Ein 'Minecraft'-Spiel von Telltale Games? Als dieses Projekt verkündet wurde, klang es wie ein Scherz der schlechten Sorte. Ein Spiel, bei dem die Freude am Bauen einen derart hohen Stellenwert hat, ins enge narrative Korsett der amerikanischen Spieleschmiede zwängen? Kann das gut gehen? Inzwischen sind zwei Episoden von 'Minecraft: Story Mode' erhältlich und das sogar mit deutschen Untertiteln. Trotz fehlender Minecraft-Expertise haben wir uns in dieses Abenteuer hineingewagt und es ist nun unsere Aufgabe, die klobige Pixel-Welt vor einem Monster zu retten. Ob wir diesen Trip bislang empfehlen können, verraten wir Euch im Test der ersten beiden Episoden. Den zweiten Test wird es diesmal erst nach Fertigstellung der kompletten Staffel geben.

-> Zum Test von Episode 3-5 (mit Gesamtwertung)
-> Zum Test der Post-Season (Episode 6-8) mit Wertung
Mit Bauen zum Erfolg
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Eine sympathische Verlierer-Truppe |
In einer nahezu unendlich scheinenden Welt darf man sich bei Mojangs 'Minecraft' kreativ austoben. Trotz Klötzchen-Ästhetik, sind selbst eindrucksvolle Bauwerke eine Möglichkeit. Damit kann Telltales 'Story Mode' zwar nicht dienen, was die Charaktere aber nicht daran hindert, diesen Aspekt intensiv zu verkörpern. Hauptfigur ist Jesse, deren Geschlecht und Aussehen wir zu Beginn selbst bestimmen. Sie/er ist der Anführer einer kleinen Truppe, die in diesem Jahr unbedingt den bedeutsamen Endercon-Bauwettbewerb gewinnen wollen. Zu lange wurden sie als Verlierer abgestempelt und diesmal geht es um besonders viel: Als Preis winkt ein Treffen mit Gabriel dem Krieger, seines Zeichens ein Mitglied des legendären Ordens des Steins, der einst einen mächtigen Drachen vernichten könnte.
Hilfe bei diesem schwierigen Unterfangen hat Jesse zunächst von Axel, Olivia und dem putzigen Schwein Reuben. Im Verlauf der Geschichte gesellen sich weitere Gefährten hinzu, was auch von unseren Entscheidungen abhängig ist. Allerdings tritt die Bedeutung des Wettbewerbs rasch in den Hintergrund, als ein gewaltiges Monster plötzlich den Horizont erfüllt, welches die gesamte Welt zu verschlingen droht. Es ist nun an der sympathischen Verlierer-Truppe, die weiteren Mitglieder des zerstrittenen Ordens zu finden, um gemeinsam die tödliche Kreatur besiegen zu können, ehe von dieser Welt nicht einmal mehr ein Klotz übrig ist.
Vorlage VS Story Mode
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Ausgehend von den verfügbaren Ressourcen können Objekte gebaut werden - es gibt allerdings einen ziemlich klaren Bauplan |
Von 'Minecraft' kenne ich lediglich einige Let's-Play-Videos. Weil es hier keinen streng vorgegebenen inhaltlichen Rahmen gibt, kommt man mit 'Minecraft: Story Mode' selbst als Neuling problemlos zurecht. Ein paar typische Gameplay-Elemente wurden in Telltale-gerechter Form aufgegriffen, die klobige Ästhetik der Vorlage übernommen (allerdings gefühlt weniger pixelig und mit mehr Details) und die Freude am Bauen fließt in vielen Momenten in die Story mit ein, aber das war es auch schon mit den Parallelen. Ob das hartgesottenen Minecraft-Fans genügt?
In narrativer Hinsicht wird die Telltale-Formel routiniert heruntergebetet: Entscheidungen sind zu treffen, die Sympathie oder Abneigung zur Folge haben können. Nicht jeder hat jeden gern, wodurch Spannungen entsteht, auf die Jesse Rücksicht nehmen kann, oder nicht. Das kennt man schon und schwierig sind die Entscheidungen kaum. Entweder gibt es offenkundig kein ideales Resultat, oder die schlechte Wahl liegt klar auf der Hand. 'Minecraft: Story Mode' ist ein sehr kindgerecht verpacktes Abenteuer (ab 12 Jahren). Dementsprechend leicht bekömmlich ist die Geschichte. Basale Themen wie Freundschaft oder Vertrauen stehen im Zentrum und eine Verlierertruppe auf Heldenreise ist ebenso wenig etwas, was einen Preis für Originalität verdienen würde. Lediglich das Setting verleiht dem Ganzen manchmal eine ungewohnte Note.
