Heute veröffentlichen wir den zweiten Teil unseres Poki-Interviews. Darin sprechen wir mit dem Gamedesigner über Spielesoundtracks und Vorbilder, aber auch über Daedalic um und nach 'Deponia Doomsday' bis zur Anküdigung des neuesten Spiels aus der 'Deponia'-Welt.
AC: Wir können vielleicht noch mal kurz über Deponia reden. Dein letztes eigenes Adventure war ja Deponia 4: Doomsday...
Poki: Ja, das stimmt. Das ist schon ewig lange her. Damals war das so eine Cowboyaktion von Carsten. Ein Release nach Hüftschuss.
AC: Es erschien als Heftbeilage auf der Computerbild Spiele, meine ich.
Poki: Genau. Und damals haben wir unser erstes Album aufgenommen in der Zeit zwischen der 'Doomsday-Tour' und dem Abschlusskonzert auf der Gamescom. Ich weiß gar nicht, ob das offiziell noch zur 'Doomsday-Tour' mit gerechnet wurde. Also noch mal zur Erklärung: Das war ja eine Idee, die kam bei uns aus dem Marketing. Das war dann erst mal so eine Spinnerei, die wir hatten. Ich hatte zugesagt, dass ich mal auf der Gamescom spiele und habe ein Portfolio, aus den Deponia-Spielen oder vielleicht war es sogar noch für Harveys Neue Augen, weil ich da ja auch gesungen und meine musikalischen Ambitionen ins Spiel reingeschummelt habe. Die Idee war dann ursprünglich für Freunde von mir: Ich sagte, hier geht es um ein Spiel, um einen Egomanen. Da kann ich nur selbst den Titelsong singen. Wir mussten 'Deponia' dann aber noch mal parken, weil wir keinen Publishing Partner gefunden haben. Daher haben wir erstmal 'Harveys neue Augen' gemacht. Uns hat diese Idee schon so gefallen, dass ich dann auch den Titelsong geschrieben habe. Das war dann ein Megahit. Den haben wir nur nicht so richtig als Musik vermarktet, da haben wir auch in der Firma keine Expertise drin und. Dann ist es halt auch so, wenn man Musik für Spiele macht, dann ist man nicht in der GEMA. Es gibt keine keine vernünftigen Kanäle, für die man sich aufstellen kann. Deswegen ist der Song so mehr oder weniger einfach als Soundtrack ein Nebenprodukt. Aber eigentlich ist das schon ein krasses Produkt gewesen, dieser Song.
AC: "Das war Nadel und Faden".
Harevys neue Augen lieferte einen 'Megahit'Poki: Genau, "Nadel und Faden". Weil wir überhaupt nicht damit gerechnet haben, dass das irgendwie für irgendjemanden interessant sein könnte, haben wir den auf der YouTube Seite einfach unter ferner liefen veröffentlicht. Und dann gab's noch eine zweite Version und dann haben andere Leute das auch hochgeladen. Dagegen kann man ja nichts sagen, dass Leute Teile des Spiels auf YouTube laden. Irgendwie leben Spiele ja auch davon, dass man eine Internetcommunity hat, die auch Inhalte wiederkäut. Und das ist auch Teil der Werbung fürs Spiel. So gab es zigtausend Versionen von dem Song, aber wenn man nur mal unsere beiden Versionen nimmt, die wir selber auf dem YouTube-Kanal hochgeladen haben, dann haben über Millionen Leute diesen Song gehört. Dazu kommen noch alle anderen Versionen, die im Netz kursieren. Und dann haben wir diesen Irrsinn gemacht, dass wir zum Covercontest aufgerufen haben. Und da sind auf einen Schlag hunderte und tausende Versionen entstanden und es hört gar nicht mehr auf. Das ist auch eine Sache, die kriegt man möglicherweise so gar nicht mit. Ich schaue immer mal wieder rein und sehe das, auch weil ich immer wieder verlinkt werde. Bis heute gibt es neue "Nadel und Faden" Cover-Versionen. Die gehen alle von den Klickzahlen in fünfstellige Bereiche. Das muss man sich mal reinziehen, was dieser Song für eine Reichweite hat. Auch international, es ist ja gar nicht auf Deutschland beschränkt. Ich habe die englische Version auch selber eingesungen und da gibt es auch Cover-Versionen, die weite Kreise ziehen. Irgendjemand hat mir geschrieben es sei "die Hymne einer Generation", das fand ich sehr nett. Man muss schon ein bisschen suchen, bis man einen deutschen Hit findest, der ähnlich schnell ähnlich viel Reichweite erzeugt hat. Das ist nur blöd, weil das ein Spiele-Soundtrack ist, für den es keine Wahrnehmung gibt. Streng genommen ist es sogar ein Megahit.
