Der Start der ersten Episode der neuesten Telltale-Story stand anfangs unter keinem guten Stern: Technische Probleme machten es für viele PC-Spieler nahezu unmöglich, mit Batman durch Gotham City zu fegen und dem Verbrechen heroisch entgegen zu treten. Ein erster Patch gerade einmal zwei Tage nach Release sollte die gröbsten Probleme beheben. Auch die Aktualisierung des Grafikkarten-Treibers wird vor der Installation des Spiels dringend empfohlen. Wir haben uns natürlich von diesen technischen Widrigkeiten nicht abschrecken lassen und 'Batman' trotzdem getestet. Wie immer erfolgt eine Gesamtwertung erst dann, wenn alle Episoden erschienen sind.

Na-na-na-na-na-na-na-na... Batman!
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Willkommen in der Bathöhle. |
Mit der etwas cheesigen Serie aus den 1960er Jahren hat Telltales Batman-Serie so gar nichts gemein. Weder springt Batman in einem fragwürdigen blauen Kostüm mit aufgemalten Augenbrauen durch die Gegend, noch benutzt er schräge Gadgets wie den „Bat-Repellent-Anti-Shark-Spray“. Telltales Batman ist viel, viel cooler – und düsterer. In der actiongeladenen Anfangssequenz müssen wir dem Dunklen Ritter dabei helfen, einen Einbruch zu verhindern bzw. die Hauptverantwortliche zu fangen. Ein Quick Time Event jagt das nächste, Batman bekommt auch ein paar Kratzer ab – und findet sich kurz darauf als Bruce Wayne wieder in Wayne Manor. Hier wird eine Wahlparty für Harvey Dent abgehalten. Der Staatsanwalt, der es geschafft hat, Gothams Verbrechensrate dramatisch zu senken, bewirbt sich nämlich um das Amt des Bürgermeisters. Dazu braucht er aber die Unterstützung von Bruce Wayne. Genauer gesagt: Er braucht Bruces Geld und seinen Einfluss. Und er benötigt die Hilfe des größten Kriminellen von Gotham, Carmine Falcone, seines Zeichens oberster Mafiaboss von Gotham und ein Schleimbeutel, wie er seinesgleichen sucht.
Die Story der ersten Episode fängt gut an und offenbart mit der Zeit düstere Aspekte, die wunderbar zu Batman passen und die an Christopher Nolans Verfilmungen denken lassen. So kann Batman Verbrechern bewusst Schmerzen zufügen, er kann Knochen brechen, er kann entscheiden, ob er wichtige Informationen an die Presse oder an die Polizei weitergibt. Dazu kommt der stetige Konflikt von Bruce Wayne, der noch immer daran zu knabbern hat, dass seine Eltern in einer dunklen Seitengasse vor Jahren erschossen wurden. Die Vergangenheitsbewältigung in Form von Verbrecherjagd funktioniert nur mäßig, zumal die Jagd Bruce an seine körperlichen wie psychischen Grenzen bringt. Weil das alles noch nicht ausreicht, sieht er sich obendrein schwerwiegenden Vorwürfen gegenüber, die seine Familie in ein schiefes Licht rücken. Ob es sich um ein Komplott handelt oder ob an den Vorwürfen tatsächlich etwas dran ist, wird vorerst nicht aufgelöst. Dafür dürfen wir Bruce bei inneren Konflikten zusehen und erfahren, dass Batman äußerst unbeliebt ist bzw. ausgerechnet Harvey Dent der Selbstjustiz – und damit Batman – ein Ende bereiten möchte.
Willkommen in Gotham City
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Meistens an Bruces Seite: Butler Alfred. |
Gotham City und damit Batmans Welt ist vor allem eines: extrem düster. Die Atmosphäre wird gleichermaßen von der Comicgrafik und der stimmungsvollen, mit Bedacht eingesetzten Musik erzeugt. Aber auch die Rahmenbedingungen in der Stadt selbst tragen zur düsteren Stimmung bei: Gotham City ist ein Hort der Korruption und des Verbrechens, permanent entwischen Insassen des Arkham Asylum. Ein Park, in dem der junge Bruce viel Zeit verbracht hat, gehört nun den Junkies und Taschendieben. Zu allem Überfluss beherrscht die Mafia halb Gotham. Atmosphärisch gibt es absolut nichts zu meckern, hier wurde alles richtig gemacht.
Apropos alles richtig machen: Die Vertonung ist wieder auf sehr hohem Niveau. Die Sprecherinnen und Sprecher machen ihre Sache durch die Bank hervorragend, transportieren Emotionen, bedienen sich unterschiedlicher Slangs, wenn notwendig, oder verstellen auch mal die Stimme, um nicht erkannt zu werden. Lokalisiert wurde das Spiel komplett auf Englisch, dazu gibt's deutsche Untertitel.
