Ken Follett ist einer der bekanntesten Autoren der heutigen Zeit. Seit 1990 mit 'Die Säulen der Erde' zählt er außerdem zu den wichtigsten Autoren des historischen Romans. Als Daedalic Entertainment bekannt gab, dass sie genau diesen Stoff zu einem Adventure machen wollen, waren die Erwartungen entsprechend hoch. Ein adaptierter Weltbestseller kann als Spiel nur funktionieren. So sagt es zumindest die Theorie. Mit der ersten Ausgabe der Computer Bild Spiele am 2. August erscheint nun das erste Buch 'Aus der Asche' des Abenteuers. Wir sehen uns an, ob das erste Buch als Adventure funktionieren kann und wie viel Buch noch drinsteckt. In den folgenden Monaten erscheinen die weiteren beiden Teile.

Der Winter ist da
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Tom und seine Familie |
England in der Mitte des zwölften Jahrhunderts. Es herrscht Winter und die Familie von Tom Builder sucht verzweifelt Unterkunft und Arbeit. Sie drohen zu verhungern. Tom und seine Frau Agnes erwarten ein drittes Kind. Jederzeit kann es soweit sein. Der ältere Bruder Alfred und die kleine Schwester Martha sitzen daneben und frieren bitterlich. Tom facht ein Feuer an und sucht etwas Wasser, das er dann abkochen kann. Kaum findet er das Wasser und kocht es bildet sich unter Agnes eine kleine Blutlache. Das Kind kommt! Mitten im Wald muss er, ein Steinmetz, Hebamme sein und verlangt schnell nach heißem Wasser. Sein Sohn kommt zwar gesund auf die Welt, aber die Mutter ist durch den Blutverlust äußerst schwach. Deshalb versucht Tom Builder seine Familie abzulenken und erzählt der kleinen Martha über seinen Traum eine Kathedrale zu bauen. Doch die Mutter ist zu schwach und stirbt vor den Augen der Kinder und ihres Mannes. In tiefster Trauer begraben sie Agnes. Die Suche nach Arbeit wird jetzt noch dringlicher. Toms Leben steht also vor einem Umbruch. Neben ihm gibt es noch andere spielbare Hauptcharaktere, wie den Mönch Philip und Jack, den Sohn der Ausgestoßenen Ellen. Nebenbei entfaltet sich die Zeit der Anarchie in England und ein offener Machtkampf um den Thron steht bevor. Äbte, Könige und Bischöfe ringen um die weltliche Macht. Ein wahres Spiel um den Thron Englands.
Malerisches Mittelalter
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Sehr ästhetisch |
Daedalic Entertainment ist bekannt für detailreiche und hervorragend gezeichnete 2D-Grafik. 'Die Säulen der Erde' ist hier ebenso ein Musterbeispiel für ihre Fähigkeiten. Entgegen vorigen Spielen setzen sie nicht auf Comic-Grafik, sondern auf einen malerischen Look. Schon Telltale Games versuchte sich mit 'Game of Thrones – A Telltale Game Series' an einem literarischen Werk und versuchten sich an einer Pinsel-Optik. Wo 'Game of Thrones' teilweise grob wirkte, kann die mittelalterliche Welt Englands vollends überzeugen. Die Hintergründe sind äußerst detailreich und wirken alles andere als starre Gemälde. Äste und Gräser bewegen sich im Wind. Das Lagerfeuer lodert vor sich hin, dessen Rauch steigt ebenso langsam empor und der Schnee fällt leise.
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Eigener Stil mit Charme - vor allem in Bewegung |
Neben den detailreichen Hintergründen sind auch die Charaktere liebevoll gezeichnet. Auf Standbildern wirken sie zum Teil etwas fehl am Platze, in Bewegung fügen sie sich aber gut in die Umgebung ein. Licht- und Schatteneffekte beleuchten die Figuren passend und trotzdem erreicht das Spiel den gewünschten malerischen Effekt. Dank der kräftigen Farben könnten die Figuren aus mittelalterlichen Gemälden stammen. Die Animationen offenbaren die Probleme der gezeichneten Optik. So wirken sie zum Teil etwas abgehackt und nicht so flüssig wie in vorigen Spielen. Dieses Manko schmälert die wunderschöne Grafik aber kaum. Die Szenerie wird zusätzlich mit einem opulenten Soundtrack untermalt. Das Orchester betont dabei gekonnt die Stimmung und bietet ein ganzes Repertoire an Stimmungslagen. Von sanften, hoffnungsvollen Klängen bis zu rauen, düsteren Klängen ist das Spektrum sehr vielfältig und stets passend.
