Eine Prise 'Alien', etwas 'Lost in Space', eine Spur 'Mass Effect' und ganz viel '2001: Odyssee im Weltraum' - aus diesen Zutaten backen die Entwickler von Cardboard Box das SciFi-Adventure 'J.U.L.I.A.'. Wir waren dabei, als die Astrobiologin Rachel Manners aus dem Tiefschlaf geweckt wird und feststellt, dass sie in der Raumsonde alleine ist. Wir waren auch dabei, als sie den ersten Kontakt zu Außerirdischen herstellt und als sie feststellt, wie sie in diese Situation gekommen ist. Wir haben uns das zwei-Mann-Projekt angeschaut, das sich nicht immer an die Genre-Richtlinien halten will.

Der Weltraum - unendliche Weiten…
Wir schreiben das Jahr 2430. Die Forschungs-Raumsonde Mizuka erkundet die Planeten des Sonnensystems Salia, als sie plötzlich in einen Meteoritenhagel gerät. Das Schiff wird getroffen und wichtige Funktionen werden beschädigt. J.U.L.I.A., die künstliche Intelligenz (KI) des Schiffs startet ihr Notfallprogramm und weckt die Astrobiologin Rachel Manners aus ihrem cryogenetischen Tiefschlaf. Rachel ist entsetzt: Außer ihr ist niemand mehr an Bord des Raumschiffs und sie hat keine Idee, wie sie den Schaden reparieren soll. Angeleitet von der KI sorgt Rachel für genügend Rohstoffe und schafft es schließlich, das Schiff wieder flott zu bekommen. Zeit zum Verschnaufen hat die Astrobiologin trotzdem nicht. Von der Crew, mit der sie einst aufgebrochen war, um nach außerirdischem Leben zu suchen, ist niemand mehr an Bord. Ihre Kollegen scheinen die Raumsonde bereits vor vielen Jahren verlassen zu haben. Auch J.U.L.I.A. kann sich nicht daran erinnern was mit der Besatzung passiert ist, die Einträge scheinen bei der Kollision mit dem Meteoriten verloren gegangen zu sein. Aber immerhin weiß J.U.L.I.A. um die Existenz des Forschungs-Roboters MOBOT, der für Rachel unbekannte Planeten erforschen kann. Dabei trifft das Team aus Mensch und Maschinen nicht nur auf die erhofften Außerirdischen und große Gefahren, sondern erfährt auch, was aus der Crew geworden ist und warum Rachel als Einzige zurückgelassen wurde.
Rachel allein zu Haus
Die Anleihen der Geschichte an bekannten Klassikern der Filmgeschichte wie '2001' ist nicht nur auf den ersten Blick unverkennbar. 'J.U.L.I.A.' bedient sich einzelner Ansätze und baut daraus eine ganz neue Story. Wir erleben die Einsamkeit der Astrobiologin und lernen zusammen mit ihr die Schiffs-KI und den Roboter MOBOT kennen. Während der Zeit spürt man förmlich die wachsenden Bande zwischen der Forscherin und ihren künstlichen Begleitern, die nach und nach von Werkzeugen zu Crew-Mitgliedern und später zu Freunden werden. Nebenbei erforschen wir unbekannte Planeten, treffen auf Aliens und kämpfen gegen übermächtige Gegner. Kurz: Die Geschichte bietet alles, was zu einer klassischen SciFi-Story gehört, ohne dabei zu sehr auf Altbekanntes zu setzen. 'J.U.L.I.A.' bietet übrigens zwei verschiedene Enden an. Bevor man die letzte und entscheidende Auswahl trifft, wird man vom Spiel allerdings darauf hingewiesen und kann noch einmal abspeichern.
