Mit 'Geheimakte Tunguska' steht ein deutsches Projekt vor der Tür, das sich mit einem Ereignis auseinandersetzt, das vor beinahe 100 Jahren die Tunguska-Region erschüttert hat. Wir werfen einen Blick auf das Ereignis und plaudern weiter unten mit den Entwicklern des Adventures.

Was war passiert?
Es war der Morgen des 30. Juni 1908, als plötzlich eine (oder mehrere) Explosion(en) die Region der steinigen Tunguska erschütterten. Und das im wahrsten Sinne des Wortes: Schätzungweise 60 Millionen Bäume wurden einfach umgeknickt, in der vom "Epi-Zentrum" über 60 km entfernten Siedlung Wanawara wurden Fenster und Türen eingedrückt, selbst in der über 500 km entfernt fahrenden Transsibirischen Eisenbahn berichteten Augenzeugen von einem hellen Licht, einer starken Erschütterung und Donnergeräuschen. Der Lokführer der Bahn löste den Nothalt aus, da er dachte, der Kessel der Lokomotive sei explodiert. In den folgenen Nächten war es in dem Gebiet und weiten Teilen Europas so hell, dass man ohne künstliche Lichtquellen Zeitung lesen konnte.
Forscher gehen davon aus, dass für solche Auswirkungen eine Explosionskraft von 10-15 Megatonnen nötig gewesen wäre, etwa das Tausendfache der Sprengkraft von "Little Boy", der Atombombe, die am 6. August 1945 Hiroshima verwüstete.
Die Opferzahl war aufgrund der sehr geringen Bevölkerungsdichte zum Glück nicht bedeutend: Lediglich von einem Pelztierjäger ist zu belegen, dass er durch die Explosion sein Leben verlor. Auch Augenzeugen wurden nur etwa knapp 1000 registriert.
Die ersten Expeditionen
In den ersten Jahrzehnten nach der Explosion beherrschte vor allem ein Name die Erforschung des Phänomens: Professor Leonid Alexejewitsch Kulik, ein russischer Mineraloge. Seine erste Expedition fand jedoch erst 19 Jahre nach dem Vorfall statt, im Jahre 1927. In Russland hatte man zu dieser Zeit durch Bürgerkrieg, Revolution und schlussendlich den ersten Weltkrieg wichtigeres zu tun, als ein mysteriöses Phänomen in einer Einöde zu erforschen. Selbstverständlich hatten sich nach einer solch langen Zeitspanne auch die Möglichkeiten verringert, brauchbare Beweise zu finden.
Bei dieser ersten Expedition fand Kulik zwar etwas, das er für einen Krater hielt, jedoch keine Meteoritensplitter. Trotzdem war er fest davon überzeugt, dass es sich um einen Meteoriteneinschlag handeln musste. Bis zum Zweiten Weltkrieg, in dem Kulik als Soldat ums Leben kam, gab es noch fünf Expeditionen in die Region unter seiner Leitung, die aber allesamt keine Klärung herbeiführen konnten. Zudem stellte sich später auch heraus, dass es sich bei dem von Kulik als Einschlagskrater interpretierten Kessel nicht um einen Meteoritenkrater handelt.
Die Nachkriegszeit und Atombomben-Hysterie
Nachdem der Zweite Weltkrieg durch die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki beendet wurde, schrieb der Ingenieur Kasanzev ein Buch, das das Ereignis mit den Atombombentests der damaligen Zeit verglich und davon ausging, dass es sich um eine Zündung einer Atombombe in der Atmosphäre handelte. Das Buch war eindeutig als Science-Fiction bezeichnet. Das prekäre daran: Kasanzev war ein angesehener Wissenschaftler, der auch an der Entwicklung der ersten russischen Atombomben beteiligt war, so löste das Buch einen Streit unter Gelehrten aus.