AC: und das ganz ohne Radio, Airplay oder sowas...
Poki: Vollkommen ohne Alles. Auch kein Fernsehen, keine Musikpresse. Es gibt nichts. Aber der Song wird rauf und runter gehört.
AC: Hast du eigentlich Vorbilder im Bereich der Musik? Du bist schon ein paar Mal mit Bela B. von den Ärzten verglichen worden, alleine was die Stimme angeht, seid Ihr da recht ähnlich.
Poki: Das fing an mit meiner Mutter, als ich die besagte Schulband hatte. Sie sagte, Du klingst irgendwie wie einer von den Ärzten. Ich hab dann gedacht, meine Mutter weiß überhaupt nicht, wovon sie redet. Ich und Bela B, das fand ich total absurd. Ich habe tatsächlich sehr, sehr viel Ärzte gehört, damals in meiner Jugend. Meine Schwestern haben mich damit infiziert, die schon im richtigen Alter dafür waren. Damals als die Ärzte noch mit mit Sahnie zusammen spielten.
AC: Vor der Trennung.
Poki: Genau vor der ersten Trennung. Wir hatten auch das Live-Doppelalbum 'Nach uns die Sintflut'. Als ich dann selber in dem Alter war, hat mich das dann gepackt und ich habe festgestellt, dass es noch mehr CDs gab. Die 'Ab 18' hatte meine Schwester, ich fand das krass. Ich fand es klasse. Die CDs liefen auf meinen Teenie Partys hoch und runter. Eine habe überall mit hin genommen, die hieß nur 'die Ärzte' und eine mit ein paar Sachen, die sonst nicht so veröffentlicht waren auf den älteren Alben, 'Erna P.' zum Beispiel.
Dann war ich endlich mal mit meinem damaligen Drummer aus der Schulband im Kino und bei der Werbung vor dem Film kam "Sie sind wieder da". Ja, tatsächlich Werbung für eine Band. Damit wurde 'Die Bestie in Menschengestalt' angekündigt. Ab da haben wir halt richtig gelitten, bis die draußen war. Wir waren Tag-Eins-Käufer. Und ich kann auch nicht behaupten, dass mich das musikalisch nicht irgendwie beeinflusst hätte. Die Ärzte sind aber nicht das Einzige, was ich damals gehört habe. Aber die Ärzte war halt sehr konsensfähig. Zumindest bei Leuten, mit denen ich mich gut verstanden habe aus meinem Jahrgang. Da gab es natürlich auch andere Leute, die das halt irgendwie albern oder doof fanden. Es gab erst mal die Fraktion der punkigeren Leute, denen die Ärzte zu zahm, zu unerwachsen waren. Die waren im Tote Hosen-Lager, weil die Band erwachsener wirkt, oder so. Und da gab's natürlich die ganze Popriege oder Leute, die lieber Techno kloppen gegangen sind, was in den Neunzigern ja auch schon Thema war. Das hat nichtmal vor meiner Band haltgemacht. Die anderen beiden waren begeisterte Loveparadegänger, mit Warnwesten und allem, was in den 90er dazugehörte. Und weißen Handschuhen.