Altbekannte Steuerung
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Die Steuerung setzt auf Bewährtes |
Die Steuerung ist Genre-Veteranen ohne nachzusehen fast schon ins Blut übergegangen. Ein Rechtsklick lässt die oder den Protagonisten über ein Objekt oder einen anderen Charakter nachdenken – vollkommen leise in kurzen Phrasen, um die Atmosphäre nicht zu brechen. Ein Linksklick lässt Dinge benutzen, mit Charakteren sprechen oder schlichtweg wohin gehen. Eine Hotspot-Anzeige fehlt natürlich auch nicht. Neulinge können auch eine Art Quest-Log einblenden, das stets anzeigt, was als nächstes zu tun ist. Die Controller-Steuerung konnte ich in der uns gezeigten Version nicht testen, hat aber bei den Daedalic Days schon sehr gut funktioniert. Auch hier gibt es also keine negativen Überraschungen.
Spannender ist hier schon das Inventarsystem des Spiels, denn es setzt auf zwei unterschiedliche Inventare. Eines für physikalische Gegenstände und ein anderes für Gedanken, Hinweise und Fragen, die man explizit dann mit der Umgebung oder auf andere Charaktere anwenden kann. So bekommt Philip beispielsweise in einem Gespräch einen Hinweis, dass in einem Riss in der Kathedrale ein Schlüssel versteckt ist. Wendet man dann den Hinweis auf den Riss an, sucht er diesen ab und schon hält Philip den Schlüssel in der Hand. Glücklicherweise verzichtet 'Die Säulen der Erde' eigentlich auf den berühmt berüchtigten Zeitdruck. Dialoge lassen zwar nur begrenzt Zeit fürs Entscheiden, aber die ist so großzügig, dass kein Stress aufkommen kann. Das Adventure versucht erfolgreich den Spagat zwischen narrativen Spielen und klassischen Adventures. Interaktion wird großgeschrieben. Gleichzeitig setzen sie den Fokus deutlich auf die Geschichte. Deswegen sucht man Rätsel zumindest im ersten Buch vergeblich. Die Komplexität bleibt gering, aber unterfordert fühlt man sich selten. Der Stoff an sich zeigt nämlich deutliche Parallelen zum moderneren und deutlich brutaleren Lied vom Eis und Feuer ('Game of Thrones') – viele Charaktere und ordentlich Tiefgang.
Story ist König
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Mittelalter: Dreck trifft romantisierte Fürsten |
Daedalic schafft es von Beginn an eine zeitgemäße mittelalterliche Atmosphäre zu erzeugen. Hollywood lässt grüßen: Städte, Klöster und Burgen sind dreckig und voller Matsch. Die Ritter sind entweder arrogante Adelige oder betrunkene Kriegsveteranen. Sie fügen aber auch das märchenhafte, „hohe“ Mittelalter geschickt ein. So sprechen Martha und Jack von der typischen Prinzessin, die in jeder Burg im Turm haust. Minuten später findet man wirklich Aliena, die Tochter des Earls und einen wichtigen Charakter ab dem zweiten Buch, im Turm.
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Atmoshäre wird groß geschrieben |
Während die Atmosphäre zu Beginn schon funktioniert, schafft die Story es nicht ganz in die Gänge zu kommen. Die ersten Stunden zeigen, dass die komplexe Welt der Säulen doch eine gewisse Einführung braucht, bis sie vollständig greift. Nach dem ersten Kapitel nimmt sie dann deutlich Fahrt auf und erste Intrigen werden geschmiedet. In den insgesamt sieben Kapiteln folgt dann gegenseitiges Hintergehen und strategisches Ausnützen der politischen Situation: Adelige gegen Adelige und nebenbei mischt der Klerus mit. Nach sieben Stunden ist das erste Buch zu Ende. Das entspricht ungefähr dem ersten Teil und dem Beginn des zweiten Teils des Buches von Ken Follett. Allgemein halten Daedalic sich sehr eng an das Original des Romans in diesem ersten Buch. Nur einige Details wurden geändert, um das Spiel etwas flüssiger zu gestalten. Ab dem nächsten Buch sollen laut unserem Interview dann aber doch deutliche Abweichungen zum Buch möglich sein.