Gesprengte Ketten
Eines macht 'J.U.L.I.A.' dem Spieler recht schnell klar: Ein Adventure im herkömmlichen Sinn ist es nicht. Und das will es auch nicht sein, denn die Entwickler sprengen gleich zu Beginn so ziemlich alle Ketten, die das Adventure-Genre sich selbst auferlegt hat. Dann nämlich erklärt uns J.U.L.I.A. die Schiffssteuerung, über die wir im Sonnensystem die einzelnen Planeten ansteuern können, Schiffsreparaturen und Upgrades für MOBOT durchführen können oder auch Planeten bereisen können. Wobei nicht „wir“ - also Rachel - die Reise auf verschiedene Planeten antritt. Stattdessen wird MOBOT geschickt und ferngesteuert. Auch dabei bildet die Schiffssteuerung die Oberfläche: Der Spieler sieht in einem kurzen Kameraschwenk die Planetenoberfläche. In verschiedenen Fenstern sind Detailaufnahmen der Szenerie, weitere Informationen, Gesprächspartner oder die Multiple-Choice-Steuerung zu sehen. Ja, richtig gelesen: MOBOT wird per Multiple-Choice gesteuert. Vorstellen kann man sich das ähnlich wie bei einem Text-Adventure. Eine Texttafel beschreibt die nähere Umgebung, Details dazu werden in einem kleinen Fenster angezeigt. Der Spieler muss nun aber keine Befehle tippen, sondern kann zwischen verschiedenen Möglichkeiten auswählen. Die erstrecken sich von „Gehe nach Norden“ über „Untersuche das Objekt“ bis zu „Drücke den Schalter“, um nur einige Beispiele zu nennen. Bei seinen Reisen, die durch diese Steuerung recht einfach sind, findet MOBOT dann in schöner Regelmäßigkeit Datendiscs, die Aufschluss über die Geschichte geben oder Baupläne für Upgrades, die ihm den Besuch weiterer Planeten ermöglichen.
Bevor MOBOT aber auf einem Planeten landen kann, kommt ein Spielelement zum Einsatz, dass schon bei 'Mass Effect' für gehörigen Frust gesorgt hat: Die Planeten werden auf Rohstoffe gescannt und anschließend abgeerntet. Das Scannen funktioniert auch genauso wie in Biowares Action-Rollenspiel: Nachdem wir wissen, welche Rohstoffe es gibt, müssen diese auf einer Planetenkarte gesucht werden. Hat man den Rohstoff in der korrekten Konzentration gefunden, erntet man den Fundort per Mausklick ab. Zum Glück gibt es in 'J.U.L.I.A.' nur ein Sonnensystem zu bereisen und dadurch auch nicht so viele Planeten zu scannen wie in den Spielen der 'Mass Effect'-Trilogie. Wirklich nervend wird das Minispiel dadurch nicht. Darüber hinaus findet sich eine große Auswahl an Puzzles in 'J.U.L.I.A.'. Mal muss eine elektrische Schaltung frei nach einem Bauplan nachgebaut werden, mal müssen Bilder zusammengesetzt werden. Den Spieler erwarten aber auch kleine Abschnitte mit Suchbildern oder ein stark an den Arcade-Klassiker 'Boulder Dash' erinnerndes Labyrinth.
Nahezu alle dieser Minispiele laufen ohne Zeitbeschränkung, also solange bis der Spieler die geforderte Anzahl richtiger Antworten gefunden hat. Hin und wieder kann MOBOT auch sterben, dann jedoch startet die aktuelle Aufgabe erneut, so dass man nicht extra abspeichern muss. Als besonders anspruchsvoll und eigentlich schon fast unlösbar erschien uns allerdings eine Aufgabe kurz vor dem Ende, wenn MOBOT gegen einen übermächtigen Gegner antreten muss. Unsere Aufgabe besteht nun darin, einen Marker im Ziel zu halten. Eine Aufgabe, die sich nicht zuletzt aufgrund der Steuerung als fast aussichtslos darstellt. Glücklicherweise haben die Entwickler ein Einsehen und bieten beim dritten Fehlversuch die Möglichkeit an, das Rätsel zu überspringen. Insgesamt sind die Rätsel vom Schwierigkeitsgrad ausgewogen und mit etwas Nachdenken auch gut zu lösen.