Ein Wort noch zur Grafik: Diese ist zwar gut gelungen, allerdings stört an manchen Stellen Kantenflimmern den Spielgenuss. Auch die Gesichter der Charaktere wirken mitunter etwas seltsam, etwa, wenn durch schwarze Striche Falten angedeutet werden, obwohl das Gesicht ohnehin schon „richtige“ Falten hat. Abgesehen von diesen kleinen Schönheitsfehlern ist die Grafik allerdings von gewohnt guter Qualität.
Gadgets, Action, Detektivmodus – das Gameplay
Ehe man loslegen kann, darf man festlegen, welche Farbe die Bat-Gadgets haben sollen. Zur Auswahl stehen dafür vier Farben, aber mal ehrlich: Wer braucht schon rote Bat-Gadgets? Im Grunde ist es für das Spiel nicht von Bedeutung, welche Farbe Batmans unterschiedliche Hilfsmittel haben. Ich fand es dennoch eine sehr nette Idee, dem Spieler die Entscheidung zu überlassen und so etwas wie eine individuelle Note einzubringen.
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Man darf die Bösewichte mit Drohnen ausspionieren. |
Gameplay-technisch ist fast alles wie gehabt: Quick Time Events und Entscheidungen dominieren, wobei die QTEs einen Zahn zugelegt haben. An manchen Stellen müssen nämlich gleich zwei Tasten gleichzeitig gedrückt werden, um z.B. einen Bösewicht von sich zu stoßen. An dieser Stelle ein guter Rat: Aktualisiert unbedingt den Treiber eurer Grafikkarte. Ein veralteter Treiber hat bei mir nämlich dazu geführt, dass die Steuerung sehr zähflüssig war und das Spiel auf meine Eingaben bei den ersten schnelleren Kampf-QTEs nicht reagiert hat. Die Installation des aktuellen Treibers hat dieses Problem schlagartig behoben.
Wie bei Telltale üblich, muss der Spieler auch immer wieder Entscheidungen treffen, wobei sich deren Auswirkungen im Verlauf der weiteren Episoden zeigen sollen. Erfahrungsgemäß ist das zwar lediglich Kosmetik. Man fragt sich aber doch unweigerlich, ob die Anschuldigungen gegen Bruce exakt gleich vorgetragen würden, hätte man sich an einem früheren Punkt im Umgang mit einer Figur anders entschieden. Neu ist in Bezug auf die Entscheidungen, dass man sich auch jene von Freunden anzeigen lassen kann bzw. dass diese per Voting mitbestimmen können, welche Entscheidung tatsächlich gefällt wird. Also eine Art Multiplayer-Modus mit eingebauter Veto-Funktion: Passt mir nicht, was mitspielende Freunde in demokratischer Abstimmung beschlossen haben, dann kann ich mein Veto dagegen einlegen und trotzdem so entscheiden, wie ich das möchte.
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CSI: Batman |
Wenn wir mal keine QTEs bestreiten oder Entscheidungen treffen müssen, dürfen wir uns auch als Detektiv betätigen und Tatorte untersuchen oder mit Hilfe einer Drohne Verdächtige ausspionieren. Außerdem kann Batman durch Verknüpfen von Indizien Abläufe rekonstruieren bzw. Angriffe planen. Man hat also alle Hände voll zu tun, wobei sich Telltale jetzt auch nicht übernimmt, was das Gameplay angeht. Man bewegt sich größtenteils in bereits bekannten Bahnen und hat ein paar neue Elemente hinzugefügt, die wirklich Spaß machen.
Bewegt wird Batman via WASD, interessante Objekte im Raum werden via Hotspot-Anzeige automatisch hervorgehoben. Mit der Maus kann man mit diesen Objekten (oder auch Personen) interagieren, wobei sich die Interaktion in der Regel auf eine, höchstens zwei Möglichkeiten beschränkt. Beim Betrachten von Gegenständen gibt sich Bruce leider oft etwas wortkarg, sein Alter Ego ist da schon gesprächiger.
Mit der ersten Episode 'Reich der Schatten' ist Telltale ein hervorragender Auftakt zu seiner neuesten Serie gelungen. Die Geschichte beginnt vielversprechend und dürfte uns noch in Abgründe der menschlichen Seele führen. Das Gameplay wurde verfeinert, QTEs sind etwas komplexer geworden, neue Elemente wurden hinzugefügt. Grafik und Vertonung sind auf gewohnt hohem Niveau, die Atmosphäre ist wunderbar düster. Lediglich die technischen Schwierigkeiten, die es vielen PC-Spielern unmöglich machen, diese erste Episode zu zocken, trüben den guten ersten Eindruck. Man kann nur hoffen, dass sie bald behoben werden und dass auch noch ein Patch nachgereicht wird, der das Kantenflimmern entfernt. Abgesehen davon hat Telltale alles richtig gemacht.
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Batman - The Telltale Series
- Entwickler
- Telltale Games
- Publisher
- Warner Bros. Entertainment
- Release
- 13. Dezember 2016
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Trailer
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- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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