Ein anderer Einfluss war dann schon unheimlicher für die meisten, die ich kenne. Ich habe mir das komplette Ton Steine Scherben Portfolio angeschafft. Das konnte ich mit niemandem so richtig teilen, da ist der Funke wirklich an niemandem aus meinem Freundeskreis so richtig übergesprungen. Das war so ein Ding einfach für mich. Und da war ich dann schon mal der Allerlinkeste in der Schule. Ich habe auch eines der letzten Konzerte von Rio Reiser gesehen. Damals schon ohne Band. Aber auch er hat mich sehr beeinflusst. Sonst habe ich viel deutschen Hip Hop gehört, als es noch erträglich war für alle Generationen. Ja, es gibt auch heute noch Perlen. Aber anders als die Fantastischen Vier, die quasi den Hip Hop nach Deutschland gebracht und gleich ein Gegenkonzept mitgebracht haben. Die haben sich gesagt: "Wir machen uns ja lächerlich, wenn wir aus Stuttgart kommen und Gangsterrap machen" Das fand ich sehr gut. Dann kamen auch sehr gute Sachen aus der zweiten Reihe, insbesondere aus Hamburg. Fischmob ist nach wie vor mein Lieblingsprojekt. Die haben leider nur zwei Alben gemacht und sich danach zerstritten. Zumindest mit dem schrecklichen Sven haben sie sich zerstritten. Der hat, glaube ich, zum ersten 'Dungeon Keeper' einen Song gemacht?
AC: Stimmt, das war "Hinter diesen Mauern".
Poki: Genau. Und sonst sind die jetzt auch mehr in so einer experimentellen Electro-Richtung unterwegs. Also sowohl Cosmic DJ und DJ Koze. Die waren echte Helden für mich. Ich kann immer noch die Liedtexte einigermaßen mitrappen. Und ich glaube, das hat auch Einfluss gehabt auf meinen Spaß mit Sprache zu arbeiten.
»Fakt ist, dass ich irrsinnig lange, viel, viel, viel zu lange an der Konzeptphase für ein Projekt gesessen habe, ohne dass es wirklich in die Produktion ging«
Deponia: Doomsday war das letzte eigene Adventure von PokiAC: Lass uns noch mal zurückkommen auf die Zeit nach Deponia 4: Doomsday. Da sind dann immer irgendwelche Spieletitel durch die Gegend gegeistert wie z.B. Superlatent. Dann gab es ein Studio in München und von Daedalic haben wir immer nur gehört "Ja, Poki arbeitet am nächsten Spiel, mehr sagen wir aber noch nicht". Darfst du etwas drüber verraten, was du in der Zeit gemacht hast?
Poki: Das weiß ich selber nicht, ob ich darüber viel verraten darf... Fakt ist, dass ich irrsinnig lange, viel, viel, viel zu lange an der Konzeptphase für ein Projekt gesessen habe, ohne dass es wirklich in die Produktion ging. Das hatte unterschiedliche Gründe, es war wie ein Slowmotion-Autounfall. Es gab nie einen richtigen Zeitpunkt, um ein internes Team zusammenzubasteln. Andere Sachen waren zuerst dran. Das waren auch Long Shots, die in der Produktion sehr viele Ressourcen, also sehr viele Leute gebunden haben. Dann haben wir uns nach externen Teams umgesehen und dachten, wir hätten eine Lösung, aber das hat sich dann leider auch nicht als clever herausgestellt, so wie wir es angegangen sind. Das hätte man im Nachhinein wissen können, dass die Chancen darauf wirklich sehr gering waren, dass es etwas wird. Aber in dem Augenblick, als wir es versucht haben, waren alle froh, dass es überhaupt eine Option gab, um endlich mit dem Spiel loszulegen. So richtig losgelegt haben wir dann trotzdem nicht. Wir haben dann doch früh genug gemerkt, dass es so nichts werden kann. Für die Gründe kann glaube ich niemand was. Es ist ein sehr gutes Team gewesen, aber leider nicht, was ich gebraucht hätte. Das lag auch an der Entfernung. Den Rest kann man sich so ein bisschen zusammenreimen.
AC: In die Zeit ist auch die Einstellung von The Devil’s Men gefallen. Das war nach unserem Eindruck schon relativ weit. Kannst du sagen, was letztlich dann dazu geführt hat, dass es das Spiel nicht geschafft hat?