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Je nachdem, welches Mitglied des Ordens wir in Episode eins suchen wollten, wartet in Episode zwei ein anderer Anfang |
Immerhin scheinen die Macher bemüht, diesmal für mehr Wiederspielwert zu sorgen: Je nachdem, wofür wir uns am Ende des Auftakts entscheiden, wartet im ersten Drittel der zweiten Episode zum Beispiel ein gänzlich anderes Szenario. Jedoch dauert die zweite Episode nur etwa halb so lang, als der knapp zweistündige Auftakt und dieser Ansatz wurde teuer erkauft. Das limitierte Speichersystem erlaubt uns nicht, manuell zu speichern, beziehungsweise zusätzliche Speicherstände anzulegen. Wer andere Ergebnisse testen möchte, muss so gesehen bei Null beginnen, was eher lästig ist. Es ist zudem fraglich, ob sich das tatsächlich lohnt. In spielerischer Hinsicht ist 'Story Mode' nicht besonders aufregend.
Annäherung an andere Genres
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Es gibt immer wieder Kämpfe, die an das Minecraft-Original erinnern |
Es ist nun aber nicht so, als würde das Abenteuer nur auf Quicktime-Events und Entscheidungen hinauslaufen. Vielmehr hat es sogar den Anschein, als wolle Telltale die Action-Elemente diesmal deutlich interaktiver gestalten. Wie in der Vorlage, gibt es hin und wieder Kampfeinlagen mit Schwert, oder auch Bogen (teilweise optional auswählbar). In den Kämpfen gibt es oft eine direkte Steuerung, bei der wir Jesse vor- und zurückbewegen und dann die Waffe sprechen lassen. Eine Herausforderung sucht man vergeblich. Viel muss falsch laufen, um hier ein Leben zu verlieren.
Quicktime-Events sind trotzdem unser ständiger Begleiter, wenngleich mit mehr Dynamik als sonst: Selbst auf der Flucht kommt es nicht bloß darauf an, im passenden Moment die richtige Taste zu drücken, sondern wir müssen Jesse beim Laufen steuern und um gefährliche Strahlen rechtzeitig einen Bogen machen.
Genannte Elemente sind stets eng an die Geschichte gekoppelt und passieren nicht in repetitiver Art und Weise, dennoch erinnert 'Story Mode' in vielen Momenten mehr als sonst an Action-Adventures und Rollenspiele. Neu hinzugekommen sind kleine Basteleinlagen nach Bauplan (jede Ressource muss im entsprechenden Feld platziert werden), doch auch die sind dermaßen strikt vorgegeben, weshalb man sich eher so fühlt, als müsste man eindeutig geformte Bauklötze in die passende Öffnung stecken.
Technisch passable Umsetzung
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Ob wir dieses Monster besiegen können, wird sich erst noch weisen... |
In technischer Hinsicht ist 'Story Mode' solide geraten. Ob einem die Grafik nun gefällt, ist zum Teil wohl Geschmackssache, verglichen mit den aktuellen Projekten von Telltale, ist sie bestimmt keine Verbesserung. Das ist auch nicht notwendig.
Bei der Vertonung sind wie gewohnt vertraute Sprecher mit dabei, die den Akteuren viel Charakter verleihen. Was das angeht, ist das Studio gewohnt zuverlässig. Der Bekanntheit der Minecraft-IP ist es vermutlich zu verdanken, dass diesmal vom Start weg deutsche Untertitel und eine Retail-Fassung mit von der Partie sind. Nachdem es im Spiel nicht übertrieben viel Text gibt, erfordert das Mitlesen kein hohes Tempo und vieles wird auch auf visueller Ebene kommuniziert, was bestimmt kein Nachteil ist. Bei der Übersetzung sind manchmal Fehler passiert, aber sie erfüllt ihren Zweck.
Ein bisschen lästig ist am PC die ständige Verbindung zum Telltale-Netzwerk, um nach DLCs zu suchen. Angesichts der ohnehin erforderlichen Steam-Anbindung, wirkt diese Aspekt beim Starten des Spiels unnötig und wenn der Server mal nicht spurt, kann es sogar ärgerlich werden.
Für jüngere Semester könnte 'Minecraft: Story Mode' unterhaltsam sein. Die Story ist leicht bekömmlich und die Charaktere sind einfach zu begreifen. Telltale wirkt bemüht, mehrere Zielgruppen zu bedienen, woraus jedoch die Gefahr resultiert, nicht Fisch und nicht Fleisch zu produzieren. Bislang kann die Spieleschmiede dieses Problem noch nicht überzeugend lösen. Telltale-Fans wollen nun einmal nicht dasselbe, wie Minecraft-Fans, und das ist nur schwer in einen Hut zu bringen. Unterm Strich würde ich 'Minecraft: Story Mode' zwar nicht als Reinfall bezeichnen, aber viel mehr als passable Durchschnittskost mit netten Ansätzen wird nicht geboten. Ob die weiteren Episoden an diesem Eindruck etwas ändern können, bleibt abzuwarten.
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Minecraft: Story Mode
- Entwickler
- Telltale Games
- Publisher
- Mojang
- Release
- 13. Oktober 2015
- Trailer
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