Kasanzev durfte sogar in wissenschaftlichen Zeitungen Hintergrundartikel schreiben, in denen er die Meteoriten-Theorie widerlegte. Zentraler Punkt seiner Theorie war das Verhalten der Druckwelle einer in großer Höhe gezündeten Atombombe. In der Tunguska-Region wurden zwar zahllose umgeknickte Bäume gefunden, nicht jedoch im Epizentrum, dort standen die Bäume noch komplett aufrecht, lediglich sämtliche Äste waren verbrannt. Ähnliche Effekte konnte man auch bei der Atombombenexplosion in Hiroshima feststellen. Außerdem maß man einen fünfstündigen magnetischen Sturm. Ein Phänomen, das man ebenfalls bei Atombombentests beobachten kann.
Eine weitere Expedition und die endgültige Lösung?
Die so verwirrte Wissenschaftswelt, die nun gespalten war in Anhänger der Meteorit- und Atombomben-Theorie musste bis zum Jahr 1958 warten, bis eine weitere Expedition in das Gebiet unternommen wurde, unter der Leitung des Geophysikers und Meteoritenexperten Florenski. Die kam zu dem Schluss, dass es sich nicht um einen Meteoriteneinschlag handeln konnte, weil kein Material eines Meteoriten gefunden werden konnte.
Der Sieg also für andere Theorien? Nein. Florenski begründete die bis heute am meisten verbreiteste Theorie: Es handelt sich zwar um ein außerirdisches Gestein, es ist jedoch beim Eintritt in die Erdatmosphäre vollständig verdampft, sodass keine Partikel übrig blieben, die auf dem Grund gefunden werden konnten. Es handelt sich also nicht um einen Meteorit, sondern um einen Kometen. Ein solcher Komet hätte die entsprechende Energie für das Phänomen aufbringen können und hätte den Großteil aller Berichte und Beweise bestätigt. Diese Theorie galt als unanfechtbar innerhalb der Wissenschaft. Die Tunguska-Akte schien geschlossen werden zu können. Sogar ein entsprechendes Himmelsobjekt wurde später gefunden: Der Encke-Komet. Der Encke-Komet ist der Komet mit der kürzesten bekannten Periode von etwas mehr als 3 Jahren. Durch die Sonnenwinde und andere Effekte hätten sich Teile von ihm lösen und auf die Erde stürzen können.
Dennoch gibt es Zweifel an der Kometenhypothese: Was ist mit dem harten Kern des Kometen, der - ähnlich wie ein Meteorit - gefunden werden müsste. Wieso ist der Komet nicht schon in viel größerer Höhe explodiert, was er eigentlich durch seine geringe Dichte machen müsste? Wieso kam es zu Magnetstürmen, wie man sie von Atombombentests kennt? In der Region wurden von einer Gruppe junger Wissenschaftler von der Tomsker Staatlichen Universität aus Novosibirsk genetische Veränderungen in dem Gebiet aufgefallen, die auch von der Kometentheorie nicht erklärt werden können. Die Gruppe führte zahlreiche Expeditionen bis zum Ende der UdSSR 1990 durch, kamen jedoch auch zu keiner brauchbaren Erklärung.
Gasexplosion
Eine relativ junge und moderne Theorie geht von einer Gasexplosion aus, die von unten und nicht von oben kam. In der Region gibt es unterirdische Öl- und Gasvorkommen. Wenn das Gas durch Spalten im Untergrund zu Tage gekommen ist, könnte es sich angesammelt und irgendwann entzündet haben. Als Auslöser hätte bereits ein schwaches Erdbeben gereicht, das das unter Druck stehende Basaltgas in einem Strahl nach oben hätte schießen lassen. Für eine solche Explosion wären 10 Millionen Tonnen Erdgas nötig gewesen, das heißt, dass es womöglich tagelang ausströmen hätte müssen. Erklären würde diese Theorie die Bewegung des Lichts, die von einigen Augenzeugen beobachtet wurde. Nicht jedoch könnte sie die Helligkeit und die Wärmeentwicklung des Tunguska-Ereignisses erklären, die ebenfalls von vielen Augenzeugen berichtet wurden.
Wie geht es weiter?
Auch aktuell finden immer wieder Expeditionen in die Tunguska-Region statt, durch die Öffnung des Eisernen Vorhangs auch von westlichen Forschern (auch mit deutscher Beteiligung), die in das Gebiet gelassen werden. Bis die aber vielleicht eines Tages eine endgültige Erklärung finden, müssen wir uns allerdings damit zufrieden geben, dass keine der vorliegenden Theorien alle Phänomene perfekt abdecken kann. Jede Theorie hat ihre Schwachstelle, die von Gegnern immer wieder betont werden.