Ist leider nie erschienen: The Devil's MenPoki: Weil ich in die Entscheidungsprozesse nicht so stark involviert war, sondern maximal als Beisitzer, befürchte ich, dass ich jetzt etwas sage, das nicht den Fakten entspricht. Dass es nicht so war und ich mich an die Sachlage falsch erinnere. Es waren für mich sehr hektische Zeiten, ich war mit meinem Kopf zu 100 % im eigenen Projekt. Und das, was dann noch an Konzentration für Meetungs übrig blieb, in denen es um die anderen Projekte ging, habe ich genutzt, den Spirit einigermaßen zusammenzuhalten. Das ist leider nicht immer so gelungen, wie wir es wollten. Ich glaube, es war hauptsächlich ein Problem des Zeitpunkts. Carsten hat das Projekt nie aufgegeben. Genau zu den Zeitpunkten, wo es hätte losgehen könne, ging es dann aus immer anderen Gründen nicht. Und irgendwann hatte glaub ich auch Kevin ein bisschen die Nase voll, von dem ganzen Hin und Her. Was im Endeffekt zu der Entscheidung geführt hat, dass die Produktion auf Eis gelegt wurde, das weiß ich gar nicht mehr. Aber es hatte sicherlich projektstrategische Gründe, also interne. Wo man sich entscheiden musste, ob die Resourcen reichen. Wie gesagt, ich lehne mich jetzt schon aus dem Fenster.
»...jetzt brauchst Du ein gutes Pokerface.«
AC: Aber Du hast sicherlich die weitere Geschichte von Daedalic ein bisschen verfolgt und mitbekommen, dass es ein neues Deponia Spiel geben wird als Survival-Strategiespiel. Hat dich die Ankündigung überrascht?
Poki: Die Ankündigung nicht mehr, weil ich zwei oder drei Tage vorher schon eine Nachricht bekam, als ich gerade am Streamen war. Live im Stream hat er geschrieben: "Du hast eine Nachricht von mir. Schau mal auf dein Handy." Das wollte ich nach dem Stream machen. Blöde war, dass Anne mir gerade gegenübersaß und mir einfach mein Handy in die Hand gedrückt hat. Ich tippe darauf und denke, jetzt brauchst Du ein gutes Pokerface.
Bald erscheint ein neues Deponia-Spiel.Was mich nicht überrascht, ist dass Daedalic noch etwas mit 'Deponia' machen möchte. Im Prinzip ist es erst mal nichts Schlechtes, irgendwie seinen Fans etwas zu liefern. Also den Adventure-Fans von Daedalic und den eingeschworenen Deponia-Fans. Das ist ja nichts Falsches. Dass Deponia gar nicht mehr für irgendwas benutzt wird, hätte mich, wohl eher überrascht. Dass es jetzt ein Strategiespiel wird, halt ich eher für gut. Ehrlich gesagt, hätte ich Bauchschmerzen damit, wenn Daedalic versucht hätte, ein Point- & Click Spiel zu machen. Da würde ich nervös werden.
Dann würde ich denken, so was kann gar nicht gut werden, weil ich ein übersteigertes Selbstbewusstsein habe. *lacht* Das kam in den vielen Jahren auch von Leuten wie euch irgendwie. Wenn sie ein fünftes 'Deponia'-Adventure machen würden, fände ich das ganz ganz furchtbar. Es wäre das Schlimmste, das Allerschlimmste, was passieren könnte. Stell dir vor, es wird gut. Wie scheiße ich mich fühlen würde! *lacht* Deswegen ist das mit dem Survivalspiel ok für mich. Ich spiele auch gerne selber solche Spiele. Ich denke, dass die Welt von Deponia möglicherweise auch irgendwie dafür gemacht ist. Was mir Sorgen macht, ist, dass es sehr storylastig werden soll. Darauf sollten sie sich nicht versteifen. Aus meiner Sicht bietet sich für Survival nicht unbedingt ein Story-Fokus an. Aber das ist meine Sicht davon. Ich habe bei Spielen mit Story-Fokus oft das Gefühl, dass man schon grundsätzlich eine Fehleinschätzung davon hat, was Story-Fokus bedeutet.
