Die Rätsel sind nicht zu leicht u. nicht zu schwer, also gut ausbalanciert. Allerdings erfordert ihre Lösung keine wirkliche Hirnleistung (sondern eher Aufmerksamkeit).
Wenn keine Hirnleistung nötig ist, klingt das aber schon ein bisschen nach "zu leicht".
Raster Master hat geschrieben:
24.04.2022, 18:14
Nein, das ist nicht zu viel verlangt u. auch ich sehne mich dahin zurück. Naja, vielleicht ein Eckchen komfortabler als damals. Es könnte sie aber gerne wieder viel häufiger als früher geben (sozusagen "Back to the roots").

Was mich aber weit eher nervt: die Tendenz Adventure heutzutage immer öfter in völlig verpixelter Simpel-, Comic- u. sonstnochwie irgendwie völlig lächerlicher Optik zu präsentieren. Wozu bitte haben wir so gute Grafikkarten? Eine Abwechslung war ja mal ganz gut - aber dass einem jetzt nur noch dieser - entschuldigung - "Grafikmüll" präsentiert wird lässt mich seit Jahren frustiert aufschreien.
Die These steht ja schon eine Weile in der Industrie, dass nun mit den neuen Konsolen und den optimierten Engines der Unterschied zwischen kleineren und dann wahrscheinlich bald milliardenschweren Produktionen noch weiter auseinanderklafft.

Ein bisschen merkt man es ja schon an den First-Party-Titeln auf den Konsolen. Anderen Fidelity (Animationen, durchgehende Grafikqualität, Motion-Capturing, Sprecher*innen, abwechslungsreiche Schauplätze, ...) kommt jetzt schon nichts mehr ran.

Im VR-Bereich sieht man das auch gerade sehr drastisch. An Half-Life Alyx kommt de facto nichts ran. Valve hat da nicht umsonst gesagt, dass so ein AAA-VR-Spiel aussehen würde. Das Geld kriegt man nur nie rein über Softwareeinnahmen rein.
BockwurstBoi (Gast) vor 2 Jahren
Nee, nee...diese nüchterne Berichterstattung wird dem Spiel nicht gerecht.

Die Welt ist durchweg fantastisch designed, die Figuren etwas hölzern, aber das macht nix. Was wirklich beeindruckt, ist die Geschichte. Und da haben die Autoren des Tests maßlos untertrieben. Sie ist nicht nur spannend, sondern auch enorm komplex angelegt, herrlich altmodisch, enorm berührend und wunderbar tiefsinnig. Das gesamte Spiel fühlt sich an wie großes, altes Hollywood-Kino. Und dafür danke ich den Machern enorm.

Für mich ein absolut fantastisches Erlebnis. Ein herausragend gut geschriebenes Adventure.

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