Das Spiel ist löblicherweise voll auf Deutsch und Englisch spielbar. Beide Sprachausgaben haben erstklassige Sprecher. Zu erwähnen sei hier, dass auf Englisch der Kantor von Ken Follett selbst gesprochen wird. Yotuber Gronkh (Verlinkung) hat die Ehre diese Rolle auf Deutsch zu sprechen. Nebenbei sind noch Untertitel in neun Sprachen erhältlich. Der Start ist geglückt und hat diese erstklassige Lokalisierung auch verdient.
Zugegeben bin ich kein großer Fan des Romans gewesen und nach gut hundert Seiten habe ich aufgegeben ihn zu lesen. Genau entgegengesetzt hat sich für mich das Spiel entwickelt. Anfangs war ich skeptisch und wusste nicht ganz, was ich von 'Die Säulen der Erde' halten soll. Nach dem ersten Kapitel hat mich die Geschichte und Atmosphäre aber plötzlich gepackt. Nun bin ich sogar motiviert dem Roman noch eine Chance zu geben. Daedalic Entertainment schafft es dem Bestseller ein würdiges digitales Epos zu bereiten. Die Geschichte überzeugt ohne Interaktion abzuschaffen. Rätselfreunde werden zwar wenig begeistert sein, denn waschechte Rätsel findet man nicht. Die durchaus komplexen Entscheidungen in den Dialogen und die schwierigen Beziehungen zwischen den einzelnen Charakteren können hier gut darüber hinwegtrösten. Es wird ein äußerst vielversprechendes und gutes Fundament für die nächsten Bücher geschaffen. Wenn die Qualität so hoch bleibt, wird es ein wahres interaktives Festmahl geben.
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Die Säulen der Erde
- Entwickler
- Daedalic
- Publisher
- Daedalic
- Release
- 15. August 2017
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
- Die Säulen der Erde im Humble Store kaufen (Affiliate-Link)
- Die Säulen der Erde bei Amazon kaufen (Affiliate-Link)
- Die Säulen der Erde im Epic Store kaufen (Affiliate-Link)
26 Kommentare
Hmm?
in nicht zwei Wochen ist das Spiel komplett?
ALLE drei Bücher/ Teile?
Wenn dem so ist - warum dann der geteilte Release? *grübel*
Das ERSTE Buch ist auf Steam am 15.8 erhältlich.
Damit die 13 Tage später.
Ist im Corner-Text unglücklich (falsch) formuliert.
Release-Dates für Buch 2 und 3 gibt es noch nicht.
Couch --> PS4
Bequemer Bürosessel --> PC
Technisch hats keinen Schluckauf gehabt. Im Gegenteil, denn ich hatte teilweise zwischen 140 und 400 FPS.
Spiel / Buch 1 ist in der 'CBS-Edition' DRM-frei und wahlweise in Englisch oder Deutsch spielbar.
Der beiligende GOG Code gibt einen 25% Rabatt auf den Season Pass.
Man kann also via Code den SP für €12,49 kaufen und somit in Summe 25% gegenüber dem €29,99 GOG-Preis sparen.
https://www.gog.com/news/informationen_ ... nservice_b
Ich hoffe ich habe es so richtig wiedergegeben, wie ich es aus dem Podcast heraus gehört habe. Werde versuchen mal bei uns am Kiosk irgendwo die CBS zu ergattern und mir mein eigenes Urteil bilden. Melde mich dann wieder.
Ist halt immer das Problem, wenn man eine Episode für sich testet... Schon viele andere spiele haben absolute miese Starts gehabt und entpuppen sich dann doch zu einem guten Spiel - umgekehrt natürlich auch.