Ich habe ja auch sehr viel in der Zeit als Entwickler gelernt. Schon allein, während ich die vier 'Deponia'-Teile geschrieben und geleitet habe, habe ich glaube ich auch sehr viel über interaktives Schreiben gelernt. Man lernt ja nie aus so, aber man entwickelt, wenn man etwas sehr viel und sehr lange macht und sehr viel drüber nachdenkt auch eine gewisse Expertise. Interaktiver Humor ist zum Beispiel etwas sehr Spannendes, aber auch etwas sehr Positives. Aber es geht ja nicht nur darum. Schon in meiner Diplomarbeit habe ich darüber geschrieben, bevor ich überhaupt in der Branche gearbeitet habe: Dass interaktives Erzählen nicht meint, dass die Geschichte in selbst ablaufenden Cutszenes passiert, sondern dass die Geschichte während des Spiels passieren muss. Das heißt, dass alles was man macht, eine Bedeutung haben muss. Wenn du sagst, der Fokus liegt auf der Erzählung, musst du eigentlich alle Interaktionen weglassen, die nicht Teil der Story sind. Wie bei Tschechow. Der sagt halt, wenn du als Autor eine Pistole auf die Bühne legst, dann muss sie halt auch irgendwann abgefeuert werden.
Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass sie auf der Bühne sonst nichts zu suchen hat.
»Alle sagen immer Rollenspiele zählen zu den narrativsten Spielen. Das sehe ich gar nicht so.«
Die invertierte Tschechows Waffe sozusagen. Für mich bedeutet es, dass Sachen, die nicht zur Geschichte gehören, nichts auf der Bühne zu suchen haben. Und das ist schwer bei vielen Spielegenres, die von dynamisch generierten Content oder zumindest von reproduzierbaren Inhalten leben. Wo du Sachen eben nicht mit Bedeutung aufladen kannst, einfach weil die Spielmechanik das gar nicht so zulässt, weil Sachen repetitiv sind. Questen sind ein Beispiel. Alle sagen immer Rollenspiele zählen zu den narrativsten Spielen. Das sehe ich gar nicht so. Viele Rollenspiele machen einfach zu viele Sachen. Häufig passiert etwas, das nichts mit einem aufgebauten Charakterkonflikt zu tun hat, sondern immer mehr vom Gleichen: Du musst immer besser werden, um das größte Problem zu lösen. Davon abweichend haben diese ganzen Sachen wie "Ich muss A machen, um Dorfbewohner X zu helfen" auf der Bühne einfach nix zu suchen. Wenn du sagst, das ist ein Spiel mit narrativen Fokus, dann musst du dich halt darauf konzentrieren, dass dieses Quests halt alle ein Teilaspekt des großen überbrückenden Konfliks sind. Das habe ich auch erst lernen müssen. Ich habe das zwar schon in meiner Diplomarbeit formuliert, habe dann aber lange daran gefeilt. In Deponia 3: Goodbye Deponia gibt es einen Bereich, in dem es für mich Klick gemacht hat. Wenn ich da drauf sehe, denke ich "jetzt bin ich darin sehr gut geworden". Dass alle Rätsel Teil eines Gags sind, der wiederum Teil von Rufus' Konflikt ist. Dass wirklich der Humor durch die Interaktion zustande kommt, weil es Rufus Schwäche aufdeckt. Es ist also ganz tief im Thema und steigert sich zur Auflösung des Spiels hoch. Das ist schwierig. Deswegen rate ich, weniger Story in einem Strategiespiel. Es kommen aber auch Gedanken dazu, dass die ganze Welt nur als Backdrop, als große Metapher genutzt wird.
Ich hatte in meiner Schulzeit eine 'Star Wars'-Rollenspielrunde. Ich weiß nicht mehr, wie das System hieß, es war aber sehr schlüssig und logisch. Wir hatten immer Ranges. Die waren in drei Kategorien unterteilt, Short- Mid- und Longrange. Das habe ich beim Storyplot auch immer im Kopf, ich versuche, in Short-Range, Mid-Range und Long-Range zu denken.