Benutzeroberflächen und Rendervideos
Wie schon erwähnt wird das Spiel über eine Art Benutzeroberfläche gesteuert, die das Bild in verschiedene Bereiche aufteilt. Die Kameraschwenks über die Planetenoberfläche fangen die Lebensbedingungen auf dem Planeten sehr gut ein. Ob Eiswüste, Dschungelwelt oder lebensfeindliche Wüste - der passende Eindruck vom Planeten wird vermittelt. Leider sind die Kameraschwenks nur sehr kurz und werden dann wiederholt. Dadurch nutzen sie sich bald ab. Ähnlich sieht es mit den Grafiken der Dialogteilnehmer aus. Lippensynchron sind sie nie und die Animationen laufen auch hier in einer Endlosschleife. Die übrigen Einblendungen bestehen aus kurzen „Technikvideos“, wenn beispielsweise Gegenstände analysiert werden, einer einfachen Karte oder eben Texttafeln. Deutlich hübscher sind die kurzen Rendervideos, die man oft im Spiel zu sehen bekommt und mit denen auch oftmals die Geschichte vorangetrieben wird. An die Qualität eines Vollpreistitels reichen diese aber auch nicht heran. Übrigens nutzt 'J.U.L.I.A.' keine Widescreen-Monitore aus, man muss dann also mit schwarzen Balken vorlieb nehmen. Als Maximal-Auflösung wird 1280x768 Pixel geboten, die entweder auf volle Bildschirmhöhe gestreckt oder aber mit je nach Monitor größeren oder kleineren schwarzen Rand dargestellt werden. Die Sprachausgabe ist solide und trägt recht gut zur Stimmung bei. Während Rachel oder der Erzähler von echten Menschen gesprochen wurden, hat man für MOBOT auf die Software 'TextAloud' gesetzt. Dadurch klingt die Maschine zwar noch menschlich, aber irgendwie auch technisch. Die übrigen Geräusche fügen sich gut in die jeweilige Umgebung ein.
Der Soundtrack von Entwickler Jan Kavan passt gut zum Setting des Spiels und ist abwechslungsreich. Stellenweise hätten die Stücke jedoch etwas länger sein können, wodurch die zwangsläufige Dauerschleife nicht so sehr aufgefallen wäre.
Leider (noch) nicht auf Deutsch
Für unseren Test haben wir bei Publisher Lace Mamba Global nachgefragt, wann eine Version auf Deutsch erscheinen wird. Aktuell ist leider keine Übersetzung geplant. Ebenso gibt es das Spiel derzeit nicht im Ladengeschäft. Allerdings kann man sich 'J.U.L.I.A.' über Versandhändler wie beispielsweise Amazon aus dem englischsprachigen Ausland schicken lassen oder auch als Download erwerben.
'J.U.L.I.A.' hat mich überrascht. Die Story-Mischung aus '2001' und 'Lost in Space' bietet genug eigene Ideen, um nicht zum langweiligen Abklatsch zu werden. Im Gegenteil: Je länger man spielt, desto mehr weiß die Story zu gefallen. Was ist mit der Crew passiert? Warum wurde Rachel allein in der Raumsonde verlassen? Was hat es mit den Aliens auf sich? Diese Fragen motivieren genauso wie die zunehmende Freundschaft zur Schiffs-KI und MOBOT. Verzichten muss ich dafür auf die üblichen Genre-Standards wie ein Inventar oder direkte Steuerung von Charakteren. Natürlich kann auch die Grafik des Spiels nicht mit aktuellen Vollpreistiteln mithalten. Wer aber damit kein Problem hat, vor verschiedenen Puzzle-Aufgaben und Minispielen nicht zurückschreckt und der englischen Sprache mächtig ist, bekommt für aktuell rund 9 € zzgl. Versand ein interessantes Adventure, das sich jenseits der Genregrenzen bewegt, neue Ansätze wagt und eine interessante Geschichte bietet.
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J.U.L.I.A.
- Entwickler
- CBE Software
- Publisher
- Lace Mamba Global
- Release
- 14. September 2012
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.juliathegame.com/
- Sprachen
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- Systeme
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- Stichwörter
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