Natürlich gibt es auch zu dem Tunguska-Ereignis UFO-Theorien. Um die alle unterzubringen, hätte es aber sicherlich eines eigenen Artikels bedarft.Die Meinung der Tunguska-Macher
Natürlich wollten wir auch die Meinung der Macher von 'Geheimakte Tunguska' wissen und haben deshalb Marco Zeugner, Projektleiter des Spiels, zu dem Thema befragt.
Marco: Es ist auch für mich unverständlich, weshalb das so ist. Ein Ansatz könnte sein, dass es in der damaligen Sowjetunion und im heutigen Russland keine solch entwickelte Entertainment-Branche gab bzw. gibt, die sich des Themas angenommen hat. Aber gut für uns – so fanden wir ein unverbrauchtes Szenario für 'Geheimakte Tunguska' vor.
Marco: Das Tunguska-Phänomen bietet alles, was man für eine spannende Geschichte braucht. Viele der bis heute bekannten Fakten lassen sich wissenschaftlich nicht erklären. Darum sind unzählige Theorien entstanden, die verschiedene Erklärungsansätze ins Spiel bringen. In der heutigen Zeit, in der man gewöhnt ist, alles wissenschaftlich erklären und bewiesen zu können, machen unlösbar erscheinende Phänomene einen besonderen Reiz aus.
Marco: Wir wollten auf keinen Fall wieder eine Geschichte über Atlantis, den Templer-Orden oder die Area 51 erzählen. Sicher werden viele den Begriff „Tunguska“ zum ersten mal gehört haben. Aber wir haben uns bemüht, aus dem Stoff eine spannende Geschichte zu machen, die mit dem Tunguska- Phänomen ein unverbrauchtes Szenario beinhaltet.
Marco: Wir halten uns aus allen Spekulationen heraus :) Jede Theorie hat interessante Ansätze und Teilaspekte, die überzeugend klingen. Wirklich spannend ist, dass es offensichtlich keine Erklärung gibt, die alle Fakten unter einen Hut bringt und ganzheitlich erklärt. Sicher scheinen nur die Aussagen einiger Hirten zu sein, die Augenzeugen des Vorfalls waren. Sie beschreiben übereinstimmend, dass ein leuchtender Himmelskörper über die sibirische Bergwelt geflogen ist, der in einigen hundert Metern Höhe explodierte. Um was es sich dabei genau handelte, bleibt bis heute unklar.
Marco: Ja, sicher. Es gibt viele unbehandelte Themen, die einen ähnlichen Spielraum für spannende Adventure-Stories bieten.
Schlusswort
Was ist eure Meinung? Meteorit? Komet? Atombombe? Diskutiert doch einfach im Forum mit! Wen die Erklärung des Phänomens im Spiel 'Geheimakte Tunguska' interessiert, dem sei wärmstens unser Partner Amazon.de ans Herz gelegt, wenn ihr zuerst noch unsere Meinung zu dem Spiel hören wollt, schaut euch am besten unsere Review an.
Quellen
Christoph M. Brenneisen
Wikipedia
Science-Explorer
-
Geheimakte Tunguska
- Entwickler
- Animation Arts
- Publisher
- KOCH Media
- Release
- 1. September 2006
- Auszeichnungen
- Adventure Corner Award
- Spielzeit
- 10 Stunden
- Trailer
- Hier ansehen • Bei Youtube ansehen
- Webseite
- http://www.tunguska-game.de
- Sprachen
-
- Systeme
-
- Stichwörter
- Geheimakte Tunguska bei Amazon kaufen (Affiliate-Link)
- Schlagwort: Interviews
3 Kommentare
demnach würde ein gewisser wissenschaftler namens teslar (teslar-spule) dafür verantwortlich sein, der 1908 in amerika militärische experimente mit radiowellen gemacht hat. mit diesen wellen könne er an jeden x-beliebigen ort explosionen hervorrufen, so seine worte.
mfg kondus