AC: Das ist ein gutes Stichwort, wir müssen wohl leider zum Ende kommen. Für zwei Fragen hätten wir gern noch eine Short-Range-Antwort von Dir. Du hast eben gesagt, dass es bei 'Deponia 3' für Dich 'Klick' gemacht hat. Siehst Du eine Chance, dass wir Dich irgendwann in der Spielebranche wiedersehen? Am Liebsten natürlich im Bereich Point- & Click, vielleicht auch mit einem Crowdfunding?
Baumann, Bergmann, PokinssonPoki: Ich möchte es nicht ausschließen. Ich habe schon zu viele Sachen ausgeschlossen: Es wird niemals einen zweiten Edna bricht aus-Teil geben, es wird niemals einen vierten 'Deponia'-Teil geben... Sag niemals nie. Das führt mich aber auf eine Antwort zu einer Frage von vorhin zurück, die ich noch nicht ganz beantwortet hatte: Ich vermisse von meiner Arbeit als Gamedesigner das Zeichnen. Ich zeichne hier und da mal Sachen für unsere Community. Wir sind auf Patreon, wo man uns unterstützen kann. Das wird fleissig genutzt, wir haben da eine richtig gute Community. Diese Leute kommen dann exklusiv auf unseren Discord-Server. Ich habe den Leuten dann versprochen, dass ich ihnen einen Avatar zeichne, wenn sie sich einen Community-Namen gegeben haben. So komme ich hin und wieder zum Zeichnen. Ich würde mich auch gern im Bereich Film ausprobieren, wenn neben dem Papasein noch Zeit ist. Aber das kann ich nicht alles auf einmal machen. Jetzt konzentriere ich mich auf die Musik und das ist auch gut so. Ich weiss nicht, ob ich es schade finden würde, wenn ich wieder Spiele mache, weil das eine sehr zeitfressende Sache ist. Musik ist aber auch ein sehr schweres Feld. CDs kann man nicht mehr verkaufen, weil keiner mehr einen Player hat und Spotify gibt Dir pro gehörten Song irgendwie 0,0003 Cent. Du musst Dir also gut überlegen, was Du machst, wenn Du hauptberuflich Musiker sein willst. Da musst Du halt kreativ werden. Macht Euch deswegen keine zu großen Hoffnungen. Es gibt noch viele Sachen, die eine hohe Konzentration erfordern und die ich in meinem Leben ausprobieren möchte. Deswegen würde sich momentan ein neues Spiel für mich nicht richtig anfühlen. Wobei ich schon auf viele Sachen daran wieder richtig Lust habe, weil ich den Job auch gerne gemacht habe.
AC: Was machen denn Edna und Harvey so?
Poki: Die machen nix. Die sind auserzählt. Keine Antwort.
AC: Das war dann auch schon unsere letzte Frage, da wir unsere Zeit leider schon überzogen haben. Wir danken Dir für das Interview und wünschen Dir viel Erfolg mit deinem Musik-Projekt und vor Allem dem Vatersein.
Es _ist_ etwas vom Prinzip her Schlechtes und Falsches, den Adventure-Fans und gleichzeitig den Survival-Fans etwas in ein und demselben Spiel zu liefern. Das ist wie ein Tretboot mit einem Propellerflugzeug zu kreuzen. Die Fans der Bötchenfahrten werden damit genauso unglücklich wie die Fans der Freizeitrundflüge, und das gefrickelte Konstrukt stürzt ab.
Überhaupt könnte man sagen: Die Probleme von Daedalic begannen damit, dass es hieß, okay, die Adventurefreunde dürfen übergangsweise noch ein klein wenig bei Laune gehalten werden, aber _nur_ unter der _einen_ Bedingung, dass irgendwelche an den Haaren herbeigezogenen Zielgruppen zusätzlich hereingerührt werden, die mit Adventures nicht viel am Hut haben.
Von dieser frühen Weggabelung ging dann der Irrweg ab, der die Spieleschmiede über die Zwischenstation „Wir wollen jetzt _nur_ noch die an den Haaren herbeigezogenen Zielgruppen, und Adventurespieler sind alle doof“ zu den fulminanten Massenkarambolagen „Ein Jahr Regen“ und „Herr von Ring: Gollum“ führte.
Während die umstehenden Blogger und Rezensenten bis ganz, ganz zum Schluss fassungslos sagten „Aber eigentlich war Daedalic doch für seine preisgekrönten Adventures bekannt … Daedalic, was habt ihr euch dabei gedacht?! (Daedalic, what were you thinking?!)“
Rein spielerisch betrachtet, überzeugten mich die klassischen 2D P&Cs und Journey of a Roach. Beim Rest, den ich probierte (Candle, The Long Journey Home usw.), haperte es am Design, der Technik, der Casualisierung usw. - kein Feuer sprang über; es wollte nicht zünden. Nadel und Faden stach hervor. Ich fand Rufus erfrischend unangepaßt. Heutige Spielcharaktere, abseits von Sam & Max (VR!), sind gern so fad.
Ein Podcast oder Videointerview wäre super gewesen. Ich weiß, irgendetwas zu meckern gibt es immer, aber heutzutage... unter Gamern? Ich habe Poki und Daedalic am Anfang sehr gefeiert. Edna bricht aus und Harveys neue Augen waren absolut geil. Hut ab! Deponia war meiner Meinung nach sehr gehyped. Es war konfus, die unlogischen Rätsel, die nervigen Dialoge, die low Budget Animationen (Monty Arnold als Sprecher zu nehmen war natürlich ein Geniestreich); aber letztendlich natürlich alles Geschmackssache. Dann aber schoss Poki in seinem Größenwahn den Vogel ab und schrieb in einem Forum (ich glaube es war adventure-treff.de) ziemlich abfällig über Monkey Island. Als wäre er der Point'n'Click Papst schlechthin und alle anderen nur Luftpumpen. Er hat dort damals auch ziemliche Breitseite bekommen. Nichtsdestotrotz hat Daedalic 2010 Tales of Monkey Island published. Daedalic stürzte ab (wie Ikarus, Sohn des Dädalus ... wie ironisch). Zum zweiten mal stürzten sie dann mit Herr der Ringe: Gollum ab, das zurecht komplett zerrisen wurde. Meiner Meinung nach ein Schaden an der gesamten, deutschen Videospieleindustrie, die ab Release nicht mehr ernst genommen werden kann.
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Es _ist_ etwas vom Prinzip her Schlechtes und Falsches, den Adventure-Fans und gleichzeitig den Survival-Fans etwas in ein und demselben Spiel zu liefern. Das ist wie ein Tretboot mit einem Propellerflugzeug zu kreuzen. Die Fans der Bötchenfahrten werden damit genauso unglücklich wie die Fans der Freizeitrundflüge, und das gefrickelte Konstrukt stürzt ab.
Überhaupt könnte man sagen: Die Probleme von Daedalic begannen damit, dass es hieß, okay, die Adventurefreunde dürfen übergangsweise noch ein klein wenig bei Laune gehalten werden, aber _nur_ unter der _einen_ Bedingung, dass irgendwelche an den Haaren herbeigezogenen Zielgruppen zusätzlich hereingerührt werden, die mit Adventures nicht viel am Hut haben.
Von dieser frühen Weggabelung ging dann der Irrweg ab, der die Spieleschmiede über die Zwischenstation „Wir wollen jetzt _nur_ noch die an den Haaren herbeigezogenen Zielgruppen, und Adventurespieler sind alle doof“ zu den fulminanten Massenkarambolagen „Ein Jahr Regen“ und „Herr von Ring: Gollum“ führte.
Während die umstehenden Blogger und Rezensenten bis ganz, ganz zum Schluss fassungslos sagten „Aber eigentlich war Daedalic doch für seine preisgekrönten Adventures bekannt … Daedalic, was habt ihr euch dabei gedacht?! (Daedalic, what were you thinking?!)“